Der Altstadt-Salon

  • @mik #100: @Fizgig #101: @Xalinai #102:
    Ohne jetzt in allen Punkten Zustimmung zu signalisieren, so ähnlich habe ich mir als Nicht-Architekt, Beiträge aus den Reihen von angehenden Architekten hier immer vorgestellt. Gerade der Beitrag von Xalinai hier gefällt mir gut.
    Will aber niemanden zu nahe treten, vielleicht ist ja auch schon ein fertiger Architekt darunter. :daumen:

    Einwände:

    @mik #100:
    Ein Vergleich mit anderen Städten ist natürlich nicht angebracht und auch überhaupt nicht vorgesehen oder notwendig, es geht um vollständigen Wiederaufbau v. s. Füllbauten. Auch muss doch jedem, der sich etwas damit beschäftigt hat, klar sein, dass die frühere Frankfurter Altstadt nichts, aber auch rar nichts mit einer "nordhessische Kleinstadt" zu tun hat. Das ist wieder der alte mik mit seinen provozierenden Statements der hier auch noch die Durchschnittsbesucher als ahnungslose Trottel hinstellen will.
    Welcher internationale Besucher soll denn aber nach Frankfurt kommen wollen, nur um zu sehen wie hier Rekonstruktionen und Moderne zusammenstehen? Das ist doch nichts Besonderes. Es sei denn das Arrangement ist extrem spektakulär geworden und man will eben dieses als Kuriosum studieren.

    @Fizgig #101:
    Das mit den Kosten sehe ich auch so. Einen gewissen Kostenbeitrag muss und kann die Stadt unter dem Strich leisten.
    Ja, keine weiteren Ankerbauten natürlich. Aber ist das mit der Schirn-Kunsthalle wirklich ernst gemeint, dass diese ein "architektonisch anspruchsvolles Gebäude" sei? Eventuell war man zu der Zeit als sie errichtet wurde noch dieser Meinung. Aus heutiger Sicht glaube ich nicht dass man das noch sagen kann, zumal sie viel zu wuchtig auftritt, ihre Umgebung nicht respektiert und nicht mit ihr harmoniert. Das MMK sehe ich mit seiner Masse auch etwas deplaziert im Altstadtbereich.

    @Xalinai #102:
    Finde ich sehr gut, diese Beschäftigung mit den offenen Fragen und Details, so sollte man Haus für Haus durchgehen, wird ja wohl auch gemacht werden müssen.
    Ohne jetzt auf Einzelheiten eingehen zu können, so sind aber heutige Alternativen für z. B. Treppen, Zugänge, Haustechnik, Bäder etc. bereits schon vorgeschlagen worden, auch zusätzlich z. B. zu originalgetreuen Treppen. In diesen Details und diesen Fragen stecken dann die Aufgaben und Herausforderungen, die nach meiner Einschätzung sehr innovativ gelöst werden können. Es gibt dazu auch schon Vorschläge und Ideen von anderer Seite. Als Beispiel kann ich mir vorstellen, dass in hinteren Bereichen gemeinsam zu nutzende Treppenaufgänge und Aufzüge installiert werden, bestimmt nichts Neues. Auch andere Einrichtungen sind denkbar die von mehreren Häusern gemeinsam genutzt werden. Solche Dinge sind im Focus.


    Postet von RKWF am 19.12.2009 im DAF Strang "Der Altstadt-Salon" direkt hinter Xalinai #102

  • Wer sind die Verhinderer des Wiederaufbaus?

    Dankwart Guratzsch beleuchtet in einem Artikel in der WELT vom 09.12.2009 anschaulich, mit welchen Methoden und Strategien die Frankfurter Verwaltungs-Macht bisher und weiterhin einen umfänglichen Wiederaufbau der Altstadt gegen den Bürgerwillen verhindert:
    http://www.welt.de/die-welt/ku…-Fachwerk-eine-Gasse.html

    Als vor Jahren der originale Wiederaufbau von sieben Altstadthäusern zähneknirschend zugestanden, beschlossen und verkündet wurde, war das zunächst ein gewisser Erfolg für diejenigen, die diese unmöglichen ersten Entwürfe verhindern wollten, weil damit schon wieder das Altstadt-Areal um den Dom herum in seiner historischen Bedeutung missachtet wurde. Die Erwartung, dass weitere Rekonstruktionen möglich sind und entstehen werden, wurde lange durch nebelhafte Kommunikation offen gehalten.
    Im Hintergrund des Verwaltungsapparates wurde der damals gefasste, strikte Plan, wie er heute konkreter sichtbar wird, von Amts wegen aber, so wie in Frankfurt üblich, gradlinig und konsequent weiterverfolgt. Die Entfremdung zwischen Bauverwaltung und Bürgerschaft setzte sich weiter fort.

    Öffentlicher Diskurs und Debatten waren längst Scheingefechte abseits der Vorgänge im Planungs- und Bauamt, die also mit der konkreten Planung im Amt schon lange nichts mehr zu tun hatten. Verlautbarungen aus dem Magistrat, sowie die für die Öffentlichkeit zugänglichen Informationen und Veranstaltungen zum Projektfortgang, waren als systematische Missachtung des Bürgerwillens, nur noch Moderation und Mediation zur Dämpfung und Ruhigstellung der Bürgerproteste.

    Zur Strategie gegen zu viel "Altstadt" gehörte es, das flugs mit einem Architektenwettbewerb für das so genannte "Stadthaus" vollendete Tatsachen im Sinne einer modernen Kompromissarchitektur geschaffen wurden. Diese Strategie wird sich bei der Planung für die "restlichen Füllbauten" fortsetzen. Damit und mit der vermeintlichen "Privatisierung" des gesamten Projekts durch die Etablierung der Dom-Römer GmbH, will man den potenziellen Investoren und Bürgerinitiativen einen Einfluss auf die Ausführung entwinden.



    Postet von RKWF am 22.12.2009 im DAF Strang "Der Altstadt-Salon" direkt hinter RobertKWF #103

  • Xalinai #102 (und vielleicht auch grundsätzlich):


    Hinter dem Lämmchen 9, um Dein Beispiel mal aufzunehmen, hat eine Grundfläche, ohne den Hof, von 42,1 m². Nutzfläche EG von 33,6 m².
    Kragte aber sehr stark aus, stärker als in den Baustatuten von 1410 zugelassen.


    Dieses Gebäude ist leider nicht im Bereich, welchen das Stadtplanungsamt ausgewiesen hat, da hier ein unnatürlicher Platz entstehen soll. Das H.d.L. 11 aufgrund des Kunstvereins-Anbaus nicht wieder aufgebaut werden kann, ist klar, H.d.L. 9 jedoch ist aus, sagen wir mal, stadtplanerischer Willkür rausgelassen worden.


    Dieses Gebäude war gotisch (wohl 15. Jhdt., eventuell früher aufgrund der großen Auskragungen, was aber nicht sicher ist -> Umbau; mit einem im 18. Jhdt. veränderten Dach und EG) und hatte wohl zur Zeit des Umbaus im 18 Jhdt. den Lämmchenbrunnen zwischen die zwei Öffungen des EGs gesetzt bekommen.
    Die Kosten, diesen Brunnen wieder herzustellen, sind sehr schwer zu schätzen, da hier Kunsthandwerk gefragt ist.


    Darüber hinaus gibt es folgende weitere Grundlagen:
    Die Fachwerkbauweise, gotisch (=relativ schmucklos, zumindest keine Schnitzereien) wird einen gewissen 5-stelligen Betrag kosten, der in Relation zu der Kosteneinsparung bei den Deckenkonstruktionen in aktuell herkömmlicher Art zu setzen wäre. Also eine Balkendecke mit Füllelementen (Gefachabschluss nach unten, eventuell bereits Installationsebene, Füllung, darüber Dielung, Trittschalldämmung und weitere Bodenaufbau) statt Betondecke mit Kosten für Ein- und Ausschalen, neben den Material- und Herstellungskosten (Bewehrung etc.).
    Die Ausfachung mit Lehmsteinen ist Kostenmäßig vergleichbar mit herkömmlicher Mauerwerkstechnik, die Wärmedämmung über Innendämmung mit Schilfrohrdämmplatten auf Lehm und mit Lehmoberputz.


    Bei den großen Balkenquerschnitten der Frankfurter Großstadt-Gotik ist der KfW-Standard nach EnEV 2009 durchaus erreichbar (Kreditfinanzierung mit z.Zt. 2,1 % Zinsen bei 30 Jahren Laufzeit).


    Der Grundstückspreis muß umgelegt werden, da hier nur in Erbpacht vergeben wird. Eine entsprechende Ersatzgröße war in dem von der FNP veröffentlichten Preis bereits mit eingerechnet (hier hat Jürgen Aha leider was falsch verstanden).


    Die Preise, die dort genannt wurden sind also mit sehr großen Sicherheiten gerechnet. Anteilig käme allerdings die genannte Erschließung hinzu, da hier nur zentrale Treppenhäuser in den alten Innenhöfen, auch mit Aufzügen möglich, Sinn machen würden. Ich gehe davon aus, daß die Preise demnach insgesamt deutlich geringer ausfallen können. Natürlich ist immer persönlicher Luxus entscheidend, in wie weit man einen Bau kostenmäßig in die Höhe treiben kann. Aber objektiv hat das nichts mit der Frage zu tun, ob oder wieviel teurer die Rekonstruktion wird.


    Was die Innengestaltung angeht, ist es meiner Meinung nach nur sinnvoll, etwas zu rekonstruieren, wofür man hinreichend Quellen besitzt. Eine alte Phantasie-Holztreppe wäre wieder in den Bereich Fassadenschau. Z.B. ist die Konstruktion der Brandwand zwischen Markt 28 und 30 sehr weit belegt (mit Fensteröffnungen und eine große Öffnung im EG, sowie eine Konsole mit der Darstellung Luthers, die einen Unterzug getragen hat. Alles darüber hinaus würde ich neutral in der Konstruktion verträglichen Art und Weise herstellen. Also Lehminnenputz, an den Außenwänden wie beschrieben und einfach an den Brandwänden, damit, wie in einem sanierten Haus, eine zeitgemäße Nutzung ohne Abstriche möglich ist.
    Man bekommt sogar noch ein hervorragendes Klima, für das richtig sanierte Fachwerkhäuser unter Eingeweihten sogar berühmt sind, und welches bei modernen, oder "zeitgenössischen Gebäuden" gar nicht mehr möglich ist, oder wie bei Passivhäusern mit enormen energetischen Aufwand künstlich hergestellt werden muß.


    Das heißt, daß man hier eigentlich sogar einen hervorragenden Gebäudetyp erwirbt, dessen qualitative Eigenschaften bei anderen Typen über "Extras" noch genauso teuer bezahlt werden muß.


    Und das unabhängig von der philosphischen Diskussion über Rekonstruktionen!


    Wenn man dann noch die Nachhaltigkeit der Konstruktion berücksichtigt (kein Abriss und Neubau nach ein paar Jahrzehnten, falls aus irgendwelchen Gründen doch notwendig, sogar vollständige Wiederverwendbarkeit fast aller Baumaterialien), ist es eigentlich viel kostengünstiger hier zu rekonstruieren.
    Für bestimmten Bedarf gibt es nun mal passende Bauweisen. Deshalb kann es keinen Fachwerkbankenturm geben. Aber für die kleinteilige Bebauung ist es sogar nach modernsten Anforderungen ideal. Es gibt eigentlich keine ökonomischere und ökologischere Bauweise für den gefragten Gebäudetyp.

    2 Mal editiert, zuletzt von Kardinal ()

  • Die FAZ hat einen sehr gelungenen Artikel veröffentlicht, der die Probleme der Warschauer Altstadt darstellt und diesbezüglich wichtige Ratschläge für die Frankfurter Planung gibt:


    Frankfurt und Warschau: Warnung vor der „McDonaldisierung“


    Der Schwerpunkt liegt auf dem Kontrast zwischen der Wohnnutzung und den Bedürfnissen des Tourismus - Einwohner benötigen eine andere Infrastruktur als Touristen, es entsteht ein Widerspruch, weil sich beide Standpunkte gegenüber stehen. Lebensmittelläden z.b. wurden durch teure Restaurants und Bars verdrängt, die sich die Einwohner nicht leisten könnten. In Warschau wurde eine bewusste Steuerung versäumt, weil die Rolle der Altstadt als Touristenattraktion nicht rechtzeitig erkannt wurde. Man ermahnt Frankfurt, die Kontrolle über die Entwicklung des Areals unbedingt in der Hand zu behalten, um solche Entwicklungen zu vermeiden bzw. besser steuern zu können. Gleichzeitig bemühe man sich aber auch um eine "gehobene" Atmosphäre, verbannt Fastfood-Ketten aus der Altstadt und erlaubt im Schloss nur Klassikkonzerte und Opernaufführungen.


    Ein anderer Schwerpunkt liegt im Charakter der Bebauung, es wird die Notwendigkeit authentischer und hochwertiger Materialien betont, weil sonst ein billiger, künstlicher Eindruck entstünde. Ebenso wird, wie auch hier schon oft zu lesen war, die Unterordnung des Einzelbauwerks unter das Ensemble gefordert, Architekten-Egozentrik sei absolut fehl am Platze: „Architektur muss Kultur haben und geschmackvoll und ausgezeichnet komponiert sein.“


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    Mein Kommentar: Es sind durchaus berechtigte Forderungen an die Stadt Frankfurt, wo man zuweilen ja schon den Eindruck erhalten kann, dass die Verantwortlichen außer dem Plan von sieben Rekonstruktionen + Füllbauten nicht wirklich viele Vorstellungen haben, was mit dem Areal dereinst genau anzufangen ist. Der Kontrast von Wohnnutzung und Tourismus ist ein ernsthaftes Problem, was durch die geringe Größe des Areals noch gesteigert wird, weil sich die Besucherströme nicht wie in erhaltenen Altstädten verteilen können und die zur Verfügung stehende Ladenfläche nur schwer alle Bedürfnisse gleichzeitig erfüllen kann.


    Was die Anmerkungen zur Bauweise betrifft, ich denke, dass hierzu von den üblichen Verdächtigen schon alles gesagt wurde. Es liegt dann an den Architekten und Bauherren, mit ihren Bauten diese Kriterien auch zu erfüllen, sowohl bei Rekonstruktionen als auch Neubauten. Mit der Saalgasse haben wir eine schöne Reihe von Negativbeispielen, die nach nur 20 Jahren in ihrer stilistischen Ausprägung schon überaltert wirken. Ziel muss es sein, einen Stil zu finden, der auch in 20, 40, 100 Jahren noch akzeptabel ist.

  • Gerade weil es in den alten Städten kaum eine Trennung zwischen Wohnen und Arbeiten gab und alles sehr dicht ineinander floß, ist es doch jetzt lächerlich davon zu träumen, daß es in einer wiederaufgebauten Altstadt für eine paar wenige ruhiges und gehaltvolles Wohnen geben soll (und dies am besten noch weitestgehend aus dem Steuersäckel bezahlt). Also bitte nicht zu viel Mitleid mit denen, die dort wohnen dürfen.


    Wer ab und zu in Warschau übernachten muß, ist froh, daß in dem Viertel etwas Leben ist, daß man sich dort die Füße vertreten und auch hier und dort ganz gut einkehren kann. Gut, viele Touri-Läden braucht kein Mensch (anscheinend brummen aber doch die Umsätze), man muß auch mal wegschauen können.


    Da das Viertel mittlerweile durch bessere Wegeverbindungen an die internationalen Hotels und die Büros angebunden ist, dürfte sich das nun besser mischen und im Sommer trifft sich dort sowieso die internationale Jugend. Aber alles viel maßvoller als in Prag, da gibt es echt Überlaufsituationen.


    Ähnliche Viertel/ Blöcke mit Aufenthaltsqualität in Warschau kenne ich nur zwei, auch dort ist noch nichts von echter McDonaldisierung zu spüren. Der Warschauer Gralshüter möge sich entspannen, daß bisschen Leben tut Warschau gut.

  • Immobilienmogul möge sich auch entspannen. Kann mich nicht erinnern hier irgendwo konkrete Wünsche nach ruhigem gehaltvollem Wohnen in der neuen Altstadt gelesen zu haben.

    Worum es allerdings bei einer Steuerung dessen was dort passiert geht und was ich auch sehr begrüßen würde, ist eben die Niveausteuerung (Achtung McDonalds), aber auch in allen Bereichen der Nutzung. Touristenströme in dem Umfang wie in Warschau sehe ich jedoch hier zwischen Dom und Römer nicht. Bei entsprechender Grundeinstellung der Käufer oder Mieter, sollten Wohnmöglichkeiten hier durchaus angenommen werden. Die Wohnqualität könnte sogar besser sein, als die der sehr begehrten Wohnungen rund um den Platz des Römerbergs.

    Davon abgesehen, sehe ich eine vorrangige Nutzung des Areals durch Firmensitze, Gastronomie, Boutiquen, andere Läden und Geschäfte im Erdgeschoßbereich und 1. OG. als unabdingbar an. Deren Niveau gilt es dann unbedingt zu steuern. Noch mehr Touristen Shops als jetzt schon am Römerberg halte ich z. B. für unangemessen.



    Postet von RKWF am 04.01.2010 im DAF Strang "Der Altstadt-Salon" direkt hinter Immobilienmogul #107

    Einmal editiert, zuletzt von RobertKWF ()

  • Warschau ist als Stadt tatsächlich recht gut vergleichbar mit Frankfurt - nicht nur wegen der Hochhäuser, sondern auch, weil man seit Jahren versucht, diverse Bausünden los zu werden.


    Nun ist uns Wahrschau in einigen Punkten (Altstadt) um viele Jahre voraus - in Sachen "Bausünden" halte ich aber Frankfurt im Vergleich für beispielhaft - selbst in den besten Lagen gibt es noch sehr viel zu tun in Polens Hauptstadt.


    Vor allem aber, das kann man auf markus1234s Luftbildern erkennen - eine rekonstruierte Altstadt in Frankfurt wird kein Fremdkörper sein, sonden sich in die Stadt einfügen, von daher halte ich das Risiko eines "Touri-ghettos" für recht gering. Der "Disneyland-Vorwurf" greift für das Warschauer Viertel meiner Meinung nach durchaus.


    falschparker: Du zählst schon acht touristische Sehenswürdigkeiten auf. Auch wenn dies meiner Meinung nach lange nicht alles ist - Wahrschau ist von der touristischen Attratktivität her eher schlechter aufgestellt.


    Trotzdem halte ich den FAZ-Artikel für tatsächlich sehr gelungen und man sollte ihn zur Pflichtlektüre für alle Altstadt-Entscheider machen :)

  • Wenn es um Bausünden geht, dann müßte man in Warschau quasi die halbe Stadt abreißen... :)


    Leider ist es nicht möglich, weil bezahlbarer Wohnraum Mangelware ist. Von Zuständen wie in Ostdeutschland, wo man Plattenbauten reihenweise abreißt, kann Warschau und Polen vorerst leider nur träumen. Soetwas


    http://www.polskieszlaki.pl/zd…a1/10635_t_1226401809.jpg


    wird noch einige Jahrzehnte das Warschauer Stadtbild prägen... :Nieder:

  • ^
    hehe, der Vergleich Warschu-Frankfurt scheint tatsächlich sehr passend.
    Die Situation auf dem Bild erinnert mich sehr stark an das Schwesternwohnheim hinterm Portikus...

  • Ich glaube, diesen FR-Artikel hatten wir noch nicht: Das Ende eines Vorbilds


    Besonders hübsch und übersichtlich ist die Grafik, die den Grundriss des Technischen Rathauses und der Schirn im Vergleich zur Vorkriegsaltstadt zeigt.

  • Am Sonntag konnte man einen abgesperrten kleinen Krater auf dem "Markt" sehen, nahe dem kleinen Engel, darin waren nur knapp unter dem Pflaster verlegte, offene Kabel mit Reparaturstellen zu sehen.

    Am Montag konnte man jetzt die offizielle Erklärung (Kurzschluss) in der Zeitung lesen.
    Die fnp-online berichtete am 18.01.2010:
    http://www.fnp.de/fnp/region/lokales/rmn01.c.7161377.de.htm

    Offensichtlich beginnen nun die Substanzen sich schon mal vorab selbst zu demontieren. Ein Gastkommentator sieht darin aber nur eine Reaktion der Unterwelt gegen die historische Bebauung.


    Postet von RKWF am 19.01.2010 im DAF Strang "Der Altstadt-Salon"

  • Im Regionalteil Frankfurt berichtet bild.de von einem Peter Knott, geboren in Sachsenhausen, der ein Modell der Markt-Südseite im Maßstab 1:50 gebaut und dafür 3.000 Arbeitsstunden aufgewendet hat. Zu sehen ist auch ein Foto des Modells.


    Die Ziffern bedeuten:


    1 Goldene Waage (Markt 5)
    2 Weisser Bock (Markt 7), erbaut im 16. Jahrhundert
    3 Karpfen (Markt 9), ebenfalls im 16. Jahrhundert erbaut
    4 Kleiner Vogelsang (Markt 11)
    5 Grüne Linde (Markt 13), erbaut um 1780
    6/7 Rotes Haus (Markt 15 und 17)

  • Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und seine Partnerverbände verfügen insgesamt über mehr als 150 000 mittelständische Mitglieder. Unter den Mitgliedern im Rhein-Main-Gebiet will Jörg von Netzer, als Verantwortlicher für dieses Gebiet, nun aktiv für die Altstadt-Rekonstruktion werben.

    Die fnp-online berichtete am 27.01.2010 in der Rubrik Lokales/Frankfurt:
    http://www.fnp.de/fnp/region/lokales/rmn01.c.7202477.de.htm


    Da der Artikel wohl derzeit nur sporadisch aufrufbar ist (Zugriff war am 28.01.2010, 19:07 Uhr möglich) gehe ich hier etwas ausführlicher darauf ein.

    Der Unternehmerverband stand auch zu Beginn der Woche als Veranstalter auf der Liste eines Informationsabends der Initiative «Pro Altstadt». Es waren jetzt eher wohlhabende Leute, mögliche Investoren, im Publikum zu sehen so heißt es.

    Der BVMW sieht sich als Mittler, um auf das Projekt aufmerksam zu machen, "Investoren finden und Überzeugen". Jörg von Netzer ist nicht der Meinung, dass eine Rekonstruktion der Altstadt zu altbacken sei für eine so moderne Stadt. Er hält es für eine lobenswerte Initiative, einen geschlossenen Kern zu unterhalten. Man engagiere sich ja auch für Kunst und Umwelt, warum nicht dafür?

    Offenbar ist es das Ziel, Investoren für mehr als nur die sechs zu Rekonstruktion frei gegebenen Häuser zu finden, bevor wieder ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben wird. Erste Erfolge will man schon ausgemacht haben. Von Frankfurter Firmen soll auch schon konkretes Interesse geäußert worden sein. Preise für die Häuser dürften zwischen 0,5 und 1,5 Millionen Euro liegen, wird geäußert.

    Noch sieht man ein Problem darin, einen geeigneten Fachmann für die Qualitätskontrolle in der Bauausführung zu finden.


    Posted von RKWF am 28.01.2010 im DAF Strang "Neugestaltung Dom-Römer-Areal - Planungs- und Bau-Thread"

  • Immer wieder wird auch an kleinen Nebensätzen die aus dem Römer kommen, die dortige grundsätzliche Einstellung zu dem Projekt deutlich. Darauf kann man nicht oft genug hinweisen. Natürlich haben die Akteure im Römer ein Recht auf ihre eigenen Vorstellungen zu dem Areal. Diese eigenen Vorstellungen sollten aber ohne Verschleierungen publiziert werden. Den realistischen Befürwortern eines originalgetreuen Wiederaufbaus wird das wohl bewusst sein.

    Im folgenden Satz spiegelt sich wieder sehr markant die Kommunikationspolitik zu diesem Projekt.

    "Das geplante «Stadthaus am Markt» eröffnet die Chance, die historische Keimzelle Frankfurts mit einem öffentlichen Gebäude zu bebauen".

    fnp-online vom 30.01.2010:
    http://www.fnp.de/fnp/region/lokales/rmn01.c.7217660.de.htm

    Hier wird der Begriff der "historische Keimzelle Frankfurts" schamlos als Motivierungsversuch missbraucht, um den Bürgern diesen modernen Neubau eines "Stadthauses" an diesem Standort schmackhaft oder erträglich zu machen, indem man es noch als unerwartete Chance darstellt.

    Wer in Frankfurt und anderswo wüsste nicht ganz genau, dass seit dem zweiten Weltkrieg bereits mehrere moderne "öffentliche Gebäude" auf und direkt neben dieser historische Keimzelle Frankfurts errichtet wurden und mit dem geplanten "Stadthaus" diese Tradition nur fortgesetzt werden soll?

    Ich nenne hier noch mal die öffentlichen Gebäude Technisches Rathaus, Haus am Dom, Schirn-Kunsthalle, Kubus des Kunstvereins und Historisches Museum, bei denen diese bewusste Chance genutzt wurde.

    Manchmal sind wir ja einfältig, aber nicht immer.


    © Posted von RKWF am 31.01.2010 im DAF Strang "Der Altstadt-Salon" direkt hinter #118

    Einmal editiert, zuletzt von RobertKWF ()

  • Ergänzend zu den Häuser-Rekonstruktionen, stellt sich für mich die Frage: In welcher Gestalt werden die historischen Gassen und Plätze wiederentstehen?


    Als kleine Einführung folgender Sachverhalt:



    Ausschnitt einer Postkarte. Urheberrechte dürften aufgrund des Alters abgelaufen sein


    Bis 1944 war der Alte Markt (bis zum Römerberg) mit grau-blauem rechteckigen Basaltpflaster ausgelegt. Es gab charakteristische Bürgersteige. Nur die wenigsten wissen, dass der 'Bürgersteig' aus dem Mittelalter stammt, den er sollte die Passanten trockenen Fußes zu ihrem Ziel bringen. Der damals üblichen Methode, seinen 'Nachttopf' einfach auf der Straße zu entleeren wurde alsbald mit dem erhöhten Bordstein entgangen.. Soviel zum Geschichtlichen..
    Heutzutage findet sich um den Samstagberg eine glatte, absatzfreie Fläche mit grau-braunem Kopfsteinpflaster aus Sandstein. Dem historischen Bodenbelag gegenüber ist diese Ausführung nur bedingt gerecht.


    Um auf das aktuelle Projekt umzuschlagen: Hier kann der Alte Markt in seiner Gestalt der Vorkriegszeit begutachtet werden. Dazu meine Frage: Gibt es Hinweise, die bezeugen dass der Markt, sowie der Hühnermarkt in ihrem alten Gefüge mit Bodenbelag, Absätzen & Strassenlaternen wiederentstehen? Und vielleicht noch wichtiger: Wandert das Friedrich Stoltze Denkmal (Hier hier unten rechts im Bild) vom Platz südlich der Katharinenkirche in die Mitte des Hühnermarkts zurück?


    mfg

  • Meiner Meinung nach muss der Strassenbelag nicht so wieder hergerichtet werden wie vor 1944. Ein durchgehender Strassenbelag und eine passende Beleuchtung sollten gewählt werden, aber da durch die Gassen eh kein Verkehr geführt wird, muss da auch kein Bürgersteig sein. Zumal die ja teilweise so schmal waren, das man als Erwachsener eh nicht drauf laufen könnte.
    Die Wahl des Materials für den Bodenbelag ist da schon kniffeliger, aber ich denke, man kann ruhig ein kleineres Pflaster wählen als früher, eben auch weil die Belastung eine andere ist und hauptsächlich Fußgängerverkehr herrschen wird. Es sollten daher ein unruhiger Belag vermieden werden.
    Warum nicht eine Fortführung vom Römerbelag in die Gassen?

  • Beitrag aus dem Planungs- und Bau-Thread hierher kopiert und folgender Beitrag hierher verschoben.
    -----------------


    Die Offenbach Post berichtet in einem Artikel über die jüngste Sitzung des Dom-Römer-Ausschusses. Demnach sei durch die Lösung des Problems mit der Tiefgarage, der Weg frei für eine Rekonstruktion des Haus Rebstock. Es solle sogar schon ein Investor gefunden sein. Weiter wird berichtet, auch im Ausschuss rege sich Kritik in Bezug auf den Siegerentwurf zum Stadthaus. So sei moniert worden, dass die Traufhöhe des geplanten Stadthauses die der „Goldenen Waage“ überschreite, die genau nebenan rekonstruiert werden solle und das historische Gebäude durch die wuchtigen Dimensionen zudecke. Daneben liesse der recht klein entworfene Eingangsbereich oder die Belichtung des Gebäudes Wünsche offen.


    Im Übrigen sendet heute der HR abendfüllend zum Thema Altstadt. Besonders interessant das Stadtgespräch mit namhaften Gästen.

  • Die im vorigen Post von mir angesprochene Sendung im HR ist nun online verfügbar unter "Aktuelle Videos": Stadtgespräch vom 23.02.2010


    Wie zu erwarten war, gab es nichts bahbrechend neues, das in der kurzen Diskussionszeit erörtert werden konnte. Man blieb eher an der Oberfläche und die Teilnehmer tauschten mehr oder weniger bekannte Meinungen aus. Sinngemäß:


    • Christoph Mäckler bekannte sich zu den Plänen der Stadt und ist für eine Teilrekonstruktion zusammen mit qualitativ hochwertigen modernen Bauten, die aber die Geschichte des Ortes und dessen Bedeutung erkennen lassen sollen
    • Günter Possmann von den Freunden Frankfurts ist erwartungsgemäß für eine Komplettrekonstruktion eingetreten.
    • Gerhard Vinken, Stadtplaner der TU Da, wandte sich komplett gegen irgendeine Rekonstruktion; statt dessen solle unter Berücksichtigung des Ortes, der Geschichte und der vorhanden, erhaltenswerten Bauten eine komplett moderne Bauweise zur Anwendung kommen.
    • Eine Anwohnerin der Seligenstädter Altstadt sollte ein wenig dazu beitragen, was denn eine Altstadt überhaupt lebenswert macht; da aber Seligenstadt eben wirklich noch eine "echte" Altstadt hat, ist dieser Vergeich nicht so wirklich hilfreich gewesen.


    Überhaupt empfand ich die häufig genannte Kritik gegen eine Rekonstruktion, es sei eben früher in der Altstadt nicht nur schön gewesen und man werde auch dieses Flair der Altstadt nicht rekonstruieren können, einwenig am Thema vorbei. Es geht ja nicht darum die schlechten Hygienischen Verhältnisse oder die schlechte soziale Lage der Bewohner dort auch wieder zu rekonstruieren. Es geht doch in Hauptsache um Architektur und nicht um den damals natürlich schlechten Zustand des Viertels. Und auch in keiner erhaltenen Altstadt hat man genau das Flair, dass diese vor dem Krieg hatte, das möchte doch dort auch sicher niemand haben.


    Danke Schmittchen für die Einfügung des Direktlinks, das habe ich irgendwie nicht hinbekommen. Und auch danke für den Hinweis, dass es noch eine anschließende Diskussion im Stream gibt. Hatte gestern nur die Live-Sendung gesehen. vv

    2 Mal editiert, zuletzt von OllaPeta () aus folgendem Grund: grauen Absatz angefügt

  • Mit diesem Link kommt man direkt zum Stream.


    An die 45-minütige Aufzeichnung der gestrigen TV-Sendung schließt sich im Video die halbstündige Diskussion an, an der sich das Publikum beteiligen konnte. Auch Michael Guntersdorf kam mehr zu Wort. Macht einen ganz vernünftigen Eindruck, der neue Geschäftsführer der Dom-Römer-GmbH. Insgesamt trotz mancher Längen eine sehenswerte Sendung, wobei die anschließende Diskussion meines Erachtens deutlich interessanter ist als die doch bisweilen verschwurbelte TV-Sendung.




    P. S.: Dieser zwischen Lieselotte Körber und Heidrun Christensen sitzende Tüpp kommt mir irgendwie bekannt vor.