Leipziger Kaffeeklatsch (plaudern, träumen, ankündigen)


  • [...]
    Selbst wenn, wie im Deutschandfunk angemerkt, nach dem Studium der Weg aus wirtschaftlichen Gründen wieder gen Westen führt, hat man dann doch einen ganz anderen Eindruck vom Osten im Allgemeinen und von Leipzig im speziellen. Wenn es weiterhin langsam aber stetig wirtschaftlich aufwärts geht, ist dann, sofern doch mal die Möglichkeit besteht, im Osten zu arbeiten, die Bereitschaft dazu sicherlich weitaus höher. Jeder westdeutsche Student in die Stadt ist so gesehen eine gute Investition in die Zukunft der Stadt.


    Ich kann Deinen Optimismus bzgl. Leipzig als Lebensort nur bedingt teilen.
    Wenn sich mir persönlich die Chance ergeben würde nach meinem Studium, meinetwegen nach Berlin, Köln oder Hamburg gehen zu dürfen; ich wäre hier wohl recht schnell wieder weg!

    Man kann es schwer in Worte beschreiben in Worte, aber wer z.B. sich ein paar Tage in Berlin aufhält und dann zurückkehrt nach Leipzig; wird einige Unterschiede feststellen, die Berlin einfach wesentlicher attraktiver machen.


    In Berlin geht einfach was; man spürt einen gewissen "Drive", den ich hier vermisse. Ferner erscheint mir die Bevölkerung in Berlin sozial und kulturell wesentlich durchmischter; was ich persönlich angenehmer finde.
    Zumal ich den Eindruck habe, dass Toleranz in Berlin einen größeren Stellenwert beigemessen wird als in Leipzig, wo beispielsweise die Gewaltbereitschaft gegenüber Menschen die sich nicht in Tarnfarben kleiden, wesentlich höher erscheint.

  • Phoenix:


    nun ja. manche sagen so, sarrazin sagt so.


    Abyssalon:


    besonders interessant dürfte die veranstaltung am 7. dezember sein. wobei die fragestellung "wieviel grün können und wollen wir uns leisten?" etwas merkwürdig erscheint. was könnte es denn statt dessen geben?

  • Phoenix


    Sicher ist Berlin kosmopolitischer und multikultureller geprägt als Leipzig, aber dass mit deiner Gewaltbereitschaft und den Tarnfarben finde ich reichlich übertrieben. Wenn du in Neukölln den Falsche anguckst, haste mitunter auch ein Problem. Und auch die Statistik belegt, dass die Gewaltbereitschaft in Berlin auch in Relation auf die Einwohnerzahl größer ist als in Leipzig. Und wer im beschaulichen Leipzig mal den "Drive" vermisst, setzt sich einfach in den Zug und ist in etwas über einer Stunde in Berlin.

  • @ phoenix: Ich habe interessanterweise genau die gegenteilige Erfahrung gemacht und höre auch aus meinem Umfeld (natürlich nicht repräsentativ) sehr oft die Ansicht, Leipzig sei wesentlich attraktiver und lebenswerter als Berlin, wobei es darauf ankommt, welche Gesichtspunkte man zugrunde legt. Aber das ist wohl Geschmackssache.
    dj tinitus: dazu passt das E+E-Vorhaben "Urbane Wälder", in dem Leipzig Modellstadt ist. Dabei sollen Brachflächen im innerstädtischen Bereich bewaldet werden. Laut BfN und Stadtämtern wären das ca. 580 Flächen mit einer Gesamtfläche von 1850 ha. Erste Modellfläche ist meines Wissens nach die ehemalige Stadtgärtnerei in Mölkau.

  • eben. auch südlich vom bayrischen bahnhof wird ja ein neuer park entstehen. darum erscheint mir die fragestellung in der veranstaltungs-ankündigung etwas merkwürdig.

  • Phoenix


    Sicher ist Berlin kosmopolitischer und multikultureller geprägt als Leipzig, aber dass mit deiner Gewaltbereitschaft und den Tarnfarben finde ich reichlich übertrieben. Wenn du in Neukölln den Falsche anguckst, haste mitunter auch ein Problem. Und auch die Statistik belegt, dass die Gewaltbereitschaft in Berlin auch in Relation auf die Einwohnerzahl größer ist als in Leipzig. Und wer im beschaulichen Leipzig mal den "Drive" vermisst, setzt sich einfach in den Zug und ist in etwas über einer Stunde in Berlin.


    Ich kann nicht beurteilen ob die "Gewaltbereitschaft" in Berlin-Neukölln größer sei als in Leipzig. Womöglich ist die "Gewaltbereitschaft" aber in gewissen Käffern wie Wurzen, Mügeln oder Brandis um ein wesentliches höher, wenn man nicht in das Bild der dort durchaus vorzufindenden hegemonialen Nazistrukturen passt.
    Der Unterschied in Bezug zum Gesichtspunkt "Gewaltbereitschaft" ist jedoch zugespitzt formuliert, dass es z.B. in Berlin Viertel wie Prenzlauer Berg; Friedrichshain oder Kreuzberg gibt, die in Leipzig so fehlen und die Bevölkerungszusammensetzung doch recht homogen erscheint. Rückzugsgebiete fehlen somit.


    Der "Drive" Berlins oder andere Großstädte bezieht sich doch nicht nur auf die abendliche Freizeitgestaltung, sondern umschreibt quasi ein pulsierendes Lebensgefühl, dass man nur einhauchen kann, wenn man dort lebt und nicht Tagestourist spielt und am Wochenende dort einfällt.

  • Man kann es schwer in Worte beschreiben in Worte, aber wer z.B. sich ein paar Tage in Berlin aufhält und dann zurückkehrt nach Leipzig; wird einige Unterschiede feststellen, die Berlin einfach wesentlicher attraktiver machen.


    Nun ja, du hast scheinbar eine Aversion gegenüber Leipzig und ein Faible für Berlin. Dass sich beide Städte ob ihrer deutlich unterschiedlichen Einwohnerzahl schwer in Relation setzen lassen, sollte eigentlich klar sein!
    Woher kommst du eigentlich?


    Ich selbst komme aus Bayern und habe in den 90ern in Leipzig studiert. Berlin kenne ich durch wiederholte Besuche bei Freunden, die dort studierten. Berlin gefällt mir und ist auf jeden Fall spannend, dennoch würde ich Leipzig immer vorziehen. Aus dem einfachen Grund weil es (für mich) schöner ist, d.h. es bietet auf geringerer Fläche mehr an attraktiver (historischer) Bausubstanz und insgesamt auch ein höheres Mass an Lebensqualität. Selbstverständlich setzt hierbei jeder Mensch andere Parameter an!


    Sei's drum. Lächerlich fand ich allerdings seit jeher Leute, welche sich einbilden in der Coolheitsskala nach obern geklettert zu sein, nur weil sie plötzlich eine Adresse in einer gewissen Stadt (hier: Berlin) vorweissen können.


    Ich kann Deinen Optimismus bzgl. Leipzig als Lebensort nur bedingt teilen..


    Du brauchst lediglich die statistischen Daten zur Bevölkerungsentwicklung Leipzigs in den letzten 10 Jahren heranziehen, um einen gewissen Optimismus in dieser Richtung nachvollziehen zu können!

  • ....meinetwegen nach Berlin, Köln oder Hamburg gehen zu dürfen....


    In der Realität kommen dann schnell auch weitaus unattraktivere und kleinere Städte ins Spiel. Und wenn man dann dort ist, merkt man, dass Leipzig vielleicht doch gar nicht so schlecht war.

  • Phoenix: wie Abyssalon schon richtig bemerkt hat, sind die persönlichen Kriterien ein gewichtiges Unterscheidungsmerkmal. Ich habe ja momentan auch Berlin als Lebensmittelpunkt gewählt und es ist vollkommen klar, dass hier "mehr geht", aber nicht für jeden ist es ein gewichtiges Kriterium, im Sommer Sonntags aus dutzenden Open-Air-Parties wählen zu können - nein, es gibt auch etliche Leute, denen Berlin weit zu groß und molochig ist. Ich sitze erstmal mindestens eine dreiviertelstunde im Auto, wenn ich im Sommer mal nicht im siffigen Weißensee baden will. In Leipzig bin ich aus innenstadtnähe in 'ner Viertelstunde am Cossi gewesen. Auch hat nicht jeder eine Freude daran, stundenlang von einem Bezirk zum anderen unterwegs zu sein. Schon mal an Silvester zuerst auf einer Party im Prenzlauer Berg gewesen, danach noch in Kreuzberg vorbeigeschaut und am Ende in Friedrichshain gefeiert? Und diese (ehemaligen) Bezirke liegen nun auch noch sehr nahe beieinander. Die Konkurrenz für Leipzig lautet dann auch nicht Berlin, Hamburg oder Köln, sondern Nürnberg, Hannover, Stuttgart, oder Essen. Und da kann die Stadt m.E. recht gut mithalten.


    Will sagen: wenn du für dich persönlich "mehr drive" in Berlin spürst, ist das vollkommen legitim. Gleichzeitig gibt es aber viele Leute, die andere Prioritäten haben. Argumentationen mit Wurzen oder Brandis (schon mal in Königs-Wusterhausen oder selbst in Berlin in Pankow-Heinersdorf, -Rudow oder -Hohenschönhausen gewesen?) oder mit einer angeblich höheren Gewaltbereitschaft (ich kann mich nicht erinnern, wann in Leipzig das letzte Mal dutzende Rechte und Linke am frühen Abend auf offener Straße mit erheblichen Folgen aufeinander eingeprügelt haben wie vor kurzem an der Frankfurter Allee, ich habe noch nichts davon gehört, dass beinahe täglich Autos angezündet werden) sind allerdings absurd. Berlin hat definitiv seine Vorzüge; die von dir genannten zählen allerdings nach meinem dafürhalten nicht dazu.

    3 Mal editiert, zuletzt von DaseBLN ()

  • Phoenix


    Ich werd sicherlich nicht gegen meine heimliche Liebe Berlin hier wettern. Aber bitte, wie gut kennst du eigentlich Berlin? Das scheint mir doch ein sehr idealisiertes Bild zu sein. Ich kann da nur sagen, dass man auch in Bezirken wie Hellersdorf, Marzahn und Lichtenberg in vielerlei Hinsicht ganz gut Probleme bekommen kann.;) Und in Friedrichshain/ Prenzl Berg kann es dir mit dem "falschen" Auto Tatsache ganz schnell passieren, dass man dort des Nachts plötzlich ne kleine Pyroshow daraus macht.;)
    Aber wie schon oft vor mir gesagt, es ist ganz einfach Geschmacksache. Ich liebe Berlin, ich mag die Clubszene genau so wie das Lebensgefühl aber dennoch seh ich auch die Schattenseiten (z.B. auch das die Seele vom Prenzlauer Berg immer mehr schwäbischen Bionadeselbstdarstellern weicht). Allerdings spielt Berlin deutschlandweit in seiner eigenen Liga, da kann Köln gleich gar nicht mithalten, maximal vielleicht noch Hamburg.


    Und wie sagt man mit der üblichen Berliner Großschnäuzigkeit: "Fresse sonst München!":cool:

  • Ich habe in Leipzig immer das Gefühl, dass man hier was erreichen kann, dass sich hier was entwickelt und noch viel Potential da ist. In Berlin habe ich immer das Gefühl, jeden Tag ums Überleben kämpfen zu müssen.

  • ^bissel drastisch, aber schön formuliert, abyssalon.
    ein jeder mag in der stadt weilen, die ihm gefällt. das die wahlheimat verteidigt wird, ist wahrscheinlich einfach ziemlich menschlich ;)

  • hallo allerseits


    ich lese seit mehreren Monaten in diesem Forum mit, doch an dieser Stelle möchte auch ich mich in die Diskussion einbringen. In Leipzig aufgewachsen, zog ich für mein Studium die letzten 3 Jahre nach Bremen. Ich habe mir bis dato nie wirklich Gedanken gemacht, was die architekonische Qualität einer Stadt für die persönliche Lebensqualität bedeutet. Bei jeder Rückkehr in die (architektonische) Heimat wurde mir dieser Umstand jedoch schlagartig bewusst!


    Nun lebe ich zwar wieder in einer geräumigen Altbauwohnung in Friedrichshain (in Bremen undenkbar, da einfach nicht existent), doch bei allen Vorzügen die Berlin haben mag, bleibt das Leipziger Lebensgefühl auch hier unerreicht.


    ForzaLE: Eine repräsentative Umfrage nach der Herkunft der Besucher auf dem Flohmarkt am Mauerpark beispielsweise, würde das Hauptproblem der Hauptstadt auf den Punkt bringen:


    Viel zu viele ach so hippe Wahl-Berliner, die Ihre Kinder mit Ökogemüse vollstopfen und die ursprüngliche Identität der Berliner Stadtteile und Ihrer angestammten Bevölkerung (egal ob Prenzlberg oder F-hain) immer weiter verwässern. Das Problem ist das gleiche, wie auf einer schlechten Party: Einfach zu viele Menschen, die ohne etwas zurückzugeben von einer Atmosphäre zehren wollen, die sich aufgrund Ihrer eigenen Anwesenheit und dem Fehlen echter Originale/Typen selbst ad absurdum führt. :nono:

  • Hi, ich bin der Neue und würde gleich mal was zur Diskussion freigeben. Wenn ich mich nicht irre, hat die Stadt vor Jahren einer amerikanischen Verwaltungsgesellschaft das ehemalige Hotel "Astoria" veräußert. Seither gammelt es so vor sich hin. Ein übrigens für mich Top-Standort, obwohl 'ne Menge gemacht werden muss. Die nicht unwichtige Parkplatz-Situation könnte man z.B. mit dem Abbruch des Skandalblockes der LWB oder dem Umbau dieses Baukörpers zum Parkhaus lösen. Der Schallschutz dürfte mit den heutigen Möglichkeiten (mit Sicherheit kostengünstig) auch kein Problem sein. Anmerkung hierzu: Bloß nicht so eine schreckliche Schallschutzfassade wie am Hotel Augustusplatz!!! Jetzt aber mein Hauptproblem. Ich habe so die Vermutung, dass die Brühl-Baustelle auch wieder so ein Flopp wird. Auch hier hat, glaube ich, den Zuschlag eine Vermarktungsgesellschaft bekommen oder nicht? Gelegentliche Presseinformationen oder auch ein schnell errichteter Bauzaun können da auch nicht hinwegtäuschen. Übrigens, dieser geplante Baukörper passt mit seiner hervorragenden Fassadenlösung und seiner, für das Leipziger Stadtzentrum typischen "Kleinteiligkeit" prima zum gegenüberliegenden Betonkasten (Bildermuseum), dessen Fassade immer noch so aussieht, wie gerade neu eingerüstet. In diesem Sinne einen guten Wochenstart und alles viiiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeellllllllll besser machen.

  • ^ Willkommen zunächst im Forum. Es gibt für die von dir angesprochenen Themen entsprechende Stränge hier im Subforum (Hotels in der Innenstadt -Bestand und neue Vorhaben, Museumswinkel am Bildermuseum (Katharinum im Bau), Höfe am Brühl (in Planung)), die deine Fragen beantworten bzw. dich auf den neuesten Stand bringen dürften. Ansonsten ist es nicht verkehrt, Meinungen auch zu verargumentieren und nicht bloß Wunschdenken zu formulieren. Weder wird die LWB einfach so Wohngebäude abreißen oder zu Parkhäusern umbauen, noch wird angesichts bereits fertiggestellter oder geplanter Hotelprojekt eim Zentrum in nächster Zukunft etwas am Astoria passieren.


    Ein herzliches Willkommen auch an den bioniker :)

  • Original von bioniker:


    Viel zu viele ach so hippe Wahl-Berliner, die Ihre Kinder mit Ökogemüse vollstopfen und die ursprüngliche Identität der Berliner Stadtteile und Ihrer angestammten Bevölkerung (egal ob Prenzlberg oder F-hain) immer weiter verwässern. Das Problem ist das gleiche, wie auf einer schlechten Party: Einfach zu viele Menschen, die ohne etwas zurückzugeben von einer Atmosphäre zehren wollen, die sich aufgrund Ihrer eigenen Anwesenheit und dem Fehlen echter Originale/Typen selbst ad absurdum führt.


    Du meinst wohl das sogenannte Thema "Gentrifizierung" und verwechselst leider ein paar grundlegende Dinge:
    Ganz einfach gesprochen ist nichts gegen die Menschen zu sagen, die wie Du es ausrückst "Ihre Kinder mit Ökogemüse vollstopfen" und sich als "hipp" bezeichnen!
    Wenn, dann müßte man an der kapitalistischen Verwertungslogik anfangen und sie hinterfragen.


    Eine Frage noch: Was oder wer bitte schön ist nach Deiner Meinung die "angestammte Bevölkerung"? Wer soll das sein?

  • ^ Im Prenzlauer Berg fand seit Anfang der 90er ein mehr als 80%iger Bevölkerungsaustausch statt. Allerdings wird das immer wieder verwechselt, die Anti-Schwaben Kampagnen werden wohl eher von in den 90ern Zugezogenen initiiert. Festzustellen bleibt: seit Beginn diesen Jahrzehnt leidet die berühmt-berüchtigte Berliner Toleranz darunter, dass, wie bioniker schrieb, zugezogen wird, aber gleichzeitig das kleinstädtische Ruhe- und Ordnungsbedürfnis als Erwartungshaltung mitgebracht wird. Stichwort Grillverbote, Knaack, "Mütterordnungsdienst" am Helmi, etc.


    Um mal wieder auf Leipzig zu kommen: während in Berlin Gentrifizierung in Reinform zu beobachten ist, hält sich das Ganze in Leipzig noch in Grenzen. Es ist eben auch in der Hauptstadt nicht alles Gold, was glänzt - und das war ja der ursprüngliche Punkt. Schliesslich wollen wir hier über Leipzig diskutieren ;)

  • Phoenix,


    die sog. Gentrifizierung ist in Berlin ein heiß diskutiertes Thema. In Leipzig wohl eher nicht, auch wenn du das vor ein paar Wochen hier mal anstoßen wolltest. Die Gründe dafür hatten wir hier schon diskutiert.


    Ansonsten darfst du dich auch gern zum Thema Architektur und Städtebau äußern.