Technisches Rathaus und Umfeld - Neugestaltung nach Abriss

  • Im Gegensatz zu einem der Gebäude außerhalb Frankfurts, die üblicherweise als Ein- oder Zweifamilienhäuser genutzt werden (also bis ca. 8 Personen) und typischerweise ein bis zwei Vollgeschosse und emanchmal in ausgebautes Dach haben, handelt es sich bei den Häusern der alten Frankfurter Innenstadt um Gebäude, die durch immer wieder durchgeführte Aufstockungen bis zu sechs Etagen haben.


    Was ihr hier fordert ist der Bau neuer Gebäude, vom Keller bis zum Dachfirst, die nach außen das Bild der zerstörten Altstadthäuser wiedergeben.


    Damit sind, im Gegensatz zum Erhalt existierender Gebäude,[/] auch die heutigen Sicherheitsregeln zu beachten. Daraus ergeben sich Anforderungen über Treppenhäuser, der Brandschutz stellt Anforderungen zu Gebäudeabständen, Fluchtwegen und Zufahrtsmöglichkeiten.


    Was nicht nur "wir hier fordern", sondern von der Stadt beschlossen ist, ist der Wiederaufbau von neuen Häusern, die nicht nach außen das Bild wiedergeben, sondern auch von innen exakt so sind - originalgetreu eben. Kein auf Beton aufgenageltes Fachwerk, keine vorgehängten Fassaden - durch und durch Holz mit Ziegelausmauerung. Abgesehen davon gibt das Äußere bei einem echten Fachwerkhaus das Innere vor, insofern wäre es recht schwer, da etwas vorzutäuschen. Was schonmal vorab das unsterbliche Disneyland-Argument ad absurdum führt.


    Zum Thema Brandschutz und Gebäudeabstände weise ich mal auf die älteren Seiten dieses Threads hin. Aber nur vorab: bereits zahlreiche Altstadthäuser hatten zum fast immer existierenden Hof hin steinerne Treppenhäuser, und auch ein Nachweis, dass die Zufahrtswege für die Feuerwehr auf dem originalen Grundriss gesichert sind, wurde schon vor Jahren erbracht.


    Zufahrtsmöglichkeiten zähle ich nicht als Argument, wer in einer Altstadt wohnt, kann keinen Anspruch auf einen Parkplatz erheben. Wer sowas unbedingt braucht, ist sicher im Westend besser aufgehoben. Und in existierenden Altstädten gibt es sowas erst recht nicht. Wie sagte Jochem Heumann, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU neulich so schön: "Einige Leute sollten langsam realisieren, dass wir hier eine Altstadt rekonstruieren!"


    Und wieder: Die Voraussetzungen waren damals andere, es existierte eine Altstadt.
    Auch wenn Du es nicht verstehen [B]willst

    , die damals zu sanierenden Altstadthäuser kann man nicht mehr sanieren, weil sie in einer Bombennacht im März 1944 bis zu den Grundmauern zerstört und in den folgenden vierzig Jahren, bis unter das Kellerniveau hinab, bewußt entfernt wurden.


    Was immer da entstehen wird ist ein Neubau, weil selbst eine Wiederherstellung mit den Originalmaterialien durch das "Fehlen" der Verformung der Teile über die Jahrhunderte ihres Bestehens einen anderen optischen Eindruck ergäbe.


    Wo ist da das Problem? Hat hier irgendwer den Anspruch erhoben, die Rekos künstlich zu patinieren? Das kommt, wenn man ohne irgendwelchen modernen Stahl-Beton-Mist baut, von ganz alleine. Guck' dir mal den Großen & Kleinen Engel in der Ostzeile des Römerbergs genau an. Er zeigt bereits jetzt, 24 Jahre nach seiner Rekonstruktion, erste Verformungen. Die herausgefallenen Gefache bei anderen Bauten der Ostzeile (was man allerdings langsam mal reparieren sollet) bezeugen ebenso, dass das Holz kräftig in Bewegung ist.


    Auch in den 30ern hätte niemand, unter der Annahme es wäre von jetzt auf gleich eine freie Fläche entstanden, dort das Gewühl wieder aufgebaut - im Gegenteil, man hat ja gerade in dieser Zeit außerhalb der Kernstadt Siedlungen geschaffen um den Menschen, die im Bienenstock der Altstadt lebten, menschenwürdigen Wohnraum zu schaffen.


    Das damalige Sanierungskonzept bestand darin, aus den Häusern einige auszuwählen, die erhalten und modernisiert wurden und darum herum diejenigen abzureißen, die den erhaltenswerten Gebäuden Licht und Luft wegnahmen. Das so entstandene Stadtbild entspräche dem, was beim gezielten Wiederaufbau wichtiger Einzelhäuser und Ensembles entstünde (was auch durchaus meine Zustimmung fände).


    Wichtig ist dabei noch, dass natürlich auch immer der Eigentümer des jeweiligen Gebäudes mitspielen mußte, da er einen Teil der Sanierungskosten zu tragen hatte. Dafür fielen während der Sanierungsarbeiten die Mieteinnahmen ganz und nach ihrem Abschlus teilweise aus, weil die Wohndichte in den sanierten Häusern geringer wurde. Das war einer der Gründe, warum die damalige Sanierung nicht so recht voran kam.


    Bevor du hier weiter mit Unwahrheiten um dich wirfst, würde ich dich bitten, mal "Stadtsanierung in Frankfurt am Main 1933-1945" von Olaf Cunitz durchzulesen, bisher die einzige brauchbare wissenschaftliche Arbeit über das Thema (Magisterarbeit). Kann man sogar online hier kostenlos herunterladen:


    http://publikationen.ub.uni-fr…t.de/volltexte/2006/3090/


    Aber dennoch kurz als Antwort: deine Aussage ist zu pauschal. Die Stadt wurde in verschiedene Bereiche nach der Bedeutung ihrer Baudenkmäler eingeteilt. Der vollkommen hochmittelalterliche Kern südlich der Achse Bethmannstraße - Braubachstraße wurde so eingestuft, dass hier ein Minimum an Abrissen stattfinden sollte. Also auch der Bereich, über den wir hier reden. Einzige Abrisse waren hier einige wertlose Hinterhofbauten des 18. & 19. Jahrhunderts (Handwerkerhöfchen & Kirschgarten). Wo flächenhaft abgerissen wurde, war dies kein Verlust, z. B. in der Schüppengasse - es handelte sich hier fast vollständig um kleinbürgerliche Zweckbauten ohne kunsthistorischen Wert.


    Wo steht, dass die Altstadtsanierung nicht recht voran kam? 600 von 1.200 Altstadthäusern im Sanierungsprogramm wurden bis 1940 saniert (vgl. Fried Lübbecke in "Alt-Frankfurt. Ein Vermächtnis."). Auch wurden zur Finanzierung erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt, vgl. Cunitz in der o. g. Arbeit, 74ff.


    Gut. Wie bereits gesagt, es handelt sich zwar um eine geschlossene Altstadt, aber die Bebauungsdichte ist um ein vielfaches geringer als in der ehemaligen Altstadt, die Gebaudeabstände (Straßenbreite) und auch die Räume innerhalb der Häuser sind größer als sie es in Frankfurt waren. Niemand muss über eine gewendelte 50-Zentimeter-Stiege in die sechste Etage (den dritten Dachboden) klettern - sowohl weil die Gebäude eben nicht so hoch sind, aber auch weil ihre Größe moderne Treppeneinbauten erlaubt und die geringere Bewohnerzahl Treppen im Wohnbereich erlaubt, die obendrein auch noch seltener genutzt werden als diejenigen in den schmalen hohen Häusern der Frankfuerter Altstadt.


    Wie soch anderenorts gesagt, und auch in den derzeitigen Konzepten zur Rekonstruktion der Straßenverläufe bei neuer Bebauung: Die Zusammlenlegung der Flächen historischer Gebäude zur Herstellung "moderner" Grundrisse, die ein Wohnen und Arbeiten auf wenigen Ebenen erlaubt, kann unter Nutzung der historischen Gebäudekontur Teile des städtischen Eindrucks wieder herstellen und das Gebiet einer neuen Nutzung zuführen.


    Wenn man dabei bei "wichtigen" Gebäuden die historische Fassade rekonstruiert (was die Etagenhöhen festlegt) und eventuell zu einer Nutzung notwendige Flächen in klar abgegrenzt modernen Anbauten auf der Gebäudekontur der Nachbargrundstücke dazubaut mag das auch alles einen neuen Zweck erfüllen.


    Ich habe das Gefühl, du hast noch nie in Fachwerkhaus von innen gesehen. Und was du mir mit hier sagen willst, verstehe ich noch weniger. Dreistöckige, sogar vierstöckige Häuser mit mehreren Dachgeschossen gibt es auch heute noch in zahlreichen Städten, und vielernorts auch noch mit der Originalausstattung, also Wendeltreppen, steilen Kellerabgängen etc. - und?


    Und woher die Behauptung, dass die Frankfurter Häuser angeblich so ungewöhnlich eng waren? Es handelte sich in der Mehrzahl um Häuser des 16. Jahrhunderts auf einem älteren gotischen Grundriss, aber dies ist in der Mehrzahl der Altstädte der Fall, wo nicht eine starke Zerstörung durch den 30jährigen Krieg oder eine planmäßige Barockisierung stattgefunden hat.


    Zu deinen Ausführungen mit dem Zusammenlegen: okay, warum nicht? Auch dies hat historische Vorbilder, viele Häuser waren aufgrund der Besitztumsverhältnisse miteinander verbunden. Sowas wie ein Fachwerkdoppel- oder Mehrfamilienhaus ist ohnehin geschichtlich betrachtet eine Entwicklung, die "altdeutsche" Bauweise kannte nur Einfamilienhäuser. Kann man z. B. an Häusern und Grundrissen in Marburg heute noch ganz gut sehen.

  • Fundsachen in der FAZ


    Magistrat: Wiederaufbau des Rebstockhauses unwirtschaftlich


    Die von den Stadtverordneten gewünschte Rekonstruktion des Hauses Rebstock in der Altstadt ist in Frage gestellt. Ein entsprechender Magistratsbericht unterstützt die schon vor einigen Wochen im Dom-Römer-Ausschuss vorgetragene Auffassung, .....
    F.A.Z.11. Juli 2008,




    DING DER WOCHE
    Die Spolie


    Die Frankfurter Altstadt war einst nicht nur reich an heimeliger Fachwerkatmosphäre, sondern auch an Statuen, Stukkaturen und anderem Zierrat. ........
    F.A.Z.11. Juli 2008

  • Auf Grund der Beschäftigung mit dem Abriss des Technischen Rathauses und dem unmittelbar daraus folgenden Handlungsbedarf, ist ja die Forderung nach dem dann auch notwendigen Abriss der Schirn entstanden. Die älteste Abriss-Forderung hier im Themen-Streifen überhaupt (mik 20.03.2005 #37) und eine der häufigsten Wiederholungen. Oftmals nur wie nebenbei eingeworfen, praktisch immer jedoch kommentarlos stehen gelassen. Dies ist auffällig und mag auch seine guten Gründe haben.
    Architektonisch ist die Schirn zwar umstritten, aber nicht einhellig und eindeutig in ihrer äußeren Form abgelehnt, im Gegensatz zum TR, welches zudem noch innen und außen renovierungsbedürftig ist.
    In seiner Funktion ist die Schirn wohl recht gut akzeptiert, es soll sogar internationale Anerkennung genießen und der künstlerische Leiter wird auch noch sehr gelobt. Es gab zwar schon mal Äußerungen, dass die Ausstellungs-Bedingungen nicht optimal seien, aber davon höre ich zurzeit nichts mehr.


    Vom Rathaus, Magistrat und Stadtverordneten, also der Politik, habe ich zum Thema Schirn bisher noch so gut wie nichts gehört, noch nicht mal Andeutungen, was mich eigentlich ein wenig stutzig macht. Keiner will sich profilieren.


    Im Gegensatz vielleicht zu manch anderen, denke ich, bei denen gibt es auch eine Reihe von guten Leuten, die sich schon Gedanken über die Zukunft der Altstadt gemacht haben und so auch ihre eigene persönliche Zielrichtung haben. Einige wissen natürlich auch was Teile der Bevölkerung wünschen. Das erkennt man manchmal nur an Kleinigkeiten oder Reaktionen am Rande. Die Politik hat natürlich immer ihre Wählermehrheiten im Nacken und äußert sich dementsprechend vorsichtig. Alles Binsenweisheiten natürlich.


    Also, warum meidet man, bis auf wenige Ausnahmen, das Thema "Schirn-Abriss".


    - Man reißt auch keine Kirche, Kathedrale, Burg oder Festung einfach so ab.
    - Man befürchtet, dass man sich international lächerlich macht, so viel Geld ausgegeben hat. Nur wegen einiger alter Häuser.
    - Das Problem ist zu mächtig, behindert möglicherweise gar den Abriss des TR.
    - Das wird dauern, da fangen wir erst gar nicht an.
    - Man befürchtet einen Nebenkriegsschauplatz der Kraft und Zeit kostet.
    - Das wird auch nicht so ein Selbstläufer wie beim TR.
    - Lasst uns doch erst mal zufrieden sein mit dem wenigen was jetzt erreicht wurde.
    - Das Gebäude war so teuer und ist noch recht neu, was werden die Bürger sagen.
    - Die Stadt hat kein Geld für ein neues Domizil.
    - Die Schirn braucht einen attraktiven Standort in der Innenstadt.
    - Die Schirn belebt hier die Altstadt und zieht auch gehobenes Publikum an.
    - Die Schirn genießt internationale Anerkennung.
    - Der Max ist ja so gut und erfolgreich, den dürfen wir nicht vergraulen usw..


    All das sind Punkte, die auch mehr oder weniger zutreffend sind.


    Aber, das "Problem" kann nicht früh genug angegangen werden, aus verschiedenen Gründen.


    - Es wird Zeit brauchen für Überzeugungsarbeit, Willensbildung, Verwaltungsarbeit und Umsetzung (Sowohl für den Abriss der Schirn, als auch für die "neue" Altstadtbebauung.


    - Es werden inzwischen neue Bauten entstehen die zur Anpassung der Altstadt an die Schirn dienen sollen. Die passen wiederum nicht zum Altstadtgefühl.


    - Der kleine Altstadtbereich wird in seiner Ausdehnung zementiert, vielleicht für immer.


    - Die "neue" Altstadt wird unattraktiver durch die Schirn (Abschattung, Stadtmauergefühl, Zugang von Süden versperrt, fremder Baustil unmittelbar angrenzend).


    - Anreiz zum Engagement für Investoren und Bürger wird möglicherweise nur begrenzt stattfinden, da das Areal der Altstadt nur kleinräumig bleibt und damit auch der Erlebniswert und die Möglichkeiten klein bleiben.


    - Das ganze bleibt eine halbe Sache und spätere Generationen werden den Kopf über uns schütteln, auch weil wir so zaghaft waren.
    Die Bilder von Jörg Ott und die Reaktionen darauf zeigen doch deutlich, dass die Leute "mehr" wollen.


    - Die Anzahl der "neuen" alten Häuser reicht nicht aus, um die Nachfrage der Bürger und Geschäftsleute nur annähernd zu befriedigen.


    - Die kritische Masse an Geschäften, Anwalts- und Architekten-Büros, Ärzten, Apotheken, Läden aller Art, Cafes, Restaurants, Kneipen, Offenen Verkauständen (Schirnen), Souvenirläden, Kunst-Handwerker, Werkstätten, Künstler aller Art, Künstlertreffs, Veranstaltungsräume, Vereine usw. (von mir aus auch ein wenig multikulti), wird möglicherweise nicht erreicht, damit sich die Altstadt zum Selbstläufer entwickeln kann.


    - Die Altstadt bleibt dann womöglich, und nicht nur für Touristen, tatsächlich ein "Mickymaus-Stadtteil" im Sinne von klein, mit wenig Bedeutung. Einmal da gewesen, alles gesehen, alles erlebt.


    Was ist zu tun, mal so als Bürger gefragt?


  • Es könnte noch ein weiterer Grund geben. Bei den Befürwortern der Altstadt mag man auch Annehmen das wenn man ein Teil der Altstadt wiederaufgebaut hat der Wunsch nach mehr auch den Abriss der Schirn nach sich ziehen könnte. Gerade Politiker wollen sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.

  • ^^ Na, dann starten wir mal ein Bürgerbegehren. Ist gar nicht so schwierig. Die rund 40.000 Unterschriften von Frankfurter Bürgern sollten nach dieser Argumentation wirklich kein Problem darstellen. :nono:


    Vielleicht können wir in der Zwischenzeit ja wieder zu einer konstruktiven Diskussion zurückkehren.



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    P.S. und völlig Off-Topic: Wir sollten dabei außerdem Unterschriften zum Abriss der Alten Oper sammeln - diese steht einer Reko der Wallanlagen total im Weg.

  • ^


    Das ist jetzt Konstruktiv oder was?:nono:


    Gerade die Alte Oper ist ein gutes Beispiel wie durch eine gelungene Reko ein ganzes Viertel aufgewertet wird. Rund um die Alte Oper entstehen nun weitere repräsentative Gebäude, von Operturm, Parktower bis zum Oriental Hotel.


    Könnte bei der Altstadt ähnlich sein. Ein kleiner Kern von Fachwerkhäuser könnte die 70er und 80er Jahre Zweck-Bauten in der Gegend weiter optisch abwerten und dazu führen das sie durch weitere Rekos oder durch Bauten welche sich in die sich an die historische Altstadt anpassen ersetzt werden.


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  • Das könnte bei der Altstadt nicht nur so sein, es wird so sein. Dies, nicht die Rekonstruktion als Vorgang ist ja die Angst des BDA und seiner Fans. Dass die Rezeption dieser für einen ausgebildeten (= gehirngewaschenen) Architekten so schrecklich wenig intellektuellen Rekonstruktionen in der Bevölkerung größer sein wird als alles, was in den letzten 50 Jahren in Frankfurt am Main gebaut wurde. Dass all die Versuche, den gemeinen Mann zum Kubismus und Betonismus zu bekehren, nicht gefruchtet haben. ;)

  • ob das so sein wird oder nicht hängt in keinster weise davon ab ob man nun fachwerkhäuser rekonstruiert oder etwas anderes macht. die auswirkungen hängen einzig und allein davon ab, ob die entstehende architektur qualitativ hochwertig und zum ort passend sein wird oder nicht.


    die hier so oft genannte "bda-gehirnwäsche" ist nicht schlimmer als die pauschalisierende gehirnwäsche der gegenseite, dass alles aus den letzten 50 jahren schlecht sei.


    gerade das argument, dass die rezeption durch die bevölkerung für alles was in der nachkriegszeit gebaut worden ist schlecht sei lässt sich dabei sehr eifnach widerlegen. denn es sind gerade die hochhäuser und die resultierende skyline mit der sich frankfurt heutzutage identifiziert und die das image von frankfurt auch im ausland prägen, nicht irgendeine fachwerkbebauung.


    ob und wie etwas angenommen, belebt und genutzt wird hängt eben von einem ganzen dutzend faktoren ab, das genaue aussehen der architektur ist da nur einer unter vielen.


    der gemeine mensch erfreut sich schließlich auch über die neue bebauung an osthafen und westhafen, dabei ist die doch sehr "kubistisch," auch am museumsufer stehen einige postmoderne und moderne bauten, die auch niemanden von dessen nutzung abhalten.

  • Naja, es gibt ja auch bis auf den Samstagberg und das Haus Wertheym (von den dörflichen Stadtteilaltstädten mal abgesehen) auch keine Fachwerkhäuser mehr in Frankfurt, wie soll man sich dann damit identifizieren können? Würde die Altstadt noch stehen, wär sie hundertpro DAS Identifikationsmerkmal.
    Ohne die Skyline sähe es identifikationsmäßig ziemlich mies aus, gerade die Nachkriegszeit hat dahingehend nämlich so gut wir gar nichts Positives beigetragen. Ich kann dem zwar auch nicht zustimmen, dass alles aus der Nachkriegszeit schlecht sei, zu kritisieren gibt es allerdings trotzdem sehr sehr (leider viel zu) viel. Die Skyline mal außen vorgenommen - gerade durch die Ergänzungen seit den 90ern hat sie durchaus auch architektonisch eine ordentliche Qualität bekommen - kann man auch in Frankfurt zusammenfassend sagen, dass diese Pseudo-Bauhaus-Moderne vor allem beim "Wiederaufbau" der Innenstadt und beim Bauen im Bestand (die Bausünden im Westend mal als abschreckendes Beispiel) hoffnungslos versagt hat, vom Siedlungsbau (Nordweststadt) mal ganz zu schweigen... Und auch die jüngste Bebauung des Mainufers ist nicht gerade das schillerndste Beispiel für moderne Architektur. Sind keine Bausünden, aber vom Hocker reißen diese Boxen nun wirklich Niemanden. Da sind die Altbauten auf Sachsenhäuser Seite oder die - auch modernen - Uferbebauungen in anderen Städten weitaus gelungener.


    Und die Architektur hat doch einen größeren Einfluss als du uns weißmachen willst. Sicher ist sie nicht allein ausschlaggebend, da hängt auch viel vor allem von der Nutzung ab, aber der Einfluss der Architektur auf den Erfolg am Ende sollte man nicht unterschätzen. Und gerade an dieser Stelle sollte man nicht unbedingt krampfhaft das Rad neu erfinden wollen... Ansonsten hab ich zu dem Thema glaub schon mehr als genug geschrieben.

  • Na komm schon Rohne, er hat doch Recht - in diesem Strang wie auch in anderen, in denen es irgendwie entfernt um Rekos geht wird doch nun wirklich von Befürwortern wie Gegnern hoffnungslos ideologisiert. Architektonische Fragen liefern einfach kein entscheidendes Kriterium für personale Identitätsfragen, das ist pure Weltanschauung (ich weiß, hast Du auch nicht geschrieben, aber andere halt schon).


    Dass die Nachkriegsbebauung in Frankfurt und vielen anderen deutschen Städten vor allem städtebaulich versagt und in einigen Fällen nicht gerade besonderen Gestaltungswillen zeigte ist ja auch schon oft wiedergekäut worden und absolut zugestanden.
    Wenn man sich nun schon für eine größerflächige Reko entschieden hat, wird diese es wohl zumindest städtebaulich besser machen. Weiter scheint es ja sogar eine Chance zu geben, dass am Ende kein "Legoland" mit auf alt gemachten STB-Schachteln rauskommt.


    leider total OT:
    Da ich nicht so allergisch auf die bauliche "Stunde Null" - Rhetorik reagiere, wäre es für mich auch ein weniger emotional bestztes Thema, wenn bei den Pro-Argumenten nicht immer so viel "Früher war so vieles besser" mitschwänge...

  • mahlzeit #1185 18.07.08: ja, dieser ironische Kommentar zeigt auch einen Teil des Problems auf. Viele Probleme werden von vielen vermeintlich als unüberwindbar angesehen.


    Hier müssen vor allem diejenigen überzeugt werden, die auch an den Entscheidungen mitwirken und diejenigen, die Einfluss, Stimme und Ansehen besitzen.
    Die Mehrzahl in der Bevölkerung hat zwar auch ihre differenzierten Meinungen, ist aber oft mit ihren eigenen unmittelbaren Problemen und Anforderungen weitgehend ausgelastet.
    Umfragen in der Bevölkerung sind da schon dienlicher.

  • Ich glaube nicht, dass man alle "überzeugen" kann. Vielmehr ist das eine Frage des gesunden Pluralismus. In der modernen Kulturszene verehrt man vor allem große, helle Inneräume und eine unterkühlt-spärliche Möblierung. Es gibt ja auch sehr viele, denen das so gefällt. Diesen Stil findet man dabei vom modernen Wohnungsneubau bis hin zu den großügig sanierten Gründerzeitlern z.B. in Leipzig. Die Anhänger dieser innerachitektur wird man nie "überzeugen".


    Fachwerkhauswohnungen sind einfach ganz anders, haben aber auch ihre Qualitäten. Wer auf Lofts steht, der wird das aber nie toll finden. Für mich wäre das auch nichts. Aber ich könnte so ein Viertel tolerieren. Leben und Leben lassen.
    Leider ist Toleranz aber eine sehr gefährliche Sache. Denn die Angst: "heute die Altstadt, morgen ganz Frankfurt" ist schon berechtigt. Wurde hier ja auch als Argument schon aufgeführt, mit riesen Reko-Bereichen! Und da widerspreche ich aufs heftigste. Die zeitgemäße, lebendige und gewachsene Stadt ist das Optimum. Verknügungsviertel, Freilichtmuseen und geschütze Altbauquartiere sollen parallel zu modernen Infrastrukturknoten, nach der aktuellen Mode bebauten Vierteln, Skylines und architektonischen Experimenten bestehen. Allles andere ist Dorf.
    Wenn es einen breiteren Konsens über diese Entwicklungen gäbe, eine Art Masterplan, dann wäre vielen "Modernisten" die Angst genommen und die Debatte würde sich entkrampfen. Aber schon die Kommentare wieder zum Dachstuhl vom Palais Thurn und Taxis lassen erwarten, dass die begeistertsten Rekoanhänger lieber die gesamte 2. Hälfte des 20. Jhd. verleugnen würden. Und diesen Leuten ist nicht klar, dass auch die Architektur des 20. Jhd. mehr als nur Ästhetik ist, sondern von einmaligem kulturellen Wert, als Ausdruck der besten Demokratie, die es je gegeben hat :)

  • Fachwerkhauswohnungen sind einfach ganz anders, haben aber auch ihre Qualitäten. Wer auf Lofts steht, der wird das aber nie toll finden.


    Was ist da so grundlegend anders? Es gibt doch auch große Fachwerkhauswohnungen.


    Aber schon die Kommentare wieder zum Dachstuhl vom Palais Thurn und Taxis lassen erwarten, dass die begeistertsten Rekoanhänger lieber die gesamte 2. Hälfte des 20. Jhd. verleugnen würden.


    Habe die Kommentare nicht gelesen. Kannst Du das mit dem Verleugnen erklären?
    Ich meine es stehen sich nicht Vorkriegs- und Nachkriegsarchtitektur gegenüber, sondern die Moderne und auf der andere Seite Historismus, Jugendstil, usw. Die Akzeptanz für moderne Bauten war wohl schon in den 20ern und 30ern nicht besonderes groß. Aus dem Wikipedia-Artikel zu Ferdinand Kramer: "1931 wurde das von ihm geplante (und heute noch existierende) Haus Erlenbach in der Hans-Sachs-Straße 6 wegen angeblicher „Verschandelung“ der Umgebung durch ein Flachdach und die moderne Form während der Bauarbeiten von den zuständigen Behörden stillgelegt".


    Und diesen Leuten ist nicht klar, dass auch die Architektur des 20. Jhd. mehr als nur Ästhetik ist, sondern von einmaligem kulturellen Wert, als Ausdruck der besten Demokratie, die es je gegeben hat :)


    ...


    Schönes Wochenende!

  • 1.Fachwerkhauswohnungen sind einfach, als Wohnungen in Gründerzeitgebäuden oder moderne Lofts. groß hin oder her, rein konstruktiv wird es in der Frankfurter Altstadt wenig geben, was in modernen Architekturzeitschriften bagebildet würde. fast schade eigentlich - da auch Fachwerk seine eigenen Qualitäten hat.


    2.Im Zeilthread gibts wieder Rundumschläge gegen die Moderne. Da werden das Chrysler-Building Haltbarkeitsansprüche wie an solidekonstruierte, simple Häuschen gestellt und angeblichen Erfahrungswerten Vorzug vor physikalischen Zusammenhängen gegeben. Stahl korrodiert demnach immer, während Holz unzerstörbar ist.


    Was die Akzeptanz von Modernen Bauten betrifft: Sorry, aber überall auf der Welt, überall in Deutschland werden sie Akzeptiert. Sogar ihre üblen Auswüchse wie Shoppingscenter auf der grünen Wiese genauso wie moderne Multifunktionsarenen, Kaufhäuser und Diskotheken. Auch moderne Wohnhäuser gehen weg wir warme Semmeln. Und überall blüht die Konsum und Wegwerfgesellschaft genauso wie die intellektuelle Kultur parrallel mit der Moderne und überall akzeptieren die (demokratischen) Medien, von FAZ über Spiegel bis FR moderne Bauten.
    Es soll sogar Normalbürger geben, die solche Rekonstruktionen eher belächeln und ein modernes Wohnumfeld vorziehen.
    Es gibt größere Zusammenhänge in der Architektur. Der gemütliche Feierabend in der netten Eisdiele im Fachwerkhaus ist da leider nur ein kleiner Auschnitt einer kulturellen Ausprägung. Wenn diese tatsache nicht anerkannt wird, so wird die Altstadt als Zeichen von Halbwahrheiten und Ignoranz gegenüber der gesellschaftlichen Realität erbaut werden. Nicht als Refugium für einen Teil unserer Kultur.

  • Gerade bei Shoppingcenter auf der "Gruenen Wiese" kann man einen Trend zu historisierenden Baustilen erkennen. Zum Beispiel das Shoppingcenter nahe Novi Ligure (Italien) oder nahe Wuerzburg (faellt mir jetzt der Name nicht ein) welche wie eine mittelalterliche Stadt aussehen. Ist natuerlich Kitsch aber wenn es nicht das Wohlbefinden foerdern wuerde, wuerden es die Planer von Einkaufscenter wohl nicht bauen.
    Moderne Gebaeude gefallen mir allerdings ebenfalls. Zum Beispiel der Sonnenring auf dem Sachsenhausener Berg finde ich gelungen. Aber, ich finde den Anhaenger der Moderne muss kein Zacken aus der Krone fallen wenn Teile der Altstadt wieder aufgebaut werden.
    Wer dabei die Demokratie in Gefahr sieht wenn Rekos gebaut werden der Argumentiert ideologisch und aehnlich wie Ulbricht, der durch abreisen von Schloesser und Kirchen das Volk und veraendern und Geschichte tilgen wollte.

  • rohne,



    welche deutsche großstadt hat das problem mit der nachkriegsbebauung und vor allem dem nachkriegsstädtebau denn nicht? mit frankfurt hat das nichts zutun und da gibt es sogar städte in denen schaut es schlimmer aus. selbst die stolzen kölner haben um ihren stolzen dom diese unsägliche domplatte damit unten drunter durch die automobile brausen können...
    und bei anderen großstädten sind es auch nicht die altstädte mit denen sich die bewohner identifizieren sondern es sind objekte von weit größerer strahlkraft wie brandenburger tor oder kölner dom.


    dass sich eine moderne großstadt von internationalem format hauptsächlich mit ihrer altstadt identifizieren sollte finde ich auch eine etwas unpassende forderung. frankfurt ist nicht rothenburg und ich denke auch, dass die meisten menschen da soweit mit der zeit gehen würden, dass auch mit altstadt die skyline eine größere rolle spielen würde, denn diese hebt frankfurt ab von anderen deutschen städten, eine altstadt täte das nicht.


    dass frankfurt ein größeres identifikationsproblem hat als andere städte wie berlin, köln, hamburg oder münchen hängt sicherlich auch damit zusammen, dass frankfurt mit abstand die meisten pendler hat. wer soll sich denn mit frankfurt identifizieren, wenn er blos morgends zum arbeiten hineinfährt und danach wieder raus, während diejenigen die in frankfurt wohnen mit sovielen täglich zutun haben die garkeine frankfurter sind? da kann es kaum zu so einem zusammengehörigkeitsgefühl kommen wie in anderen städten. man merkt es ja selbst an der sprache, wo es da in anderen regionen noch klarere abgrenzungen der dialekte gibt spricht man hier schon vom rmv-hessisch.


    positiv daran ist allerdings, dass eine gewisse "lokalpatriotische arroganz", die man in manchen anderen städten antreffen kann, hier nicht so ausgeprägt ist...

  • Lies dir einfach mal den Thread durch, das ist schon so oft durchgekaut worden, hab echt keinen Bock alles nochmal neu zu schreiben...


    Gibt ja auch kaum eine (Groß-)Stadt die eine derart nennenswerte Altstadt hat die als Identifikationsmerkmal gelten könnte. Frankfurt hingegen hatte die größte mittelalterliche Altstadt zumindest Mitteleuropas, wenn das alles noch stehen würde wäre das sehr wohl DAS Identifikationsmerkmal. Und was daran unpassend sein sollte weiß ich nun wirklich nicht. Kölner Dom oder Brandenburger Tor sind auch nicht gerade Neubauten... Mit der Skyline kannst du global jedenfalls keinen Blumentopf gewinnen, die ist im internationalen Vergleich geradezu lächerlich und selbst in Europa wohl nicht mehr lange die Nummer Eins.


    Soll jetzt nicht heißen dass ich die Bedeutung der Skyline absprechen oder alle 2000 Fachwerkhäuser der Altstadt wieder aufgebaut sehen will, aber deinen Beitrag konnte ich nicht so stehen lassen.


    Und das mit den Pendlern... Frankfurt hat fast 2 Millionen Einwohner, innerhalb der Stadtgrenzen immerhin noch 670000. Dass da die 300000 Einpendler der Grund dafür sein sollen dass Frankfurt Identifikationsprobleme hat, halte ich für sehr sehr weit hergeholt.

  • Da unterschreibe ich zu 100%. Skyline ist für deutsche Verhältnisse sensationell, in Europa sehr gut, weltweit ein Witz. Fachwerkhausdichte ist für Nicht-Europäer schon nicht schlecht, für deutsche Verhältnisse aber eher mickrig.
    Wenn man es jetzt schaffen könnte, die Substanz der Altstadt, also in erster Linie Fachwerkhäuser, in substantiellem Umfang wieder aufzubauen, dann schüfe (heißt das so?) man etwas weltweit absolut Einzigartiges: eine Stadt mit (sich hoffentlich noch verdichtender, hochwertiger Skyline) UND gleichzeitig eine Altstadt, die diesen Namen verdient. Das gibt's kein zweites mal auf dem Planeten.

  • Und das mit den Pendlern... Frankfurt hat fast 2 Millionen Einwohner, innerhalb der Stadtgrenzen immerhin noch 670000. Dass da die 300000 Einpendler der Grund dafür sein sollen dass Frankfurt Identifikationsprobleme hat, halte ich für sehr sehr weit hergeholt.


    Weniger weit hergeholt als Offenbacher oder Bad Homburger als Frankfurter zu bezeichnen.