Finanzplatz Frankfurt

  • Auf Frankfurterisch: "Fünf Günthersburgalleen" oder "zehn Rotlintstrassen" liessen sich bestimmt dort auf dem Hauptfriedhof planen. Durchaus starke bauliche Verdichtung, aber eben deutlich weitläufiger, von Grün durchzogen, als solche Wüsten wie das "Degussa-Areal" oder der zerbetonierte "Westhafen".
    [...]
    Ich sehe, die Diskussion bekommt immer wieder diesen Drall, dass man Dinge, die man im Ergebnis nicht möchte (= grösser gezeichnete Baugebiete, innenstadtnah) dann mit Argumenten wie "Villen für Yuppies", "Klientelpolitik" totschlägt.
    Es geht auch nicht darum, hier eine Post-Brexit-Manie anzuschieben. Das sind Fragen, die unabhängig vom "Brexit" ohnehin für Ffm. anstehen.
    Die Frage lautet: Wie kann man auf Sicht von mehreren Jahrzehnten prospektiv eine weitsichtige Stadtplanung betreiben, die zusätzlich zum aktuellen Flickwerk (hier ein paar Baulücken / dort ein offener Bahndahn) steht. So wie heute, hat man in der "Gründerzeit" nicht geplant. Und damals (nicht heute) hat man jene Quartiere geschaffen, die (auch) heute so wahnsinnig angesagt sind. Das sollte uns für die Art und Weise wie wir planen einmal ganz gründlich zu denken geben!


    Hab mal das ganze GESCHREI rausgenommen.


    Du schreibst von Gründerzeitquartieren, die für ihre Zeit das waren, was heute die Europaallee ist: Mäßig verdichtetes Wohnen in edlem Ambiente. Verdichtungsgrad C auf einer Skala von A+++ bis G. Und gleichzeitig forderst Du Gebiete mit Londoner Wohncharakter - das wären aber zumeist zweistöckige Reihenhäuser mit zusätzlichem Dachausbau. Das ist für eine im Wachstum begriffene Stadt wie Frankfurt das untere Ende, was man für Neubauten irgendwo am Stadtrand genehmigen sollte (wäre mein Verdichtungsgrad F). Dahinter kommt nur noch sowas wie die Ecke Lilienthalallee/Broßstraße/Zeppelinallee/Ditmarstraße - in Frankfurt typischerweise zu identifizieren durch Löcher in der Nahverkehrsanbindung und wahrnehmbare private Swimmingpools in den Gärten.


    Aber auch wenn ich Dir komplett zustimme, dass es Luxuswohnungen geben muss, um den Aufrückeffekt zu unterstützen, ist der Bau von Gebieten mit Wohnungen im nicht Luxussegment, sondern mit Mietpreisen um 10€ bei Drei-Zimmer-Wohnungen unter 100m² dringend notwendig. Wir brauchen Wohnungen, in denen Familien ihre Kinder aufziehen können, die so viel gemeinsam nutzbare Grünflächen haben, dass kein Wunsch nach einem eigenen Garten aufkommt und in deren Nähe die notwendige Infrastruktur vom Arzt über diverse Läden und Lokale, Kindergärten, Kitas und Schulen vorhanden ist. Dazu noch eine ordentliche Nahverkehrsanbindung.


    Bei ordentlicher Dichte der Bebauung und damit ausreichend hoher Bewohnerzahl lohnt sich sowas für die Stadt. Und Ausbaureserven gibt es auch noch genug. Beispielsweise die verzettelte Hinterhofbebauung der Ecke Marburger/Leipziger/Juliusstraße: Hofflächen zusammenlegen, Parkplätze unter die Erde, Freiflächen begrünen und einerseits den Supermarkt ordentlich überbauen, anderrseits den zurückgesetzten Bau in der Juliusstraße durch einen Blockrandschluss ersetzen - bringt locker 40 zusätzliche Wohnungen und erhöhte Lebensqualität für alles was da heute steht. Wenn man die bestehenden Hinterhäuser auch noch abreißt und in die Neuplanung einsetzt ist da auch Raum für 80 -100 kleine/mittelgroße Wohnungen modernen Standards über den heutigen Bestand hinaus.


    Nach diesem Ansatz könnte man in Frankfurt ohne wesentliche Stadtbildveränderung, in bestehenden Strukturen, reichlich Wohnungen schaffen, die genau die Viertel erschließen, in denen heute intensiv gesucht wird.


    Problem dabei ist, dass in diesen Hinterhöfen heute häufig Mindernutzungen liegen, also einstöckige Erweiterungen von Gewerbeflächen der an die Straße grenzenden Häuser - hier müssen ggf. zeitweilig Ersatzflächen angeboten werden.

  • Es sieht zurzeit sehr stark danach aus,dass UK weiterhin am Binnenmarkt unbedingt teilnehmen möchte und diesen Zugang auch irgendwie bekommt.Ob mit oder ohne Freizügigkeit.


    Ich bezweifele -und ich habe das Gefühl viele andere tuen das auch-dass die EU den Zugang zum Binnenmarkt verbieten wird,auch wenn das Vereinigte Königreich die Freizügigkeit von Personen nicht weiter gebieten wird.Die EU wird sicherlich-so wie wir sie kennen-ihre eigenen Gesetze oder Regeln dafür vergessen.Es wird wieder Rosinenpickerei geben.


    Somit ist die Wahrscheinlichkeit auch sehr hoch,dass London den EU-Pass für Banken behalten wird und alles so weitergeht wie bisher.Auch Schäuble hatte heute erst verkündet,dass er es für vernünftig und für eine gute Kondition hält,wenn Londonder Banken weiterhin Zugang zum EU Binnenmarkt haben werden(habe es auf einer britischen Seite gelesen)


    In diesem Fall hatte Frankfurt zwei Folgen bzw.Vorteile:


    -Börsenfusion wurde noch kritischer gesehen,abwarten was wird
    -Werbung für den Finanzplatz als günstige Alternative gegenüber London


    Mehr dürfte im Fall,dass London EU passporting für Banken behält nicht herauskommen,auch für andere Finanzplätze(wie Paris,Dublin etc.nicht)

  • ^Warum auch nicht, alles andere wäre Unsinn. Niemand möchte UK isolieren, das wäre auch für uns nicht gut und ich glaube das stand auch nie zur Debatte (ausser vlt in den Medien). Das hat aber trotzdem nichts mit dem Passporting zu tun, ist doch ein ganz anderes Thema, oder nicht?! Zugang zum EU Markt bedeutet ja nicht zwangsläufig EU Mitgliedschaft, und das Passporting wurde extra nur für UK geschaffen und gilt auch nur bei EU Mitgliedschaft.

  • "Die EU" gewährt niemandem "Zugang" zum Binnenmarkt - wer der EU beigetreten ist und somit das EU Recht über dem eigenen, nationalen Recht gelten lassen muss (Europarecht steht in Handelsfragen auch über dem Grundgesetz! Auch über den verfassungsähnlichen Gesetzen des UK derzeit!), für den gilt im Umkehrschluss natürlich auch, dass er nach diesem Europarecht auch seine Wirtschaft und seine Bürger handeln und wandeln und migrieren lässt. Das ganze gibt es nur im Gesamtpaket, das sollte eigentlich jedem klar sein, wenn man einmal versucht die EU als einen föderalen Nationalstaat zu betrachten (was sie nicht ist, dem kommt sie aber immer noch am nächsten bzgl. dieser Prinzipien).


    EU Recht bricht das Recht der Nationalstaaten. Ab dem Zeitpunkt des Austritts steht dann wieder britisches Recht an der Spitze. UK ist nicht mehr Teil des Europarechts. Da kann auch nichts "gewährt" werden, entweder man unterwirft sich dem Europarecht oder eben nicht. Sich EU Recht zu unterwerfen bringt sowohl den freien Zugang zum Binnenmarkt wie auch die Personenfreizügigkeit - untrennbar.


    Juristerei und hier das Staatsrecht sind nun einmal nicht der Diskussion unterworfen bzw. können auch bei noch soviel politischem Wille nicht endlos gebogen werden, ohne, dass es an Grenzen kommt. Der ZWANG Banken, Dienstleister usw. aus EU Staat 1 auch in allen anderen 27 EU Staaten arbeiten und anbieten lassen zu MÜSSEN - die einzelnen EU Staaten "hassen" das eigentlich und nehmen es nur als bittere Pille in Kauf, da sie damit auch die mit Europarecht ja grundsätzlich harmonisierten und damit legitimierten Gesetze von EU Staat 1 bei sich gelten lassen müssen, auch wenn man heimischen Unternehmen zusätzliche, höhere Standards aufbürdet (deswegen sitzt Amazon zB in Luxemburg, genießt die dortigen Mindeststandards die keinen Deut über EU Minima hinausgehen und macht von dort aus in der ganzen EU prima Geschäfte, analog derzeit die Finanz- und Dienstleistungswirtschaft aus UK).


    Die EU Staaten - das hat auch nix mit infantilen Vorwürfen wie "Bestrafung" zu tun - wären mit dem Klammerbeutel gepudert sich diese bittere Pille von einem Nicht EU Mitglied aufzwingen zu lassen. Zumal hier EINSTIMMIGKEIT notwendig wäre. Gesetz den Fall, wir nehmen jetzt einfach mal an, dass das rechtlich überhaupt möglich wäre, ohne, dass spätestens der EuGH solch ein absonderliches Konstrukt zu Fall brächte (was er indirekt schon "versprochen" hat in der damaligen Rechtsprechung den EU Pass trotz fehlender Mitgliedschaft in der Währungsunion auch den UK Finanzinstituten zuzubilligen, als absolute und indiskutable Minimalvoraussetzung wurde dazu die EU Mitgliedschaft ausdrücklich herausgestrichen - nicht um den Briten einen Brexit zu versauen sondern damals um den Briten recht zu geben, alleine die EU Mitgliedschaft sei Voraussetzung diskriminierungsfrei am EU Binnenmarkt teilzunehmen, nicht mehr - und auch nicht weniger).


    Das sind Dinge, die muss sich einfach jeder reife Mitbürger und jeder verantwortliche Politiker als "isso"-Gegebenheiten vor Augen halten. Genauso, wie Bayern sich jetzt nicht von der Bundesrepublik abspalten könnte, das Geltungsgebiet des Grundgesetzes verlassen und nur wieder die Bayerische Verfassung als höchste Rechtsordnung gelten lassen könnte und dann aber nach Gusto alle unbeschränkten Wirtschaftsvorteile in Anspruch nehmen könnte, die damit kommen, Teil des Bundesgebiets und kein fremder Staat zu sein (das ganze natürlich ohne eine darüberstehende EU, die das im Alltag ohnehin ziemlich irrelevant macht - aber genau diese verlässt UK ja gerade). Und gleichzeitig sagt man, nein also die Deutschen, die dürfen jetzt nicht mehr nach Belieben ohne Aufenthaltsgenehmigung nach Bayern ziehen, Artikel 1 Grundgesetz & Co. erkennt Bayern auch nicht an, was das Grundgesetz bestimmt ist wurscht, es gilt nur die Bayerische Verfassung. Und bayerische Unternehmen dürfen trotzdem unbeschränkt - aber nach bayerischem Recht! - innerhalb der restlichen Bundesrepublik Geschäfte machen. Ja selbstverständlich könnte sowas funktionieren - nicht! Da Europarecht für die meisten Menschen sehr abstrakt ist hilft vielleicht dieser Vergleich klar zu machen, warum es nicht geht, nicht geht, nicht geht.

  • Pumpernickel, ich habe das Gefühl, du redest gegen Wände! :lach:


    Ich gebe dir Recht, UK wird auf keinen Fall den uneingeschränkten Zugang zum EU-Binnenmarkt behalten ohne erhebliche Kröten schlucken zu müssen (aus englischer Sicht). Und selbst wenn man sich zwischen der EU und UK auf ein Freihandelsabkommen einigt, heißt das noch lange nicht, dass die Londoner Finanzwirtschaft wie bisher den europäischen Markt bedienen kann. Das können die Schweizer Banken auch nicht oder warum siedelt die UBS ihre Europazentrale in Frankfurt an, wo Zürich und Basel doch geografisch mitten in Europa liegen? Jeder, der jetzt auf Basis irgendwelcher Aussagen irgendwelcher Politiker glaubt, es wird alles so bleiben wie es ist, lässt sich ganz weit hinter die Fichte führen!


    Zurück zum Thema. Hier ein Link zu einem Podcast mit Hubertus Väth, der sinngemäß berichtet: "Frankfurt hatte schon vor dem Brexit-Referendum Anfragen von umzugsinteressierten Unternehmen aus UK und dieses Interesse ist seit der Brexit-Entscheidung weiter gestiegen. Globale Banken, kleine Hedgefonds, die ganze Palette der Finanzbranche ist unter den Interessenten."


    https://assets.bwbx.io/av/user…dfxIU/vABb9r8P3Dvs/v2.mp3

  • Allerdings hat doch Norwegen auch diesen EU Pass für Banken und ist nicht Mitglied.Gleich zwei Tage nach dem Votum kam auch ein Artikel darüber raus.Also kann dann wohl die reine Mitgliedschaft keine Vorrausestzung dafür sein.


    Ich verstehe was du meinst,aber so offensichtlich scheint es für die Politik-auf beiden Seiten-wohl dann doch nicht zu sein.Viele Banken hatten ja auch verkündet,dass sie abwarten wollen,wie die Verhandlungen laufen werden.So gesehen könnten sie gleich nach dem Einreichen des Austrittsantrages ihre Sachen packen,wenn es so klar ist,dass der EU Pass wegfällt.


    Mal sehen was passieren wird.

  • ^ Also wenn du Norwegen im Zusammenhang mit dem EU-Pass erwähnst, dann bitte detailliert. Norwegen hält alle in diesem Zusammenhang geltenden Regeln ein, was gerade von UK nicht erwartet wird.
    Unter anderem hier nachzulesen.


    Und keine Sorge, die Franzosen sind so scharf darauf ein Stück vom Londoner Geschäft abzubekommen, dass sie sich auf einen solchen Deal nicht einlassen werden.

  • Norwegen ist wie Island und Liechtenstein Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes. Damit sind diese zwar nicht Vollmitglieder im Europäischen Binnenmarkt, aber es kommt diesem schon ziemlich nahe.


    Im Gegenzug beteiligen sich die genannten Staaten wirtschaftlich am Binnenmarkt ("Mitgliedsbeitrag") und es gilt Arbeitnehmerfreizügigkeit. Ebenso müssen ca. 80 % der EU-Regelungen übernommen werden. Alles sind Punkte die als Grund für den Brexit vorgebracht wurden.


    Das "Norwegen"-Modell, d.h. Mitgliedschaft im EWR, widerspricht damit zwar vielleicht nicht dem Wortlaut des Referendums, wäre aber reichlich absurd.

  • Dadurch,dass May heute in Edinburgh verkündet hat,dass sie erst(nur) dann den Antrag auf den Austritt stellt,wenn eine gesamtbritische Linie besteht(also auch Schottland einen Austritt billigt)könnte der Exit vom Brexit bereits vollzogen sein.


    Denn die Schotten werden sich nie zu einem Austritt drängen lassen und May möchte Schottland auf keinen Fall verlieren.Also liegt das Projekt Brexit zumindestens so lange auf Eis,bis Schottland nicht sagt:"Ja,wir treten mit Euch aus".

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    Rilla90, du hast die Gabe Sachverhalte so wiederzugeben, damit sie deinen (Wunsch-)Vorstellungen entsprechen. Darunter leidet die ganze Diskussion :nono:


    Kannst du eine Quelle nennen, in der explizit May den Brexit von Schottland abhängig macht bzw. dass es denn Brexit nur dann geben wird, wenn Schottland nicht ausschert?

  • Sie hatte gesagt-das ist in allen Online Zeitungen und Nachrichten zu lesen-ob britisch,deutsch oder amerikanisch,dass sie erst den Antrag stellen wird WENN es eine gemeinsame Britische Linie geben wird. D.h .dass man sich mit Schottland und dem Rest einigt welches Ziel man mit dem Votum verfolgt bzw.unter welchen Bedingungen.


    Und für Schottland heißt es:"Remain means Remain".Solange das so ist,kann es keine gemeinsame britische Linie geben und somit auch keinen Austritt.Sie haben praktisch Veto Rechte. Wenn man sich mal die Kommentare bei den offiziellen Meldungen ansieht,merkt man auch,dass die Leser begriffen haben,dass sie langsam vom "Brexit means Brexit" zurückrudert. Selbstverstädlich wird man es nicht zulassen,dass Schottland das Vereinigte Königreich verlässt,da kann man notfalls den Brexit auf unbestimmte Zeit auf Eis legen(im Endeffekt missachten).


    Die schottische Ministerin sagt:"Ich hoffe, dass die Premierministerin respektieren wird, wie die Schotten votiert haben."


    Die Premierministerin sagt:"Ich glaube mit meinem ganzen Herzen an das Vereinigte Königreich"."Die "besondere Union" zwischen London und Edinburgh müsse bewahrt werden".
    Allein diese drei Sätze müssten ausreichen um das ganze mal zu hinterfragen.


    Hier auch zusammen gefasst:


    http://www.spiegel.de/politik/…nsultieren-a-1103224.html


    http://www.independent.co.uk/n…nd-sturgeon-a7138971.html


    Ich denke eher-und das ist meine persönliche Meinung-dass die Diskussion eher darunter leidet,dass man nach dem "Was wäre wenn" geht und nicht danach,dass bis jetzt noch rein gar nichts beschlossen wurden ist und sehr viele Medien und Politiker es sehr kritisch sehen,ob der Brexit überhaupt stattfinden wird(auch ohne die Sache mit Schottland)geschweige denn,dass es mehr als einen leichten Brexit geben kann(nur 52% dafür,Brexit Gesichter haben sich zurück gezogen,einige ihr Votum bereut etc.).

    3 Mal editiert, zuletzt von rilla90 ()

  • ^
    Schade, dass du deine eigene Feststellung


    "Ich denke eher-und das ist meine persönliche Meinung-dass die Diskussion eher darunter leidet,dass man nach dem "Was wäre wenn" geht ..."


    nicht selber beherzigst.


    Auch jetzt wieder interpretierst du mehr in die ganze Sache, als man als Schluss daraus ziehen kann. Allein die Überschrift im von dir verlinkten Spiegel-Artikel sagt deutlich, was May vorhat ("May will EU-Austritt erst nach Absprache mit Schotten beantragen"). Es geht um eine vorherige Absprache mit den Schotten mit der Absicht eine gemeinsame Linie zu finden, was mMn - und hier stimme ich mit dir überein - fast aussichtslos erscheint. Aber dann daraus den Schluss zu ziehen, dass es nicht zu Austrittsverhandlungen kommen wird, finde ich abenteuerlich. Es besteht ein klares Votum, an das sich auch die gute Frau May ran halten wird müssen; das ist ein Faktum, alles andere dagegen Spekulation. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Schwanz (Schottland) mit dem Hund (Rest) wedeln wird. Sollte dies dennoch geschehen, dann wird das für das politische System in UK mittel-/langfristig sogar noch üblere Konsequenzen haben.

  • Ich akzeptiere gerne deine Ansichten und wir werden dann spätestens in ein paar Monaten sehen,wie es genau weitergeht.Dann kann man ja nochmal darauf zurück kommen und sehen was aus dem ganzen geworden ist.

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    Im Grundsatz schliesse ich mich dem an.
    Was wir jetzt sehen ist nichts anderes als <Zuckungen> im Todeskampf einer möglicherweise untergehenden Nation.
    Wir werden da noch so manche (vermeintliche) Wendung erleben.
    Fakt ist: Der Brexit wird (grundsätzlich) kommen, das Referendum ist ein Gestaltungsauftrag des Volkes an seine "Vertreter". Da gibt es nichts zu rütteln.


    Meine grosse Sorge liegt an anderer Stelle:
    Ich fürchte, die EU wird nicht "konsequent" genug mit GB umgehen. Irgendeinen <faulen Deal> wird es letzlich geben, bei dem GB +/- so weiterwurschtelt wie bisher UND die Schotten zugleich (zumindest zeitweise) beruhigt werden können.
    Das hat auch nicht (nur) etwas mit einer vermeintlichen Schwäche der EU zu tun. Das Problem liegt tiefer. Es liegt in den Nationalstaaten. Auf keinen Fall würde die EU (und die dahinter stehenden Nationalstaaten) riskieren, dass ein Nationalstaat zerbricht, schon gar nicht so ein "klassischer" wie GB. Wenn das passiert, kommt SOFORT auch Spanien in eine Existenzkrise, weil dort dann die Katalanen den <finalen cut> nach Schottland-Vorbild anstreben würden.
    Und dann gäbe es kein Halten mehr: Wisst Ihr eigentlich, was in Norditalien los ist ?! (Stichworte: "Lega Nord"; "Veneto"; "Triest"). Da sind ein gutes Dutzend Separatistengruppen am Werk um den alten <Flickenteppich> vor dem 19. Jahrhundert wiederherzustellen. Immerhin: diese Kleinstaaten gab es viele Jahrhunderte und die waren STOLZ und WOHLHABEND, wogegen das heutige Italien in diesen Gebieten als <Zwangsjacke> wahrgenommen wird.


    Die zentrale Rolle in diesem Poker werden die Besitzstandswahrer in den klassischen Nationalstaaten haben. Die wissen ganz genau was los ist, wenn "Schottland" Schule machen würde. Und genau das wird mit allen Tricks verhindert werden.



    PS: Die "Europäische Idee" würde unter den Separatisten noch am wenigsten leiden. Im Gegenteil: Sowohl die Schotten, als auch die Katalanen sind ganz dezidiert "pro Europa". Bei der "lega nord" war es lange Zeit ebenso pro-europäisch, in jüngster Zeit ist das Meinungsbild zu Europa da aber etwas diffus.

  • Norwegen ist wie Island und Liechtenstein Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes. Damit sind diese zwar nicht Vollmitglieder im Europäischen Binnenmarkt, aber es kommt diesem schon ziemlich nahe.


    Der EWR nimmt niemanden mehr auf. Seit 1995 ist der EWR (in dem wir ganz genauso, über die EU, Mitglied sind!) nur noch über EU Erweiterungen gewachsen (jedes EU Land ist automatisch Mitglied im EWR, so auch jedes neue EU Land).


    Die Freihandelszone EFTA (Gründung 1960) ist eine historisch gewachsene Vorstufe der EU gewesen, ebenso wie damals die EG; einige Staaten wollten den vertieften Weg in die EG nicht mitgehen und sind daher bei der EFTA "geblieben", die sich einerseits in der späteren EG (dann EU) institutionalisiert hat, andererseits im EWR. Beide "Äste" entstammen aber einer gemeinsamen Entwicklungsgeschichte europäischer Integration. Das ist wie gesagt historisch gewachsen - ähnlich wie beispielsweise die britische Monarchie, mit der die Briten wohl auch ganz zufrieden sind, wäre aber vor 100 Jahren wie bei uns auch in UK die Monarchie abgeschafft worden, dann könnte man die heute auch in Großbritannien, genauso wenig wie bei uns, wieder einführen. Dinge, die historisch gewachsene Spezialitäten sind haben in der Brexit-Debatte einfach nix verloren. Auch staatsrechtlich hat das EU-EWR-Schweiz Dreigestirn in dieser Konstruktion lediglich sowas wie einen "Bestandsschutz", eine Erweiterung der EWR außerhalb der EU - mit Wirkung für die EU, also der sogennante Binnenmarktzugang - ist mit den aktuellen EU Verträgen aber schlicht unvereinbar - und viel Spaß, die EU Verträge neu zu verhandeln (und wieso sollten sich das die 27 verbliebenen EU Staaten antun, nur um UK einen Gefallen zu tun?).


    Aber gut, nehmen wir einmal diesen obskuren Fall an und UK käme irgendwie in den Europäischen Wirtschaftsraum, weil sich die halbe EU nur für die Briten umkrempelt, Extrawurst im Quadrat, dann gilt trotzdem:


    selbst diese historisch gewachsene Sonderrolle hat das, was die Briten gerade mehrheitlich nicht mehr wollten (vgl. Brexit) zur Bedingung:
    -Binnemarkt nur, wenn sich dem Europarecht in den marktrelevanten Bereichen untergeordnet wird (selbstverständlich ohne Mitbestimmungsrechte eines EU Mitglieds),
    -Personenfreizügigkeit,
    -sie müssen in die EU Kassen einbezahlen


    ...und trotzdem besteht kein unbeschränkter sondern nur ein weitreichender Binnenmarktzugang (der Zugang der Schweizer ist nochmal deutlich reglementierter, da diese nichtmal EWR Mitglied ist, sondern eine historisch gewachsene Extrawurst hat). Trotz dieser riesigen Kröten, die die Briten gerade nicht schlucken werden (und wozu auch, dann können sie ja gleich in der EU bleiben und alle Beteiligten sparen sich Aufwand) hätten die Briten also genau das nicht, was die "Achwas, Frankfurt kriegt am Ende paar Jobs ab und das wars"-Kassandras qua Bauchgefühl immer behaupten, dass nämlich "am Ende doch irgendwie" alles beim Alten bliebe. Nicht einmal dann.


    Man muss hier schon realistisch bleiben.

  • Der EWR nimmt niemanden mehr auf. Seit 1995 ist der EWR (in dem wir ganz genauso, über die EU, Mitglied sind!) nur noch über EU Erweiterungen gewachsen (jedes EU Land ist automatisch Mitglied im EWR, so auch jedes neue EU Land).


    Das liegt meines Wissens aber eher daran, dass eine Mitgliedschaft im EWR ohne EU-Mitgliedschaft relativ sinnfrei ist. Die rechtliche Möglichkeit besteht schon.



    Das schrieb ich doch?!

  • Die rechtliche Möglichkeit besteht schon.


    Nein. Denn dazu ist Einstimmigkeit der EWR Mitglieder notwendig. Die EU vertritt die EU Staaten beim EWR. Europarecht verbietet de facto weitere Extrawürste - ich drücke mich bewusst unjuristisch, dafür auf den Punkt, aus - also "darf" die EU einer Aufnahme neuer EWR Mitglieder ohne tiefgreifende Änderungen der Europaverträge nicht zustimmen, mithin einer starken Aufweichung des Charakters der EU, die damit zu einer bloßen Freihandelszone verwässert würde, wo sie doch viel mehr - nämlich politische Sozialunion - ist. Im Leben nicht. Eher setzt Merkel das AfD Parteiprogramm um und die Briten werden 51. Staat der USA.

  • Bleibt festzuhalten, dass wir hier unterschiedliche Auffassungen vertreten. Eine Erweiterung des EWR auch ohne Vollmitgliedschaft ist nach meiner Auffassung durchaus möglich (nicht unbedingt einfach, aber möglich).


    Ich stimme jedoch zu, dass es keine ERW-Light Lösung geben kann. D.h. wenn EWR dann Arbeitnehmerfreizügigkeit, Mitgliedsbeitrag, EU-Regelungen usw. Wie ich schon schrieb, wäre diese Lösung völlig sinnfrei und würde vielleicht nicht dem Wortlaut des Referendums widersprechen wohl aber der Intention.


    Ich denke aber wir sollten dies hier beenden. Meinen ursprünglichen Beitrag schreib ich ja auf den Post von rilla90:


    Allerdings hat doch Norwegen auch diesen EU Pass für Banken und ist nicht Mitglied.Gleich zwei Tage nach dem Votum kam auch ein Artikel darüber raus.Also kann dann wohl die reine Mitgliedschaft keine Voraussetzung dafür sein


    Darin das dies fast unmöglich ist stimmen wir ja überein. (Zumindest wenn man sich an das Referendum hält)

  • Es ist auch "möglich", dass es ein Paralleluniversum gibt, in dem mein Hirn aus Emmentaler besteht. "Möglich" ist quasi alles. Möglich im Sinne von realistischerweise umsetzbar - definitiv nein. Politisch erwünscht schon dreimal nicht. Das wäre der Anfang vom Ende der EU als politische Sozialunion und damit auch wirtschaftlich für uns langfristig schädlicher - denn allem Geunke zum Trotze profitieren wir enorm von der tiefen Integration der aktuellen EU! - als ein kurzfristiges Entgegenkommen für UK unter größten Verrenkungen.


    Egal von welchem Winkel man es betrachtet, no, just no. Außer man "möchte" unbedingt die Chancen von FFM kleinreden, weil man meint, dass Ebblweincity gegenüber London Calling ja eh keine Chance hätte und überhaupt. Als ob Zürich oder Charlotte (beides Bankenhauptstädte) jetzt interessanter oder großstädtischer als FFM wären, auch Dublin ist jetzt nicht so geil wie viele, die nur noch nie in Dublin waren, gerne denken. Luxemburg ist eine Kleinstadt.


    Die einzige, echte Konkurrenz für FFM ist Paris. Trotzdem ist Frankfurt schon jetzt die wesentlich wichtigere Finanzmetropole im Vergleich mit Paris - das beweist doch schon jetzt, dass Frankfurt besser ist, als insb. so mancher Frankfurt seiner Stadt selbst zutraut (sonst wäre Paris - STATUS QUO - doch VOR Frankfurt und nicht deutlich abgeschlagen bzgl. Finanzplatz!).


    Was natürlich zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden könnte ist ständiges Sich-selbst-klein-machen und präventives Geheule über die Entwicklung der Mieten (als ob Banker am Geschosswohnungsbau mit Abstandsgrün interessiert wären und der berühmten "alleinerziehenden Krankenschwester" mit ihrer 2-Raum-Wohnung wirklich Konkurrenz machen würden auf dem Mietmarkt...) der Hessen. Ja, Hessisch ist kein sexy Dialekt, Hessen ist keine Heimat von Glamour und London ist bzgl. städtisches Leben eine ganz andere Welt als das beschauliche Mainhattan. So what? Siehe Zürich, siehe Charlotte, siehe Frankfurt schon jetzt.


    In UK bleiben ist schon wegen der Unsicherheit keine Zukunftsoption. "Abwarten und Tee trinken" mag eine vernünftige Strategie für pokernde Politiker sein, aber nicht für Leute in Führungsverantwortung, die Planungssicherheit brauchen. "Verdammt nochmal" egal, was irgendwelche extrovertierten Einzelpersonen auf Twitter posten ("Frankfurt is boring") oder was das Bauchgefühl im Städtevergleich einem sagen mag.


    Wenn Frankfurt die Entwicklung optimistisch und mit Euphorie begleitet, dann kann da Großes entstehen. Wenn aber Kleingeistigkeit gemischt mit Selbstherabsetzung, wirken, dann ist das meist leider auch eine selbsterfüllende Prophezeiung - die Deutschen können das generell meisterhaft, sich selbst so kleinzureden, dass am Ende jeder einfache Bauer in der Sahelzone weniger an seiner Heimat auszusetzen hat und stolzer auf sie ist, als der Durchschnitts-"Bundesbürger". Hinterher können sich alle gegenseitig zujubeln recht gehabt zu haben beim Geunke - so ulkig das klingt, aber das einzige was Deutsche noch mehr lieben, als ihr eigenes Land zu zerfleischen und kaputt zu nörgeln ist, wenn das dann auch so eintritt, "Schadenfreude-Masochismus" ("masochistic glee") hat das mal ein Freund von mir, der gebürtig aus den USA stammt, recht treffsicher genannt.

  • Ich denke,man kann am Ende sagen,dass zurzeit keiner sicher weiß ,ob GB wirklich jemals den Antrag stellen wird und keiner sagen kann ob sie das EU passporting behalten werden.


    Man kann Argumente bringen,diskutieren etc.aber so richtig weiß es keiner.Wir müssen da wirklich sehr geduldig sein und noch lange abwarten,bis es ein Ergebnis gibt.


    Und das kann sehr lange dauern.Es wird ein sehr langer Prozess,der fast bis zu einem Jahrzehnt dauern kann.Also bis alles feststeht werden einige hier im Forum wahrscheinlich gar nicht mehr aktiv sein.Bis es so weit ist,freuen oder ärgern wir uns über neue Nachrichten,über positives sowie negatives und die Hoffnung,dass Frankfurt als Finanzplatz profiteren wird werden wir bis zum Ende behalten.


    Und das ist doch was schönes und es lohnt sich dadurch jeden Tag durch die Nachrichten zu stöbern,was es neues gibt.Nein,langweilig werden die nächsten Jahre mit Sicherheit nicht.