Potsdam: Wiederherstellung Stadtkanal

  • Neue Wendung im Fall des vom Schönheitschirurg erworbenen Arztes Dr. Panzer: Nach einem Bericht der "B.Z." geht es ihm gar nicht um die Bebauung des erworbenen Areals am Stadtkanal sondern um ein ganz anderes Projekt. Der Panzer-Projektleiter A. erklärt, worum es Dr. P. wirklich geht: "Seit 2009 blockiert die Stadt Straßenbau-Maßnahmen für die Erweiterung eines Baumarkts im Stadtteil Drewitz, wo Dr. P. Flächen besitzt. Wenn die Stadt dort einlenkt, gibt Dr. P. das Kanalgrundstück wieder ab.".


    Der Artikel in der B.Z.

  • Überbauung des Stadtkanals soll verhindert werden

    Potsdam will laut einem Bericht der Märkischen Allgemeinen die von einem privaten Investor angekündigte Überbauung des historischen Stadtkanalausgangs an der Dortustraße mit einem planungsrechtlichen Manöver verhindern. Dafür sollen die Stadtverordneten auf ihrer Sitzung am nächsten Mittwoch die Aufstellung eines Bebauungsplans für den Straßenzug zwischen der Breiten Straße und dem Kanalausgang Planitzinsel in einem beschleunigten Verfahren beschließen.


    http://www.maz-online.de/Lokal…risches-Wassergrundstueck

  • Die Sache ist doch ein alter Hut, Stadtkanalvereinsvorsitzender Benn hat das schonmal lanciert. Es ist ja bekannt, dass die ECE, die die Sache finanzieren will, keine innerstädtischen Grundstücke mehr für Riesen-EKZ bekommt weil sich keine Stadt mehr ihre Innenstadt veröden lassen will. Hier aber sprechen eine lange Reihe von Gründen dagegen:


    1. Ein unterirdisch zweigeschossiger Bau im Potsdamer Grundwasser ist wirktschaftlich Unsinn - dann kannst Du das EKZ gleich in die Havel hängen.


    2. Die notwendige riesige Einkaufsfläche im Zentrum (65.000 qm Fläche) widerspricht dem Einzelhandelskonzept der Stadt und würde zu Recht von allen mittelständischen Gewerbetreibenden bekämpft werden.


    3. Riesen Tiefgaragen inkl. unterirdische Busparkplätze (900 Plätze +)ziehen den Verkehr zusätzlich in die Innenstadt statt diesen ausserhalb abzufangen. Allein die Einfahrtstunnel sind stadtzerstörerisch und gehören in die 70er Jahre - nicht ins 21. Jahrhundert


    4. Die optische Wirkung eines EKZ "Stadtkanal" mit Werbung etc. ist genau das Gegenteil der Zielsetzung der kleinteiligen Historischen Mitte. Kein Mensch braucht ein weiteres Center in Potsdam mit all den Allerweltsläden. Die Illustrationen des Architekten Schwebel sehen jedoch keine Werbung vor - unrealistisch.


    5. Die schon realisierten Abschnitte des Stadtkanals (Yorckstraße) sind mit Fördermitteln errichtet worden, die im Falle des Wiederabrisses zurückgezahlt werden müssten.


    6. Es sollen nicht nur Stadtkanal, Wilhelmplatz und Seitenstraßen unterbaut werden sondern zusätzlich die Plantage. Völlig masslos.


    7. Die Bäume, die den Stadtkanl gesäumt haben, wären dann nicht wiedergewinnbar.


    Kurzum: eine Schnapsidee mit verheerender Wirkung für die ersten, zarten Anfänge einer kleinteiligen Mitte, die den Bürgern gehört. In der Potsdamer Politik gibt es meines Wissens keine Partei, die solch ein Projekt ernsthaft unterstützen wird und die Mitte der Stadt an einen EKZ-Betreiber verkaufen will.

  • Potsdam: Wiederherstellung Stadtkanal

    Es ist ja schön, dass sich erste Kompromisslinien abzeichnen.
    Den Stadtkanal könnte man wegen mir auch wiederherstellen. Der Stadtkanal war ja nur zugeschüttet worden, weil er sich zu einem stehenden Gewässer entwickelt hatte und nicht sehr angenehm roch. Ein ähnliches Problem gab es auch in Berlin mit dem Luisenstädtischen Kanal, der um 1920 aus den gleichen Gründen zugeschüttet wurde. Eine Wiederanlage des Stadtkanals würde daher ein Konzept erfordern, wie eine regelmäßige Erneuerung des Wassers erreicht werden kann.


    Wenn die Wiederanlage des Stadtkanals zu einer Entspannung an den anderen Konfliktfeldern führen sollte, dann würde ich dieses Projekt jedenfalls sehr begrüßen. Der permanente Konfliktzustand, durch den Potsdam derzeit geprägt ist, sollte ja kein Dauerzustand sein.


    Aus Gk-Thread hierher verschoben.
    Bato

  • Schön wäre es, aber welche Kompromisslinie hast du hier denn ausgemacht?
    Oder meinst du deinen folgenden Satz ernst?

    Den Stadtkanal könnte man wegen mir auch wiederherstellen.


    Das "auch" wäre allerdings ein guter Kompromiss. Aber ich bezweifele jetzt mal dass es so gemeint war wie es geschrieben wurde.

  • Da ist ja bekannt. Die Geruchsprobleme des Stadtkanals kann man durch einfache Strömungstechnik lösen - oder man baut eine stehende Surfwelle ein - dann ist das Thema Strömung auch gelöst.


    Die Auswirkungen auf die Straßenbahn müssen ja nicht sein, da diese nicht durch das Kanalbett läuft. Man muss ja nicht immer angelegentlich eines Projektes die halbe Stadt umbauen.


    An der Waisenstraße muss die Plantage eh' neu angelegt werden; hier hatte die Grünfläche einen direkten Wasserzugang. Da muss die Straße ohnehin neu gemacht werden - mit oder ohne Kanal.


    Ausserdem kann ich mir am Stadtkanal viele schöne Projekte - der Hochkultur und alternative Projekte vorstellen: Vom Elektroflossfahren über die stehende Surfwelle (in Nürnberg bauen die strunzkonservativen Bayern gerade so etwas recht cooles in ihren Bach) bis zum Hausboot oder Kneipe mit Wasserblick.


    Wo Lutz Boede einmal Recht hat ist, dass man von den bis dato hohen Kosten runter muss. Das geht aber, wenn nicht jede Brücke originalgetreu FII. sein muss, das kann auch mal ein einfügender moderner Entwurf sein. Muss ja nicht so furtbar schiefgehen wie in Venedig mit der Calatrava-Brücke.

  • Von allen historisierenden Wiederaufbauprojekten ist mir der Stadtkanal auch das Sympathischste. Hier könnte man Mitteschön & Co. vielleicht wirklich entgegen kommen. Ich bezweifel aber, dass diese Gruppe zu Kompromissen fähig ist. Dessen archtektonische Weltbild ist einfach zu geschloßen.
    Auch wenn der Meter rekunstruierter Stadtkanal die Kosten eines Eigenheim verschlingt, muss man auch ertragen und respektieren können, dass Historie-Fans ihr eigenes identitätsstiftende Projekt haben sollten.


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    Kommentare:

    22.10.14 14:13 Sehr großzügig von Dir...

    Einmal editiert, zuletzt von Potsdamer ()

  • Auch wenn der Meter rekunstruierter Stadtkanal die Kosten eines Eigenheim verschlingt, muss man auch ertragen und respektieren können, dass Historie-Fans ihr eigenes identitätsstiftende Projekt haben sollten.


    Wieder pure Demagogie, es sei denn dein Eigenheim kostet unter 10.000 Euro, die der Stadtkanal bis dato bei der Rekosntruktion pro laufender Meter etwa gekostet hat.


    Vorgeblich kompromissbereit sein und gleichzeitig Falschinformationen verbreiten - das ist eben stets die Devise.

  • Wieder pure Demagogie, es sei denn dein Eigenheim kostet unter 10.000 Euro, die der Stadtkanal bis dato bei der Rekosntruktion pro laufender Meter etwa gekostet hat.


    2008 wurden die Kosten für die Wiederherstellung auf 65 Millionen Euro geschätzt. Schlagen wir bei der allgemeinen Preisentwicklung gerade im Bauwesen noch ein bisschen rauf, sind wir heute bei 80 Millionen Euro. Wenn 1500 Meter noch gebaut werden müssen, so sind wir bei ca. 53.000 Euro pro Meter Stadtkanal. Okay "Junge Liebe auf Bodenplatte" bekommen sie vielleicht erst ab 75.000 Euro, aber auf jeden Fall bin ich näher dran und daher möchte ich Ihnen jetzt die Gelegenheit geben, sich bei mir für den Demagogie-Vorwurf zu entschuldigen.



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    Kommentare:

    22.10.14 13:32 Diese "Rechnung" fällt unter Demagogie.

    Einmal editiert, zuletzt von Potsdamer ()

  • Das erscheint doch recht simpel gerechnet. Bei diesen Kosten sind seinerzeit:


    - alle Brücken denkmalpflegerisch original rekonstruiert
    - die Straßenbahn großräumig umverlegt, obwohl sie nicht im Kanalbett verläuft und zu 95 % dort bleiben könnte wie sie ist
    - alle Straßen, Rohre, Leitungen, Bürgersteige neu angelegt, obwohl größtenteils überflüssig.


    Dass Lutz Boede das zu teuer findet kann ich nachvollziehen.


    Die Ist-Kosten der schon erfolgten Stadtkanalreko liegen jedoch bei unter 10.000 Euro pro lfd. Meter.


    P.S. Einen Link zu "Junger Liebe auf Bodenplatte" wäre interessant.

  • Der Raum Berlin/Brandenburg hat eben geographisch keine idealen Voraussetzungen für klare, wasserreiche Fließgewässer, mit abgezweigten Seitenkanälen, die die Altstädte durchplätschern, wie man sie als Reisender aus vielen Städten in Süddeutschland kennt. Einerseits ist der Boden sehr sandig, d.h. Wasser versickert gut und rasch (verdunstet auch wieder schnell) und sammelt sich weitaus weniger in abführenden Fließgewässern als zB bei den kompakteren, gesättigten Böden zB Süddeutschlands. Weiterhin ist der Raum Berlin/Brandenburg mit der niederschlagsärmste der Republik, während die besonders wasserreichen Regionen über Donau und Rhein in die See entwässern, die dabei einen großen Bogen um den Nordosten machen - insb. Berlin/Brandenburg wird also auch nicht von großen Wassermengen durchfloßen, die andernorts niedergehen. Weiterhin ist dieser Naturraum von sehr wenigen Erhebungen geprägt, nur wenig Gefälle ist vorhanden.


    Das alles bedingt einfach, dass es sowohl durch nicht besonders große Wassermengen ("hinten drücks nach"), wie auch durch geringes Gefälle die Fließgewässer dazu neigen sehr träge zu sein. Die Stadtspree in Berlin kehrt ja im Sommer, wo sie zu großen Teilen nur noch aus Abwasser aus den Kanalüberläufen besteht und auch entsprechend riecht, auch gelegentlich die Fließrichtung um oder steht einfach.


    ...ich weiss nicht warum man mit sehr viel Aufwand unter diesen Bedingungen Kanäle wiederherstellen sollte, die einst aus gutem Grund zugeschüttet wurden. Und ich finde auch ziemlich seltsam, dass der in meinen Augen am wenigsten sinnvolle Vorschlag nun solch eine Zustimmung findet, während die Fronten bei der Garnisonskirche so verhärtet sind. :confused::confused::confused:


    Ich will wirklich kein Spielverderber sein, aber es werden vielfach öffentlich Projekte diskutiert, unter dem Motto "wollen wir oder wollen wir nicht?", das "KÖNNEN wir überhaupt?" wird selten beachtet.


    Brandenburg droht in eine andere Vegetationszone zu fallen, d.h. aus der Dauergrünen in eine mit Regen- und Trockenzeiten. Aktuell kann sich Brandenburg noch - noch! - knapp an der Grenze zur Versteppung halten, mit den jährlichen Niederschlagsmengen. Informativer und knapper Hintergrundartikel von 2008, der nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat:


    http://www.deutschlandradiokul…ml?dram:article_id=156505 (das Deutschlandradio ist nicht für "Sensationsjournalismus" bekannt, sondern für seriöse Recherche und Hintergrundberichte)


    Die darin enthaltenen Informationen sollte in meinen Augen jeder Berliner und Brandenburger kennen. Dann entwickelt man auch ein ganz anderes Verhältnis zu Klimaschutz und Klimawandel, das betrifft eben nicht nur ferne Länder. Statt über schmückende Freigewässer sollte man sich darüber Gedanken machen, wie man vor Ort Wasser spart und Wasser zurückhält. Beispielsweise indem man per lokaler Satzung und auch bei öffentlichen Bauvorhaben darauf achtet, Niederschlagswasser nicht auf Nimmerwiedersehen von versiegelten Flächen in Kanalisationen abzuleiten, sondern auf den Grundstücken versickern zu lassen um den Grundwasserspiegel anzuheben.


    Statt asphaltierten Parkplätzen, nur noch Rasensteine als Parkflächen zulassen. Öffentliche Wege wo immer möglich nicht asphaltieren oder pflastern, sondern einfach aufkiesen (und entsprechend regelmäßig pflegen). Kleine Maßnahme, große Wirkung. Wasser aus Dachrinnen bei öffentlichen Gebäuden in Tanks im Keller auffangen und als Brauchwasser für Toilettenspülungen usw. nutzen. Und derlei Maßnahmen mehr, ich muss hier nicht alles aufzählen. DA wäre das Geld wirklich gut aufgehoben.


  • ...ich weiss nicht warum man mit sehr viel Aufwand unter diesen Bedingungen Kanäle wiederherstellen sollte, die einst aus gutem Grund zugeschüttet wurden. Und ich finde auch ziemlich seltsam, dass der in meinen Augen am wenigsten sinnvolle Vorschlag nun solch eine Zustimmung findet, während die Fronten bei der Garnisonskirche so verhärtet sind. :confused::confused::confused:


    Weil er so schön war! Weil er stadbildprägend war! Und weil er ein hervorragendes Beispiel norddeutschen Kanalbau war. Seit wann brauchen wir einen ernsthaften Grund und öffentliche Gelder für das Projekt auszugeben?

  • Trotz der launigen Anspielung fände ich diese Gründe durchaus ernsthaft genug, derlei Gründe machen schließlich das Leben aus. Aber der Unterschied ist, dass Sachzwänge solche Wasserspiele einfach unmöglich machen. Es gibt keinen Sachzwang im Falle der Garnisonkirche. Es ist von nichts als gewillkürten menschlichen Entscheidungen abhängig, ob auf Grundstück X Gebäude Y gebaut wird oder nicht. Eine "kann man sowohl so, als auch anders machen"-Entscheidungsfrage. Auch wollte ich durch den Verweis auf durchaus dringlichere Sorgen etwas die Spannung aus dieser Diskussion nehmen. Was dieser Streit für Kräfte bündelt ist irgendwo einfach nicht mehr verhältnismäßig.

  • Wenn Bauen sich nur an Sachzwängen und nicht auch an gestalterischen Gesichtspunkten fest macht, na dann prost Mahlzeit. :nono:


    Nun bin ich kein Experte von Strömungsgeschwindigkeiten märkischer Gewässer, aber das dürfte das geringste Problem des Stadtkanals (gewesen) sein.


    Ich würde mal davon ausgehen, daß die ungeklärten Abwässer vergangener Zeiten das Hauptproblem waren. Viele Städte haben künstliche Kanäle aus diesem Grund zugeschüttet oder natürliche Gewässer (wie z.B. die Pleiße in Leipzig) gedeckelt.


    Übrigens gibt es in Deutschland noch genügend (fast) stehende Gewässer im Innenstadtbereich, nämlich die mittelalterlichen Wallgräben.
    Diese bedürfen allerdings regelmäßiger Pflege, was man dann nur wollen muß.


    P.S.: Übrigens die Pleiße in Leipzig ist/wird zu weiten Teilen wieder freigelegt und im Umfeld gestaltet, obwohl sich kaum ein Leipziger noch an den historischen Zustand erinnern konnte.
    Das positive Ergebnis spricht da sicher beispielhaft für sich und das alles ohne Sachzwänge. ;)


    P.P.S.: Weshalb man allerdings Stadtkanal und Garnisionkirche in einen Topf wirft ist mir ein Rätsel, außer man ist grundsätzlich gegen jegliche Wiederherstellung der Historie in Potsdam.



    Gruß, Jockel HB

  • Dass Brandenburg furztrocken ist, ist richtig. Aber wenn man den Kanal wiederanlegte, würde das der Havel zu viel Wasser entziehen? So dass ihr Pegel am Ende sinken würde im Bereich der Innenstadt? Ich bin natürlich weder Ingenieur noch Wasserbauspezialist, aber ich kann mir das irgendwie nicht vorstellen. Höchstens dass die Havel einen Tick langsamer fließt (?) ab flußaufwärtiger Abzweigung des Kanals.


    Jedenfalls fände ich den Kanal einen Riesengewinn für Potsdam - noch dazu ohne Geschichtsstress. Grundstücke und Gebäude an diesem bzw. der jetzigen Straße müssten einen erklecklichen Wertzuwachs erfahren, so dass man aus dem Verkauf dieser aufgewerteten Liegenschaften einen erheblichen Teil der Baukosten wieder drinhätte. Ist nur ne Überlegung, Fakten habe ich keine, da ich nicht weiß, was in diesem Bereich der Stadt Potsdam gehört. Aber vielleicht ein Mitforist?


    Mal von den Niederschlagsmengen und Fließgeschwindigkeiten abgesehen: Leipzig ist ein schönes Vergleichsbeispiel für den Umgang mit der DDR-Geschichte und vermurkstem Städtebau. Mit Ulbricht als Spitze des Eisbergs kamen ja viele Kader aus Leipzig, überhaupt aus Sachsen. Die DDR wurde von Sachsen beherrscht. Sind halt Schaffer, nutzen stets geschickt die zeitlichen Umstände, um hoch zu kommen, hängen nicht rum und heulen nicht ;) Heute will man dort mit der DDR wesentlich weniger zu tun haben als in Potsdam oder Ostberlin, wo jene Kader hocken, die es nicht in die neue Zeit geschafft haben und der DDR bzw. seiner "Gemütlichkeit" nachtrauern. In Leipzig erkennt man eben die riesigen Chancen unserer heutigen Zeit und ich behaupte mal, man hat dort alles richtig gemacht. Leipzig boomt endlich, verzeichnet nach vielen kargen Jahren wieder einen Bevölkerungszuwachs und ist auch international mittlerweile richtig angesagt als Kulturort. Auch die freigelegten Kanäle und Stadtbäche tragen ihren Teil dazu bei, dass Leipzig mittlerweile vielen als sehr lebenswert und als schönste Großstadt des deutschsprachigen Kulturraums gilt - was sie zumindest im Lager der +/- 500.000 mit Sicherheit auch ist.


    Mir scheint, der Sachse an sich ist optimistischer und lebensfroher, sinnlicher, eben barocker als der latent unzufriedene, mitunter ziemlich spaßfreie, maulende, karge und atheistische Preuße ;) Sorry liebe Landsleute, als Berlin-Brandenburgischer Patriot nehme ich mir das mal heraus!

  • Dass die Sachsen (Dresden mindestens genauso wie Leipzig) mit der Wende sehr viel pragmatischer und optimistischer umgegangen und ihre Chancen besser genutzt haben als Berlin/Brandenburg ist offenkundig so. Es ist kaum verständlich, dass die "Hauptstadtregion" diesen weltweit bekannten Namen und dieses weltweit sehr positive Image bisher so beklagenswert wenig nutzen konnte. Zu mehr als zur erfolgreichen Tourismusvermarktung (das reicht nicht! Das ist ein Nebengeschäft, mehr nicht!) hats bisher nicht gereicht.


    Es gilt schon als großer Erfolg, dass die Region aktuell darauf zusteuert. um das Jahr 2020 herum den Bundesdurchschnitt bzgl. Wirtschaftsleistung pro Kopf erreichen zu können (wenns bis dahin wie bisher weitergeht). Überall sonst in Europa sind die Hauptstadtregionen die Zugpferde und weit überdurchschnittlich. Und nicht nur in Westeuropa!


    Und da komme man mir auch nicht immer mit allerlei Ausflüchten und der Erwähnung, dass zu Urgroßvaters Zeiten Siemens ja noch in Berlin gewesen sei. Nicht nur Dresden und Leipzig haben Berlin/Brandenburg schon überholt, auch unsere Nachbarn in Warschau und Prag, die keinen "reichen Westbruder" hatten als der Ostblock kollabierte sondern aus eigener Kraft Dinge aufbauen mussten. Die pro Kopf Wirtschaftsleistung ist in Prag heute über dem Bundesdurchschnitt und weit vor Berlin.


    Ich wasche den "Preußen", die öfter mal in selbstzufriedene Starre verfallen, damit auch gerne mal den Kopf. Aber nachdem ich das gesagt habe muss ich eines doch auch bemerken: diese mit Leidenschaft und Aufmerksamkeit geführte Debatte u.a. um die Garnisonskirche - aber nicht nur - belegt, DASS es Leidenschaft gibt bzgl. der Zukunft der Hauptstadtregion und von Potsdam. Manchmal könnte man die Energie dahinter nur vielleicht etwas besser bündeln ("an einem Strang ziehen"). Darum hoffe ich, dass die Sache jetzt bald entschieden ist / vollendete Tatsachen geschaffen werden (egal wie es ausgeht). Damit man sich anderen Dingen zuwenden kann.

  • ...Das alles bedingt einfach, dass es sowohl durch nicht besonders große Wassermengen ("hinten drücks nach"), wie auch durch geringes Gefälle die Fließgewässer dazu neigen sehr träge zu sein. Die Stadtspree in Berlin kehrt ja im Sommer, wo sie zu großen Teilen nur noch aus Abwasser aus den Kanalüberläufen besteht und auch entsprechend riecht, auch gelegentlich die Fließrichtung um oder steht einfach....


    Also Eisber, solch eine Polemik kenne ich eigentlich nur von den Gegnern der Wiederannäherung an die historische Mitte Potsdams. Und das hier schlägt geradezu dem Fass den Boden aus. Was für ein Schwachsinn, rückwärts fließende Gewässer... Aber googleste mal...


    Und ich wurde fündig. Doch diese rückwärts fließende Spree gibt oder besser gab es nur in sehr heißen Sommern. Wenige Male und nur an einem Ort am gesamten Verlauf der Spree, am Abfluss des Müggelsees. Weil der Müggelsee eine so große Oberfläche hat, dass dort in sehr heißen Sommern mehr Wasser verdampft, als hinein fließt, gab es dieses Phänomen, dass aus dem unterläufigen Spreeverlauf dann Wasser auch hier in den Müggelsee hinein floss. Dieses zu einem Dauerzustand und einer Allgemeingültigkeit an Spree und deren weitere Wasser, der Havel, zu erheben, ist schon mehr als dreist. Das ist Gegner-Niveau.


    Der Kanal, der durch Potsdam führte, diente übrigens einem Zweck. Und das tat der Kanal bis zu seinem Zuschütten in den späten 60er Jahren. Er entwässert Potsdam. Das ist übrigens dringend notwendig, da diese Stadt auf einem Sumpfgebiet errichtet wurde und nur durch diesen Kanal die Trockenlegung erfolgte. Als er dann zugeschüttet war, standen über Jahre die Keller der angrenzenden Häuser unter Wasser. Und es musste noch zu DDR-Zeiten dort ein Drainage-System gelegt werden, um den Zweck des Kanals wieder zu etablieren.


    Stinken, stinken tat der Kanal in seiner Existenz nur bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Als die Fäkalien, Abfälle und ähnliches in den damals noch nicht eingefassten Graben flossen. Daher wurde der Kanal auch gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit Ziegelsteinen eingefasst und Potsdam bekam eine Kanalisation. Dass der Kanal also in den Zeiten seiner letzten Existenz stank, ist ein Märchen, eine Falschaussage oder auch eine Lüge...


    So, und zur Fließgeschwindigkeit der Havel, die so Signifikat durch den Kanal herab gesetzt würde: diese kann eine Herabsetzung durchaus vertragen. Denn der Kanal verbreitert die Havel an der engsten Stelle, zwischen ehemaliger Heilig-Geist-Kirche und Lange Brücke um die eigene Breite. Wer die Fließgeschwindigkeit der Alten und der Neuen Fahrt kennt, hat keine Angst, dass da ein stehendes Gewässer entstünde.


    Luftpost


    PS Baukunst: zum letzten Beitrag volle Zustimmung. Und ebenso auch Eisber.

  • Also:


    1. Die Havel fliesst zu etwa 50 % durch dem Sacrow-Paretzer Kanal und zu etwa 50 % an Potsdam vorbei. Reguliert ist das Ganze durch die Schleusen Spandau und Brandenburg. In so fern ist da jede Fliessgeschwindigkeit in Menschenhand.


    2. Dass ein Stadtkanal zusätzlich fliessbeschleinigt werden muss ist unstrittig. Am Kellertor hat Potsdam schon eine solche Anlage, die funktioniert und bei weiterem Ausbau des Kanals nur versetzt werden muss.


    Der Rest der o. g. Beträge ist - glaube ich - eher Feuilleton (bis auf den sachdienlichen Hinweis von Luftpost, dass der Kanal die auch heute dringend notwendige Grundwasserregulierung unterstützt).

  • Je schneller man ein Gewässer fließen lässt, desto mehr Wasser braucht man eben um einen Kanal zu füllen (vgl. "langgezogener Gummi", der immer dünner wird, je mehr man ihn langzieht). Zwischen trägem und nicht mehr ganz so trägem Durchfluß liegt rasch eine Verdopplung der Durchflussmenge. Das Wasser muss man irgendwo her holen.


    Drainagen beim Niederschlag spielen hier hingegen eben genau keine Rolle. Will man nicht nur einen Regenwasserüberlauf sondern einen schmückenden Stadtkanal, dann muss dieser natürlich konstant gefüllt und durchflossen sein. Und lässt sich daher nicht nur nicht durch Niederschlagswasser periodisch füllen, er lässt sich auch nur sehr begrenzt zur Entwässerung von Niederschlagswasser hinzuziehen. Im Übrigen ist die Niederschlagsmenge in Brandenburg in den letzten Jahrzehnten bereits signifikant zurück gegangen (immerhin ca. um 1/5!), v.a. die Zahl der Niederschlagsereignisse ("weniger, dafür stärker").


    Das macht so schon das Wassermanagement immer schwieriger. Besonders im Sommerhalbjahr, wo die Verdunstung ja auch noch besonders stark ist, werden zudem signifikante Rückgänge sowohl in Zahl wie auch Ergiebigkeit von Niederschlägen speziell für Brandenburg erwartet, die sich teilweise einfach in das Winterhalbjahr verlagern. Solch ein Stadtumbau wäre ein Jahrhundertprojekt, was macht man, wenn vielleicht jetzt gerade noch genug Wasser da ist, in wenigen Jahrzehnten ab er schon nicht mehr? Daher die Anspielung auf eine zukünftige Trocken- und Regenzeit, als "neue Jahreszeiten". Und wer das nur für Nischeninteressen relevant findet ("Feuilleton"), der sollte sich das nochmal gut überlegen, wie maßgeblich Niederschlagsmengen für das Alltagsleben von Menschen sind. Wir waren bischer als Deutsche in der verhätschelten Lage, über Niederschläge nur zu jammern ("Schon wieder Regen"), während man in den meisten Weltregionen jeden Regenschauer ersehnt. Zumindest in einigen Regionen, wie Brandenburg, wird es zum "new normal" gehören, dass im Sommer die Äcker verdörren, so mancher Staubwirbel über die flache Steppenlandschaft huscht und Gewässer um Gewässer trocken fällt.


    Kurze Datenübersicht: http://wiki.bildungsserver.de/…aprojektionen_Brandenburg


    Der bzgl. Niederschlägen interessanteste Satz: "Bereits heute übertrifft die mittlere jährliche potentielle Verdunstung den Niederschlag um 25 mm, um 2050 wird dieser als klimatische Wasserbilanz bezeichnete Wert bei -124 mm liegen" (Quelle: Bildungsservier Wiki, Klimaprojektionen Brandenburg, Link siehe oben, Abruf gerade eben)


    Das Defizit von 25 mm Wassersäule kann Brandenburg aktuell noch durch Zuflüsse aus anderen Regionen ausgleichen, also durch Fließgewässer, die Wasser auf ihrem Weg durch Brandenburg Wasser nach Brandenburg bringen (hier geht es um Oberflächenwasser, nicht um Grundwasser, das ist wieder etwas komplitzierter). Bei einer Erhöhung dieses Defizites auf 124 mm Wassersäule ist das gerade in den besonders warmen (auch davon wird es deutlich mehr geben!) Phasen, mit hoher Verdunstung, einfach nicht mehr ausreichend möglich. Ohne ausreichend Wasser im Sommer auch kein hübscher Kanal zum dran entlangspazieren, so einfach ist das.

    2 Mal editiert, zuletzt von Eisber ()

  • Hallo Eisber,


    Es geht bei der Drainagefunktion des Stadtkanals nicht um Niederschlagswasser, sondern um die Entwässerung eines Sumpfgebiets, auf dessen Fläche Potsdams Stadtzentrum steht. Es handelt sich bei diesem Sumpfgebiet auch nicht um ein Trockenmoor, sondern um massive Wasser im Boden. Grundwasser, welches vielerorts in der Stadtmitte die Bebauung über Jahrhunderte nicht gestatte, wie die Plantane, der Wilhelmsplatz (heute Platz der Einheit), der Bassinplatz, Teile der Leibl- und Kurfürstenstraße etc. oder spezialisierte Bautechniken erforderte, wie das Holländer Viertel. Übrigends ist der erste Turm der Garnisonkirche eingestürzt, da Gerlach damals den schwierigen Baugrund auf der Plantane unterschätzt hat. Daher gab es dann beim zweiten Turm auch 9 Meter dicke Mauern, um das Gewicht besser zu verteilen... Hatte alles nichts mit Niederschlägen zu tun. Daher frage ich mich gerade: gezielte Desinformation?


    Luftpost