Goethehöfe und Deutsches Romantik-Museum (realisiert)

  • Baustellenbesuch am vergangenen Freitag. Meine Meinung zu diesem Projekt ist hinlänglich bekannt, daher beschränke ich mich auf einige kurze Kommentare.


    Zunächst das Positive: Die hinteren Gebäudeteile sind meiner Meinung nach um Welten besser gelungen, hier ein Blick in den künftigen Innenhof.


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    Der Rest - und da bleibe ich dabei, ist eine kolossale Fehlleistung. Durch die einsetzende Dämmerung ist wenigstens das penetrante Gelb etwas erträglicher.


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    Alle Fotos von mir vom 7.02.2020.

  • "Aber das Tor, das zum Leben führt, ist" ......noch nicht richtig eingebaut, nur geklappt an der Seite angehängt, weil, möglicherweise der Boden zu hoch ist, ja, "der Weg dorthin" uneben ist. "Deshalb finden ihn nur wenige." Betreten der Baustelle verboten!

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    Grafik: Michael A. Landes Architekt BDA

    Einmal editiert, zuletzt von Faust () aus folgendem Grund: Korrekterweise.

  • Was hat die moderne Formensprache der Fassade an der Vorderseite mit dem Zeitalter der Romantik zu tun? Ich dachte, es geht hier um ein Romantik-Museum, und nicht um ein Moderne-Museum.

  • Gibt es irgendeinen Grund, warum die museale Präsentation und Aufarbeitung der romantischen Epoche nicht in einem modernen Gebäude stattfinden kann? Was wir vorfinden werden, hängt m.E, weniger von der Hülle ab als vom Konzept und der Präsentation. Archäologische Sammlungen werden auch nicht überall in antiken Trümmerfeldern und steinzeitlichen Pfahlbauten ausgestellt.

  • ^

    Aus deiner Aussage lese ich heraus, daß die moderne Architektur offenbar das Recht besitzt, jede Epoche der Menschheitsgeschichte repräsentieren zu dürfen. Warum? Mit welcher Legititimation?


    Daher stelle ich jetzt mal die Gegenfrage:

    Gibt es irgendeinen Grund, warum die moderne Architektur einen solchen Allmachtsanspruch formulieren muss? Den Allmachtsanspruch, alles & jeden verteten zu wollen. Den Allmachtsanspruch, alles & jeden repräsentieren zu dürfen. Dieser Allmachtsanspruch der modernen Architektur hat Denkmuster wie in einer totalitären Diktatur. Es darf nur eine architektonische Ausführung geben ... und die muss natürlich modern sein.


    Nehmen wir mal an, es wäre umgekehrt:

    Nehmen wir mal an, wir hätten Ausstellungsstücke aus dem Zeitalter der Moderne, für die ein neues Museum errichtet werden soll. Niemand würde auf die Idee kommen, ein Museum der Moderne in einem Fachwerkhaus unterzubringen. Würde es sich um moderne Ausstellungsstücke handeln, würde argumentiert werden, daß die Außenhülle natürlich auch modern sein muss. In diesem Falle würde das Argument bemüht werden, daß das Innere und das Äußere inhaltlich zusammenpassen müsse. Warum argumentiert man dann nicht auch hier, daß das Innere und das Äußere inhaltlich zusammenpassen müsse? Innen Romantik, dann auch außen Romantik ... das wäre zumindest eine konsequente Argumentation. Und ich dachte immer, daß den Vertretern moderner Architektur eine intellektuelle Konsequenz wichtig wäre. Seit Jahrzehnten höre ich, daß die Vertreter moderner Architektur eine konsequente Geisteshaltung wichtig finden. Und in diesem Fall bedeutet eine konsequente Geisteshaltung: innen Romantik, dann auch außen Romantik. Alles andere wäre nicht konsequent!

  • "Die Architektur", auch nicht die moderne, hat kein Recht, keinen Allmachtsanspruch und auch keine totalitären Denkmuster, vielleicht haben einzelne Vertreter dieser Zunft das, die hier tätig gewesenen Architekten (von Person bekannt) aber bestimmt nicht. Ganz sicher ist, das Freie Deutsche Hochstift, die Stadt Frankfurt oder wer auch immer kann seinen Fundus in einer ihm genehmen Weise präsentieren, das ist ganz normal: Alte Meister hängen in hypermodernen Museen, modernes Design steht in Bauhaus-Gebäuden aus den 20er Jahren, die Museumslandschaft ist prall und bunt. Das Rijksmuseum zu Amsterstam beherbert tausende von Werken aus den Jahren 1200-2000 in einem Gebäude aus den 1880er Jahren. Was erlauben Amsterdam, Rembrandts Nachwache von 1642 dort aufzuhängen?

  • Das Romantikmuseum ist keineswegs explizit modern. Alleine deswegen nicht, weil der Neubau zahlreiche Zitate aus vergangenen Epochen enthält.


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    Die Annahme im letzten Absatz von #227 ist abwegig. Fachwerkhäuser sind aufgrund ihrer Kleinteiligkeit, die durch die Tragwerksstruktur bedingt ist, als Ausstellungsraum eines Museums weitgehend ungeeignet. Das gilt erst recht für die Ausstellung von Gemälden. Das hat jeder schon erfahren, der museal genutzte Fachwerkhäuser besucht hat. Diese sind meist selbst Museum, aber eben keine geeigneten Ausstellungshäuser für Exponate anderer Art. Doch darum geht es hier.


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    Mein Hauptkritikpunkt an der Straßenseite des Romantikmuseums ist und bleibt der fehlende Dachüberstand. Vom Großen Hirschgraben sieht man nahezu ausschließlich Schneefanggitter als oberen Abschluss. Das ist in meinen Augen ein grober Fehler - und sieht leider furchtbar aus. Davon abgesehen wird sich die große Mehrheit mit den Neubauten anfreunden können. Da bin ich zuversichtlich. Eine Abwertung des Goethehauses sehe ich erst recht nicht, was von der Vorgängerbebauung kaum behauptet werden konnte.


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    Von der anderen Seite der Tunnelrampenschlucht:


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    Bilder: Schmittchen

  • TU, ich danke dir für deine genannten Beispiele! Alle die von dir genannten Beispiele haben eine Gemeinsamkeit. Es fehlt die Konsequenz, die von den Vertretern moderne Architektur jahrzehntelang eingefordert wurde.


    Warum kann man ein Museum der Romantik nicht in romantischer Architektur errichten. Warum konnte man hier nicht drei Fachwerk-Fassaden errichten? Warum konnte man hier nicht so vorgehen wie in der neuen Altstadt?

    Das Romantikmuseum ist keineswegs explizit modern. Alleine deswegen nicht, weil der Neubau zahlreiche Zitate aus vergangenen Epochen enthält.

    Und was soll dieser komische Erker aus Glas? Warum hat man diesen Erker nicht in den mittleren oder linken Abschnitt der drei Teil-Fassaden gesetzt? Schon interessant, daß man diesen Erker aus Glas ausgerechnet in den rechten Fassadenabschnitt setzt. Das ist nämlich der Abschnitt, der sich direkt am Fachwerkhaus befindet. Glas-Erker möglichst nah ans Fachwerkhaus setzen, das rechts daneben steht. Der Glas-Erker ist kein Zitat, sondern eine Provokation. Und ich gehe davon aus, daß der Architekt genau gewußt hat, was er mit diesem provokanten Glas-Erker bezwecken möchte.

  • Kann man machen, muss man aber nicht. Hier fiel eben eine andere Entscheidung , eine Entscheidung des Bauherrn, nicht "der Architekltur". Und zur Konsequenz: was soll das sein? Und was hat man davon, in welchem Sinne auch immer, konsequent zu sein?

  • "Und was hat man davon, in welchem Sinne auch immer, konsequent zu sein?"


    Die Vertreter der Moderne erreichen damit, daß in ihrem Sinne immer modern gebaut wird.

  • Wir entfernen uns zwar immer mehr vom Thema, aber ich denke grade an eine grundsätzliche Frage, die bei Museumsbauten immer wieder aufkommt. Ich erinnere mich (ohne ein konkretes Beispiel parat zu haben), dass bei neuen Museumsbauten häufig das Argument herangezogen wird, es müsse so schlicht daher kommen, damit die Architektur nicht von den Exponaten ablenke. So sind Innenräume neuerer Museen ja meist sehr zurückhaltend gestaltet. Bei Kunstsammlungen in Schlössern und Burgen gibt es hingegen häufig den Zusammenhang zwischen dem Ort und den Exponaten aus der Zeit, so dass es dort natürlich stimmig ist. Ich finde aber nicht, dass historische (romantische oder was auch immer) Exponate zwingend in einem korrespondierenden Gebäude untergebracht sein müssen. Im hier gezeigten Beispiel "Romantikmuseum" ist es für mich durchaus gut gelöst. Auch glaube ich, dass bedeutende Museen durchaus ein wenig "Show-Architektur" vertragen, so sind ja viele allein dadurch eigene Sehenswürdigkeiten ihrer Städte geworden.

  • Was wäre daran schlecht gewesen, wenn man hier so gebaut hätte wie in der neuen Altstadt?


    Das hätte bedeutet, neben den bestehenden Altbau drei weitere "neue" Altbauten zu setzen. Diese hätten nicht einmal rekonstruiert werden müssen. Eine historische Anmutung dieser "neuen" Altbauten hätte völlig ausgereicht.

  • Ein Leser des Forums hat mir Fotos aus dem Hof zugeschickt, mit der Bitte, diese bei Interesse zu posten. Interesse ist da, denke ich, zumal die Fotos ganz gut meine ebenfalls aktuellen Bilder in Beitrag #229 ergänzen. Das dritte Foto zeigt den Rosengarten in Entstehung, hinter der großen Glasscheibe wird das Museumsfoyer sein, das letzte Bild das Foyer der Volksbühne, die anderen sollten ohne Erläuterung verständlich sein. Alle Thumbs lassen sich vergrößern.


    Bild: https://www.deutsches-architektur-forum.de/pics/schmittchen/extern_n.n._1.jpg  Bild: https://www.deutsches-architektur-forum.de/pics/schmittchen/extern_n.n._2.jpg  Bild: https://www.deutsches-architektur-forum.de/pics/schmittchen/extern_n.n._3.jpg


    Bild: https://www.deutsches-architektur-forum.de/pics/schmittchen/extern_n.n._4.jpg  Bild: https://www.deutsches-architektur-forum.de/pics/schmittchen/extern_n.n._5.jpg  Bild: https://www.deutsches-architektur-forum.de/pics/schmittchen/extern_n.n._6.jpg

    Alle Bilder: N. N. für deutsches-architekturforum.de

  • Danke für die gelungenen Bilder.

    Das ist ja das tragische an diesem Projekt. Die Rückseite und der dazugehörige Hinterhof sieht besser aus als die Vorderseite.

  • Der Hof mit den Kolonnaden geht völlig in Ordnung. Nur diese drei Fassaden sind eben Murks.


    Interessant finde ich die Tatsache, das Christoph Mäckler der Architekt ist. Von Mäckler stammen die Marktgalerie in Leipzig, der Frankfurter Opernturm oder das Zoofenster in Berlin. Irgendwie passt dieses Romantikmuseum nicht so richtig in sein Portfolio.

  • Die Frage ist nicht, ob die Fassade „modern“ oder „mit zahlreichen Zitaten aus vergangenen Epochen“(?) ist, sondern: warum dreimal „so“? Verdreifachtes Elend ist unklug, einmal wäre unauffälliger. Der Architekt versteckt EIN Museum hinter DREI „Stückchen“ Fassade, warum? Übrigens, die Rückfassade des Museums (VIER „Stückchen“ Fassade, Fotos von N.N. #235) soll begrünt werden, schrieb damals (2015) FAZ- Journalist R.S., mit Efeu, Wilder Wein, Klettertrompete, Blauregen und Kletterhortensien (wie die Mauer im Bild Nr.3 #235), dann bekommt man die „Romantik“ „aufgehängt“, wichtiger aber, als eine positive und freundliche Blick-Alternative für die Wohnungen gegenüber.

    Einmal editiert, zuletzt von Faust ()

  • Es ist ja vollkommen in Ordnung, wenn man zum Ausdruck bringt, dass einem die drei neuen Fassaden nicht gefallen. Architektur ist nunmal zu einem großen Teil auch einfach Geschmackssache. Was dem Einen gefällt, findet der Andere scheußlich. Das ist auch ganz gut so, sonst wäre es langweilig. M.E. ist es auch vollkommen in Ordnung, wenn man als Kritiker die Aussage trifft, dass einem das oder jenes Gebäude nicht zusagt, weil die Farbe, die Gestaltung, der Dachabschluß etc. nicht gefällt. Daher sollte eine Kritik (oder auch ein Lob) immer mit einem (durchaus auch subjektiven) Argument verknüpft sein. Aussagen wie "das ist einfach Murks" oder "verdreifachtes Elend" helfen da nicht wirklich weiter.


    Auch die Fragen nach "... warum hat der Architekt das so und so gemacht ...?" oder "... warum konnte man nicht einfach drei Fachwerkhäuser rekonstruieren ...?" sind für eine sachliche Diskussion eher wenig hilfreich. Der Bauherr hat sich nunmal für diesen Entwurf entschieden. Natürlich hätte es auch zig Alternativen gegeben, aber diese wollte man nicht haben. Da kann man natürlich traurig darüber sein, aber jetzt ist es zu spät. Der Bau ist nahezu fertig. Man kann sich mit ihm auseinandersetzen und durchaus seine Kritikpunkte hervorbringen.


    Auch die These, dass dieser Bau Ausdruck eines "ideologischen Allmachtsanspruches moderner Architektur" sei, ist doch sehr gewagt. Erstens gibt es "die Architektur" doch gar nicht, vielmehr eine Vielzahl von Architekten, die meist auch recht unterschiedliche Auffassungen von moderner Architektur haben. Und in jeder (Kunst-/Architektur) Epoche hat es zwangsläufig immer eine "moderne Architektur" gegeben. Zu Kaiser Wilhelms Zeiten war z.B. der "Wilhelminismus" in Deutschland modern. Das kann man mögen oder auch nicht, aber daraus kann man kaum einen Allmachtsanspruch ableiten. Jede Zeit hat eben ihren Architekturstil und es ist vollkommen in Ordnung, dass in der jeweiligen Epoche dann auch im jeweiligen Stil gebaut wird. Und das schließt nicht aus, dass in dem einen oder anderen Fall auf frühere Epochen zurückgegriffen wird oder deren Formensprachen zitiert werden (wie in Mäcklers Fassaden) oder sogar komplett restauriert wird (wie zum Glück in der Altstadt).

  • ... Und das schließt nicht aus, dass in dem einen oder anderen Fall auf frühere Epochen zurückgegriffen wird ...

    Wenn das nicht ausschließt, dass auf frühere Epochen zurückgegriffen wird, dann könnte man doch auch gleich auf das Zeitalter der Romantik zurückgreifen. Was ist der Grund dafür, nicht im romantischen Stil zu bauen?


    Du erklärst, warum es in diesem Fall in Ordnung ist, auf die Moderne zurückzugreifen. Leider bleibst du die Erklärung schuldig, warum für ein Romantik-Museum nicht auf die Epoche der Romantik zurückgegriffen wird.

  • "....Alleine deswegen nicht, weil der Neubau zahlreiche Zitate aus vergangenen Epochen enthält."

    Welche "zahlreiche Zitate aus vergangenen Epochen"? Erker? Fenster? Tür? Gelbe Farbe? Eingang? Kleines Fensterchen? Sandstein? Putz? Stufe? Lämpchen? Ist das "Vergangenheit", historisch und epochal gesehen? Oder nur Vergangenheit?