Umgang mit Berliner (Bau)Denkmälern

  • Umgang mit Baudenkmalen in Berlin

    In Berlin wird mit Baudenkmalen z. Zt. recht deftig umgegangen. Anbei einmal drei Beispiele aus der Ohm/Rungestrasse, Seydelstraße und der Letzten Instanz.


    Findet Ihr das gut?





    Oder sonst sieht das irgendwann so aus (gesehen in Bukarest):



    (C) bei mir

  • Umgang mit Berliner (Bau)Denkmälern

    Dieser Thread soll sich Berliner Baudenkmälern widmen, die vom Denkmalschutzgesetz Berlin augenscheinlich nicht profitieren konnten und stattdessen ihrem stetigen Verfall ausgesetzt sind. Die wesentlichen Gründe hierfür sind einer der zentralen Aspekte, die es in diesem Themenstrang zu beleuchten gilt.


    Einen meiner persönlichen Ausgangspunkte für die Eröffnung dieses Threads bildet das zumindest teilweise denkmalgeschützte Weißenseer Kreiskulturhaus "Peter Edel" in der Berliner Allee 125 (hier erwähnt), das schon seit etlichen Jahren leersteht und inzwischen wirklich arg heruntergekommen ist:





    Dass es mit dem "Peter Edel" in absehbarer Zeit wieder bergauf gehen wird, ist leider nicht zu erwarten. Wie die Berliner Woche bereits im Februar berichtet hat, gibt es zwar einen Erbbaurechtsvertrag, der die zukünftige Nutzung des Hauses als Schauspielschule vorsieht, derzeit jedoch ruht, da die Finanzierung der Sanierung und des Umbaus bislang nicht geklärt ist.

    23 Mal editiert, zuletzt von Mosby87 ()

  • Allein in Weißensee ist das "Peter Edel" leider nicht das einzige denkmalschutzrechtliche Trauerspiel. So ärgere ich mich schon seit vielen Jahren über den katastrophalen Zustand des ehemaligen Säuglings- und Kinderkrankenhauses in der Buschallee-Ecke-Hansastraße:








    Der denkmalgeschützte Gebäudekomplex, über dessen stetigen Verfall die Berliner Zeitung im vergangenen Oktober berichtete, wurde 1911 als erstes kommunales Säuglings- und Kinderkrankenhaus Preußens eröffnet. Im Jahr 1997 wurde es geschlossen und 2005 an den Höchsbietenden, einen russischen Investor, verkauft, der dort ursprünglich ein Krebsforschungszentrum errichten wollte. Passiert ist jedoch bis heute nichts, das Gelände ist dem "allgemeinen" Vandalismus preisgegeben, allein in diesem Jahr hat es dort bereits viermal (!) gebrannt...


    Einen Fehler bei der Auswahl des jetzigen Eigentümers sieht die zuständige Senatsfinanzverwaltung trotz der gegebenen Entwicklung nicht. Ihrer Ansicht nach liege hier kein fehlgeschlagener Verkauf vor, da der Eigentümer (trotz des bestehenden Denkmalschutzes) keine Verpflichtung habe, die Bauten instandzuhalten. Indes kämpfte u.a. der bau- und wohnungspolitische Sprecher der Grünen im Abgeordntenhaus, Andreas Otto, im letzten Herbst gegen den bevorstehenden Zerfall des geschichtsträchtigen Komplexes an, indem er den Senat aufforderte, das Geschäft mit dem jetzigen Eigentümer rückgängig zu machen.


    Wie die BZ im Februar dieses Jahres schrieb, prüft der Liegenschaftsfonds, der das Areal einst veräußerte, inzwischen tatsächlich eine Rückabwicklung des Kaufvertrags. Ob diese, sofern sie überhaupt zustande kommt, das ehemalige Säuglings- und Kinderkrankenhaus noch retten kann, erscheint mir angesichts des Ist-Zustandes leider mehr als fraglich... :fiddle:

    17 Mal editiert, zuletzt von Mosby87 ()

  • (...) Ihrer Ansicht nach liege hier kein fehlgeschlagener Verkauf vor, da der Eigentümer (trotz des bestehenden Denkmalschutzes) keine Verpflichtung habe, die Bauten instandzuhalten. (...)


    Und das ist eben eine überaus ärgerliche Lücke des Gesetzes. Leider passiert es viel zu oft, dass Denkmaleigentümer historische Bauwerke einfach verfallen lassen. Anschließend wird dann ein Abrissantrag gestellt, der wegen unzumutbarer Sanierungskosten in vielen Fällen genehmigt wird. Das kann es einfach nicht sein. Meiner Meinung nach, müssten die Eigentümer zur Instandhaltung verpflichtet werden. Und sollten sie ihre Immobilie trotzdem vergammeln lassen, ist eine eiskalte Enteignung angebracht. Schließlich ist ein Denkmal auch Kulturgut. Gerade bei solchen Käufen mit anschließender Vernachlässigung, muss das Gesetzt umgehend angepasst werden.

  • ^ein sicher löblicher Ansatz, nur kann leider niemand dazu verpflichtet werden, Geld zu haben. Eine Enteignung würde letztendlich genau garnichts für den Bauwerkserhalt bringen, da der neue 'Besitzer' auch nichts anderes tun wird, als es verfallen zu lassen. Denkmalschutz bedeutet leider in den wenigsten Fällen Denkmalerhalt oder gar -sanierung. Ganz im Gegenteil. Durch teils absurde Auflagen wird im Grunde jegliche private Investition verhindert - die Gefahr, dass damit ein Gebäude endgültig verfällt, wird bewusst in Kauf genommen.

  • Allein in Weißensee ist das "Peter Edel" leider nicht das einzige denkmalschutzrechtliche Trauerspiel. So ärgere ich mich schon seit vielen Jahren über den wirklich katastrophalen Zustand des ehemaligen Säuglings- und Kinderkrankenhauses in der Buschallee-Ecke-Hansastraße [...]


    Anlässlich eines weiteren =2182"]Brandes auf dem Gelände in der vergangenen Nacht habe ich mich erneut mit diesem faszinierenden Gebäudekomplex beschäftigt. Dabei bin ich, neben einem Foto von der Einweihung des Krankenhauses 1911, auf eine Reportage von TV Berlin aus dem Jahr 2008 gestoßen, die das Dilemma des ehemaligen Säuglings- und Kinderkrankenhauses Weißensee ganz ordentlich zusammenfasst. Der Sachstand von damals ist, wie erläutert, im Wesentlichen leider auch der gegenwärtige. :nono:

    5 Mal editiert, zuletzt von Mosby87 ()

  • ^ Auf dem Gelände hat es seit der Schließung des Krankenhauses über die Jahre hinweg immer mal wieder gebrannt. Die derzeitige Häufung der Brände ist allerdings - gerade vor dem Hintergrund der baurechtlichen Vorgeschichte des Areals - wirklich sehr auffällig... :hmmm:


    Edit: Ich habe gerade zufällig eine kleine Anfrage gefunden, die der baupolitische Sprecher der Grünen, Andreas Otto, im September 2012 unter der Frage "Was bleibt von der Ruine des Kinderkrankenhauses?" an das Abgeordnetenhaus gestellt hat. Die Auskünfte der beantwortenden Senatsverwaltung für Finanzen hierzu sind mitunter haarsträubend...! :bash:

    7 Mal editiert, zuletzt von Mosby87 () aus folgendem Grund: Beitrag editiert.

  • ^ Dass davon überhaupt noch etwas Brennbares übrig ist, wundert mich so langsam...


    Es ist noch eine Menge übrig, denn es hat weiter hinten auf dem Gelände gebrannt. Die Häuser an der Straße sind nicht betroffen.
    Das Dach des großen Gebäudes sieht aber so aus als wäre es bei einem der älteren Brände in Mitleidenschaft gezogen worden.
    Hier Bilder vom Einsatz von gestern (leider nur Handy-Schnappschüsse):


    http://imageshack.us/a/img90/8523/20130606210033.jpg


    http://imageshack.us/a/img12/3989/20130606210351.jpg


    http://imageshack.us/a/img593/9661/20130606210447.jpg


    Alle Bilder von mir

  • ^ Wie die Berliner Woche berichtet, hat die Pankower Grünen-Fraktion in der BVV nunmehr den Antrag gestellt, vom Kaufvertrag mit der derzeitigen Eigentümerin des Geländes, der Firma MWZ Bio Resonanz GmbH, zurückzutreten und das Gelände in Anbetracht der jüngsten Brandserie entsprechend zu sichern. Ferner solle sich das Bezirksamt unverzüglich bei der Senatsfinanzverwaltung dafür einsetzen, dass die Liegenschaft (endlich) neu ausgeschrieben wird.

    3 Mal editiert, zuletzt von Mosby87 ()

  • Sogar der Tagesspiegel hat sich nun der Never-Ending-Story um das ehemalige Krankenhausgelände in der Buschallee-Ecke-Hansastraße angenommen. So sollen "finanzielle Probleme" der o.g. Käuferin des Geländes der Grund für den "verzögerten" Baubeginn sein. Nunmehr habe die MWZ Bio Resonanz GmbH jedoch einen neuen Partner gefunden, mit dem sie das ursprünglich geplante Projekt gemeinsam umsetzen möchte. Der Baubeginn hierfür soll spätestens Anfang 2014 erfolgen - wer's glaubt...


    Hinsichtlich der vertraglichen Verpflichtungen, denen die Bio Resonanz GmbH auf dem Areal augenscheinlich nicht nachgekommen ist, schieben sich die Firma und der Bezirk ferner gegenseitig den schwarzen Peter zu: Erstere will hiervon nichts wissen, das Bezirksamt wiederum habe nie eine entsprechende Bauanfrage erreicht.


    Interessant finde ich übrigens die Unterstellung der Käuferin, der Liegenschaftsfonds wisse, dass er das Grundstück heute wesentlich lukrativer veräußern könnte als noch vor sieben Jahren, weshalb er es nun im Wege der Rückabwicklung des Kaufvertrags zurückhaben wolle. - Wie sagt man so schön? Getroffene Hunde bellen, und manche von ihnen offenbar ganz besonders laut... :nono2:

  • Der (Ver-)Fall der ehemaligen Neuköllner Frauenklinik

    Wer denkt, dass das einstige Säuglings- und Kinderkrankenhaus Weißensee das einzige denkmalgeschützte seiner Art ist, dem der Einsturz droht, der irrt sich leider. Laut dem Tagesspiegel ist der Fall der ehemaligen Brandenburgischen Hebammenlehranstalt und Frauenklinik im Mariendorfer Weg auffallend ähnlich gelagert.


    Das Krankenhaus wurde 1917 mit einer Nutzfläche von ca. 37.000 qm in Betrieb genommen, drei seiner zahlreichen historischen Gebäude wurden im Jahr 1998 durch das Landesdenkmalamt unter Denkmalschutz gestellt.


    2007 erfolgte der Verkauf des Areals durch den Krankenhauskonzern Vivantes an die luxemburgische Harvard Investments SA, die in Berlin durch die Comer Immobilienmanagement GmbH vertreten wird. Weil die auf dem Gelände befindlichen Bauten heutzutage nicht mehr als Krankenhaus gebraucht werden, gab die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung das Grundstück ein Jahr später zur "Entwicklung von attraktivem Wohnen" unter besonderer Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes frei. Daraufhin stellte sich die gleiche Entwicklung wie in Weißensee ein: Der Investor tat in baulicher Hinsicht jahrelang nichts, Vandalismus war die "logische" Konsequenz dessen. So fiel u.a. der Dachstuhl eines der drei Baudenkmäler einer Brandstiftung zum Opfer, Altmetalldiebe trieben auf dem riesigen und somit kaum zu sichernden Areal quasi ungestört ihr Unwesen.


    Nach Aussage des Neuköllner Stadtentwicklungsstadtrats Thomas Blesing will der Investor nun in Bälde mit der Entwicklung des Geländes beginnen. Letzterer gibt an, dass bereits vor zwei Wochen mit dem Abriss der nicht denkmalgeschützten Gebäude begonnen wurde, die denkmalgeschützten Bauten sollen ferner zeitnah von Müll und Schutt befreit werden. Ab Mitte des nächsten Jahres sollen auf dem Gelände dann rund 900 Wohnungen entstehen, für die insgesamt 60 Millionen Euro investiert werden sollen.


    Obwohl dieser Fall erschreckend viele Parallelen zum dem in Weißensee aufweist, lässt insbesondere die Auskunft von Herrn Blesing hier (zumindest bei mir) doch ein wenig Hoffnung aufkeimen. Vielleicht kann sich ja mal jemand von Euch bei Gelegenheit das Geschehen auf dem Grundstück vor Ort ansehen?

    4 Mal editiert, zuletzt von Mosby87 ()

  • Erst einmal finde ich es ganz toll, dass Monk87 diesen Thread eingerichtet hat. Das Thema ist wirklich wichtig.
    Den Verfall der alten Kinderklinik an der Hansastraße finde ich auch skandalös. Ich will noch ergänzen, dass es für dieses Objekt einen seriösen Interessenten gegeben hat, nämlich die Terraplan GmbH (Nürnberg), die derzeit in Pankow das Parksanatorium saniert und die schon andere Objekte wiederbelebt hat. Allerdings war der jetzige Eigentümer nicht bereit, das Objekt zu verkaufen.
    Ich denke also, dass das Land mehr Möglichkeiten erhalten sollte, um Eigentümer, die ihre Baudenkmäler dermaßen verkommen lassen, zu enteignen.

  • Meiner Meinung nach müsste man bei Investoren ein gewisses Druckmittel einfließen lassen: Du kaufst das Grundstück, dann muss auch innerhalb einer gewissen Zeit was gemacht werden, ansonsten gibt es Schadenersatz für das Land.

  • Weißensee: Vertragsrücktritt durch das Land Berlin

    ^ Wie die Berliner Woche berichtet, hat die Pankower Grünen-Fraktion in der BVV nunmehr den Antrag gestellt, vom Kaufvertrag mit der derzeitigen Eigentümerin des Geländes, der Firma MWZ Bio Resonanz GmbH, zurückzutreten [...]


    Wie die Abendschau heute berichtet hat, ist seitens des Liegenschaftsfonds der Rücktritt vom Kaufvertrag endlich erfolgt. Nun bleibt nur zu hoffen, dass das Land Berlin schnellstmöglich einen neuen, seriösen Käufer für das Gelände findet, der dort baulich tätig wird und rettet, was zu retten ist.


    Edit: Diesen Artikel des Berliner Kurier anlässlich der Rückabwicklung des Kaufvertrags will ich dem interessierten Foristen nicht vorenthalten. Hierin findet sich zudem eine recht ausführliche Bilderstrecke, die den Charme der Klinikbauten trotz der Zerstörung und des Verfalls eindrucksvoll wiederspiegelt.

    6 Mal editiert, zuletzt von Mosby87 () aus folgendem Grund: Nachträgliche Hinzufügung des Kurier-Artikels.

  • Berlins vergessene (und verlorene?) Schätze

    Bezüglich des Verfalls von Berliner Baudenkmälern bin ich (ausgerechnet) auf der Web-Präsenz des Berliner Kurier auf drei recht interessante Artikel gestoßen:


    Unter dem Titel "Vergessen und vergammelt - Berlins Schätze verrotten" zeigt der erste von ihnen weitere Beispiele denkmalgeschützter und einst prächtiger Liegenschaften auf, die "wie Zahnruinen im aufpolierten Großstadtgebiss" einer ungewissen Zukunft entgegensteuern. Eine dieser Liegenschaften ist die alte Bärenquell-Brauerei in Treptow. 1994 stillgelegt, verfallen auf ihrem Gelände bis heute etliche erhaltenswerte Backsteinbauten aus dem 19. Jahrhundert. Seit 2010 heißt es, dass sich "neue Bebauungspläne im Verfahren befänden", laut Bezirksamt plane die Baumarkt-Kette "Bauhaus" auf dem Areal einen "Baustoff-Drive-In". Und auch im ehemaligen, 1897 erbauten Kabelwerk Oberspree in Köpenick sieht es nicht besser aus: Während die irische Comer-Group (die bereits in diesem Beitrag in unrühmlicher Hinsicht Erwähnung fand) hier schon seit geraumer Zeit 150 Alt- und 500 Neubauwohnungen plant, erobert die Natur den Großteil der äußerst maroden Industriehallen Stück für Stück zurück.


    Die beiden anderen Artikel, die ich oben ansprach (hier und hier zu finden), beschäftigen sich indes mit den vornehmlichen Ursachen für derartige Entwicklungen:


    Neben dem falschen Umgang mit privaten Investoren, wie er in Weißensee zu beobachten ist/war, fehlt gerade in Berlin auch für den Denkmalschutz an vielen Stellen schlicht und ergreifend das Geld. Ist der Eigentümer eines Baudenkmals finanziell nicht dazu in der Lage, sein Denkmal zu erhalten, bleibt diese Aufgabe häufig am jeweiligen Bezirk hängen. In Anbetracht leerer Kassen hat dieser in der Regel kein Interesse daran, sich hier entsprechend (zusätzlich) zu belasten.


    Ein weiteres erhebliches Problem ist das niedrige Budget des Landesdenkmalamts. Hierbei handelt es sich um einen einstelligen Millionen-Betrag, der augenscheinlich nicht ausreicht, um historische Baudenkmäler effektiv und nachhaltig zu schützen. Hinzu kommen extreme personelle Engpässe in den Denkmalschutzbehörden. So sind allein in der Denkmalschutz-Abteilung des Bezirksamts Treptow-Köpenick zwei Mitarbeiter für knapp 4.000 Denkmäler zuständig - weitere Ausführungen erübrigen sich hier.


    Die Berliner Grünen-Fraktion mahnt weiterhin an, das Thema "Denkmalschutz" künftig oben auf die politische Agenda zu setzen. Baudenkmäler spielten bislang eine zu kleine Rolle in der politischen Debatte und sollten daher "absolute Priorität" erhalten.

    2 Mal editiert, zuletzt von Mosby87 ()

  • ^ Weitere wenig Hoffnung erweckende Beispiele verwahrloster Baudenkmäler in Treptow-Köpenick finden sich übrigens in diesem sehr sehens- und lesenswerten Beitrag von Klarenbach im entsprechenden Projektthread.


    Dass es aber auch anders geht, zeigt u.a. das Beispiel der einstigen Sternecker-Brauerei in Weißensee.

    Einmal editiert, zuletzt von Mosby87 ()