Wie weiter wachsen? Stadtplanung & Siedlungsentwicklung Region

  • Es ist kein entweder oder und auch kein striktes vorher nachher. Die Verkehrswende muss jetzt mit voller Kraft umgesetzt werden, weg vom unpraktischen Auto hin zu effizienten öffentlichen Transportmitteln.


    Du hast grundsätzlich recht. Bislang läuft es aber so, dass jährlich tausende Wohnungen dazukommen und die Infrastruktur tritt auf der Stelle. Im Münchner Norden ist verkehrsseitig in den letzten 10 Jahren gar nichts passiert.


    Ich will den Bau von Wohnungen überhaupt nicht schlechtreden oder gar verhindern. Der parallele Ausbau von Infrastruktur muss aber endlich auch mal passieren und nicht nur endlos diskutiert werden. Solange es hier nicht endlich weitergeht, mit einem schlüssigen Konzept und echten Maßnahmen, finde ich es nicht sinnvoll weiter nachzuverdichten.

  • ^
    In den letzten 10 Jahren gab es die U3 Verlängerung nach Moosach und den Neubau der Tram 23, Tram St. Emmeran, sowie div. Taktverdichtungen im ÖPNV. Bei den riesigen Planungszeiten kann man Projekte nicht sequentiell abarbeiten, sondern muss parallel rangehen. Sinnvolle Ergänzungen für die Infrastruktur die aller Voraussicht auch kommen werden hast du ja schon genannt. Ich würden noch den Ausbau des Föhringer Rings nennen und die U9.

  • Diese Projekte wurden nach langer Planungszeit abgeschlossen. Es kommt aber praktisch nichts nach. Der Verkehrskollaps ist dagegen heute schon Realität und tagsüber an manchen Stellen fast Dauerzustand.


    Ich bin absolut für eine parallele bauliche Umsetzung :daumen:. Ein privater Bauträger hat dabei eine planerische Vorlaufzeit (je nach Projektgröße) von unter 1 Jahr bis vielleicht 3 Jahre. Der Planungsvorlauf für Infrastrukturprojekte bei der Stadt München beträgt dagegen so etwa 20 Jahre (für etwas simples wie eine Tramstrecke) und schätzungsweise 30 Jahre für eine U-Bahn (im best case). Von daher müssten wir für eine parallele bauliche Umsetzung jetzt erstmal ein ganzes Weilchen Planungszeit verstreichen lassen...

  • Aber wo ist denn eine aktuelle Wohnungsbauumsetzung im Norden? Ich rede jetzt nicht von 100-200 WE Projekten.


    Da einzige Großprojekt im Norden, ist die Bayernkaserne. Hab ne AZ daheim, da hieß es Baubebeginn der Wohnungen 2016!!! Jetzt heißt es, daß bis 2022 mit dem Wohnungsbau begonnen wird :)


    Man kann in München unmöglich sagen, Dies oder Das zuerst. Da sich alles um 5-10 Jahre verzögert.


    Nur bei einem nicht. BMW FIZ. Wo kommt der Verkehr im Norden denn her? Von 15.000 BMW FIZ Mitarbeitern, die zu 90% mit dem Auto kommen und zwischen 16-19h den gesamten Norden verstopfen.


    Hab lang genug dort gewohnt. Da sind Wohnungsprojekte das kleinste Problem. Und selbst die verzögern sich endlos.

  • Aber wo ist denn eine aktuelle Wohnungsbauumsetzung im Norden?


    Es ging doch um die Frage ob man den Euro Industriepark abreißt und dort Wohnungen baut. Das wäre für München durchaus ein sehr großes Wohnbauprojekt.


    Aber Du hast Recht - ein Großteil des Verkehrs kommt von BMW und anderen Unternehmen. Genau deshalb muss die Infrastruktur dringend ausgebaut werden, denn auch ohne Wohnbauprojekte wird es immer schlimmer.


    Meine Meinung: Die Stadt sollte sich genau ansehen welche potentiellen Neubaugebiete/Verdichtungsgebiete eine noch aufnahmefähige Infrastruktur haben und welche nicht. Darüber sollte gesteuert werden wo und in welcher Dichte gebaut wird.
    Gebiete, bei denen der Verkehrskollaps bereits eingetreten ist, sollten erstmal in Bezug auf die Infrastruktur ausgebaut werden. Vorher würde ich keine weiteren Bauprojekte dort zulassen (sofern es sich nicht um Ersatz von Bestand mit vergleichbarer Nutzung handelt).

  • Wachstumsgegner treten bei Kommunalwahl mit eigener Liste an

    Im SEM-Thread war es bereits erwähnt worden: Dem Thema Wachstumsstopp will sich nun bei der Kommunalwahl eine neuen Liste widmen, die sich "München-Liste" nennt. Es handelt sich um einen Zusammenschluss von SEM-Gegnern aus Bogenhausen, dem "Bündnis Gartenstadt" u.a. aus Harlaching und Obermenzing, der Bürgerinitiative Großhadern und der Bürgerinitiative Fasangarten. Es wird erwartet, dass sich weitere Bürgerinitiativen anschließen. Man will die Interessen der Menschen vertreten, die "schon hier leben" und nicht die, die zuziehen. Ziel der Liste ist es zu erreichen, dass weniger Unternehmen und weniger Menschen in die Stadt kommen. So sollen u.a. keine neuen Gewerbeflächen mehr ausgewiesen werden. Insgesamt soll eine "Wachstumswende" eingeleitet werden. Ein "Signal" soll ausgesandt werden, dass "Zuzügler" hier "nicht willkommen" sind. Laut "München-Liste" ist das Wachstum der Stadt für den Klimawandel mitverantwortlich, weil die Stadt dadurch 2.500 Bäume pro Jahr verliert. Die Initiatoren rechnen mit einem Wahlergebnis von 10 Prozent bei den Kommunalwahlen.


    https://www.sueddeutsche.de/mu…-liste-wachstum-1.4619076
    https://www.abendzeitung-muenc…38-9ba4-c89939a0dbff.html

  • Populistischer Schwachsinn. Es ist traurig, dass das eigentlich so wichtige Thema Klimawandel von solchen engstirnigen Egomanen zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen missbraucht wird. Wie viele Bäume werden denn durch Zersiedlung gefällt? Jetzt versammeln sich die postfaktisch Orientierten immerhin in einer Partei, das macht sie greifbarer. 10 %? Da bin ich gespannt :lach:

  • Grundsätzlich sollte natürlich der Zersiedlung Einhalt geboten werden. Und natürlich brauchen wir auch in der Stadt eher mehr als weniger Bäume. Aber das erreichen wir gewiss nicht durch einen Wachstumsstopp. Wir müssen unsere Energie darauf verwenden, das Wachstum zu gestalten, nicht es zu verhindern. Hier gibt es viele wichtige Aufgaben, allen voran die Mobilitätswende. Beim Thema Bäume wäre z.B. denkbar, dass die im Straßenraum wegfallenden Verkehrs- und Parkplatzflächen genutzt werden um standardmäßig breitere Bürgersteige mit Baumbepflanzung auf beiden Seiten der Straßen überall in der Stadt einzuführen (andere Städte können hier als Vorbild dienen). Das hätte einen stärkeren Einfluss auf das Stadtklima als den Zuzug zu stoppen.


    Wenn es dumm läuft, halte ich übrigens 10 Prozent durchaus für denkbar. Ich hoffe aber auch, dass sich andere Parteien (insbesondere die CSU) nicht von diesen neuen Bewegungen treiben lässt und deren Ziele übernimmt.

  • Ich sehe es auch als Chance, dass die den anderen Parteien, die bisher auf Rückschritt standen wie ÖDP und CSU (muss man leider nach deren SEM Umfaller so sagen) Wähler abspenstig machen.
    Nur weil eine Partei gegründet wird, ändert sich nicht automatisch das Wähler Reservoir, es verteilt sich nur anders.

  • Und schon wird das erste Bürgerbegehren gegen Wachstum, Neubau und Nachverdichtung auf den Weg gebracht. Neben der neuen "München-Liste" springen auch die Freien Wähler und die ÖDP auf den Zug auf. Die CSU hält sich derzeit noch bedeckt. Ziele des parteiübergreifenden Bürgerbegehrens sollen u.a. ein Verbot der Ausweisung von Gewerbegebieten und eine Erhöhung des vorgeschriebenen Grünflächenanteils pro Wohnung sein. Dadurch soll einerseits der Zuzug gestoppt und gleichzeitig der Wohnungsbau im Stadtgebiet erschwert werden.


    https://www.sueddeutsche.de/mu…nachverdichtung-1.4631406

  • Ich finde es insofern nicht schlecht, dass nun die Parteien Farbe bekennen müssen. Gerade bei der CSU bin ich nun gespannt.

  • Na ja, ich befürchte so einfach ist das nicht. Das Thema eignet sich hervorragend, um populistisch ausgeschlachtet zu werden. Wir hier, die sich mit dem Thema Städtebau viel beschäftigen, sehen das natürlich sachlicher und differenzierter. Ich glaube es gibt aber viele Menschen, die wenn man sie direkt fragen würde "bist du für einen Wachstums- oder Zuzugsstopp?" ohne zu zögern "Ja klar" antworten würden. Als vor einigen Wochen diese neue Liste für die Kommunalwahl aufgestellt wurde, habe ich den SZ-Beitrag an einige (immerhin besser informierte und interessierte) Menschen in meinem Bekanntenkreis geschickt und fast alle haben gedacht, ich würde das unterstützen, nach dem Motto, "Zuzugsstopp, endlich traut sich mal jemand das zu sagen, klasse Sache" etc. Kaum jemand hat verstanden, dass ich das als Negativbeispiel zeigen wollte.


    Gerade jetzt vor den Wahlen ist die Versuchung natürlich riesig, das Thema entsprechend zu besetzten. Für die CSU wird es allerdings kaum möglich sein, den Punkt "Stopp der Ausweisung von Gewerbegebieten" zu vertreten, da sie sich ja sehr stark als Unternehmerpartei definieren.

  • Gerade jetzt vor den Wahlen ist die Versuchung natürlich riesig, das Thema entsprechend zu besetzten. Für die CSU wird es allerdings kaum möglich sein, den Punkt "Stopp der Ausweisung von Gewerbegebieten" zu vertreten, da sie sich ja sehr stark als Unternehmerpartei definieren.



    Ja aber genau das sehe ich als Chance. Die CSU kann nicht mehr dagegen oder dafür sein. Entweder verscherzen sie sich es mit den von ihnen gezüchteten Wutbürgern oder den Unternehmen. ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei sich zu entscheiden. Bisher konnten sie die Schiene fahren, wasch mich aber mach mich nicht nass. Das hat nun hoffentlich ein Ende.

  • iconic:


    Das kann ich aus meinem Umfeld heraus bestätigen. Oft ist einfach leider eine immense Unwissenheit vorhanden und es wird das nachgeplappert was die Lautesten herumbrüllen.


    Diese wiederum scheinen getrieben von einer immensen Wohlstandsarroganz, die sich in übersteigerter, beinahe wahnhafter Antiwachstumshysterie äußert. Wenn denn tatsächlich intensiv nachverdichtet werden würde, könnte ich es ja noch nachvollziehen aber die 8.000 Wohnungen pro Jahr plus die paar Gewerbebauten sind doch absolutes Minimum. Das schlimmste ist, dass neuerdings das Thema Klimawandel als Vorwand herhalten muss. Dabei ließe sich die Grünfläche pro Wohnung schon heute ganz einfach erhöhen, indem schlicht höher statt breit gebaut wird. Aber diese Einsicht wäre wohl zu viel des Guten, Populismus ist da viel einfacher - egal ob in Welt- oder Kommunalpolitik.

  • Gerade der Klimawandel müsste bedeuten, dass man in der Stadt nachverdichtet und höher baut. Lieber die Leute dichter in der Stadt unterbringen, wo auch es eine gute öffentliche Infrastruktur gibt, als platzverschwendent in der Pampa in Einfamilienhäusern.



    Ich bin mir sicher, dass der co2 footprint von 1000 innenstadtbewohnern weniger ist als von 1000 Leuten in e.g. Landkreis Ebersberg.


    Irgendwo müssen die Leute leben.

  • es wird das nachgeplappert was die Lautesten herumbrüllen.


    Ich denke es ist eher so, dass viele Menschen halt immer die einfachsten Antworten bevorzugen (egal, ob diese laut oder leise geschrien werden). Den Zuzug einfach zu stoppen - das klingt in den Ohren vieler Menschen hier in der Region als Idealvorstellung. Dann gibt’s keinen Stau mehr auf den Straßen, die Schulklassen werden wieder klein, man bekommt wieder einen Tisch im Wirtshaus, auf der Wiesn wird’s ruhig und insgesamt wird alles nicht noch weiter zubetoniert etc. An den Stammtischen in Obermenzing und Trudering wird denke ich auch schon seit vielen Jahren vom Wachstumsstopp geträumt. Jetzt gibt es endlich eine politische Bewegung, die das laut ausspricht und in die Tat umsetzen will. Man sollte den Einfluss dieser Stimmungen nicht unterschätzen...

  • Na ja, z.B. hat die CSU aus der Regierung heraus über ihre Verkehrsministerium eine Pkw-Maut für Ausländer ausgearbeitet, obwohl von Anfang an klar war, dass dies mit EU-Recht nicht konform ist. Mit so einem Käse kann man trotzdem Wahlen gewinnen und wenn am Ende die böse EU Schuld ist, dass Volkes Wille nicht durchgesetzt wird, ist es für populistische Parteien umso besser.