Bürgerforum
Hallo zusammen,
als "Neuer" möchte ich gerne einen Vorstoß wagen und der geneigten Fachöffentlichkeit meine ganz persönliche Anregung für das Bürger- oder auch Bundesforum präsentieren. Auf Kommentare, Meinungsäußerungen und konstruktive Hinweise freue ich mich.
1 „Bevor etwas entsteht – muss es erträumt werden. So liegt jedem Anfang ein gewisser
Zauber inne. Was nie erdacht wurde - kann auch nie erbaut werden.“ So passend diese
Worte auch für das weltberühmte Opernhaus in Sydney sein mögen, so seltsam
erscheinen sie für das leider nie gebaute Bürgerforum.
2 Sowohl aus konzeptioneller, verkehrlicher , ideologischer und historischer, vor allem
aber aus städtebaulicher Sicht klafft jetzt dort eine Lücke. Das „Band des Bundes“
sollte beispielsweise Ost und West miteinander verbinden und damit auch der im
dritten Reich geplanten Nord-Südachse symbolisch einen Riegel vorschieben.
(Danke fürs uploaden, Arnd. Das Bild stammt von seinem Beitrag über den Spreebogen http://www.deutsches-architekt…hp?p=174881&postcount=101 bzw. http://s2.imgimg.de/uploads0/Bild0206c97425cjpg.jpg)
3 Was bedeutet es nun, dass gerade dieses zentrale Element nicht realisiert wurde? Meine
Kommilitonin Verena Pfeiffer hat in ihrem Diplom in Hinblick auf Denkmale und
zerstörte Gebäude festgehalten, dass es kein Nichts in der Stadt gibt – die fehlenden
Stücke sind lediglich abwesend. Ähnlich ist es auch hier: die IDEE des Bürgerforums
ist nicht verschwunden – sie ist nur abwesend!
4 Da ich aber nicht allzu philosophisch und mystifizierend werden wollte, nahm ich in
meiner Diplomarbeit vielmehr eine sehr weitreichende städtebauliche Analyse vor, und
zwar NACHDEM der Großteil des Regierungsviertels fertiggestellt war. Sie umfasste
die Architektur genauso wie Wegebeziehungen, Sichtachsen oder urbane
Aneignungsmöglichkeiten.
5 Strenggenommen ist ein Bürgerforum in unserem Medienzeitalter ortlos. DIESER Ort
braucht aber die Möglichkeit sich zu artikulieren. Mein Vorschlag ist deshalb, in die
Mitte dieser Fläche eine Glas-Stahl-Kugel zu setzen. Sie ist von innen begehbar und
schafft ein Plenum ohne jegliche Hierachie – ein wahres Forum also.
6 Im folgenden konnte ich meinen Entwurf entlang von acht Prämissen entwickeln, die
sich aus der Analyse als Anforderungen an das Forum ergeben haben. Um die Kugel
herum schlage ich ein Gerüst aus Stahl und teilweise Beton vor. Es nimmt die
Gebäudekanten und Dimensionen der beiden angrenzenden Bauten auf ohne jedoch
einen zusätzlichen massiven Hochbau dazwischen zu zwängen.
7 Mit dem Gerüst können endlich der Platz der Republik vor dem Reichstag und der
Spreebogenpark im Norden gerahmt werden. Gleichzeitig bleibt der Boden aber frei
und damit durchlässig für die Passanten, Blickachsen oder beispielsweise
Kaltluftschneisen!
8 Das Forum ist heute vor allem ein Transitraum und wird es auch größtenteils bleiben.
Es gilt aber die heutige provisorische Straßenführung endlich aufzuheben, den
Autoverkehr in Shared Spaces und Einbahnstraßen um das Forum herum zu führen
und die Bedingungen für die Fußgänger und Radfahrer zu verbessern.
9 Vor allem sollte aber die derzeit ungenutze FLÄCHE zu einem im im wahrsten Sinne
des Wortes nutzbaren RAUM umgestaltet werden. Deshalb schlage ich vor, in das
Gerüst begehbare und miteinander verbundene Ebenen in Freiformen und
verschiedenen Höhen einzuhängen.
10 „Einhängen“ auch deshalb, weil dadurch der Platz an sich relativ unbebaubt bleibt und
die heutige Gestaltung mit den Wasserspielen, Baumreihen und Bänken erhalten
bleiben und sogar aufgewertet werden kann. Das Forum hat damit die
raumdefinierenden Vorteile eines Hochbaus, nicht aber seine Nachteile - die
Nutzungen können weiterhin frei hindurchdiffundieren!
11 Dadurch bleiben nicht nur die bestehenden Sichtachsen und Beziehungen im
Spreebogen erhalten, sie werden noch um ein Element ergänzt. Auch in diesem Sinne
wirkt das Forum wie ein Tor zum Tiergarten – ähnlich dem Brandenburger oder dem
Charlottenburger Tor. Die „Torbögen“ können gleichzeitig die Treppenhäuser und
Fahrstühle zu den Ebenen beherbergen.
12 Nach Innen bleibt zudem die Möglichkeit bestehen, sich weiterhin den Ort anzueignen
– ob spontan oder organisert. Ein Beispiel von vielen sind die dortigen Umkleide- und
Massagestände während des Berlin Marathons.
13 Denn in der Summe entsteht ein dreidimensionaler Park. Die Besucher können zwar in
der Kugel debatieren oder endlich auf Augenhöhe den Regierungsgebäuden
gegenübertreten. Sie müssen es aber auch nicht – das Forum funktioniert auch als
Skulptur und es wird für sich schon ein Erlebnis sein, völlig unpathetisch zwischen den
einzelnen Ebenen zu lustwandeln.
14 Während meines Entwurfsprozesses hat sich immer mehr herausgestellt, wie
ausgesprochen prominent das Forum doch liegt. So bilden durch ihre Inhalte, ihre
Bekanntheit und vor allem durch ihre skulpturale Form der Reichstag, der
Hauptbahnhof und das Kanzleramt DAS dominante städtebauliche Dreieck, quasi UM
das Forum herum.
15 Die Nutzungen kreuzen sich indes mitten IM Forum. In Ost-West Richtung verlaufen
die herausragenden staatlichen und Verwaltungsnutzungen. Und vom Hauptbahnhof
im Norden über die Strandbars an der Spree und die Parkanlagen im Tiergarten bis hin
zum Amüsierviertel am Potsdamer Platz im Süden ziehen sich die städtischen
Nutzungen. Im Forum überlappen sich beide.
16 Gestalterisch würde das Forum somit die Formensprache der anderen drei
herausragenden Bauten im Spreebogen mit aufnehmen und fortschreiben. Die Kugel
korrespondiert mit der Reichstagskuppel, das Gerüst mit dem Hauptbahnhof und die
Tore sowie das futuristische Gesamtbild mit dem Kanzleramt und dem Band des
Bundes.
17 Doch nicht nur die architektonische Gestaltung ergab sich aus dem Ort, sondern vor
allem auch die Nutzungs- und Aneignungspotentiale des Forums. Es ist KEIN
Bundesforum! Die meisten Menschen vor Ort sind sowieso in ihrer Freizeit dort. Sie
besuchen den Reichstag, sind bei der Silvesterfeier oder aber zur Erholung im
Tiergarten. Das Bürgerforum würde diese Freizeit-Aufenthaltsqualität enorm steigern.
18 Berlin als Hauptstadt mit all den Botschaften, Medien und dergleichen sei „die Stadt
der Repräsentanzen“. So gesehen wäre das Bürgerforum die Repräsentanz der „Stadt
Berlin“ innerhalb der „Hauptstadt Berlin“. Es steht für diejenigen, die in Berlin leben,
hier arbeiten, die Stadt besuchen, durchreisen und so weiter und so weiter.
19 Mittlerweile gibt es am nördlichen Rand des Spreebogens und auch am östlichen Ende
des „Band des Bundes“ weit fortgeschrittene Bauvorhaben. Spätestens hier wird
deutlich, wie wichtig es ist, diese Lücke zu schließen. Diese zweite Welle der
Hauptstadtwerdung wäre aber gleichzeitig
20 Ich bin kein Architekt –der gesamte Entwurf ist weder statisch noch finanziell fundiert
genug, um 1 zu 1 realisiert werden zu können. Ich wollte lediglich der Abwesenheit der
IDEE ein BILD entgegensetzen. Eine Anregung also, dass irgendwann hier ein Forum
entstehen kann - dass dort überhaupt etwas erträumt UND auch realisiert werden kann.
Danke fürs Lesen und Anschauen