Dimension des Stadtschlosswiederaufbaus

  • Kannst du dir wirklich vorstellen, dass -würde man das jetzt neu ausschreiben- am Ende eine Lösung dabei heraus käme, die der Kuppel ästhetisch besser stünde?

    Ich kann, trotz der Probleme, die der Artikel zurecht benennt, mit dem Kreuz leben. Hätte es eine bessere Alternative gegeben? In symbolischer Hinsicht m.E. ja, nämlich jenes Opaion, also eine kreisrunde Öffnung als natürliche Lichtquelle à la Pantheon, die offenbar Schinkel für dem Scheitelpunkt der Kuppel geplant hatte. (Vgl. L. Goldenbaum, "Die Sache mit dem Kreuz", in Kunst und Kirche, 2/2019, S. 14-21.) Aber dann hätte man auch auf die Zwischendecke im Kuppelraum verzichten müssen. Und da diese Opaion-Möglichkeit nie realisiert worden ist, wäre das einem willkürlichen Umgang mit vergangenen Möglichkeiten gleich gekommen, was neue Probleme mit sich gebracht hätte. Daher ja, vermutlich ist die Rekonstruktion des denoch problematischen Kreuzes die beste Möglichkeit gewesen. Und ich lese, wie gesagt, den Artikel nicht als schlichte Ablehnung des Kreuzes oder gar als eine Intervention, ihn zu verhindern, dafür käme er natürlich zu spät, sondern als eine Reflexion seiner Probleme (aber auch: der Probleme der Alternativen, z.B. des im Gespräch gebrachten »Engel der Kulturen« ) aus Anlass der bevorstehenden Aufstellung.

  • ^ Es ist sogar ein Kreuz auf Reichsapfel. Also direkte, symbolische Verbindung von Thron und Altar. Das in Kombination mit dem "Alle sollen ihre Knie beugen"-Spruch finde ich auf so einem Museum eigentlich unangemessen. Man hätte statt des Kreuzes auch einfach eine gleichhohe, goldene Spitze nehmen können.


    Aber egal, die Debatte ist drei Jahre her, und nun ist es so. Ich versuche, die Symbolik zu vergessen, und erfreue mich an der Optik. Die macht wirklich was her.

  • Die Rekonstruktion eines (fast) gesamten Herrschaftssitzes wird befürwortet, inklusive sämtlicher Figuren, Heraldiken, Ornamente ect. aber ein goldenes Kreuz mit einem Reichsapfel stellt ein Fanal dar. Du gehst doch auch nicht ins kunsthistorische Museum uns tadelst den Direktor dafür, dass er christliche Missionierung betreibt, weil in seinem Museum so überproportional viele Kreuze zu sehen sind. Ein Ausstellungsstück ist ein Ausstellungsstück, auch wenn es 180x120m misst.

  • Danke für den link. Aus meiner Sicht ein sehr guter Artikel dem ich so nur voll und ganz zustimmen möchte. Ich denke hier wurde mal wieder eine grosse Chance verspielt. Es hätte etwas integrierendes für unsere Zeit identitätsstiftendes werden können. Hätte mit einer klug gewählten Inschrift und einer anderen Kuppelbekrönung ein Zeichen für unsere Zeit geben können.

    Es hätte ein versöhnliches Statement sein können statt etwas rückwärtsgewandtem, den Geist des biedermeierlichen verströmenden und polarisierendem. Sehr bedauerlich auch, dass sich die bundesdeutsche Intellektualität so vôllig aus dieser Frage raushält, sich dem Discours verweigert und diese Frage völlig dem Boulevard überlassen hat. Mit dieser Verweigerung möchte ich ihr recht eigentlich jegliche Relevanz für unsere Gegenwart absprechen.

  • Ein Verzicht auf das Kreuz oder die Inschrift wäre Geschichtsfälschung gewesen - also das, was Reko-Gegner den Reko-Befürwortern ständig vorwerfen. Man kann in der christlichen Symbolik auch ein Zeichen der Versöhnung sehen - wenn man denn will, und nicht immer alles durch eine sozialistische Brille sehen muss.

  • ^ Du siehst natürlich durch keine Brille, sondern einfach objektiv, was ist, wa? Und diese wunderbare Objektivität sagt Dir: Was von Deinen Wünschen abweicht, ist "Geschichtsfälschung". Was Deinen Wünschen entspricht, ist ein "Zeichen der Versöhnung". Sorry, aber man kann es sich sehr, sehr einfach machen...

  • Architektenkind: Was wäre es denn anderes als Geschichtsfälschung, etwas rekonstruieren zu wollen, aber bestimmte Symbole einfach wegzulassen? An der militärischen Symbolik des benachbarten Zeughauses (einst preußisches Waffenlager, zu DDR-Zeiten (!) originalgetreu wiederaufgebaut, heute Deutsches Historisches Museum) stört sich doch auch keiner.

  • ^ Ach komm, vergiss es. Du kannst ja gerne nach Abwägung der Argumente zum Schluss kommen, dass Dir eine originalgetreue Rekonstruktion wichtiger ist als eine – zumindest von vielen – als problematisch empfundene Symbolik. Ich kann ja selbst damit leben, habe ich bereits geschrieben. Aber die Argumente der anderen einfach apodiktisch zu delegitimieren, indem Du sie pauschal zu "Geschichtsfälschern" und "Sozialisten" erklärst, das ist einfach schlechter Stil.

  • Pauschalisieren ist das, was die Reko-Gegner ständig tun. Ich habe niemanden als "Geschichtsfälscher" oder "Sozialist" bezeichnet.


    Übrigens hätte ich noch einen (nicht ganz ernst gemeinten) Vorschlag zur Güte: Die buddhistische Kulthöhle wird an das Herkunftsland restituiert, im Gegenzug wird die historische Schlosskapelle unter dem Kuppelbau rekonstruiert. Wenn das mal keine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung ist!

  • Übrigens das Einzige mir bekannte westliche Land, das keinen Gottesbezug in der Verfassung kennt, sind die USA. "Gods country". Deutschland ist kein vollständig sekulärer Staat. In diesem Sinne...


    "Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk."


    ...stellt es auch prinzipiell keinen Stilbruch dar, wenn an einem öffentlich teilbezuschussten (Die Fassade ist ja auch spendenfinanziert) Gebäude Gottesbezüge auftauchen, denn wir werden damit unserer "Verantwortung vor Gott" gerecht, ganz im Sinne des GG. An einem Regierungsgebäude würde ich das anders sehen, weil es sich dann mit anderen Artikeln des GG beißen würde, aber hier sehe ich diesen Konflikt nicht.

    https://de.wikipedia.org/wiki/…undesrepublik_Deutschland

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  • Übrigens hätte ich noch einen (nicht ganz ernst gemeinten) Vorschlag zur Güte: Die buddhistische Kulthöhle wird an das Herkunftsland restituiert, im Gegenzug wird die historische Schlosskapelle unter dem Kuppelbau rekonstruiert. Wenn das mal keine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung ist!

    Dein OK nicht ernst gemeinter Vorschlag hat einen Schönheitsfehler: Die buddhistische Kulthöhle hat China, bzw. Tibet nie verlassen!

    Es ist eine Kopie ....

  • < .... und was soll dieser ganze Fake wenn es doch gar keine Kirche gibt unter der kreuzbekrönten Kuppel? Banalisierung eines religiösen Symbols unter Vorspielung falscher Tatsachen?, nichts weiter und herzlichen Glückwunsch dazu da kann man sehr stolz drauf sein.

  • ^

    Das ist es ja gerade. Die ganze Schlossfassade ist fake! Das Kreuz ist nur ein fake mehr. Warum jetzt dieser eine fake mehr soviel schlimmer sein, soll, als all die anderen fakes, ist hier meiner Meinung nach noch nicht überzeugend dargelegt worden. Entweder man hat die Grundüberzeugung, dass ein Replikat so eines historischen Baus grundsätzlich zu begrüßen ist, dann sollte man aber auch keine Abstriche machen und so nah am Original sein wie möglich, sonst können wir die Fassade auch gleich vermarkten und das Nike-Logo dranklatschen a la Las Vegas. Oder man lehnt solche "fake-Fassaden" grundsätzlich ab, dann wäre es auch konsequent, dass man das Kreuz ablehnt. Wenn man das historische Replikat einerseits begrüßt, andererseits aber anfängt, einzelne Elemente unter einen politischen Zeigeist zu zwingen, der die Darstellung bestimmter Symbole verbietet, dann handelt man im Prinzip wie ein kultureller Zensor, auch wenn die Intention eine vermeintlich gutmeinende und freiheitliche ist. Dargestellte Geschichte darf nicht dem Zeitgeist unterliegen, sie muss frei von Deutungshoheiten sein, aber sie muss erzählt&erklärt werden.

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  • Irgendwie finde ich inzwischen diese Kuppellaterne und die Inschrift gut, wenn ich die Diskurse in der Abendschau (rbb) bzw. heute-journal reflekiere:


    https://www.zdf.de/nachrichten…adtschloss-kreuz-100.html


    Wie in einem Brennglas kann sich daran die gesellschaftliche Auseinandersetzung entzünden, die die unterschiedlichen Perspektiven in der Gesellschaft repräsentiert: Unter dem Vorwand einer Rekonstruktion geht es um Restauration von Machtsymbolen, die zur Unterwerfung auffordern. Oder um eine vielstimmige Gesellschaft der gleichberechtigten Teilhabe. Die Retroperspektive in unserer Gesellschaft ist in der Mitte der Hauptstadt nun für alle sichtbar und geht (vorerst) nicht mehr weg. Die Herrschaftssymbole einer vergangenen Zeit wurden möglichst authentisch restauriert. Man hätte es ja nicht genau so wieder machen müssen, wenn man gewollt hätte. Ein anderer Text in gleicher Ausführung wäre für die Rekobefürworter garnicht aufgefallen. Oder ging es doch um die Rekonstruktion der inhaltlichen Aussage? Hoffentlich wird es nicht zu einem Fanal für unsere Gesellschaft. Inhaltlich kann das Humboldtforum diese Belastung nicht ausgleichen und ist an seinen Widersprüchen schon vor der Eröffnung gescheitert. Diese Entwicklungen werden nun für alle deutlich sichtbar.

  • Irgendwie finde ich inzwischen diese Kuppellaterne und die Inschrift gut, wenn ich die Diskurse in der Abendschau (rbb) bzw. heute-journal reflekiere:

    So lang ich als Anwohner den neuen roten Hochbunker von Linkspartei und Rosa-Luxemburg Stiftung ertragen muss, hat Gesine Lötzsch gefälligst auch das Kuppelkreuz und die Inschrift zu ertragen.

    Echte Demokraten halten das aus und fordern nicht wie sie in der Abendschau, gleich ganz radikal die Tilgung des neu erschaffenen/rekonstruierten.