Museumsinsel und Erweiterungsbauten (James-Simon-Galerie)

  • AeG: Es geht nicht nur um Ideologie. Architektur kann Ideologien manifestieren, aber letzlich vermittelt sie ja auch eine gewisse "Ästhetik" - oder eben nicht.

  • In der Online-Ausgabe der FAZ ist heute ein super Artikel über das Neue Museum zu finden: http://www.faz.net/s/RubEBED63…Tpl~Ecommon~Scontent.html


    Es wird das Sanierungskonzept von Chipperfield sehr gut mit dem angewandten Konzept im Reichstag (ähm, sorry Plenarsaalgebäude des Deutschen Bundestages… ;) ) verglichen. Chipperfield hat sich laut FAZ für die „Erhaltung der Substanz und ihre behutsame Ergänzung in zeitgenössischen Formen“ entschieden. Die Mischung aus Alt und Neu darf man aber von kommenden Samstag bis Montag nur mit Vorsicht genießen und sollte sich vor allzu schnellen Urteilen in Acht nehmen, da sich das Gebäude noch im Bau befindet. Solange die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind, kann der Bau noch nicht endgültig beurteilt werden, da überall Gerüste stehen, Säulen noch verkleidet sind, wichtige Sichtachsen blockiert, das Lichtkonzept noch nicht aufgeht, etc.
    Chipperfield lässt wohl ähnlich wie im Reichstag von Foster die alten Wunden aus Krieg und Verfall sichtbar, aber sie werden im Neuen Museum nicht auf den ersten Blick als solche erkennbar sein… hört sich sehr interessant an. (Die Abnahme wird der Horror!!! :D ) Im Neuen Museum werden viele Gegensätze zu sehen sein, von sehr gut erhaltenen aufwendigen Räumen über Stahlbeton-Ziegelstein-Purismus bis völlig neu konstruierten Räumen, wo die Schäden zu groß waren.
    Chipperfield meint, wenn die Kunstwerke erst mal im Neuen Museum stehen, wird die Architektur sowieso in den Hintergrund treten, na ja mal abwarten für mich kann ich das schon mal verneinen… ;)

  • Ich weiß irgendwie nicht mehr so recht, was ich nun davon halten soll...In den Artikeln klingt es nicht mehr so schlimm. Aber ist das nur gute PR? Ich werde Sonntag (hoffentlich) selbst anschauen.

  • Ob ich das jetzt gut oder schlecht finden soll weiß ich mittlerweile auch nicht mehr. Allerdings machen mich diese ganzen Artikel immer neugieriger. :D


    Ich werde am Wochenende auf jeden Fall auch dort sein. :daumen:

  • Ach du scheisse.

    :eek: :eek: :eek: Meine schlimmsten Befürchtungen wurden noch übertroffen. Aus einem mir unerfindlichen Grund trägt der Morgenpost Artikel zum 'Tag der offenen Tür im Neuen Museum' den Titel: "Viel Lob für Chipperfield". Wenn man dann aber mal weiter ließt und auf die O-Töne der Besucher achtet, kommt genau das Gegenteil dabei heraus:


    http://www.welt.de/multimedia/…89/foyer1_jpg_389222j.jpg


    "Die Halle wirkt verstörend, aber nach dem ersten Schock finden die meisten es doch gut."
    Jaja, da wo Chipperfield aufhört, wird es besser. Wenn das kein Galgenhumor ist. :achso:


    http://www.welt.de/multimedia/…89/foyer2_jpg_389224j.jpg


    "Dieses Treppenhaus ist eine Katastrophe!"
    Nein, ein Tsunami ist eine Katastrophe. Das ist Soziopathie. :mad2:


    http://www.welt.de/multimedia/…mauerwerk_jpg_389249m.jpg


    "Das soll so bleiben? Oh Gott. Das sieht doch billig und erbärmlich aus"
    Ja, das soll so bleiben. Ich kann es auch nicht fassen. :maddown:
    :angry:
    Was Bomber Harris, die Rote Armee und 40 Jahre DDR nicht geschafft haben, ist Chipperfield gelungen. Er hat die Museumsinsel im Alleingang ruiniert. Schreckliche Bilder, die erahnen lassen, wie hässlich und seelenlos alles wird, was der König Midas des Sichtbeton mit seinen Fingern berührt. Schlimmer kann man einen historischen Ort nicht mehr entstellen. Und nun soll der Schänder des Neuen Museums auch noch dieses abgrundhässliche Empfangsgebäude bauen dürfen. Wie kann man das nur zulassen. Ich bin erschüttert und entsetzt.


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    Die Einbindung der Bilddatei wurde in einen Link geändert. Bitte künftig auf die Boardregeln (6.2) bezüglich des Urheberrechts achten, wonach Hotlinking nicht erlaubt ist und Bilder nur eingebunden werden dürfen, wenn erstens das Recht zur Veröffentlichung vorliegt und zweitens eine Bildquelle/Urheberrechtsvermerk angebracht wird. Vielen Dank, Jo-King.

  • Was zum Teufel hat dieser Chipperfield da gemacht denn sollte man hoch kannt raus schmeißen und verklagen. Es wird sicher nicht billig dieses Monster von "Beton Treppen Teil" wieder zu entfernen! Sorry aber das ist mein Ernst, wir kann man nur soll ein schönes Gebäude so entstellen und das alles unter Ausschluss der Öffentlichkeit!

  • Ich war heute beim Tag der offenen Tür und ich habe von kleinen Schönheitsfehlern abgesehen einen sehr positiven Eindruck vom Gebäude gewonnen. Gerade die unverputzten Ziegelmauern sind zwar sehr karg, aber dennoch oder gerade deswegen sehr ästhetisch. Das Treppenhaus wirkt von innen sehr monumental und besonders die leider auf den Fotos nicht gezeigte Deckenkonstruktion, die in Holz eine antike Kassettendecke nachahmt ist einfach grandios. Überhaupt kommen die Räume in ihrer Raumwirkung jetzt voll zur Geltung. Mein absoluter Favorit war der neue ägyptische Saal mit seinen zierlichen Pfeilern, die das Glasdach tragen.
    Dazu kommen verschiedene Details, die einfach überzeugen. Besonders faszinierend waren einige Malereien ägyptischer Ruinen, die selbst in einem ruinierten Zustand sind, aber noch ihr ursprüngliches Motiv erkennen lassen. Dazu verschiedene Stellen, die auch die verschiedenen Phasen in der Innengestaltung erkennen lassen. Denn auch zwischen der Erbauung und der Zerstörung hat es ja Veränderungen gegeben. Das Gebäude war nie statisch, sondern zumindest partiell durchaus Anpassungen unterworfen, eine Tatsache, die selten in einem Museum oder überhaupt einem historischen Gebäude so direkt greifbar ist. Und sollte es nicht gerade in einem Museum, das einmal Geschichte als Inhalt hat, auch darum gehen die Veränderung an sich (zunächst einmal wertneutral!) als Kernmerkmal menschlicher Geschichte zu präsentieren. Gerade dafür eignet sich dieser Bau nun vorzüglich. Darüber hinaus wird der Blick in Zukunft verstärkt auch auf die präsentierten Gegenstände gelenkt. In den farblich recht monotonen Räumen wird beispielsweise die bunte Nofretete extrem zur Geltung kommen.
    Darüber hinaus erlauben die nackten Wände und besonders die nackten Gewölbe faszinierende Einblicke in die Konstruktionsweise des Gebäudes, Einblicke, die ansonst zumeist verwehrt bleiben.
    Nach all der Lobhudelei aber auch ein kleiner Kritikpunkt. Besonders der verwendete, nicht polierte, sondern rauh belassene Beton vermag nicht zu überzeugen. Die im Tagesspiegel vom Wochenende kolportierte Aussage eines Besuchers, warum denn überall noch Spanplatte vor den Wänden sei, kann ich durchaus nachvollziehen. Darüber hinaus überzeugt dieser Werkstoff auch von der Haptik her nicht besonders, sondern fühlt sich eher abweisend an.
    Alles in allem aber bin ich gepannt auf die Eröffnung in zwei Jahren und freue mich schon jetzt darauf!

  • Beton hält ewig - wenn man ihn im Kopf hat.

    Vielleicht werden wir das Betontreppenmonster schneller wieder los, als uns lieb sein kann. Die Welt berichtet, das die Betonmischung mit thüringischem Marmorkiesel sehr empfindlich zu sein scheint, erste Treppenstufen und Brüstungen wären bereits beschädigt.


    http://www.welt.de/kultur/arti…eschichte_abgetoetet.html


    Dabei sind gerade erst ein paar Tausend Menschen darauf herum getrampelt. Und da will man dann mehrere Millionen Touristen pro Jahr durchschleifen? Keine Chance. Die Rekonstruktion der Rekonstruktion wird wohl nicht lange auf sich warten lassen. Der Steuerzahler kann sich schon mal vorfreuen.


    Jedenfalls ist dem Architekten damit unbeabsichtigt doch noch die Verbindung zwischen Antike und Moderne gelungen. Schließlich könnte nichts unsere Zeit besser versinnbildlichen als der Verfall. Das Holocaust Mahnmal stand sogar noch einen halben Winter ohne Risse, die jetzt schon wieder von einigen Feuilletonisten als Spuren der Zeit abgefeiert werden. Am Kanzleramt wurde ja auch schon nachgebessert. Und das Bundesbauministerium musste geräumt werden, weil die Statik nicht stimmt. Herrlicher Schwachsinn das Alles. :D

  • Wie versprochen die Fotos...Erst mal nur ein Vorgeschmack


    Vor weg ein Übersichtsplan...


    Erst mal ein Paar Fotos von draußen...Die Figuren über den Fenster sehen recht neu aus...



    Standen die schon vorher dort? Sind mir nie aufgefallen...


    Eingangsbereich und noch nicht zugängliche Räume...








    So, morgen gehts weiter...

  • Vielen Dank für die Fotos. (Ich giere immer so danach! XD)


    Der Eingangsbereich sieht gar nicht mal übel aus. Allerdings war da wohl noch viel von der alten Substanz übrig oder? Viel neu gemacht scheint da nicht zu sein.
    Es strahlt einen ziemlich morbiden Charme aus...


    Ich finde es fast erschreckend, dass ich das sage (denn ich wäre für eine Komplettreko des einst so wunderschönen Baus gewesen), aber irgendwie sehen die Räume der Ägyptischen Abteilung toll in diesem putzabblätternden leicht ramponierten Zustand aus. Wie eine Ägyptische Grabkammer...


    Die Kollonaden vor dem gebäude scheinen neu. Der Sandstein ist teils noch ganz hell. Waren wenigstens die originalgetreu rekonstruiert oder etwa vereinfacht errichtet worden. Also mit weniger Details etc.?

  • Das berühmt berüchtigte Treppenhaus (2) aus beiden Richtungen...




    Details...







    Ich muss sagen, das Material an sich sieht finde ich gar nicht mal so schlecht aus - in einem entsprechenden Umfeld...Aber auch nur aus der Nähe. Von Weitem wirkt das (bei dem Licht jedenfalls) eher wie Spanplatten oder Gipswände...Aber immer noch besser, als dieser graue Beton wie am Paul-Löbe-Haus. Und die Decke (für sich gesehen auch nicht schlecht) passt auch eher in ein jap. Restaurant...


    Griechischer Saal (3) im neu erbauten NW-Flügel. Der Name ist Programm...


    Apollosaal (4; leider wurde etwas gedrängelt, sodass manches etwas unscharf ist)...





    Der Ägyptische Hof (5), der seinen Charakter eindeutig beibehalten konnte:Nieder:...





    UG des ÄH


    Der Nordkuppelsaal (6) war mit Gerüsten vollgestellt, sodass man nicht viel sehen konnte.



    Niobidensaal (7), der best erhaltene Raum des ganzen Museums...Hätte man die ganzen Bilder nicht so wiederherstellen können, wie auf dem zweiten Bild? Man sieht doch eindeutig, was alt und was neu ist...







    Bacchussaal (8) mit Ausblick aufs Treppenhaus...Bei diesen nackten Backsteinwänden in Kombination mit diesem Licht fühlt man sich eher, wie im Keller einer mittelalterlichen Festung, als in einem klass. Museum...






    Das war jetzt erst mal die erste Hälfte des 1. OG...Demnächst gehts weiter.

  • Ja, das habe ich mich auch gefragt...Aber man sieht ja im Niobidensaal diese Farbproben an der Wand und das an der Decke dürfte auch nicht original sein...Aber es wurde ja in dem einen Artikel noch mal darauf hingewiesen, dass es imme rnoch eine Baustelle ist!
    Ich schätze mal, dass auf diesem Sockel im Apollosaal ein Apolle stand. Ob der wohl noch existiert?

  • Ich habe nachgefragt. Die Zerstörungen bleiben angedeutet erhalten. Das heißt, dass dort, wo keine Farbe mehr erhalten ist, zwar wieder Farbe hinkommt, der Farbton aber nicht exakt dem Original entspricht, man ergo alt und neu unterscheiden kann. Auf dem unteren Foto sind auch rechts neben dem Schild "Niobidensaal" Farbproben zu erkennen.

  • Einfach unglaublich. Man hätte lieber die Ruine ganz erhalten sollen, das hätte wenigstens noch was "romantisches". Vor allen Dingen muss man sagen, dass der abgeblätterte Putz (oder was auch immer das ist) wahrscheinlich kein echter Kriegsschaden ist.


    Vielleicht sollte man auch den Tiergarten anzünden, damit man das 45er-Feeling zurück bekommt.