Potsdam: Wiederherstellung historische Mitte - Diskussionsthread

  • Naja, bei der Bibliothek am Kanal, die aus politischen Gründen mit Stimmen der Sozialisten "gerettet" wurde, war jedenfalls die "Sanierung" teuer als ein projektierter Abriß/Neubau. Aus wirtschaftlichen Erwägungen also ein Fehler.


    Volkswirtschaftlich war es natürlich richtig, die Bibliothek in der Mitte zu halten. Das hätte man aber auch in einem passenden Neubau tun können.


    De facto ging es nur darum die Veränderungsgegner zu beruhigen. Wenn man heute mit führenden sozialistischen Stadtpolitikern spricht, wärmt der Bau der Stadtbibliothek jedoch nicht das Herz der auf 25 Prozent geschrumpften ehemaligen Staatspartei. Auch der Umbau des Verbindungsbaus zwischen Altem Rathaus und Knobelsdorffhaus mit "zeitgenössischer" Architektur sollte die Rekogegner beruhigen und (ohne dies zu 100 Prozent geichzusetzen) die DDR-Nostalgiker erfreuen - geklappt hat das nicht.


    Deshalb drängt sich mir die Frage auf: gibt es überhaupt einen Bau in Potsdams Innenstadt seit 1990, der die Gnade von Rüdiger & Klarenbach findet, oder ist da seit 25 Jahren eine Verschwörung im größeren Stile im Gange?

  • Ben
    Die Lebenserwartung diese Gebäudes dürfte bei guter Pflege weit jenseits der 200 Jahre Marke liegen. Die Fassade ist hier kein tragendes Element und kann ohne Gefahr für die Statik ausgetauscht werden. Und richtig außer einem neuen Anstrich für die Buga ist seit dem Bau nichts an der Fassade gemacht worden. Dafür sieht sie eigentlich immer noch ganz gut aus.
    Zum Zustand des Gebäudes möchte ich auf einen Beitrag von PhilippK vom 29. 06. 2009 20:33 Uhr verweisen.
    Unter ad 3 kann man unter anderem nachlesen "Das Gebäude ist gut frequentiert und in der Substanz nicht schlecht"
    Dabei ging es zwar um die Bibliothek aber da diese ja ursprünglich zum Gebäudekomplex des Lehrerbildungsinstitutes dazu gehörte, zur selben Zeit und in der selben Bauart ausgeführt wurde kann man das auf die FH übertragen.
    Die Stufen zum Schloss hin sind neu da es hier eine Niveauabsenkung auf das ursprüngliche Niveau gab. ( Der Alte Markt war nach dem Krieg mit Bauschutt aufgefüllt worden.)

  • Herr Konstantin,
    ja ich finde zum Beispiel den neuen Landtag gut. Ich werde mich über das Museum Barbarini freuen.
    Auch das Brokessche Haus gefällt mir ebenso das Museum der brandenburgisch preußischen Geschichte im Kutschstall.

  • Die Behauptung von Konstantin, dass die Sanierung der Bibliothek teurer gekommen wäre als ein Neubau, wird durch die Fakten klar widerlegt. Hier die Zahlen:
    Sanierung Stadt- und Landesbibliothek Am Kanal
    Nutzfläche: 7470 qm (inklusive Räume für die Volkshochschule und die Wissenschaftsetage)
    Umbaukosten: 14 Millionen €
    Kosten pro qm Nutzfläche: 1870 €
    Neubau Universitätsbibliothek Golm
    Nutzfläche: 6500 qm
    Baukosten: 26 Millionen €
    Kosten pro qm Nutzfläche: 4000 €
    Man sieht also, dass der Umbau deutlich billiger als ein Abriss (der noch zusätzliches Geld gekostet hätte) und ein Neubau gekommen ist. Deshalb wurde der Umbau der Bibliothek auch in den Medien als wegweisendes Projekt regelrecht gefeiert.


    http://www.berliner-zeitung.de…ig,10809312,24233556.html


    Die Bibliothek ist ein gutes Beispiel dafür, dass eine Behutsame Stadterneuerung auch finanziell günstiger ist als eine Kahlschlagsanierung.

  • @ klarenbach


    sie sind doch eigentlich viel zu klug für diese Haarspalterei.


    Nehmen wir die FH: In der Diskussion, ob man die FH saniert oder nicht, gibt es eine Fülle von Fragen, die man sich vorher gestellt hat.


    1. ist es wirtschaftlich sinnvoll, den Bau zu sanieren


    2. Will man die verbleibenen Studenten am Stantort halten oder an einem zentralen Ort zusammenführen


    3. Will man einen Erhalt der städtebaulichen Situation oder eine Veränderung


    4. Will man die bestehende Nutzung erhalten oder einen anderen Nutzungsmix


    5. Passt die bestehende Bebauung in das neue Konzept für die Mitte


    6. Will man das Geld in die bestehenden Strukturen investieren oder nicht


    7. Kann durch eine Veränderung der Nutzung das Areal anders belebt werden, z.b. durch Schaffung von Wohnraum Menschen über 18.00 hinaus an den Ort binden


    ........


    Man hat sich nach langen Diskussionen entschieden, dass man es bei der Bibliothek versuchen wollte und bei der FH nicht. Man betrachtet sich eine Situation, wägt alle Fakten ab und dann trifft man, heute zum Glück weitgehend demokratisch, eine Entscheidung. Und bei der FH fiel sie eben gegen den Erhalt aus, meiner Meinung nach aus sehr sehr nachvollziehbaren Gründen.


    Sie mögen dies bemängeln und kritisieren, aber es ist nun mal entschieden. Ich hätte mir den Abriss der Bibliothek gewünscht, aber ich lebe damit, dass es nicht dazu kam. So ist es eben. Man sollte aber auch mit dem Märchen aufhören, alles was aus der DDR stammt wird platt gemacht. Es wird dort abgerissen, wo eine Vielzahl der obigen Fragen eben zu einer anderen Bewertung kommt als sie sich das manchmal wünschen.


  • Das entscheidende Anliegen ist etwas anderes: Die Initiative will laut Andre Tomczak keine "Kahlschlagsanierung", die die vorhandene Bebauung vernichtet, sondern eine behutsame Stadterneuerung, die behutsam mit der vorhandenen Bausubstanz umgeht. Dieses Prinzip wurde im übrigen schon in den 1970er Jahren von Hardt Walter Hämer entwickelt und gilt mittlerweile auch aus ökologischen Gründen als sinnvoller als die Kahlschlagsanierung mit Abriss und Neubau. Auch Konstantin hat dieses Konzept im DAF positiv kommentiert.


    Ist ja ulkig, dass jetzt u.a. von deiner Seite mit dem Wort "Kahlschlagsanierung" gegen die Produkte eben selbiger aus den 70er und 80er Jahren argumentiert wird. Wenn man sich aber gegen den Erhalt dieses, wie du selbst hinweist, schon damals als falsch erkannten Städtebaus ausspricht, wird man selbst zum "Kahlschlagsanierer". Also vor 40 Jahren doch alles richtig gemacht. :nono:

  • Was für eine Kahlschlagsanierung in den 70gern am Alten Markt?


    Na die, in deren Rahmen bis auf Marstall, Nikolaikirche und Altem Rathaus das gesamte historische Erbe zwischen Lustgarten und Wilhelmplatz vernichtet wurde und dort stattdessen Plattenbauten wie das Hotel Mercure, die Fachhochschule und der Staudenhof errichtet wurden.


    Vielen Dank übrigens für die aktuellen Bilder!

  • Na, das Hotel Mercure und die FH sind nicht zu DDR-Zeiten errichtet worden sondern das Interhotel Potsdam und das Institut für Lehrerbildung "Rosa Luxemburg" sowie im Lustgarten das Ernst-Thälmann-Stadion (im übrigen mehrheitlich aus Steinen des Stadtschlosses). Die Brache, die nach Abbruch von Stadtschloß, Alter Fahrt, der halben Schloßstraße und des Plögerschen Gasthof übrigbliebt war im wesentlichen mit Parkplätzen für Autos und einem Gedenkhain für Karl Liebknecht gefüllt. Erst zu Zeiten der DDR Postmoderne wollte man dort ein Theater bauen.


    Zwei Bide: 1988 und 2010:




    (C) AKG und selbst

    4 Mal editiert, zuletzt von Konstantin ()

  • Sehr bedauerlich, ein behutsamer Umgang mit dem Vorhandenen hätte uns diese herrlich urbane Kreuzung erhalten können. Vertane chance. :???:

  • Die Ruine des Stadtschlosses ist 1959 abgerissen worden nicht in den 70 gern.
    Das habe ich ab dem Moment als mich soetwas interessierte immer bedauert.
    An das Umfeld des Alten Marktes samt damals Otto von Guerike Str. kann ich mich erinnern (die Strassenbahnschinen lagen noch, aber die Bahn fuhr schon in der F. Ebert Str.) es waren bis auf eine Feinmechanikfabrik alles Ruinen.
    Das lässt sich also nicht vergleichen.
    Warum tun sie egentlich immer so als ob es den 14. 04. 45 nicht gegeben hätte?

  • Märchen und Legenden

    Die Ruine des Stadtschlosses ist 1959 abgerissen worden nicht in den 70 gern.
    Das... waren bis auf eine Feinmechanikfabrik alles Ruinen.
    Das lässt sich also nicht vergleichen.
    Warum tun sie egentlich immer so als ob es den 14. 04. 45 nicht gegeben hätte?


    Der Eine sagt "Ruinen", der Andere wiederaufbau fähige Gebäude. Und mitnichten war der Alte Markt in der Nacht vom 14.041945 zerstört worden, sondern erst in den nachfolgenden Tagen. Als die Sowjet-Armee Potsdam mit ihren Katjuschas beschoss, oder besser zerschoss. Am 14.04.1945 wurde einzig das Stadtschloss durch die englischen Bomber getroffen und brannte aus. Nikolaikirche, Altes Rathaus, Barberini, Humboldtstrasse, Burgstrasse und Schlosstrasse standen alle noch. Aber auch der sowjetische Beschuss ist nicht mit der Zerstörungswut der DDR zu vergleichen: in den nachfolgenden Jahren, allein unter Ulbricht, wurden 5 Kilometer(!) bewohnter und unbeschädigter Barockgebäude abgerissen. Und hier zählen noch nicht mal die Honeckerschen Abrissorgien in der 2. Barocken Stadterweiterung hinzu. Von den unbesschädigten Gebäuden in den angrenzenden Neustädten will ich gar nicht erst sprechen...


    Grüße
    Luftpost

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  • Na sagen wir mal wenn Potsdam nicht zur Festung erklärt worden wäre stände warscheinlich auch die Heiliggeistkirche noch.
    Ausserdem ging es in der Frage auf die ich antwortete um den Alten Markt und den Lustgarten / Exerzierplatz.

  • Hätte, hätte, Fahrradkette. Ist aber nicht. Fakt ist, dass nach dem britischen Bomberangriff eben noch viel stand, das nicht nur "wiederaufbaufähig" war sondern gut instandzusetzen. Jedenfalls mit deutlich weniger Aufwand, den es benötigte um die Ruine des IfL/FH wieder für eine neue Nutzung zu ertüchtigen.

  • Na sagen wir mal wenn Potsdam nicht zur Festung erklärt worden wäre stände warscheinlich auch die Heiligkeit Kirche noch.
    Ausserdem ging es in der Frage auf die ich antwortete um den Alten Markt und den Lustgarten / Exerzierplatz.


    Schon wieder falsch. Die Heiliggeistkirche stünde noch, oder besser gesagt: wieder vollständig, wenn der Turm nicht 1974 gesprengt worden wäre.


    Und was hat die Heiliggeistkirche nun mit dem Alten Markt zu tun? Dass die von den Sowjets als Zielpunkt ihrer Raketen, gleich der Nikolaikirche, verwendet wurde? Daher beziehen Sie sich auf einmal auf die Heiliggeistkirche, obwohl Sie selbst vom Alten Markt zu sprechen vorgeben?
    Bleiben Sie bitte endlich mal bei den Fakten und verquirlen Sie nicht ständig alles, um am damit Ihre Ideologie zu rechtfertigen oder zu verbreiten.


    Grüße
    Luftpost

    2 Mal editiert, zuletzt von Luftpost ()

  • Odysseus
    Ich finde es erstaunlich, dass Du jetzt von "Haarspalterei" redest. Ich nehme die Argumente von Dir und Konstantin lediglich ernst. Und da war ein zentraler Einwand gegen einen behutsamen Umgang mit der vorhandenen Bausubstanz das Kostenargument. Ich denke, durch den Hinweis auf die Bibliothekssanierung wurde dieser Einwand entkräftet. Bei der Bibliothek haben "Mitteschön" und Ludger Brands und auch Matthias Klipp behauptet, dass der Bau nicht sanierungsfähig wäre, und dann wurden sie durch die Praxis widerlegt.


    Die Fachhochschule wurde ja zeitgleich mit der Bibliothek gebaut, auch die die Baukonstruktion ist identisch. Daher kann man davon ausgehen, dass das Gebäude der Fachhochschule genauso solide und sanierungsfähig ist wie das Gebäude der Bibliothek. Weiterhin wäre für das Fachhochschulgebäude eine Sanierungsvariante denkbar, die weniger stark in die Bausubstanz eingreift als bei der Sanierung der Bibliothek. Daher könnten die Sanierungskosten in diesem Fall noch viel niedriger liegen.


    Auch das Argument mit der Rechtslage überzeugt mich nicht. Für dieses Gebiet gibt es ja noch kein Baurecht, es gibt also keine Eigentümer, die gegen die Stadt klagen könnten. Die Situation für dieses Gebiet ist völlig offen. Daher finde ich es gut, dass jetzt eine Diskussion über die Zukunft dieses Gebietes beginnt.

  • ...Auch das Argument mit der Rechtslage überzeugt mich nicht. Für dieses Gebiet gibt es ja noch kein Baurecht, es gibt also keine Eigentümer, die gegen die Stadt klagen könnten. Die Situation für dieses Gebiet ist völlig offen. Daher finde ich es gut, dass jetzt eine Diskussion über die Zukunft dieses Gebietes beginnt.


    Natürlich gibt es gültiges Baurecht: in Form eines beschlossenen Bebauungsplans. Damit ist hier nichts offen, es wird nur mal von Ihnen und Ihresgleichen wieder alles aufgemacht. Auch eine innerstädtische Diskussion um dieses Gebiet, samt Leitbautenkonzept, hat es bereits vor Jahren gegeben. Aber das -hinterher in Frage stellen- ist ja ein bekanntes, politisches Konzept von Ihnen und Ihresgleichen.


    Grüße
    Luftpost

  • Das stimmt. Für die Neubebauung der Potsdamer Mitte gibt es zwar mehrere Beschlüsse der SVV, jedoch noch keinen B-Plan. Dieser wird sicher rechtzeitig aufgestellt und im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung können alle sich an der Diskussion beteiligen. Da kommen sicher auch Rüdiger und Klarenbach zu Wort - und das ist auch gut so.


    Für einen Abbruch des IfL braucht es jedoch keinen B-Plan. Insofern gehe ich davon aus, dass es zunächst einen ersten Entwurf eines B-Planes gibt, der nach der ersten Runde der Ausschreibungen der Grundstücke ggf. nochmals angepasst wird. Dieser erste Entwurf wird sicher auf der Konkretisierung des Leitbautenkonzeptes beruhen, das die Stadt schon beauftragt hat und vermutlich noch im Sommer vorgestellt wird. Dann beginnt im übrigen auch eine breitere öffentliche Diskussion über die neuen Parzellen und deren Nutzungen.

  • Luftpost,
    der nachfolgende Link führt zu einem Artikel der MAZ über eine Bombenentschärfung. Der Artikel muss uns eigentlich in dieser Diskussion nur eingeschränkt interessieren, aber am Ende des Artikels gibt es eine Luftaufnahme der Royal Air Force von dem zerstörten Stadtschloss nach der Bombardierung in der Nacht zum 15. April 1945.
    In den hier zur Debatte stehenden Karree's 3 und 4 ist kein intaktes Dach zu sehen. Insofern war ihre Information nicht korrekt.


    http://m.maz-online.de/Lokales…hine-stoert-Entschaerfung


    Im Nachfolgenden Linke zu einem Wikipedia Artikel unter dem Titel Luftangriffe auf Potsdam ist die Rede davon das 97% der Gebäude der Innenstadt und der Berliner Vorstadt zerstört oder beschädigt wurden. Im Weiteren Textverlauf wird auch auf den Zusammenhang Festung Potsdam und Zerstörung der Heiliggeistkirche hingewiesen.


    http://de.m.wikipedia.org/wiki/Luftangriff_auf_Potsdam



    MfG Rüdiger