Leipzig: Gentrifizierung (ehem. "Windmühle vs. Abschwiff")

  • Danke LE Mon. hist. für den Link.


    Leider sind die in dem Artikel gegebenen Beispiele für Leipzig kaum umsetzbar.


    Zum Fondmodell: Das wäre toll, müsste aber Bundesweit aufgelegt werden. Dafür wäre ein gigantisches Volumen notwendig für das der Staat bürgen müsste. Durch die Umgehung marktgerechter Verzinsung hat man natürlich einen großen Vorteil gegenüber privaten Investoren. Niedrige Mieten bekommt man aber auch da nur zustande wenn der Stadt die zu bebauenden Grundstücke gehören (denn der Eigentümer wird sicherlich nicht extra günstig verkaufen) und es sich nicht um denkmalgeschütze Bausubstanz handelt (denn auch ein Fond wird keine Denkmal-AFA nutzen können).


    Das Modell Schwedens würde bedeuten, dass man den größten Teil des Wohnungsangebotes von privaten Eigentümern (zurück)kauft. Das ist unfinanzierbar.


    Das Modell Dänemark kappt die Renditen privater Investoren. Das kann in Boom-Regionen sehr sinnvoll sein. Es macht den Wohnungsmarkt aus privatwirtschaftlicher Sicht aber uninteressant. Deswegen muss man gleichzeitig der Wohnungsnot mit staatlichem Sozialwohnungsbau entgegentreten. In Leipzig, wo noch tausende Altbauwohnungen auf denkmalgerechte Sanierung warten, wäre das Modell gleichbedeutend mit dem Abriss derselben.

  • Es werden ja - trotz systematischer Reduzierung in Größenordnungen in den letzten Jahren - große Summen an Staatsgeldern in den sogenannten sozialen Wohnungsbau gepumpt, der jedoch nicht mehr als eine „soziale Zwischennutzung“ (Christian Donner) darstellt. Hierbei geht es nicht in erster Linie um neue Sozialwohnungen, die es ja nur wenige gibt, sondern um die Summen für die „Aufwendungszuschüsse“, die der Staat den Eigentümer_innen zahlt.


    Siehe dazu z.B. wieder Texte von Andrej Holm, so etwa


    25. Mai 2010
    Berlin: Gentrification im Sozialen Wohnungsbau?
    http://gentrificationblog.word…-im-sozialen-wohnungsbau/


    MieterEcho 312 vom Oktober 2005
    Nur eine soziale Zwischennutzung
    http://www.bmgev.de/mieterecho/312/07-swb-brd-ah.html


    Ausführlich behandelt und gut aufbereitet wird die Problematik in der Broschüre der Konferenz zum Sozialen Wohnungsbau in Berlin "Nichts läuft hier richtig" am 13.11.2012:
    http://mietendossier.blogsport…ohnungsbau_Broschuere.pdf


    Der Bund zahlte den Ländern in den Jahren 2007 bis 2010 jährlich durchschnittlich 518 Mio. Euro für die Wohnraumförderung. Berücksicht man, dass ein erheblicher Anteil der Kompensationszahlungen des Bundes die Altverpflichtungen aus früheren Förderprogrammen umfasst, reduziert sich das tatsächliche Fördervolumen des Bundes auf durchschnittlich 360 Mio. Euro im Jahr. Die Länder wiederum gaben deutlich mehr als die erhaltenen Bundesmittel für die Wohnraumförderung aus, durchschnittlich 667 Mio. Euro im Jahr. Es ist also nicht so, dass es gar kein Geld gäbe. Fraglich ist allerdings
    - erstens, ob es ausreicht und
    - zweitens, ob die bisherige Form des Wohnungsbaus als soziale Zwischennutzung sinnvoll ist.


    Da gibt es berechtigte Zweifel und bereits eine Reihe von Vorschlägen für bessere Modelle. Häufig wird dabei auf den „Salzburger Wohnbaufonds“ verwiesen:


    taz, 11.11.2012
    Sozialer Wohnungsbau
    4,78 Euro pro Quadratmeter
    In Deutschland gilt sozialer Wohnungsbau als zu teuer. Ein Modell aus Österreich zeigt, dass es geht: nachhaltig niedrige Mieten, ohne Banken, mit Balkon.
    http://www.taz.de/!105262/


    Das es in der konkreten Umsetzung dann einige Verwerfungen gab und nachjustiert werden musste - nach "Salzburger Wohnbaufonds“ suchen - soll hier nicht diskutiert werden, denn es geht mir um die dahinter stehende Idee des revolvierenden Fonds.


    Wiederum ausführlich in der oben genannten Broschüre "Nicht läuft hier richtig" unter


    Arbeitsgruppe IV:
    Re-Kommunalisierung: Alles anders und besser


    Und es stimmt natürlich, es betrifft nicht nur Leipzig, sondern in erster Linie den Bund und die Länder. Aber die politische Diskussion muss eben auf allen Ebenen geführt werden und Anregungen dazu können auch aus Leipzig kommen. Siehe auch dazu die Konferenzbroschüre, hier den Aufruf "Für eine Soziale Mieten- und Wohnungspolitik – Für eine Unterstützung von Kotti & Co".


    Wir könnten z.B. mal darüber diskutieren, wofür in Sachsen beträchtliche Teile der Wohnungsbauförderung ausgegeben werden, nämlich den "Rückbau", sprich Abriß von Wohnungen in Mittel- und Kleinstädten und im ländlichen Raum. Und welche Priorität den beiden größten Städten mit ihrer deutlich anderen Problemlage als im Rest des Landes zukommt.


    In der Debatte um die Zweckentfremdung von Wohnungsbaufördermitteln, die der Bund an die Länder zahlt, teilte das Sächsische Innenministerium im August 2013 mit, Sachsen würde die Fördermittel des Bundes für den sozialen Wohnungsbau ordentlich einsetzen. Auch wenn mit dem Geld keine Sozialwohnungen geschaffen worden seien, sei an der Verwendung nichts zu beanstanden. Das Geld fließe - entsprechend den Vorgaben des Bundes - beispielsweise in den barrierefreien Umbau von Wohnungen oder die energetische Sanierung. Laut Ministerium gibt es im Freistaat genügend günstigen Wohnraum, so dass Sozialwohnungen für einkommensschwache Haushalte gar nicht benötigt werden. Von 2007 bis 2011 hatte Sachsen vom Bund laut Innenministerium fast 300 Millionen Euro für die soziale Wohnraumförderung erhalten.


    Im Deutschlandfunk wurde Innenminister Markus Ulbig (CDU) interviewt und seine Äußerungen sagen insbesondere zur Einschätzung der Situation in Dresden und Leipzig viel aus:


    Beitrag vom 09.08.2013
    Ulbig: Geld für sozialen Wohnungsbau wird nicht zweckentfremdet
    Sachsens Innenminister wehrt sich gegen Kritik von Bundesbauminister Ramsauer
    Markus Ulbig im Gespräch mit Dirk Müller
    http://www.deutschlandfunk.de/…ml?dram:article_id=257246

  • Zu den Kosten der Stadt Leipzig:


    BILD, 21.01.2014
    Sozial-Bericht: 6000 Hartz IV-Wohnungen weniger
    ...aber für fast jede zweite in Leipzig zahlt die Stadt immer noch zu viel
    http://www.bild.de/regional/le…eipzig-34336142.bild.html


    2013 gab die Stadt Leipzig für die „Kosten der Unterkunft“, d.h. für Miet- und Heizkostenzahlungen derer, die Hartz-IV beziehen, gut 160 Millionen Euro aus. Seit 2007 ist die Zahl der hilfsbedürftigen Haushalte von 45 100 auf nun 39 100 gesunken. Davon sind 82 Prozent 1- oder 2-Personen-Haushalte.


    Die Ergebnisse der Überprüfung:
    - 48,8 Prozent der Haushalte haben eine Wohnung angemietet, die größer als als die aktuellen Richtwerte. Jeder vierte (25,8 Prozent) überschreitet dabei auch die gesetzte 10 %-Toleranz-Klausel. Dies betrifft vor allem die 1- und 2-Personen-Haushalte. Begründung: „Es gibt zu wenig passende Wohnungen.“ Fast 3000 Singles leben in Wohnungen, die eigentlich für zwei Personen gedacht sind.


    - 42,3 Prozent der Haushalte liegen mit ihrer Miete über dem aktuellen Höchstwert von 4,48 Euro/m² kalt. Auch hier handelt es sich meist um 1- und 2-Personen-Haushalte. Begründung: „Kleine Wohnungen haben höhere Grundmieten.“


    Am Ende stellt Fabian fest: „Insgesamt haben 24 000 Haushalte angemessene Kosten, 11 000 unangemesse. Ursache ist vor allem die Nutzung zu großer Wohnungen.“


    Es fehlen also offensichtlich kleine Wohnungen bis zu 45 bzw. bis zu 60 m² für unter 4,48 Euro/m² Kaltmiete.


    Welche Wohnungen mit welchen Größen und Preisen kommen zur Zeit überall und auch in Leipzig fast ausschließlich auf den Markt?


    Selbst wenn, was ich bestreiten würde, der Sickereffekt wirkt - einkommensstärkere Familien suchen größere Wohnungen, auch im Neubau, und machen dafür ihre alten Wohnungen frei - , welchen Effekt hat dieser auf das eben festgestellte festgestellte Fehlen von kleinen, günstigen Wohnungen?

  • In einem weiteren Artikel der BILD-Zeitung vom 29.09.2013


    Poker um Hartz-IV-Mieten
    Statt zu zahlen, lässt sich Leipzig lieber verklagen
    http://www.bild.de/regional/le…mieten-32584180.bild.html


    wird diese Rechnung aufgemacht: In Leipzig werden ALG II-Empfänger_innen zu niedrige Mietzuschüsse und von der Stadt bewusst Klagen in Kauf genommen, weil das für sie günstiger ist, als die Mietobergrenze heraufzusetzen. So heißt es in einem Papier aus dem Sozialdezernat: „In Anbetracht der geringen Zahl der Kläger sind die Mehrkosten im Verhältnis gering.“


    „Die Berechnungsmethode wurde der sich entwickelnden obergerichtlichen Rechtsprechung angepasst“, doch wird in den Papieren offen vom „Mangel sozialgerichtlicher Akzeptanz des ‚‘schlüssigen Konzepts‘“ gesprochen. „Alle Kammern des Sozialgerichts Leipzig haben sich unisono entschieden, dass dieses Konzept nach deren Rechtsauffassung rechtswidrig ist, den Tenor der Bundessozialgesetzbuch-Vorgaben nicht erfüllt und zu geringe Leistungen festlegt. Es ist also davon auszugehen, dass auch weiterhin jede Klage im ER-Verfahren (Einstweiliger Rechtsschutz, d. Red.) erfolgreich sein wird.“


    Würde die Obergrenze für die Kosten der Unterkunft um einen Euro erhöht, könnte das Leipzig im Jahr 17 Mio. Euro kosten. Bei z.B. 500 erfolgreichen Klagen je 150 Euro sind es gerade 75 000 Euro.


    In der Ratsversammlung am 12.02.2014 stellte die FDP-Fraktion eine Anfrage nach den "Kosten für die Stadt Leipzig zur Begleitung von Widersprüchen und Klagen gegen die Kosten der Unterkunft" an den Oberbürgermeister (Anfrage-Nr.: V/F 1064/14).



    Die Antwort dürfte nach der schriftlichen Bekanntgabe vermutlich einige Wellen schlagen.


    In der selben Ratsversammlung wurde ein Antrag der Fraktion DIE LINKE auf "Festsetzung der Kosten der Unterkunft mittels eines schlüssigen Konzepts" behandelt (Antrags-Nr.: V/A 478/13). Mit diesem sollte die Stadtverwaltung aufgefordert werden, zeitnah die Kriterien der Angemessenheit für die Kosten der Unterkunft mittels eines schlüssigen Konzeptes neu zu erstellen.
    http://notes.leipzig.de/appl/l…09919DF1C1257C2A00397D4E/


    Der Verwaltungsstandpunkt dazu ist ein rabulistisches Meisterwerk. Grundtenor: Wir machen zwar alles richtig, aber die blöden Sozialgerichte wollen das nicht einsehen (siehe auch den "Mangel sozialgerichtlicher Akzeptanz").



    http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/6ED0C917E5DBA164C1257C5A004AD775/$FILE/V-a-478-vsp.pdf


    Dem Antrag der Linken folgten die anderen Stadträte jedoch nicht mehrheitlich, er wurde abgelehnt.


    Dank der L-IZ kann die kurze Debatte seit heute per Videostream verfolgt werden:
    L-IZ, 15.02.2014
    Audio - Stadtrat 12.02.2014: Kriterien der Angemessenheit für die Kosten der Unterkunft schlüssig festsetzen
    Redaktion
    http://www.l-iz.de/Mediathek/A…osten-der-Unterkunft.html
    Länge: 7 Minuten


    Es bleibt jedenfalls spannend. Schauen wir mal, ob demnächst nicht doch die Richtwerte für die Kosten der Unterkunft erneut angehoben werden müssen und damit weitere Kosten auf die Stadt Leipzig zukommen. Mittelfristig wird das ein teures Spiel.


    Günstiger für beide Seiten wäre sicherlich die Bereitstellung von entsprechenden kleinen und günstigen Wohnungen z.B. durch die LWB. Aktuell verkauft diese aber lieber weitere überwiegend bewohnte Wohnungen. Im aktuellen LWB-Katalog stehen 17 Objekte, überwiegend teilsanierte Gründerzeithäuser, mit 164 Wohnungen, von denen zum Zeitpunkt der Erstellung der Exposes 104 (63 %) bewohnt waren.
    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=417092
    Die Mieten liegen oft unter den oder um die KdU-Richtwerte, dürften sich bei Vollsanierung durch neue Eigentümer aber deutlich erhöhen. Häufig werden bei den Sanierungen Wohnungen zusammengelegt, was dem Mangel an kleinen Wohnungen nun nicht gerade abhilft.

  • Nur mal ein kleiner Zwischeneinwand, weil's fett geschrieben steht und mir sofort ins Auge sprang:


    Würde die Obergrenze für die Kosten der Unterkunft um einen Euro erhöht, könnte das Leipzig im Jahr 17 Mio. Euro kosten.


    Würde die Obergrenze um 1 Euro erhöht, läge sie über der Leipziger Durchschnittsmiete. Diese Obergrenze würde dann sogar fast an die Durchschnittsmiete bei Neuvermietungen heranreichen. Gewinner sind alle Vermieter günstiger und sehr günstiger Wohnungen, weil sie ohne Kostenaufwand ihre Mietpreise erhöhen dürfen. Verlierer hingegen wären alle diejenigen, die nicht so viel verdienen, aber bislang nicht auf Stütze angewiesen sind.

  • Da sind wir uns ja mal wieder einig, dass eine stetige Erhöhung der Richtwerte sowohl für einkommensarme Haushalte, die kein Hartz IV beziehen, als auch für den städtischen Haushalt wenig sinnvoll ist, genau aus den von Dir beschriebenen Gründen.


    Nur haben derzeit insgesamt 11.000 Haushalte, die Leistungen nach SGB II beziehen, unangemesse Kosten der Unterkunft. Ursache ist vor allem die Nutzung zu großer Wohnungen. Es werden also wie nun schon mehrfach geschrieben kleinere Wohnungen bis 45 bzw. bis 60 m² und unter 4,48 EURO/m² Kaltmiete benötigt. Wie und von wem können diese angeboten werden, ohne dass das soziale Umfeld etwa durch einen Umzug nach Grünau oder Paunsdorf verlassen werden muss?


    Und der Satz läßt sich varriieren:
    Würde die Obergrenze für die Kosten der Unterkunft um 50 Cent erhöht, könnte das Leipzig im Jahr 8,5 Mio. Euro kosten.


    2011 mußte von der Maximalsatz von 3,85 €/m² auf 4,22 €/m² erhöht werden, also um 37 Cent.
    http://www.l-iz.de/Politik/Lei…Unterkunftskosten-an.html
    2012 waren es erneut 26 Cent auf 4,48 €/m², also innerhalb kurzer Zeit um 63 Cent.


    Laut http://www.immowelt.de/immobilienpreise/leipzig/mietspiegel liegen die Angebotsmieten bei Wohnungen mit Größen bis 40 m², also in der Nähe der maximalen Wohnungsgröße für 1-Personen-Bedarfsgemeinschaften, aktuell im Stadtdurchschnitt bei 6,22 €/m²: http://www.immowelt.de/immobilienpreise/leipzig/mietspiegel

  • Maßnahmen zur Sicherung der Wohnraumversorgung

    Wie immer nüchtern und sachlich :lach: widmet sich auch die BILD dem Thema. Aber das Blatt verfügt offenbar über gute Drähte in die Verwaltung und kennt bestimmte Papiere bisweilen schon Wochen vor deren offizieller Veröffentlichung.


    BILD, 17.02.2014
    Schon mehr als 10 000 Sozial-Wohnungen fehlen!
    Hat Leipzig keinen Platz mehr für Arme?
    http://www.bild.de/regional/le…r-arme-34706524.bild.html


    Dabei nimmt das Blatt noch einmal Bezug auf den nächsten Sozialbericht, demzufolge fast ein Drittel der rund 36.000 Wohnungen von Hartz-IV-Empfänger_innen - Sozialwohnungen ist dafür der falsche Begriff - größer und teurer als die Richtwerte für die „Kosten der Unterkunft“ sind. Laut BILD will die Stadtverwaltung nun in den Wohnungsmarkt eingreifen und den Druck auf die großen Vermieter erhöhen. Das Ziel sei, dass diese noch mehr "Sozialwohnungen" - also Wohnungen unter den bisherigen Richtwerten für Größe und Miethöhe - bauen bzw. anbieten sollen. Sozial-Dezernent Prof. Thomas Fabian (58, SPD) würde bereits an einem Plan mit dem Titel „Maßnahmen zur Sicherung der Wohnraumversorgung“ arbeiten lassen. Die BILD zitiert offenbar aus dem Papier stammende Sätze, nachdem „das System der Wohnraumversorgung in der Stadt Leipzig nicht mehr aufrecht erhalten werden“ kann, sollten keine Lösungen erreicht werden. „Das Angebot an preiswerten Wohnrum würde weiter zurückgehen“ und die Kosten für die Stadt weiter steigen.


    Die fünf wichtigsten Punkte des Plans lauten:


    1. Die städtische LWB soll stärker preisgünstigen ("sozialen") Wohnraum zur Verfügung stellen.


    2. Die "privaten Wohnungsgenossenschaften" sollen in einem bestimmten Umfang Hartz-IV-Wohnungen bereit halten. Dazu werden freiwillige Verträge mit der Stadt geschlossen. Unklar ist, was die BILD damit meint: Private Wohnungsgesellschaften oder Wohnungsgenossenschaften?


    3. Verstärkt wird auf private Vermieter zugegangen. Kooperationen werden angestrebt.


    4. Auf Wohnungen eingemeindeter Ortsteile soll verstärkt zugegriffen werden.


    5. Gemeinsam mit Baubügermeisterin Dorothee Dubrau (59, parteilos) sollen beim Freistaat Sachsen Mittel für den sozialen Wohnungsbau und die Wohnungsbauförderung in Leipzig eingeworben werden.

  • Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN) aus München / Pankower Tor

    Weil ja immer wieder nach konkreten Lösungsansätzen gefragt wird: Wir sollten auch in Leipzig die Einführung von entsprechenden Bestimmungen prüfen, nach denen bei Neubauprojekten auch ein gewisser Prozentsatz von preisgünstigen und eher kleinen Wohnungen errichtet werden muss. Dies bietet sich insbesondere bei großen Neubaugebieten wie am Lindenauer Hafen oder am Bayerischen Bahnhof an, wo solche Bestimmungen Teil des Bebauungsplanes und später der Baugenehmigung sein könnten.


    Siehe z.B. die langjährigen Erfahrungen in München mit dem Modell der "Sozialgerechten Bodennutzung" (SoBoN): http://www.muenchen.de/rathaus…rat/immobilien/sobon.html


    Haufe.de, 03.07.2013
    Top-Thema Bezahlbares Wohnen
    Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN) – ein Münchner Weg
    http://www.haufe.de/immobilien…chner-weg_260_188134.html


    Ähnliche Modelle mit Quoten für "Sozialwohnungen" bei Neubauprojekten gibt es bisher u. a. in Frankfurt (15% bei Neubauprojekten), Hamburg (2011: 30%) und Regensburg (15% seit 2010, 20% ab 2015). In Düsseldorf wird über eine flexible Quote nachgedacht, bei großen Neubauprojekten sollen 20 % geförderte Wohnungen Pflicht werden.


    Auch in Berlin gibt es ähnliche Bestrebungen, unter anderem für ein 40 Hektar großes Güterbahnhof-Gelände in Pankow ("Pankower Tor"), auf dem der Möbelhaus-Unternehmer Kurt Krieger („Höffner“) Wohnungen errichten will. Der Investor Krieger soll für den Erhalt der Baugenehmigung auch günstige Mietwohnungen anbieten und aus seinem Zugewinn durch Umwidmung der Fläche in Bauland einen Teil für kommunale Belange abtreten. Presseberichten zufolge sei er bereit, auf dem lang gestreckten Grundstück südlich der Bahnlinie zwischen den S-Bahnhöfen Pankow und Heinersdorf bis zu 750 neue Wohnungen zu bauen. Von diesen Wohnungen soll jede dritte zu für die Lage überaus günstigen Mietpreisen von 5,50 Euro pro Quadratmeter angeboten werden. Krieger kalkuliert nach Informationen der MoPo mit Kosten von 20 Millionen Euro, die ihn dieses Zugeständnis kosten wird. Außerdem sei er bereit, eine öffentliche Infrastruktur zu unterstützen, die der wachsende Bezirk sowieso braucht und die umso dringender ist, wenn zusätzliche Menschen in die neuen Wohnungen einziehen. An der Nordost-Ecke seines Geländes soll ein Grundstück für eine Oberschule mit 1200 Plätzen bereitgestellt werden, die der Bezirk Pankow bauen würde. Auch am anderen Ende, direkt am S- und U-Bahnhof Pankow, soll ein weiteres Grundstück für eine Grundschule für 600 Kinder bereitgestellt werden. Im Gegenzug soll Krieger erlaubt werden, das von ihm gewünschte und zur Finanzierung des Gesamtprojekts angeblich benötigte Einkaufszentrum mit 30.000 Quadratmetern zu bauen.


    Das könnte ein wichtiges Referenzprojekt für das mit 36 Hektar ähnlich große Gelände der Stadtbau AG hinter dem Bayerischen Bahnhof sein (http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=400314).

    Berliner Morgenpost, 17.12.13
    Güterbahnhof
    Bauprojekt in Pankow - Jede dritte Wohnung für 5,50 Euro
    http://www.morgenpost.de/berli…hnung-fuer-5-50-Euro.html


    RBB, 11.01.2014
    Projekt "Pankower-Tor"
    Investor Krieger darf in Pankow Einkaufszentrum bauen
    http://www.rbb-online.de/wirts…tel-in-berlin-pankow.html


    Berliner Kurier, 14.01.2014
    Möbelkönig will 400 Mio. investieren
    Das wird der neue Krieger-Kiez
    http://www.berliner-kurier.de/…ez-,7169128,25874430.html


    Pankower Tor - Das Projekt
    http://pankower-tor.de



    Köln
    Kölner Stadtanzeiger, 19.09.2013
    „Wohnungsbau braucht Lenkung“
    Der Experte Jürgen Friedrichs unterstützt den Plan der Stadt, Sozialwohnungen in teuren Vierteln wie Hahnwald zu bauen. Der finanzielle Anreiz für Investoren ist aber gegenwärtig zu gering. Es ist viel rentabler, Eigentumswohnungen zu bauen.
    http://www.ksta.de/koeln/inter…g-,15187530,24352912.html


    Ein oft gebrauchtes Argument - siehe ein paar Beiträge zuvor - ist die sogenannte soziale Mischung. Friedrichs, Mitarbeiter des Kölner Instituts für Soziologie und Sozialpsychologie (ISS), stellt mit Blick auf seinen Vorstoß fest: "Es sollte versucht werden, die soziale Mischung in den Stadtteilen zu verbessern." Allerdings meint er dies mit Blick auf Hahnwald, Marienburg und Lindenthal und nicht auf Chorweiler, Kölnberg, Finkenberg oder Ostheim.


    Wenn man diese Forderung nach sozialer Mischung überhaupt ernst nehmen will, dann darf sie zumindest nicht nur wie bisher in eine Richtung funktionieren. Siehe hierzu einen weiteren Beitrag von Andrej Holm:


    Soziale Mischung. Zur Entstehung und Funktion eines Mythos
    http://gentrificationblog.word…/mythos-soziale-mischung/


    oder von


    Sebastian Friedrich, Duygu Gürsel, Çağrı Kahveci, 5. März 2013
    Berlin-Neukölln und viel Gefühl: Wie funktioniert die Forderung nach “sozialer Mischung”?
    http://www.annotazioni.de/post/1136

  • Und bevor die beiden letztgenannten Artikel nun gleich wieder als (radikal) linkes Gespinne abgetan werden, das man weder lesen noch ernst nehmen und diskutieren muss, noch ein weiterer Artikel von Hilmar von Lojewski. Er ist Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bauen, Wohnen und Verkehr für den Städtetag Nordrhein-Westfalen und den Deutschen Städtetag ( http://www.iba-hamburg.de/file…Lojewski_IBA_Kongress.pdf ) und radikal linken "Umtrieben" wohl eher unverdächtig.


    Zum Verhältnis von sozialer Durchmischung, Segregation und Gentrifizierung
    In: Forum Wohnen und Stadtentwicklung (FWS) 4, Verbandsorgan des vhw - Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V., Juli/September 2013, S. 175-179
    http://www.vhw.de/fileadmin/us…FWS_4_13_von_Lojewski.pdf


  • Sollen also soziale Durchmischung und ein Mietenniveau, das in Einklang mit dem Einkommensniveau in Quartieren steht, in nachfragestarken Städten und gentrifizierungsaffinen Quartieren messbar gewahrt bleiben, darf es nicht darum gehen, Neubau und Sanierung per se zu verhindern ...


    Zumindest das hätten wir geklärt - da es oft durchaus Verhinderungsbestrebungen gibt, z.B. in Berlin als Verbot der "Luxussanierungen" in manchen Stadtteilen. Oder auch hier im Thread, zumindest als Kritik am Neubau.


    Kölner Stadtanzeiger, 19.09.2013
    „Wohnungsbau braucht Lenkung“
    Der Experte Jürgen Friedrichs unterstützt den Plan der Stadt, Sozialwohnungen in teuren Vierteln wie Hahnwald zu bauen.


    Im verlinkten Interview präzisiert er, dass es nur wenige kleine Einheiten sein dürfen, die sich von den benachbarten Privathäusern nicht unterscheiden sollen. Eigentlich sind die Sozialwohnungen dafür da, dass niemand obdachlos sein muss - als Grundversorgung sozusagen. Die teuren Sozialexperimente (weit mehr EUR pro WE vonnöten) würden die ohnehin leeren Stadtkassen noch mehr belasten.


    Alleine der Neid um Luxussozialwohnungen für Auserwählte, die Fragen nach den Kriterien, nach den gerade der Hartz-IV-Herr X mitten im Luxus wohnen darf, nach der Vergabetransparenz sollten zur Vorsicht mahnen.

  • ^ In Großstädten sind die Grundstückskosten für die Immobilienkosten entscheidend, diese liegen in teuren Lagen weit über jenen der einfachen Lagen. Wenn der Neubau nicht abweichen soll - in guten Vierteln gibt es wieder öfters aufwändige Fassaden wie hier in Düsseldorf-Oberkassel. Das alles bedeutet unnötige Mehrkosten der Sozialwohnungen selbst ohne Parkett und Gäste-WC.


    Der Sinn ist mir ebensowenig klar. Müsste ich selbst von Hartz IV in einer Sozialwohnung leben, würde mich der tägliche Anblick teurer Autos meiner Nachbarn nur nerven - besser würde ich mich unter ebenso armen Leuten fühlen (ich wohne ja ohnehin in einer einfachen Lage). Leute, die diese Vermischung-Ideen in die Welt setzen, scheinen selber wohlhabend oder nicht besonders sensibilisiert zu sein.


  • Der Sinn ist mir ebensowenig klar. Müsste ich selbst von Hartz IV in einer Sozialwohnung leben, würde mich der tägliche Anblick teurer Autos meiner Nachbarn nur nerven - besser würde ich mich unter ebenso armen Leuten fühlen (ich wohne ja ohnehin in einer einfachen Lage). Leute, die diese Vermischung-Ideen in die Welt setzen, scheinen selber wohlhabend oder nicht besonders sensibilisiert zu sein.


    Es ist schön das Du Dir Sorgen um die geistige Gesundheit von Hartz IV Empfängern machst. Man sollte in Leipzig ein Areal für Blechhütten freihalten. Habe gehört, die seien bei Menschen mit geringem Einkommen besonders beliebt...


  • In der Ratsversammlung am 12.02.2014 stellte die FDP-Fraktion eine Anfrage nach den "Kosten für die Stadt Leipzig zur Begleitung von Widersprüchen und Klagen gegen die Kosten der Unterkunft" an den Oberbürgermeister (Anfrage-Nr.: V/F 1064/14).


    Die Antwort dürfte nach der schriftlichen Bekanntgabe vermutlich einige Wellen schlagen.


    Die BILD-Zeitung nennt die ersten Antworten auf die Fragen der FDP-Fraktion:


    BILD, 18.02.2014
    SOZIALWOHNUNGEN
    Schon 1000 Klagen gegen die Stadt!
    http://www.bild.de/regional/le…-stadt-34720428.bild.html


    Laut der Statistik des Sozialgerichts gab es in den Jahren 2012 und 2013 insgesamt 5879 Widersprüche von Hartz-IV-Empfängern gegen die von der Stadt festgesetzten Mietgrenzen. Von diesen kamen ca. 1000 Fälle bis zur Klage. Die Verfahrenskosten betrugen gut 1 Millionen Euro, von denen die Stadt etwa ein Achtel (134 000 Euro) und sieben Achtel das Jobcenter zahlen mussten.


    Nun wüßte man natürlich noch gern, wievielen der etwa 1000 Klagen vor dem Gericht auch stattgegeben wurde und wie die in den Einzelfällen vom Gericht festgesetzten Mietobergrenzen aussahen.

  • Immobilienakteure: Leipzig hat genügend Wohnraum für alle

    Ja, ist denn heute der 1. April 2014? Oder ist heute der 9. Mai 2011 oder noch 2006? Mein Kalender ist offenbar kaputt und ich bin völlig verunsichert. Bin ich vielleicht in ein Zeitloch gefallen?



    PRESSEMITTEILUNG 19.02.2014
    https://www.konii.de/news/leip…aum-fur-alle-201402198900



    Mal im Ernst, es ist schon extrem frech, von Polemik und einer "Vernachlässigung von Fakten" zu reden und zur gleichen Zeit einen solchen Stuss zu erzählen.

  • Mal wieder einer meiner gefürchteten Überschläge:


    Der Zensus im Mai 2011 ergab 39.888 leerstehende Wohnungen in Gebäuden mit Wohnraum, also einschließlich Wohnheimen, Altersheimen, ehem. Betriebswohnungen etc.: http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=383173


    Seither ist einiges passiert:


    Bevölkerungszuwachs vom 9. Mai 2011 bis 31. Dezember 2011: 7064
    Bevölkerungszuwachs vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012: 10.795
    Bevölkerungszuwachs vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2013: 10.806
    Summe: 28.665
    mit Januar und dem halben Februar 2014: rund 30.000


    Der Saldo Geburten/Sterbefälle ist nahezu ausgeglichen, daher beruht die Bevölkerungszunahme fast ausschließlich auf dem Wanderungssaldo. Bei einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von 1,8 Personen sind dies in etwa 16.666 neu hinzugekommene Haushalte.


    Anders als behauptet sind es auch nicht „einige Tausend neu auf den Markt“ kommenden Wohnungen. Ob 2013 erstmals die Tausendermarke bei Wohnungen im Neubau geknackt wurde bleibt abzuwarten. In den Jahren zuvor waren es noch deutlich weniger:


    Wohnungen - 2011: 914 - 2012: 1 066 .
    Neubau von Wohnungen - 2011: 431 - 2012: 734
    http://212.122.61.201/leipzig-…jahrbuecher/Kapitel06.pdf


    Aber gehen wir mal davon aus, dass es im letzten Jahr tatsächlich rund 1000 Neubauwohnungen waren. Dann kommen wir seit dem Zensus auf etwa 2000 neue Wohnungen.


    In Schönau, WK 5.1, wurden 2013 ca. 500 Wohnungen abgerissen, hinzu kommen noch wenige weitere Wohnungen in abgebrochenen Gründerzeithäusern wie etwa Sternwartenstr. 40 oder Edlichstr. 2.


    Aufgrund des Zuzugs dürfte seit Mai 2011 die Zahl der leerstehenden Wohnungen um etwa 15.000 auf unter 25.000 zurückgegangen sein. Das klingt immer noch viel. Aber dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es bei insgesamt 330.000 Wohnungen eine Umzugsreserve von etwa 10.000 Wohnungen braucht (3 %). Außerdem wurden beim Zensus alle leerstehenden Wohnungen gezählt, von denen mehrere Hundert sicherlich nicht mehr (wirtschaftlich) sanierungsfähig sind. Bei nicht wenigen Häusern ist aufgrund von ungeklärten Eigentumsverhältnissen eine baldige Sanierung nicht zu erwarten. Des Weiteren werden bei Sanierungen häufig Wohnungen zusammengelegt, also reduziert auch dies die Gesamtzahl, wenn auch vielleicht nicht in Größenordnungen.


    Setzt sich die Bevölkerungsentwicklung in dem Maße fort, so dürften wir spätestens in etwa zwei, zweieinhalb Jahren den Leerstand auf die Umzugsreserve abgeschmolzen haben. Bis dahin müssten aber auch fast alle derzeit nicht marktaktiven Wohnungen wieder bewohnbar gemacht worden sein. Sollte der Wohnungsneubau, vor allem der Geschoßwohnungsbau, tatsächlich beträchtlich zunehmen, dauert es vielleicht noch ein klein wenig länger.


    Der Leerstand konzentriert schon jetzt in den Großwohnsiedlungen am Stadtrand, während er in den noch 2011 ähnliche Prozentzahlen aufweisenden Ortsteilen wie Altlindenau oder Volkmarsdorf aufgrund einer zunehmenden Zahl von Sanierungen und Zuzügen in diese frisch sanierten Wohnungen sowie in leerstehende, aber marktaktive Wohnungen deutlich abnimmt. http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=416828


    Früher als am "Ende des Leerstands" werden die Mietpreise in den nachgefragten innenstadtnahen Gebieten noch einmal deutlich anziehen. In den vergangen beiden Jahren sind die Angebotsmieten in fast allen Gründerzeitvierteln um 30 bis 60 Cent pro m² gestiegen, in den gehypten Stadtvierteln Plagwitz und Lindenau mit mehreren Sanierungen und Neubauten "im gehobenen Niveau" sogar um 70 Cent bis 1 Euro. Noch mehr Luxuswohnungen wurden in Zentrum-Ost fertiggestellt, dort schnellte die durchschnittliche Angebotsmiete um 1,80 / 1,90 Euro nach oben.
    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=417657


    "In dieser Stadt kann jeder zu angemessenen Preisen sehr gut wohnen – und dies noch für lange Zeit." Glauben die Unterzeichner_innen ihr Mantra wirklich selbst oder hoffen sie nur, dass es noch etwas dauert, bis der Wind auch für die Mittelschicht rauer wehen wird?