^ Ich sehe das genauso. Das Konzept des Kaufhauses muss nicht überholt sein, wenn man nicht solche gravierenden Managementfehler gemacht hätte.
Kaufhäuser haben m.E. schon ein Alleinstellungsmerkmal, das vor allem darin liegt, dass man alles unter einem Dach findet. Und zwar relativ schnell: wenn ich eine Hose brauche, gehe ich in die Hosenabteilung, wenn ich ein Hemd brauche, in die Hemdenabteilung. Ich kann außerdem ungestört herumstöbern und wenn ich Beratung möchte, dann bekomme ich die auch. Ich will nicht durch 63 verschiedene Boutiquen mit kleiner Auswahl tingeln, bei denen ich mich vorher für eine Marke entscheiden muss, und in denen ich in jeder einzelnen als einziger Kunde vom argwöhnischen Blick des Verkäufers oder der Verkäuferin verfolgt werde und m schlimmsten Fall so lange vollquatscht werde, dass ich am Ende etwas kaufe, was ich gar nicht wollte.
Ich kann im Kaufhaus ferner relativ ungestört etwas anprobieren und wenn es mir nicht passt oder vom Stoff her nicht gefällt, kann ich es einfach zurück an die Stange hängen und muss nicht zuerst einen Rücksendeantrag stellen, das Zeug wieder einpacken, zur Post bringen, den Geldeingang überwachen und noch ein schlechtes Gewissen haben müssen, weil ich genau weiß, dass der Versandhändler das Zeug wahrscheinlich ohnehin vernichtet.
Das Alleinstellungsmerkmal des "alle Marken in einer Abteilung" haben die Kaufhäuser vollkommen ohne Not aufgegeben, indem sie dieses Shop-im-Shop-Konzept eingeführt haben. Damit hoben sie sich nicht mehr ab von den andern Länden in der Innenstadt.
Auch gibt es Dinge, die man in einem Kaufhaus kaufen kann, anderswo aber nicht so leicht bekommt. Schreibwaren gehören dazu oder auch die Uhrmacherwerkstatt, die mir die Batterie wechselt. Dagegen habe ich nie verstanden, warum es in Kaufhäusern immer noch Bücher gibt. Wer kauft Bücher in einem Kaufhaus? Dazu gehe ich entweder in einen großen Buchladen, in dem ich stöbern kann, oder in den kleinen familiären Buchladen an der Ecke, wenn ich Beratung brauche. Ansonsten bleibt der Online-Buchhandel, in dem es auch noch einigermaßen Konkurrenz gibt und nicht nur den Quasi-Monopolisten Amazon - auch dank Buchpreisbindung. Ähnliches gilt für Schuhe. Warum sollte ich Schuhe in einem Kaufhaus kaufen? Da haben die allermeisten Schuhläden mehr Auswahl und wenn ich eine bestimmte Marke suche, dann gehe ich in den Nike- oder Adidas-Shop.
M.E. haben die Kaufhäuser 3 große Fehler gemacht:
- Die Einführung des Shop-in-Shop-Konzepts anstatt die althergebrachte Abteilungs-Aufteilung beizubehalten
- Den Online-Handel völlig verschlafen. Dabei hätten sie vor 15 Jahren mit ihrer Marktmacht und ihrem großen Kundenstamm evtl. das Zeug dazu gehabt, Amazon erheblich Konkurrenz zu machen - ein Konzept wie "click & collect" war doch eigentlich wie geschaffen für Kaufhäuser
- Die Nicht-Entrümpelung des Sortiments. Sinnvoll wäre gewesen: Bücher raus, Schuhe raus, Parfüm raus, Uhren & Schmuck raus, dafür Konzentration auf Klamotten, Schreibwaren, Accessoires & Dekoartikel, Spielzeug , evtl. noch einige kleinere, leicht zu transportierende Haushaltsartikel, die weder die Baumärkte noch die Möbelläden führen.
Ja, ich gebe zu:: ich bin eigentlich ein Kaufhaus-Fan. Aber es war ja schon jahrelang absehbar, dass das nicht gut gehen wird. Offenbar hatte niemand der Verantwortlichen ein wirkliches Interesse daran, das Konzept weiterzuentwickeln und an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Stattdessen lag der Fokus der Investoren wohl eher auf dem Immobilienbestand, den man hoffte, gewinnbringend zu verscherbeln. Schade.