Leipzig: Gentrifizierung (ehem. "Windmühle vs. Abschwiff")

  • Was nichts anderes heißt, als dass Du auch vom Sozialismus keinen Schimmer hast.


    Stimmt so auch nicht, es gab Vorzeigeprojekte, in vielen Städten wurde die Innenstadt dem Verfall preisgegeben.
    Das war auch einer der Gründe, die zur Bürgerrechtsbewegung in der DDR führten.
    Von den den Besuchern meiner Heimatstadt aus dem Westen kam dann immer: "Schöne Stadt, schade das sie im Krieg so zerstört worden ist". Es waren genau 3 Bomben gefallen...
    Vielleicht hätte die große Altbausanierungswelle in der DDR ohne die Wende gerade jetzt stattgefunden :)


    So alt ist die Idee der Altbausanierung in den alten Ländern aber auch nicht. Ich konnte bei der ersten Rundreise die Innenstädte vieler westdeutscher Städte nicht unterscheiden.

  • Stimmt so auch nicht


    Ich weiß nicht, was Du glaubst, was ich gesagt hätte. Es ging darum, dass in der sozialistischen Stadt Altbauten nicht vorgesehen waren. Sanierungsgebiet hieß: neu bauen. In Leipzig hat womöglich nur die Wende Connewitz davor bewahrt, Plattenbauviertel zu werden.

    In Deinem Link steht aber doch genau das drin, was ich befürchtet habe.


    Du schriebst:


    Muß wohl daran gelegen haben, dass man den Erhalt der Altbauten oder gar deren Wiederherstellung nach dem Krieg nicht als vorrangiges politisches Ziel gesehen hat.


    Aber es war genau andersherum: Es war vorrangiges Ziel, die Stadt neu zu entwerfen und sich des Alten zu entledigen. Da passte eine Paulinerkirche nicht ins Konzept und die Brühlplatten stellten sich kühn quer zur gewachsenen Struktur. Off-Topic.

  • Richtlinie für Kosten der Unterkunft vom Sozialgericht gekippt

    Ein Aspekt der aktuellen Debatte sind die Wohnmöglichkeiten von Hartz-IV-Empfänger_innen und die "Kosten der Unterkunft". In der heutigen LVZ finden sich auf S. 16 ein Artikel und ein Kommentar von Klaus Staeubert zu den neuesten Entwicklungen:


    Mietklage von Hartz-IV-Bezieherin erfolgreich
    Sozialgericht lässt auch die neue städtische Unterkunftskosten-Richtlinie durchfallen / Stadt muss mehr zahlen


    Die Stadt Leipzig erwartet eine neue Klagewelle von Hartz-IV-Empfänger_innen gegen die Bescheide des Jobcenters, die Kosten der Unterkunft betreffend. Das Leipziger Sozialgericht hat die erst vor einem Jahr durch die Stadt angehobenen Miet- und Heizkostensätze für Bedürftige erneut nicht anerkannt. Der Rechtsanwalt Sebastian Obermaier erwirkte einen Beschluss, demzufolge das Jobcenter nicht berechtigt war, die Unterkunftskosten seiner Mandantin um 40 Prozent zu kürzen. Die arbeitslose Frau, die seit 2004 Hartz IV bezieht, bezahlt 389 Euro Warmmiete für ihre Wohnung. Das Jobcenter erstattet ihr aber nur 277 Euro und forderte sie mehrfach auf, die Mietausgaben zu senken, d.h. entweder mit dem Vermieter ein Verminderung der Miete auszuhandeln oder umzuziehen. Nach dem derzeit geltenden Richtlinien stehen einzelnen Person maximal 45 Quadratmeter Wohnfläche zu, die inklusive Heizung höchstens 295,65 Euro kosten darf. Allerdings gibt es in Leipzig kaum noch Wohnungen für kleine Haushalte, die vom Preis und ihrer Größe her der Unterkunftskosten-Richtlinie entsprechen.
    Das Gericht verpflichtete das Jobcenter, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache monatlich die restlichen 112 Euro an die klagende Mieterin zu zahlen (Az: S25AS1299/12ER). Dem Gericht fehlt es nach wie vor an einem schlüssigen Konzept, nach dem die Stadt die Mietkostensätze festlegt. Das Sozialgericht ist der Ansicht, dass auch "die hier vorliegende Berechnung nicht statistisch-mathematischen Grundsätzen" entspricht, was es auch bereits in der alten Richtlinie bemängelt hatte. Insbesondere stieß es dem Gericht auf, dass der Quadratmeterpreis von 4,22 Euro niedriger als der Wert ist, den der amtliche Mietspiegel als unterste Grenze für einfachen Wohnraum nennt.


    Laut RA Obermaier gibt es eine erhebliche Zahl solcher Verfahren und er hat diese Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bereits erwartet. Er betont: "Natürlich muss die Stadt ein Interesse haben, die Angemessenheitsgrenzen so tief wie möglich anzusetzen, es ist ja nicht Sinn und Zweck der Sache, dass der Steuerzahler die Vermieter finanziert", stellt aber gleichzeitig fest, dass es so dann doch nicht geht: "Die Neufassung der Richtlinie 2011 war ein Schnellschuss und eine Mogelpackung."


    Ein seinem Kommentar "An der Wohnungsmarkt-Wirklichkeit vorbei" verweist Klaus Staeubert auf die Ergebnisse der jüngste Bürgerumfrage. "Wer meint, im Leipzig des Jahres 2012 könnten die 44000 subventionierten Bedarfsgemeinschaften problemlos Wohnungen zum Warmmietpreis von höchstens 6,57 Euro pro Quadratmeter finden, der lebt an der Wirklichkeit vorbei: Denn von den 95 Ortsteilen liegen in nur vier die Durchschnittswarmmieten unter der Hartz-IV-Obergrenze: in Volkmarsdorf, Paunsdorf, Schönau und Grünau-Nord."

  • ...

    Einmal editiert, zuletzt von Geograph ()

  • JEDER muß dahin ziehen, wo er die Miete zahlen kann. Dies gilt nicht nur für alimentierte Empfängerhaushalte.

  • ...

    2 Mal editiert, zuletzt von Geograph ()

  • Zitat von LE Mon.hist.

    Denn von den 95 Ortsteilen liegen in nur vier die Durchschnittswarmmieten unter der Hartz-IV-Obergrenze: in Volkmarsdorf, Paunsdorf, Schönau und Grünau-Nord."


    Was nicht bedeutet, dass es in anderen Stadtteilen keine Wohnungen unter jener Hartz-IV-Obergrenze gibt. Wenn jetzt der KdU-Satz steigt, steigen parallel die Bestandsmieten der günstigsten Wohnungen.

  • Wenn ich das richtig verstehe bist du also dafür, dass es Stadtteile gibt und bald noch stärker geben wird, in dem sich Arme, Geringverdiener und Arbeitslose soziale Problemlagen konzentrieren?


    Deine Exegese ist allein von Dir in diese Richtung gelenkt. Mit dem Satz sage ich genau das, was ich sage: JEDER muß die Wohnung nehmen, die er bezahlen kann. Das betrifft nicht nur Transferleistungsempfänger. Warum legst Du etwas hinein, was nicht drin liegt?

  • Am heutigen Sonntag läuft von 16-18 Uhr auf Radio Blau (http://www.radioblau.de/ ) die vierte Sendung der Reihe "Gentri wie bitte?", der Radiosendung zu Stadtentwicklung in Leipzig.


    Seit gestern wird die "Gentri ... wie bitte?"-Sendung vom letzten Sonntag unter http://www.freie-radios.net/48750 zum Download angeboten.


    In unserem Zusammenhang von besonderem Interesse ist der Beitrag zur aktuellen Situation des Windmühlenstraßen-"Kiezes", immerhin Ausgangspunkt dieses Threads (18:38 Minuten), der Beitrag zu Hausprojekten mit Stimmen von der Podiumsdiskussion "my hausprojekt is my castle" am 7.5. im sublab (16:23 Minuten) und das Interview mit Prof. Dr. Dieter Rink vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) zu Gentrifizierung in Leipzig und der Rolle der "Pioniere" (23:17 Minuten - zusammen im 2. Teil zu Hausprojekten) .

  • Die FAZ befasst sich mit den Wächterhäusern. Geschildert wird die Geschichte dieser Bewegung und ihre Wandlung. Eingegangen wird auf die aktuelle Entwicklung in Lindenau und hier speziell die der Georg-Schwarz-Straße.

    Einmal editiert, zuletzt von Stahlbauer ()

  • passend dazu ein aktuelles beispiel:


    in der zschocherschen straße wird ende des monats ein wächterhaus dicht gemacht. nach sechseinhalb jahren hat der eigentümer endlich einen käufer gefunden. die grk wird das doppelhaus am karl-heine-kanal denkmalgerecht sanieren. und die bisherigen nutzer? der club im erdgeschoss hat 200 meter weiter ein neues, größeres domizil saniert und bereits eröffnet. ein teil der bewohner hat sich in der georg-schwarz-straße einen altbau gekauft, um ihn nun selbst zu sanieren. schließlich hatte man ja jahrelang quasi die miete gespart.


    so wurden allein durch dieses wächterhaus-objekt in summe 4 kaputte altbauten gerettet, alle sind happy. es wird aufgewertet und statt konzentrierter armut gibt's jetzt echte wohnungseigentümer.


    dabei kostet das wächterhaus-programm wenig geld und basiert auf absoluter freiwilligkeit. so sieht intelligentes engagement von stadtplanern und bürgern und aus. für neue wächterhäuser werden händeringend interessierte gesucht. in leipzig ist auch für nichtreiche so vieles möglich.


    das wusste wohl auch der soziolge im kreuzer-interview. darum vermied er es trotz zehn suggestivfragen, zu behaupten, dass es hier tatsächlich gentrifizierung gibt. aber zum glück gibt's stadtentwicklung. doch das ist nicht dasselbe...


    Modhinweis Cowboy: Beitrag leicht editiert, da vorangegangener Beitrag herausgenommen wurde.

  • Rückkehr der Wohnkollektive

    Nach der FAZ berichtet nun auch die Deutsche Welle über Häuser in der Georg-Schwarz-Str. in Lindenau:


    Deutsche Welle, 23.06.2012


    Gesellschaft
    Rückkehr der Wohnkollektive


    Längst tummeln sich auf dem Leipziger Wohnungsmarkt Spekulanten, die vor allem eine satte Rendite erwarten. Junge Leipziger wollen das nicht länger hinnehmen und besetzen die Häuser - mit Geld und Idealismus.
    http://www.dw.de/dw/article/0,,16040845,00.html


    Mehr über die Häuser und die anstehenden Sanierungen auf der Website der
    Wohnungsgesellschaft mbH Central LS W33 http://www.central-ls-w33.de/ .


    Der im Zusammenhang mit der GmbH stehende und im Artikel ebenfalls erwähnte Verein kunZstoffe e.V. hat das Haus Georg-Schwarz-Str. 7 im Jahr 2009 von der LWB im Erbbaurecht übernommen, wieder hergerichtet und im Herbst letzten Jahres mit 50 Prozent Fördermitteln auch die Fassade saniert:


    http://www.georg-schwarz-stras…_Projekt_in_Umsetzung.htm


    http://www.georg-schwarz-stras…erfuegungsfonds_hilft.htm


    http://www.leipzig.de/de/buerg…hwarz-Strasse-21789.shtml

  • Dr. Skadi Jennicke (Die LINKE) zu den aktuellen Entwicklungen

    PM Dr. Skadi Jennicke (Die LINKE), 23. Juli 2012
    Windmühlenstraßenmieter werden systematisch verdrängt, Versprechen des Investors sind bloße Worthülsen
    http://www.linksfraktion-leipz…vestors-sind-blosse-wort/



    Fast die Hälfte der Mieter sei inzwischen ausgezogen, berichten Anwohner, weil sie die Beeinträchtigungen durch das Baugeschehen nicht hinnehmen wollten, mehr noch aber, weil sie die erhöhten Mieten nicht tragen können. Vor Sanierungsbeginn hat Casa Concept die Mieten um bis zu 100 % angehoben. Offiziell eine Anpassung an den Mietspiegel, praktisch wohl aber kaum im Interesse des Erhalts der Mieterstruktur. ...
    ... mindestens fünf Mietparteien wurden jüngst mit einer Klage von Casa Concept überzogen, weil sie in Widerspruch gegen die angekündigten Sanierungsmaßnahmen und damit verbundene Mieterhöhungen gegangen sind.


    L-IZ, 24.07.2012
    Linke-Stadträtin kritisiert Entwicklung im Quartier Windmühlenstraße: Die alten Mieter werden systematisch verdrängt
    http://www.l-iz.de/Politik/Bre…muehlenstrasse-42940.html