Beiträge von Arwed

    Ziegel , zuerst einmal erscheint mir die Berichterstattung sehr einseitig zugunsten der Firma Wiessner. Bitte nicht missverstehen, ich finde, dass in der Dresdner Stadtplanung oft sehr viel und sehr falsch läuft. Aber ob die städtischen Auflagen an die Firma wirklich so ungehörig sind, wie es immer wieder durch den Kakao gezerrt wird, glaube ich nicht.

    War es denn nicht erforderlich, für die äußere Gestalt des Narrenhäusls einen Wettbewerb durchzuführen? Natürlich war das notwendig, weil es für 2 Fassaden keine überlieferte Fassadengestaltung gab und die Baukörpergestaltung zumindest nicht selbstverständlich war. Was ist mit der Zufahrtsstraße? Die Erschließung von der verkehrsberuhigten Brücke aus fällt weg, von der Elbe aus geht es nicht und der Weg zum Neustädter Markt muss ja erstmal geschaffen werden. Kurz gesagt, Wiessners haben sich ein Haus in Toplage ausgesucht, dessen Grundstück ihnen gar nicht gehörte, das nicht exakt auf altem Terrain errichtet werden kann, dessen Erschließung ungeklärt war, … Parallel dazu lief zum umgebenden Gelände ein durchaus umstrittener und auch noch lange nicht beendeter stadtplanerischer Prozess. Es wäre mindestens naiv, davon auszugehen, dass man das stressfrei über die Bühne bekommen kann. Nebenbei startete die Firma Wiessner aber auch noch ähnliche Prozeduren neben der Carolabrücke und auch in der Pirnaischen Vorstadt (mit letzterem brachten die die lang geplante städtebauliche Konzeption der verlängerten Herkulesallee zum Einsturz).

    Ich bin auch nicht dazu in der Lage zu berechnen, wieviel Gewinn man im Lauf von 60 Jahren aus einem Gebäude in einer derartigen Toplage ziehen kann und ob sich das nicht vielleicht doch auch ganz gut rechnet, wenn man danach das Haus an die Stadt abgibt. Bei auf 99 Jahren angelegten Erbbaurechtsverträgen zahlt man meines Wissens einen Zins, das ist hier ja nicht vorgesehen. Da kenne ich mich aber auch nicht wirklich aus. Ich denke aber, 60 Jahre sind lang. Da kann viel passieren.

    Mein Eindruck zu diesem Thema ist, dass hier eine Baufirma immer wieder an den unmöglichsten Stellen Baurecht bekommen will und das mit der SZ als willigem Medium und maximaler Instrumentierung der Öffentlichkeit zu erzwingen versucht, indem man irgendwelche Rekonstruktionen verspricht. So läuft das hier mit dem Narrenhäusl, mit dem Quartier um das Venezianische Haus oder auch an der Lingnerallee.

    Vielleicht ist es auch ganz anders und Wiesner ist wirklich der Weiße Ritter, der gegen eine unfähige und voreingenommene Stadtverwaltung schönes Bauen in Dresden erkämpfen will.

    Doch so lange Wiesner sich ausschließlich mit schönen Bildern in der Zeitung, gepaart mit einseitigen Vorwürfen gegen seinen Vertragspartner hervortut, bleibe ich skeptisch bezüglich seiner Motive.

    arnold , die von Dir verlinkte Analyse zum Prämonstratenserberg ist wirklich sehr interessant. Das erinnert mich in der Detailtiefe an die damalige Analyse zum Dom-Römer-Areal in Frankfurt.

    Ich würde mir tatsächlich wünschen, dass Magdeburg auf diesem Areal eine möglichst weitgehende Annäherung an die alte Stadtstruktur sucht. Das meine ich vor allem im Bezug auf den Städtebau, die Straßenkanten und Gebäudehöhen. Inwieweit man da auch Rekonstruktionen anstreben sollte, müsste in einem zweiten Schritt entschieden werden. Mit translozierten Fassaden habe ich da meine Schwierigkeiten. Für mich gehört ein Gebäude immer zu einem bestimmten Ort. Wenn der nicht mehr zur Verfügung steht, dann sollte wenigstens das Baumaterial das Originale sein. Andernfalls wird es total beliebig. Die oben gezeigten Entwürfe von Duong Architekten (die auch mit einem komplett anderen Ansatz beim Ideenwettbewerb der Wobau dabei waren und offenbar sehr flexibel sind) versprechen mir weder ein Anknüpfen an die Geschichte dieses Ortes noch städtebauliche Dichte. Das sieht aus wie eine recht beliebige Wohnanlage mit ein paar willkürlich eingestreuten historischen Fassaden. Das geht sicher besser.


    Ziegel , wo in dem Rahmenplan Innenstadt nimmt man denn irgendwie Bezug auf die Analyse des ehemaligen Stadtviertels? Dort sehe ich nur ein paar Karrees, die aber gar keinen Rückgriff auf die früheren Straßenverläufe zeigen, oder sehe ich das falsch?

    Das macht mich wirklich fassungslos. Wie hier der kommunale Bauherr und das Denkmalamt Hand in Hand den bestehenden Denkmalschutzstatus dieser beiden Gebäude ausgehebelt haben, erscheint mir zumindest sehr fragwürdig. Jegliche Begründungen, die dazu in der Presse als Rechtfertigung zitiert werden, finde ich vollkommen unglaubwürdig.

    taukri, mal eine Frage: warst Du wirklich schon einmal vor Ort?

    Ich finde das Haus wirklich nicht schön, aber städtebaulich finde ich die Lösung absolut in Ordnung. Die Ecke öffnet sich jetzt hier zu einem kleinen Platz, was ich durchaus in Ordnung finde.

    Die angrenzenden Gebäude sind zudem leider fast alle nicht besonders schön. Das gegenüberliegende Eckhaus ist z.B. das schlimmste WDVS-Verbrechen welches mir spontan in Dresden einfällt.

    chemnitz_er, ich bin mir nicht ganz sicher, wer der Adressat Deines Kommentars ist. Ich kann es nicht sein, denn ich habe keinen dieser Plätze auch nur erwähnt. Dann halt jetzt: Den Campus finde ich gar nicht schlecht. Die Bäume da brauchen noch etwas Zeit sich zu entwickeln. Der Heym-Platz ist nur ein winziges Restdreieck an der Straßenkreuzung. Wer hätte da besseres gestalten sollen? Beim Düsseldorfer Platz wäre allerdings wirklich viel mehr drin gewesen. Der Vergleich mit dem wunderschönen Platz in der Erfurter Altstadt ist allerdings sehr unfair.

    Ja, der Marx-Kopf ist für mich das Wahrzeichen der Stadt. Siehst Du das denn anders bzw. was ist denn sonst das Chemnitzer Wahrzeichen? Warum es dort keine Bar gibt? Weiß ich nicht! Soll das die Stadt Chemnitz machen? Ich denke zwar nicht, dass das Aufgabe einer Kommune ist. Allerdings ist es auch nicht mein Anliegen, die Stadtverwaltung zu verteidigen.

    Die Situationen in Frankfurt am Römerberg und in Dresden am Neumarkt sind sicher nicht auf Chemnitz übertragbar. Natürlich sind Bürgerinitiativen wichtig. Es gibt keine Stadt in der es da keine tollen Beispiele für deren Wirken gibt. Bitte nicht missverstehen, den Erhalt der Eisenbahnbrücke finde ich großartig. Glückwunsch, dass das gelungen ist! Doch in Dresden, Frankfurt oder auch in Potsdam wurden und werden herausragende Ensembles der Altstadt rekonstruiert. Was aus der Chemnitzer Vergangenheit siehst Du denn als vergleichbar bedeutend an? Doch die historische Chemnitzer Innenstadt ist fast komplett verloren gegangen und wurde durch etwas anderes ersetzt, was die Stadt heute charakteristisch macht. Das absolute Wahrzeichen der heutigen Stadt in der überregionalen Wahrnehmung ist der Marx-Kopf und das Schriftfeld dahinter. Das denke ich mir doch nicht aus! Chemnitz kann sich natürlich auch neue Wahrzeichen schaffen, aber ob da der Blick z.B. nach Dresden hilft, bezweifle ich.

    KMS1983, zuerst mal eine Frage: die Bauten der klassischen Moderne in Chemnitz schätzt auch Du sehr? Das SMAC, d.h. das ehemalige Kaufhaus Schocken von Erich Mendelsohn, ist für Dich jedoch ein Baufehler. Das kann ich inhaltlich leider nicht ganz nachvollziehen.

    Dann habe ich die Einkaufscenter in der Stadtmitte nicht deshalb als Fehler bezeichnet, weil ich sie von ihrer Architektur her ablehne (das Kaufhaus von Helmut Jahn finde ich sogar ziemlich OK, die Galerie Roter Turm mit der Fassade von Kollhoff gefällt mir tatsächlich wirklich nicht). Ich empfinde diese Bauten hingegen als Fehler, weil sie große Flächen des historischen Stadtkerns mit Monofunktionen zupflastern, die sich ausschließlich nach innen orientieren. Schaufenster sind nicht alles, Ladeneingänge gibt es nur sehr wenige. Wie gesagt, das ist in vielen Städten leider genauso falsch gelaufen. Die Mittelstandsmeile finde ich tatsächlich auch super. Das ist zwar keine herausragende Architektur, aber die Kleinteiligkeit und Nutzungsmischung sind genau richtig für eine lebendige Innenstadt. Die Bebauung am Getreidemarkt finde ich in jeder Hinsicht fürchterlich. Das neue Johannisviertel will ich noch nicht abschreiben. Ich halte es aber für vollkommen unrealistisch, dass die Stadt Chemnitz hier mehr hätte erreichen können. Die Alternative wäre in meinen Augen der Fortbestand der Brachflächen gewesen. Das wäre für mich die schlechtere Wahl gewesen. Es ist leicht, sich hier hinzustellen und die wunderbaren neuen Stadträume auch für Chemnitz einzufordern, die es sicherlich immer mal wieder in anderen Städten gibt. Doch mehr ist für Chemnitz einfach nicht drin, dafür ist die Stadt für Investoren nicht attraktiv genug. Chemnitz hat aber eine vom Städtebau und der Architektur der DDR geprägte Innenstadt. Das ist ein Fakt und an dem wird sich auch nichts ändern, selbst wenn man das noch so schlimm findet.

    chemnitz_er, Deine Worte teile ich durchaus. Ich liebe alte europäische Städte mit vielfältigen Plätzen und Straßen, sowie tollen Gebäuden aus allen Epochen. Die Frage ist für mich nur, ob es durch die Entwicklungen in Chemnitz in den letzten 120 Jahren eine Chance dafür in dieser Stadt gab. Schon vor dem Krieg stand fast nichts vorgründerzeitliches mehr in der Stadt. Nach den Kriegszerstörungen und der Entwicklung hin zur Bezirkshauptstadt blieben wirklich nur ganz kleine Reste der alten Stadtstruktur übrig. Chemnitz habe ich zum ersten Mal nach der Wende bewusst gesehen und war schockiert über diese öde und leere Innenstadt. Ich sehe es als Fehler an, dass die Wiedergewinnung des alten Stadtkerns innerhalb der Wallanlagen primär mit großmaßstäblichen Einkaufszentren erfolgte. Gleiches erfolgte aber quasi in allen Städten im Osten, was es nicht besser macht. Es ist bezeichnend, dass Schließungspläne für das Kaufhaus der Stadtverwaltung den Angstschweiß ins Gesicht treiben. Hier wurden zwar schon einmal 2 Kaufhäuser öffentlich umgewidmet, aber wieviele Nutzungen fallen einem da noch ein?

    Was ich bei meiner Schilderung über meinen ersten Eindruck von Chemnitz aus den 90ern nicht vergessen möchte, ist, dass ich vieles von den Gebäuden und dem Städtebau in Chemnitz seitdem kennen und wirklich schätzen gelernt habe. Das betrifft in erster Linie die Bauten der klassischen Moderne (wisst Ihr Chemnitzer eigentlich, wie großartig das Schocken ist, oder das Schwimmbad, die Sparkasse, …?), aber auch viele Bauten aus der DDR. Dazu zähle ich in erster Linie das Ensemble aus Stadthalle mit umliegendem Park und der Bebauung an der Brückenstraße, aber auch die Straße der Nationen mit den Kammgebäuden aus der DDR. Es gibt vieles was in Chemnitz (genauso wie anderswo) gar nicht, viel zu schleppend oder ganz einfach falsch läuft. Doch wünsche ich mir hier in der Diskussion etwas mehr Wertschätzung für das was in Chemnitz in den letzten Jahren, aber auch Jahrzehnten erreicht wurde.

    Ich will mir nicht anmaßen, die Details in den Chemnitzer Stadtteilen zu kennen (wobei die in den Städten in denen ich diese kenne, es sicher nicht ganz anders aussieht). Was den Radweg auf der Annaberger Straße betrifft, wird die Situation mutmaßlich nicht gar so einfach sein, wie hier unterstellt. Wenn ich mir analoge Diskussionen in Dresden ansehe, gibt es da einen Haufen an Interessengruppen, die alle Hebel ansetzen um Radwege zu verhindern, die „ihr“ Verkehrsmittel bedrängen könnten. Wenn es sich dann noch um eine Bundesstraße handelt, dann hat die Kommune noch nicht einmal die Planungshoheit. Im Dresden Osten wird gerade recht konsequent eine Radroute auf einer Parallelstrecke zu einer Hauptverkehrsstraße angelegt. Wo so eine parallele aber nicht verfügbar ist und der Platz begrenzt ist, gibts auch hier endlos Streit. Wenn Chemnitz am Schlossteich eine Radroute baut, hat das sicher überhaupt nichts mit der Annaberger Straße zu tun und es ist ganz einfach unsachlich, dass in Zusammenhang zu bringen.

    KMS1983, was ich erreicht habe? Ich habe Chemnitz selbst als planender Architekt um tolle moderne Architektur bereichert und arbeite auch schon am nächsten Projekt. Wir können jetzt aber wirklich sehr gern damit aufhören, uns gegenseitig mit Eitelkeiten zu bombardieren.

    Ich fürchte allerdings, wir werden uns nicht zu verstehen beginnen. Ich schätze die Chemnitzer Innenstadt mit ihrer modernen Architektur durchaus und würde weiter genau daran anknüpfen, Du hingegen offenbar nicht. Du forderst Außergewöhnliches für Chemnitz, tust den Megaerfolg, dass Chemnitz Kulturhauptstadt sein wird, aber in einem Nebensatz ab. Ich fürchte, Dir fehlt der richtige Maßstab.

    Chemnitz ist nicht New York, aber auch nicht Dresden, Frankfurt oder sonst was. Chemnitz hat eine eigene Identität, aber wenn man nicht in der Lage ist einen Schritt zurückzutreten und das zu erkennen, dann ist man verdammt dazu alles Kacke zu finden, was hier passiert. Warum wohl wurde Chemnitz für 2025 ausgewählt, Kulturhauptstadt sein zu dürfen?

    Der Vergleich mit Dresden oder Frankfurt hinkt gewaltig. Das hier in Chemnitz ist kein Rekonstruktionsprojekt in Toplage, sondern ein ziemlich normales Areal in Innenstadtrandlage. Auf welcher rechtlichen Basis hätte die Chemnitzer Stadtplanung denn hier qualitätvollere Architektur erzwingen können, einmal abgesehen davon, dass es durchaus unterschiedliche Ansichten gibt, was man darunter verstehen soll.

    Im Übrigen stellt sich mir die Frage, was „identitätsstiftende Architektur“ für Chemnitz denn wäre? Chemnitz ist für mich wie kaum eine andere Stadt von moderner Architektur geprägt und von weiten Räumen. Chemnitz ist die Parteifalte, die Stadthalle mit Hochhaus, die Straße der Nationen, das Stadtbad und dazwischen ein paar Relikten der Vergangenheit wie dem Rathaus, dem Roten Turm oder dem Theaterplatz. Das ist die bauliche Identität der Chemnitzer Innenstadt (dass der Charakter der umliegenden Stadtteile ein anderer ist, das ist mir bewusst).

    Gemauschel? Hier geht es um ein städtisches Krankenhaus. Wenn das mal kein öffentliches Interesse bedeutet, dann weiß ich auch nicht.

    Ich hätte lediglich gern die Brachflächen zwischen Schäfer- und Wachsbleichstraße für die Erweiterung des Krankenhauses untersucht gesehen.

    waldkauz, die Meinung, dass Parkplätze einer Stadt besser zu Gesicht stehen als eine Straßenbahntrasse, macht mich erst einmal ratlos. Das ist unendlich weit von dem entfernt, was ich als wünschenswerte Entwicklung sehe. Ich kann den Gedankengang zumindest dann etwas nachvollziehen, wenn ich mir so eine Trasse als geschotterte und unüberwindbare Schneise vorstelle. Doch gibt es da derart viele gute Beispiele, wo die Bahnen quasi über eine Platzfläche fahren (am besten noch mit Stromzuführung im Gleis) oder über ein Rasengleis, dass ich schon wieder nicht weiß, wie man auf so eine Idee kommen kann. Die Brückenstraße mit dem Nischel ist DAS Wahrzeichen von Chemnitz. Hier sollte man soviel Aufwertung betreiben wie möglich und das nicht als Randlage zuparken.

    Zum Thema „gewaltige Ausmaße“ des Gerüstes kann ich mir das schon vorstellen. Normalerweise wird ein Gerüst an der Fassade verankert. Das geht aber bei dieser nicht, weil man sonst ja durch die Fassade bohren müsste. Das Gerüst muss also freistehend ausgeführt werden und das führt bei dieser Gebäudehöhe zu einer enormen Stützkonstruktion.