Dresdner Busgeschichte(n)

  • Dresdner Busgeschichte(n)

    Da unsere Straßenbahn-Spurensuche nun weitgehend abgeschlossen ist, möchte ich mich neben den einschlägigen Projekten zukünftig auch dem zweiten wichtigen Nahverkehrsträger in Dresden in bewährter Weise nähern: dem Kraftomnibus. Komplette Streckenbegehungen werden dabei eine nur untergeordnete Rolle spielen (schließlich werden die meisten ehemals existierenden Omnibusstrecken auch heute noch befahren), vielmehr möchte ich mich punktuell Schwerpunkten im Kraftomnibusnetz widmen und dabei einen geschichtlichen Einblick sowohl in die entsprechende Verkehrsmittelhistorie als auch die der Umgebung geben (schließlich sind wir hier in einem Forum für Architektur und Städtebau unterwegs).




    Schild der Linie 70, Mitte der 1970er Jahre.

  • Busverkehr in Klotzsche (Teil I)

    Beginnen möchte ich hoch droben im Dresdner Norden, in Klotzsche. Das ehemalige verschlafene Dörfchen hatte sich seit dem massiven Ausbau des Flughafens, der Rüstungsindustrie und der Luftkriegsschule in den 1930er Jahren zur „Fliegerstadt“ (einschlägiges Recht 1935) entwickelt und war 1950 nach Dresden eingemeindet worden, übrigens bis heute die einzige Stadtgemeinde, der dieses Schicksal jemals zuteil wurde.


    Bereits in der unmittelbaren Nachkriegszeit zeichnete sich ab, dass dem nunmehrigen Stadtteil eine besondere Bedeutung als Wirtschafts- und Industriestandort zukommen würde. Die Wiedereröffnung des Flughafens für zivile Zwecke, der Aufbau der DDR-Flugzeugindustrie und später weiterer Maschinenbau- und Elektronikbetriebe mit hohem Arbeitskräftebedarf machten bereits früh den Aufbau eines örtlichen Omnibusnetzes nötig, auch wenn dieses zunächst weitgehend den „Werktätigen“ vorbehalten bleiben und nicht für die Allgemeinheit gedacht sein sollte.


    Nirgendwo in Dresden dürfte der Omnibusverkehr daher eine derartige Komplexität aufgewiesen haben wie hier. Schon in den 1950er wurde offenbar, dass weder die vorhandene Straßenbahnlinie 7 noch die Schlesische Bahn, deren zweites Gleis zudem den Reparationsleistungen zum Opfer gefallen war, dem Ansturm der Tausenden von Arbeitern, die zum größten Teil aus der Stadt über Hellersand und Heidewald auf die Höhen herangekarrt werden mussten, auch nur annähernd gewachsen waren. Seit Mitte der 1950er Jahre wurden daher als Vertragsleistungen mit den örtlichen Industriebetrieben die Omnibuslinien I und K (K1 und K2) eingeführt, ab 1965 als 77, 78 und 79 bezeichnet. Diese dienten zunächst ausschließlich dem Werksverkehr.


    Eine erste öffentliche Verbindung in die Stadt erfolgte mit der Verlängerung der Linie B (später 71) von Kaditz über Mickten, den Hubertusplatz, die Königsbrücker Landstraße zum Flughafen. Damit bot sich den Arbeitern aus Pieschen, Mickten und Kaditz eine Direktverbindung zu den Arbeitsstellen im Norden. Die Linie bestand in dieser Form bis 1995, seit 1965 als Bündel mit der neu eingeführten 91. Erst Anfang der 1970er Jahre wurde mit der 80 eine Direktverbindung in die westlichen Stadtteile hergestellt, so dass nun auch die Cottaer und Übigauer Arbeitskräfte ohne Umsteigen nach Klotzsche gelangen konnten.


    Eine Besonderheit im Busnetz der Verkehrsbetriebe stellte der Flughafen-Zubringerverkehr dar, ab 1972 als 99 bezeichnet. Er war nie in den Standardtarif eingebunden und verkehrte nur in Abstimmung mit dem Flugplan, der sich damals noch bescheidener als heute ausnahm.




    Klotzscher Busnetz 1993 auf dem ersten farbkodierten Liniennetzplan von 1993.



    Nach 1990 änderte sich die Situation dramatisch. Der Zusammenbruch der ostdeutschen Industrie brachte naturgemäß auch einen Einbruch der Fahrgastzahlen mit sich. Seit 1995 wurde am Klotzscher Busnetz daher mehrfach massiv herumexperimentiert, allermeistens natürlich zu dessen Nachteil. Nur die traditionellen Liniennummern 77 und 80 erinnern heute noch an die einstige Busherrlichkeit. Allerdings ist auch zu konstatieren, dass alle Streckenäste nach wie vor angedient werden und der hiesige Busverkehr seit 2009 eine Renaissance erlebt: Es gibt mit der Linie 70 nun wieder eine Direktverbindung nach Pieschen, wenngleich auf geänderter Route wie ehedem die 71 und 91, und die 72 bietet erstmals eine solche nach Radebeul. Außerdem wartet die Regionalbuslinie 308 seit der Eingemeindung von Langebrück zeitweise mit einer stadtbusähnlichen Bedienfrequenz auf.


    Nicht vergessen sollte man an dieser Stelle auch die seit Einführung des VVO 1998 erheblich verbesserte Eisenbahnanbindung mit S-Bahn und vertaktetem Regionalverkehr. Alles in allem verfügt Klotzsche heute damit zum Teil über leistungsfähigere und vor allem schnellere Verbindungen „in die Stadt“ als zu DDR-Zeiten, als diese in erster Linie auf die Berufsverkehrs- und Schichtwechselzeiten ausgerichtet waren.


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    Wir beginnen am Bahnhof Klotzsche, dessen Empfangsgebäude von 1908 sich frisch saniert zeigt.




    Schild zur Geschichte des Gebäudes in der Fußgängerunterführung.




    Blick in selbige mit restauriertem genietetem Gleistrog darüber.




    Ansichten des vom Vorwerk Podemus zum „Bio-Bahnhof“ sanierten Gebäudes von der Straßenseite. Ich finde die Ausführung sehr gelungen, mit viel Liebe zum Detail und Respekt vor der Geschichte des Gebäudes. Da hätte sich die Bahn mit ihrer üblichen Nullachtfuffzehn-Bahnsteig-„Gestaltung“ mal ein Beispiel dran nehmen sollen…






    Auf dem Vorplatz herrscht heute reger Busbetrieb der Linien 70, 80 und 308, auch wenn es auf dem Bild nicht den Anschein hat. Bis 1898 fuhren auf dem heutigen Vorplatz die Schmalspurzüge nach Königsbrück ab.





    Eine absolute Rarität: Aus einem normalen Schild gebasteltes Zielschild „Reichsbahnhof Klotzsche“ aus den 1960er Jahren. Dieses wird wohl als Frontschild Verwendung gefunden haben. Als schmales Riemchen wurde so die Sicht des Fahrers nicht eingeschränkt.




    Die umfangreichen Bushaltestellen am Bahnhof Klotzsche.




    An dieser Stelle bietet sich die erste busgeschichtliche Exkursion an. Bis Anfang der 1980er Jahre wurde der Bahnhof Klotzsche nur von der Linie 77 angefahren, erst dann wurde auch die Linie 80 in einer Schleifenfahrt zum Bahnhof umgelenkt. 1987 wurde zur besseren Verteilung der ankommenden Bahnpassagiere eine neue Ringlinie 97 eingeführt, die in dieser Form bis 1995 bestand und ausschließlich auf Fahrten im Berufsverkehr beschränkt war. Der erste Fahrplan aus dem Jahre 1987.




    Und das zugehörige Fensterschild. Man beachte den Ringverkehr in einer Richtung und vor allem die fehlenden Anschlüsse in der Haltestellenliste, nach meiner Kenntnis das einzige je in dieser Form produzierte Linienschild in Dresden.





    Schild von 1994. Ein Jahr später stieg die 97 kurzzeitig zur Ganztagslinie auf, die Gegenrichtung des Ringes befuhr die 77. Die Linie verschwand nach weiteren zwischenzeitlichen Änderungen 2009 mit der Busnetzreform und wurde durch die 72 und 80 ersetzt. Die Nummer 97 ist heute einem Anruf-Linientaxi von Leutewitz in den Zschonergrund vorbehalten.





    In meiner Sammlung findet sich außerdem diese ungelochte und nie genutzte „98“ von 1988. Es handelt sich wohl um die Gegenrichtung zur 97, aber warum zeigt der Pfeil dann in beide Richtungen? In den Fahrplan schaffte es die 98 übrigens nie: Entweder kam es nie zur Einführung, oder es handelte sich um einen sehr kurzlebigen Testbetrieb.




    Nächster Halt: Käthe-Kollwitz-Platz – an der Deutschen Eiche endete weiland schon die Dresdner Haidebahn.




    Vor dem nächsten Linienexkurs das Busnetz im Dresdner Norden, Ausschnitt aus dem Haltestellenplan von 1969. Die Vertragslinien 78 und 79 erschienen zu keiner Zeit im Plan, die 77 erst ab Mitte der siebziger Jahre.




    Mehrfach verebbte die Linie 80 am Käthe-Kollwitz-Platz. Jene hat ihren Ursprung in der 1956 eröffneten Linie L Wilder Mann-Wilschdorf, die ab 1964 weiter hierher geführt und 1965 in 80 umbenannt wurde. 1971 erfolgte die beiderseitige Verlängerung nach Omsewitz (Zusammenlegung mit Linie 74 Omsewitz-Trachau) und zum Wendeplatz in der Grenzstraße, den wir noch aufsuchen werden. Fahrplan der noch kurzen 80 von 1969.




    Der sehr komplexe Fahrplan von 1987.




    Linienschild, Mitte der 1970er Jahre.





    Schild der Linie 80, 1991. Man vergleiche die Haltestellen mit dem vorigen Exemplar.





    Letztes traditionelles Schild von 1995, nach der Linienreform. Die 80 übernahm den Ast zur Flugzeugwerft von der nun zur Ringlinie umfunktionierten 77 (Gegenrichtung zur 97). Der Einfachheit halber hat man den Endpunkt einfach als „Klotzsche“ bezeichnet, so dass nur ein Schild für die Fahrten zum Käthe-Kollwitz-Platz und zur Flugzeugwerft produziert werden musste. Die Linienschilder waren zu diesem Zeitpunkt bereits ein Auslaufmodell, denn nur noch sehr selten verirrte sich ein Ikarus auf unsere 80, die damals bereits fest in der Hand der Mannheimer Produkte mit dem Stern war. Heute bedient die Linie 70 den Flugzeugwerft-Ast unter dem Endpunktnamen „Industriegebiet Nord“.





    Altes Betonwartehäuschen am Käthe-Kollwitz-Platz, dahinter das Gleisdreieck. Hier bestand von jeher reger Umsteigeverkehr zwischen Straßenbahn und Omnibus.




    Ein weiterer Sprung führt uns zum Bahnhof Grenzstraße. Er wurde an der 1936 angelegten ehemaligen Anschlussbahn zur Luftkriegsschule Klotzsche eingerichtet, als diese 1955 zu einer richtigen Eisenbahnstrecke ausgebaut wurde. Erst ab 1966 waren die Schichtwechselzüge auch für die Öffentlichkeit freigegeben. Das originale Tunnelbauwerk besteht noch heute.




    Das Angebot zur Grenzstraße war stets bescheiden und auf wenige Zugpaare beschränkt (früh nach Grenzstraße, am Nachmittag zurück). Hier der Plan von 1990/91. Die Strecke war, obwohl keine „S-Bahn“ im eigentlichen Sinne, in das S-Tarifgebiet einbezogen.




    Originales Zuglaufschild aus den 1990er Jahren, nach Übernahme durch die Deutsche Bahn (Vorder- und Rückseite). Die „Regionalbahn“ fuhr übrigens ausschließlich auf Dresdner Stadtgebiet!





    Trister DB-Schick am Bahnsteig in Richtung Flughafen.




    Bushaltestelle in Minimalstausführung: Kein Wartehäuschen, keine Sitzgelegenheit, ja nicht einmal einen Papierkorb spendierte man der „Übergangsstelle“!


  • Busverkehr in Klotzsche (Teil II)

    Nur wenige Meter sind es bis zum ehemaligen Buswendeplatz Grenzstraße. Ein Großteil des Areals fiel der S-Bahn-Verlängerung und dem Straßenausbau zum Opfer. Kaum vorstellbar, aber Ende der 1980er Jahre endeten hier im Berufsverkehr mit der 71, 77, 80 und 91 vier Linien, eine fünfte (97) hielt als Zwischenhaltestelle! Verschwunden sind die großzügigen Wartehallen, das Endpunkthäuschen, der Abstellplatz und die zahlreichen hier zwischengeparkten Busse…





    Ein weiterer Linienexkurs widmet sich der Doppellinie 71/91, wir beginnen mit viel älteren 71. Sie wurde als Linie B als zweite Dresdner Kraftomnibuslinie nach dem Krieg Ende 1949 zunächst nur zwischen Mickten und Kaditz eröffnet und 1956 oder 1957 (mir fehlt der 1956er Fahrplan zur Verifizierung) bis zum Flughafen verlängert. Fahrplan von 1957.




    Fahrplan der Linie 71 von 1969. Seit 1965 tragen die Dresdner Stadtbuslinien Liniennummern anstelle der Buchstabenkennungen.




    1965 gesellte sich zur 71 die 91, die nur zwischen Wurzener Straße und Maxim-Gorki-Straße von deren Linienverlauf abwich (über Haltepunkt Pieschen und Trachenberger Platz statt Hubertusplatz). Bis 1995 blieben die beiden Linien ein festes untrennbares Zwillingspärchen. Mit der Zeit lief die 91 allerdings der 71 den Rang ab und degradierte diese ab 1979 zur reinen Berufsverkehrslinie. Dabei blieb es bis zum Ende. In den letzten Jahren waren beide Linien sogar in einem gemeinsamen Fahrplan abgedruckt, hier der von 1987.




    Schild der Linie 71, Mitte der 1970er Jahre. Zuletzt wurde fast ausschließlich bis Grenzstraße gefahren, offizieller Endpunkt blieb jedoch der Flughafen. Erkennbar sind die nachträglich in das originale Druckbild eingefügten Ergänzungen an der abweichenden Schrifttype.





    Schild der 71 von 1989, eines der ersten in Antiqua-Schrift.





    Das wohl allerletzte Fensterschild der dem Untergang geweihten Linie von 1994. Normalerweise kamen hier zu diesem Zeitpunkt schon keine Ikarus-Busse mehr zum Einsatz.





    Die 91 wurde ab 1995 über die Stauffenbergallee zum Waldschlößchen umgelegt (seit 2009 trägt sie die Nummer 64). Damit war die jahrzehntelange Direktverbindung von Pieschen nach Klotzsche unterbrochen, und es musste an der Stauffenbergallee umgestiegen werden. Erst 2009 stellte die Linie 70 jene wieder her, wenngleich über Wilschdorf und Hellerau. Auch hier ein Schild von etwa 1975 und eines von 1994, jeweils analog zu den vorab gezeigten Schildern der Linie 71.







    Wir laufen weiter bis zur Haltestelle „Flugzeugwerke“, die die einstige „Grenzstraße“ ersetzt. In der Ferne grüßen die aus dem „Haus 228“ entstandenen Bauten des Flughafens.





    Den lassen wir rechterhand liegen, um uns dem alten Flughafengelände zu widmen, Fixpunkt Nummer 1 des lokalen Busnetzes nach dem Krieg. Die heutige Flughafenstraße ist in ihrem oberen Abschnitt busverwaist. Einst herrschte hier jedoch reger KOM-Betrieb.




    Verschwunden ist das alte „Hansahaus“, seit 2010. Heute befindet sich hier eine nichtssagende Halle für Leichtflugzeuge. Trotz massiver Proteste wurde das Abfertigungsgebäude von 1934/35, eines der herausragendsten Bauzeugnisse Dresdens aus den 1930er Jahren, abgerissen, nachdem der mehr als berechtigte Denkmalschutzstatus in den 1990er Jahren aufgehoben worden war. Es ist immer wieder erstaunlich, wie ahnungslose und geschichtsvergessene Bürokraten am grünen Tisch derartige Entscheidungen treffen können, ohne dafür belangt zu werden.




    Wie zum Hohn ist der Erweiterungsbau des „Terminal II“ aus den 90er Jahren heute noch vorhanden, hier im Hintergrund zu setzen.




    Gleiches gilt für die heute ungenutzte Bushaltestelle. Genau an dieser Stelle fuhren bis Anfang der 1990er Jahre die Busse des Flughafen-Zubringers „99“ ab.




    Zeit für einen weiteren Linienexkurs. Die ab 1972 als „99“ bezeichnete Flughafenlinie zum Neustädter und Hauptbahnhof wurde 1960 erstmals eingerichtet und blieb bis 1992 fest in DVB-Hand. Normale Fahrscheine galten hier nicht. 1992 wurde der seit dem Vorjahr neuhochdeutsch als „Airport City Liner“ titulierte Zubringerverkehr mit Sammeltaxis und Kleinbussen mehr recht als schlecht bis 2001 betrieben, als gleichzeitig mit Inbetriebnahme der S-Bahn zum neuen Terminal dessen Einstellung erfolgte. In den 1970er und 80er Jahren kamen auf der Linie extra beschaffte Ikarus 280-Gelenkbusse in Überlandausführung des „Meisterbereiches Sonderverkehr“ zum Einsatz. Diese trugen informativ recht knapp gehaltene Seitenschilder, an deren Design sich zeitlebens der 99 nichts ändern sollte. Ich bin stolzer Besitzer eines solchen recht seltenen Exemplars.




    Der einzige jemals in einem Fahrplanheft abgedruckte Fahrplan der 99 findet sich im 1990er Heft unter dem der Linie 97.




    Bleiben wir bei der Linienkunde. Die I, (seit 1965: 77), K1 (78) und K2 (79) waren die Klotzscher Vertragsverkehrslinien, die seit Mitte der fünfziger Jahre ein in der breiten Öffentlichkeit nahezu unbekanntes Dasein fristeten. Die 79 (ex K2) vom Platz der Einheit zur Grenzstraße verschwand bereits Mitte der 1970er Jahre aus allen Publikationen. Im Fahrplan von 1969 finden die 77, 78 und 79 zwar in der Linienübersicht Erwähnung, Fahrpläne sucht man jedoch vergebens.




    Die Linie 77 fand erstmals 1974 Aufnahme im Fahrplanheft. Aus der einstigen Ringlinie war eine Verbindung vom Flughafen zur Flugzeugwerft geworden. Auf dem Haltestellenplan aus demselben Jahr aber sucht man sie noch vergebens.





    Die 78 schaffte es erst später in die Fahrplantabellen, hier unter der 77 (1987). Allerdings konnte man stets nur den folgenden lapidaren Hinweis lesen:





    Erst kurz vor dem Ende der Linie konnte man im 1990/91er Fahrplan einen echten, allerdings sehr überschaubaren Fahrplan finden. Dieser ist durchaus repräsentativ für die vorhergehenden Jahre. Auch hier wieder die 77 darüber.




    1991 wurde die Linie 78 ersatzlos eingestellt. Vermisst haben werden sie wohl nur wenige. Trotz des sehr bescheidenen Fahrtangebotes gönnte man ihr sogar richtige Linienschider, die sich seit den 1970er Jahren nicht mehr verändert haben dürften.




    Besser erging es wie erwähnt der 77, die spätestens seit 1974 zur regulären Linie aufstieg. Seitdem hat sie einige Umwälzungen über sich ergehen lassen müssen. Aber noch heute ist sie in Klotzsche heimisch, mittlerweile zwischen Infineon und Flughafen. In den 1970ern verkehrte sie zwischen Flughafen und Flugzeugwerft. Anders als bei manch anderer, wesentlich regelmäßiger verkehrender Vorstadtlinie verfügten die Schilder sogar über eine veritable Haltestellenliste!






    Schild der 77 von 1992 in etwas ungewöhnlicher Optik. Der Anschluss zur Linie 8 in Klotzsche sollte gerade einmal 3 Jahre bestehen, dann kam die alteingesessene 7 wieder…





    Obwohl die 77 bereits geraume Zeit zur Grenzstraße fuhr, wurde dies erst später öffentlich. Das 1994er Schild zeigt nunmehr nicht mehr den Flughafen, sondern „Klotzsche“ als zweiten Endpunkt. Ab der Linienreform 1995, die die 77 zur Klotzscher Ringlinie mit Endpunkt am neuen SIEMENS-Werk (Infineon) transformierte, gab es keine Fensterschilder der 77 mehr, denn sie wurde nunmehr wie der Gegenring 97 ausschließlich mit „Westmaterial“ betrieben.



  • Busverkehr in Klotzsche (Teil III und Schluss)

    Zum Abschluss der Klotzscher Busgeschichten beginnen wir mit einem Ausschnitt aus dem 1987er Haltestellenplan. Zwar ist die 77 mittlerweile aufgenommen, die 97 fehlt aber. Scheinbar gibt es eine gewisse Kontinuität in der Unaktualität der Pläne…




    Im Haus 216 befand sich in den 1950er und 60er Jahren das Konstruktionsbüro der Flugzeugwerke. Die übrigen Mitarbeiter bezeichneten es despektierlich als „Palazzo Prozzo“.





    Haus 216 von der Kreuzung Flughafenstraße/Hermann-Reichelt-Straße gesehen.





    Haltestelle Flughafenstraße. An selbiger Stelle befand sich bis Anfang der 1990er Jahre die Haltestelle „Flughafen“ der von der Grenzstraße kommenden Wagen der Linien 71, 77, 91 und 97. Von hier bis zum Terminal galt es allerdings noch einen beträchtlichen Weg zu bewältigen.




    Weiterer Sprung: Zur Neuen Brücke. An gleichnamiger Haltestelle findet man heute busseitig nur noch die 70.




    Einst konnte man hier von der 77, 80 und 97 von und zur Straßenbahnlinie 7 umsteigen. Im Hintergrund das Kurhaus Klotzsche.




    Linienschild der „7“, Mitte der 1980er Jahre. Das Grunddesign mit riesiger Liniennummer stammt von etwa 1980. Pikanterweise leugnet es die Existenz der 77 und der 97. Zumindest erstere war zum Zeitpunkt der Ausgabe definitiv schon fixer Bestandteil der Klotzscher Nahverkehrsszenerie!





    Damit beende ich den ersten Exkurs in die Dresdner Busgeschichte. Bei Interesse können weitere gern folgen. Nur würde ich vorab gern wissen, ob dies tatsächlich gewünscht ist – ist das Thema doch vielleicht etwas zu speziell für ein Architektur- und Städtebauforum.

  • Mit der alten 86 quer durch die Albertstadt (Teil I)

    Zur Zeit immer mal wieder heiß diskutiert wird die Einrichtung einer neuen Buslinie über die westliche Stauffenbergallee, um die in der Albertstadt entstandenen Wohngebiete und die zahlreichen behördlichen Einrichtungen in den alten königlich-sächsischen Kasernengebäuden nahverkehrlich zu erschließen. Dabei dürfte vermutlich nur noch den Wenigsten bewusst sein, dass von 1962 bis 1995 bereits eine derartige Verbindung existierte: Die ehemalige Linie U, ab 1965 als 86 bezeichnet.


    Die U bzw. 86 befuhr die damalige Dr.-Kurt-Fischer-Allee ab Hammerweg auf gesamter Länge bis zur Waldschlößchenstraße, dann ging es weiter über Radeberger, Charlotten- und Heideparkstraße bis zum Endpunkt an der Ecke Heidepark-/Fischhausstraße, mit anschließender Wendefahrt über Fischhaus-, Bautzner und Klarastraße. Dass sie dem gemeinen Dresdner selbst zu aktiven Zeiten weitgehend unbekannt geblieben sein dürfte lag zum einen an dem eher spartanischen Fahrtenangebot wie der avisierten Zielgruppe der Linie: den Zivilangestellten der sowjetischen Militäradministration und vor allem den Kindern der in der Grenadierkaserne am Waldschlößchen untergebrachten sowjetischen Schule. Entsprechend verkehrte die Linie bis zur „Wende“ montags bis samstags und auch an Wochenfeiertagen mit nur wenigen Fahrten früh und nachmittags. Zuletzt rumpelten die Busse nur noch montags bis freitags über den schon damals abenteuerlichen Pflasterbelag der nunmehrigen Stauffenbergallee, und dann kutschierten sie zumeist auch nur noch heiße Luft. Der 86 waren schlicht und ergreifend die Fahrgäste abhanden gekommen…




    Einer der ersten Fahrpläne der Linie U aus dem Jahre 1963. Der östliche Endpunkt wurde später nur noch als „Heideparkstraße“ bezeichnet.



    Wir begeben uns also auf die Spuren unserer Linie 86 und damit gleichzeitig auf einen Exkurs in die sächsische Militärgeschichte, durchqueren wir doch dabei auf ganzer Länge die nach dem Deutsch-Französischen Krieg in den 1870er Jahren erbaute Albertstadt, damals eine der weltweit größten zusammenhängenden Kasernenanlagen überhaupt. Die heutige Stauffenbergallee, damals als Aufmarschstraße angelegt und zu Beginn als Heerstraße bezeichnet, erhielt für den westlichen Teil 1879 den Namen Prinz- (später König-) Georg-Allee, der östliche Abschnitt wurde zugleich als Carola-Allee bezeichnet. 1946 wurde der gesamte Straßenzug in Nordallee umbenannt, 1950 dann in Dr.-Kurt-Fischer-Allee. Am 20. Juli 1991 erhielt er schließlich den neuen Namen „Stauffenbergallee“ - das gewählte Datum ist dabei kein Zufall. Zu jenem Zeitpunkt röhrte noch ab und an ein Ikarus 260 auf unserer 86 über die frisch umgetaufte Allee…




    Busnetz im Dresdner Norden mit der Linie 86, Haltestellenplan vom Anfang der 1980er Jahre. Lage und Benennung der Haltestellen blieben die gesamte Betriebszeit über im Wesentlichen unverändert



    Wir beginnen unsere Begehung am ehemaligen westlichen Endpunkt am Hammerweg/Ecke Stauffenbergallee. Deren erst um 1900 angelegte nordwestliche Fortsetzung zur Radeburger Straße hieß bis 1946 Trainstraße und wurde dann der Allee zugeschlagen.




    Linienschild der 86, Mitte der 1970er Jahre. Wie bei den meisten Vorstadtlinien sind auch hier beide Seiten identisch, eine Haltestellenliste mit Anschlüssen fehlt.




    Bis 1993 wendeten die Busse in einer Schleife auf dem Gelände der Sandgrube am Hammerweg, im Hintergrund zu sehen. Danach kamen sie dann von links aus dem Hammerweg.




    Die Schleife im Betriebsgelände musste danach aufgegeben werden, und die westliche Stauffenbergallee wurde nun nur noch in Richtung Heideparkstraße befahren. Der Netzplan von 1993 zeigt bereits die geänderte Wendefahrt mit einer großen Richtungsschleife über Hechtstraße, Hammerweg und Stauffenbergallee. Wir aber beschränken uns auf die „originale“ Linienführung und begeben uns zur Haltestelle.



    Bereich der 1995 aufgelassenen Haltestelle Hammerweg. Links die neue Erstaufnahmeeinrichtung des Freistaates Sachsen.




    Deren Ecke zum Hammerweg. Fast könnte man meinen, man hätte schon die örtliche Justizvollzugsanstalt vor Augen. Diese ist mittlerweile mit der Buslinie 76 erreichbar, die gleich ums Eck eine Haltestelle an der Fabricestraße ihr Eigen nennt.




    Weiter geht’s gen Osten auf der ehemaligen König-Georg-Allee. Ehemalige Kaserne des Königlich-Sächsischen 4. Feldartillerie-Regimentes Numero 48, später König-Georg-Kaserne, heute Landesamt für Straßenbau und Verkehr.




    Historisches Vergleichsbild.




    Fassadendetail mit Aussagen zur Erbauungszeit und altem und neuem Eigentümer.




    Gegenüber erinnert die Kleingartensparte „Am Hammerweg“ zumindest namentlich an den alten Busendpunkt.




    Unkommentierter Blick zurück auf die Erstaufnahmeeinrichtung.




    Kurz darauf vollführt die Stauffenbergallee einen etwas merkwürdigen Versatz. Wir erreichen den Erweiterungsbau für die Kaserne des vorgenannten Regimentes, er beherbergt heute das Polizeirevier Dresden-Nord.





    Die historische Postkarte zeigt den Blick aus der Gegenrichtung.




    Die folgende Großkaserne im Defilee der Militariabauten (1873 bis 1878) diente dem 1. Königl. Sächs. Feld-Artillerie-Regiment No. 12. Später trug sie den Namen Albert-Kaserne. Heute findet man hier die kasernierte Bereitschaftspolizei.





    Gegenüber verfällt das ehemalige Offizierskasino des besagten Feldartillerieregiments.





    Blick entlang der mächtigen Fassade der ehemaligen Artilleriekaserne.




    Bereich der ehemaligen Haltestelle „Fußweg nach der Oberauer Straße“.




    Selbiger zeigt sich als etwas abenteuerlicher Treppenpfad den Hechtpark hinunter.




    Wenige Schritte weiter sehen wir, nach der verschwundenen Train-Kaserne, die ebenfalls recht mächtige ehemalige Kavalleriekaserne der Gardereiter, ab 1917 „Fabrice-Kaserne“ nach dem ehemaligen sächsischen Kriegsminister benannt. Nach dem Krieg wurden hier Wohnungen für die ausgebombte Dresdner Bevölkerung eingerichtet, bis zur Sanierung aufgrund der äußerst moderaten Mieten ein Geheimtipp unter Alternativen und Lebenskünstlern, die die beginnende Gentrifizierung der benachbarten Antonstadt bereits abgeworfen hatte. Wieder mit historischem Vergleich.





    Gewöhnungsbedürftig finde ich die wenig kunstvoll an die Fassade geklatschten Balkone.




    Bereich der folgenden Haltestelle mit dem klangvollen und leicht einprägsamen Namen „Fußweg nach der Buchen- und Bärwalder Straße“. In den letzten Betriebsjahren hatte man Erbarmen und kürzte die Bezeichnung zu „Fußweg nach der Buchenstraße“. Ob die Bärwalder sich daraufhin diskriminiert fühlte?




    Vis-à-vis der Kasernen stehen hangseitig noch immer einige unsanierte Wohngebäude. Verständlich aufgrund der lauten und vielbefahrenen „Allee“ vor der Haustür, unverständlich in Anbetracht der grünen Lage mit dem „Hechtpark“ im Rücken und dem grandiosen unverbaubaren Blick auf die Stadt im Talkessel.





    Genau gegenüber der Gardereiterkaserne findet sich das nach ideologisch verbrämtem Nachkriegsvandalismus erst vor einigen Jahren teilweise wieder hergerichtete Denkmal für die im 1. Weltkrieg Gefallenen des Gardereiter-Regiments. Auch hier zum Vergleich das ursprüngliche Aussehen im Postkartenformat.





    Nein, bei dem ausgedienten und zum „Ädwendschurr-Ruuhm“ umfunktionierten Citaro handelt es sich nicht um eine zwischengeparkte 86. Niederfluriges Rollmaterial bestückte die Linie sporadisch nur noch in den allerletzten Betriebsjahren. Ansonsten traf man hier in den frühen Neunzigern noch die letzten Ikarus 260, ex-Hamburger Mercedes O 305, einen der von der Dresdner Bank gestifteten hochflurigen O 405 oder sogar Reisebusse aus dem Sonderfuhrpark an – also alles, was im Bushof Trachenberge irgendwie gerade vorrätig war.




    Gardereiterkaserne, Blick zurück nach Nordwesten. Die enorme Fassadenlänge der Kasernenbauten lässt sich nur schwerlich in einem Bild einfangen.




    Ein wie ich finde durchaus nettes Motiv: fast schon historischer Liefer-Benz in blässlichem Feuerwehrrot neben garantiert schon historischem Portal aus den 1870ern.




    Mit mächtigen, sandsteingefassten Terrassen hat man die Geländeunterschiede für die hunderte Meter langen Kasernen ausgeglichen, denn eine dem Gefälle angepasste Architektur kam für derart repräsentative Bauten selbstredend nicht in Frage. Außerdem verliehen die wuchtigen Mauern dem Ganzen ein gewisses festungshaftes Gepräge, ein sicher nicht unerwünschter Nebeneffekt. Rechts grüßt schon der Turm der Garnisonkirche.




    Eisenbahnunterführung der Schlesischen Bahn nahe der Kreuzung mit der Königsbrücker Straße. Ohne Halt fuhr die 86 vom „Fußweg nach der…“ – na ihr wisst schon – bis zur nächsten Station am Dr.-Kurt-Fischer-Platz durch. Wenn die Ampel an der Otto-Buchwitz- alias Königsbrücker Straße nicht gerade „Rot“ zeigte, und das tat sie oft.



    Ein letzter Blick zurück in die westliche Stauffenbergallee.




    Seitenblick in die Rudolf-Leonhardt-Straße, ex Oppellstraße. Die dortige Haltestelle der 91, jetzt 64, wurde erst 1995 eingerichtet und zuallerletzt auch noch durch die 71 und 86 (nur in Richtung Hammerweg) bedient. Ab 1993 bog hier nämlich die 86 zu ihrer eingangs beschriebenen großen Schleifenfahrt ein.




    Weiter im nächsten Teil.

  • Mit der alten 86 quer durch die Albertstadt (Teil II)

    Teil Zwo eröffnen wir mit einem weiteren Zeitdokument aus dem Fahrplanheft von 1969. Von einem Fahrplan im eigentlichen Sinne traut man sich bezüglich der seit vier Jahren unter der neuen Nummer „86“ firmierenden ex-„U“ fast nicht zu sprechen…




    Fahrplan von 1989/90. Es dürfte wohl die einzige Dresdner Linie gewesen sein, die „Montag bis Sonnabend“ verkehrte! Über die Gründe habe ich mich eingangs schon ausgelassen.



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    Weiter en route. Die Eisenbahnunterführung Stauffenbergallee verdient nähere Betrachtung. Im Vordergrund noch die alte genietete Konstruktion, das westliche Brückenfeld im Hintergrund wurde schon ersetzt.





    Der Platz zwischen den Brückenzügen ist kein Zufall, sondern eine Bauvorleistung für den hier seit Jahrzehnten geplanten Eisenbahn-Haltepunkt Albertstadt. Nach den ursprünglichen Plänen wäre hier eine Treppenanlage zu finden gewesen, die auf den nie gebauten Inselbahnsteig geführt hätte.




    Noch etwas vom rustikalen Charme der „Neustadt“ (wir befinden uns tatsächlich an der Grenze von Leipziger Vor- und Albertstadt) zur Wendezeit lässt das Eckhaus an der Einmündung der Buchenstraße noch erahnen. Dazu passt auch die baukünstlerische Gestaltung des aufgehenden Mauerwerkes.




    Wir erreichen die verkehrsumtoste Kreuzung mit der Königsbrücker Straße, 1964 bis 1991 Otto-Buchwitz-Straße. Hier bestand von jeher reger Umsteigeverkehr zu den Straßenbahnlinien 7 und 8.




    Die 1879 errichtete Kaserne des 1. Königlich-Sächsischen Pionierbataillons No.12 beherbergt heute das Landesfunkhaus des MDR. Sie lag übrigens bis 1945 nicht auf Dresdner Stadtgebiet, sondern gehörte zur dem Militär unterstellten Albertstadt, deren Flur sich hier entlang der Königsbrücker bis fast zur Paulstraße und der Nordgrenze des Alaunplatzes zog.




    Die Ortsangabe auf der Postkarte ist ergo schlichtweg falsch. Ansonsten hat sich am äußeren Erscheinungsbild des Komplexes seitdem nur wenig geändert.




    Die heutige Haltestelle der Linie 64 befindet sich exakt am ehemaligen Standort derer der verflossenen 86. Der Ausbauzustand ist freilich nicht zu vergleichen. Für die paar Fahrten am Tag wäre eine Wartehalle auch nur unnützer Luxus gewesen. Übrigens bewegen wir uns ab jetzt nicht mehr auf der ehemaligen König-Georg-, sondern der Carola-Allee.




    Kurz darauf queren wir die heutige Hans-Oster-Straße und blicken die ehemalige Arsenalstraße entlang (heute Teil des Olbrichtplatzes) zum Militärhistorischen Museum. Der Olbrichtplatz hat eine ähnliche Namensgeschichte aufzuweisen wie die Stauffenbergallee: Er hieß ab 1979 Königsplatz, ab 1946 Nordplatz und von 1950 bis 1991 Dr.-Kurt-Fischer-Platz. Interessant in diesem Zusammenhang: Die hiesige Straßenbahn- und Bushaltestelle trug den Namen „Olbrichtplatz“ gerade einmal ein knappes Jahr: 1992 hieß der Umsteigeknoten dann „Stauffenbergallee“ – den Namen hat er bis heute behalten.




    Das Arsenal-Hauptgebäude entstand 1873 bis 1877. Schon ab 1914 gab es hier ein Armeemuseum – das heutige Militärhistorische Museum der Bundeswehr kann also auf eine lange geschichtliche Kontinuität quer durch alle Systeme der jüngeren deutschen Vergangenheit verweisen. Ein Besuch ist übrigens ausdrücklich zu empfehlen – nicht nur der atemberaubenden Libeskind-Architektur wegen, die den altehrwürdigen Bau förmlich durchdringt.




    Hinter dem etwas verlotterten Verkehrsbegleitdschungel der Stauffenbergallee lugt der 90 Meter hohe Glockenturm der Garnisonkirche hervor.




    Die etwas eigenwillige Architektur des 1895 bis 1900 nach Plänen des umtriebigen Architektenduos Lossow und Viehweger errichteten Kirchenbaues ergab sich aus der Notwendigkeit, einen evangelischen und einen katholischen Kirchenraum unterbringen zu müssen. Es handelte sich ursprünglich um eine Simultankirche, heute wird nur noch der katholische Teil durch die Franziskus-Xaverius-Gemeinde genutzt, deren Gotteshaus sich bis 1945 an der Hauptstraße am heutigen Jorge-Gomondai-Platz befand. Auch hier liefere ich eine historische Postkartenansicht mit. Wie alle Dresdner Sandsteinbauten ist die Kirche mittlerweile erheblich nachgedunkelt.





    Abgang in den Prießnitzgrund: Wir überqueren gleich die heute unbenannte Carola-Brücke, nicht zu verwechseln mit der Elbbrücke gleichen Namens.




    Auf der Carola-Brücke. Die 64 folgt hier bis zum Waldschlösschen der ehemaligen 86.




    Torhaus, vermutlich aus den 1930ern, an der heutigen Offiziersschule des Heeres.




    Daneben das Fabrice-Mausoleum, 1893 unter Mitwirkung der Crème de la Crème der Dresdner Kunst- und Architektenszene entstanden: Die Architektur stammt von Konstantin Lipsius, Rudolf Schilling und Julius Graebner, der bildkünstlerische Schmuck von Johannes Schilling.




    Mittlerweile zeigt sich die Sandsteinarchitektur mustergültig saniert, der Bildschmuck allerdings fehlt.




    Eine 64 hat soeben die Haltestelle Marienallee verlassen. Diese hat die 64 von der 86 geerbt, die allerdings von hier bis zur Stauffenbergallee ohne weiteren Zwischenhalt durchfuhr.




    Haltestelle Marienallee der Linie 64 heute, im Hintergrund das Fabrice-Mausoleum.




    Terrasse der Kaserne des 1. Leib-Grenadier-Regiments No.100 an der Ecke Marienallee/Stauffenbergallee. Hier bog bis 1945 die Straßenbahn aus der Marienallee auf die damalige Carola-Allee ein und besaß just an jener Ecke ihre letzte Haltestelle vor dem Endpunkt. Ich verweise auf die entsprechende Begehung im „Ehemalige Straßenbahnstrecken“-Strang.




    Der riesige Bau war völlig identisch mit der östlich benachbarten Kaserne des 2. Grenadier-Regiments No.101, die heute das Regierungspräsidium beherbergt. Erhalten ist nur noch der östliche Seitenflügel, die ausgebrannte Kriegsruine wurde beseitigt.




    Wir kreuzen die Arno-Holz-Allee, bis 1945 Kaiser-Wilhelm-Allee. Ob sich der Urheber des abgebildeten architektonischen Kleinods vom Straßennamen hat inspirieren lassen?




    Zu 86-Zeiten nannte sich die Haltestelle „Landesdirektion“ „Haus der sowjetischen Offiziere“.




    Im ehemaligen Wachgebäude der Grenadierkasernen war zu Zeiten der Sowjets das „Museum des Sieges“ einquartiert. Direkt davor befand sich bis zum Abend des 13. Februar 1945 der Straßenbahn-Endpunkt „Grenadierkaserne“ der Linie 9.




    Mustergültig saniert zeigt sich heute der hübsche Bau, und die den Eingang flankierenden Militärgerätschaften (ein T-34 und ein Panzerspähwagen) auf ihren typisch russischen „Abschussrampen“ sind mit der Roten Armee entschwunden. Stattdessen schiebt sich ein Schweizer Hybridbolide auf Linie 64 ins Bild.




    Noch mal das ganze busbefreit. Man muss den verantwortlichen Inschenöhren wirklich ein Kompliment zollen: Weder den Lichtmast noch das Haltestellenhäuschen hätte man noch wirkungsvoller platzieren können, um die ästhetische Wirkung des historischen Wachgebäudes zu zerschießen. Wo bleibt da der Denkmalschutz?




    Es geht nicht schlimmer? Denkste! Zunächst ein Bild der Grenadierkaserne aus den ganz frühen Tagen des elektrischen Straßenbahnverkehrs mit friedlich dahinschlummernder Militär-Aufmarschstraße.




    Und die brachialgewalte Gegenwart in Form des Tunnelmundes unseres heißgeliebten Waldschlösschenbrückleins mit dezent drapierter Schilderbrücke in Reichsautobahn-Ästhetik.




    Mittelbau der Grenadierkaserne mit Hinweis auf den Urheber. In Anbetracht der versauten Umgebung hätte man sich den Sanierungsaufwand auch schenken können. Dennoch vielleicht kurz zur Nutzung des Gebäudes: Zu DDR-Zeiten war es fest in sowjetischer Hand. Hauptnutzer war die 1. Panzergardearmee der Sowjetstreitkräfte, aber auch diversen Verwaltungseinrichtungen und der sowjetischen Schule bot der riesenhafte Bau genügend Platz. Deren Schüler waren eine Hauptnutzerklientel der 86, was auch die ungewöhnlichen Einsatzzeiten erklärt.





    Ein weiterer vergleichender Blick zurück.





    Die zur Unkenntlichkeit erweiterte „Einmündung“ der Wadschlößchenstraße war bis zum Brückenbau eine städtebaulich herausragend schöne Ecke. Auch wenn ich mich glaube ich wiederhole: Das Schlimmste an dem Ding ist für mich weniger der Brückenzug selber, sondern die unsäglichen und bar jeden gestalterischen Willens völlig überdimensionierten Zufahrtsbauwerke. Das wäre wohl auch mit einem Elbtunnel ähnlich gelaufen.




    Gründerzeitzeile an der Waldschlößchenstraße/Radeberger Straße, heute und damals. Wir atmen kurz durch und trotzen im dritten und letzten Teil dem einsetzenden Regen. Vor den Häusern in der Radeberger befand sich übrigens bis zum Brückenbau die Haltestelle „Waldschlößchenstraße“



  • Mit der alten 86 quer durch die Albertstadt (Teil III & Schluss)

    Zu Beginn des dritten Teils erlaube ich mir noch einmal eine kurze verkehrsgeschichtliche Irrlichterei. Auf die Ringbahnpläne der zehner und zwanziger Jahre hatte ich ja schon im „Projekte“-Strang verwiesen. Der im zweiten Teil abgegangene Abschnitt hätte sich unter Verweis auf den geplanten „Äußeren Ring“ der Straßenbahn wunderbar auch hierfür qualifiziert, entspricht dieser doch genau der Führung der heutigen Buslinie 64 zwischen Hechtstraße und Pfotenhauerstraße – und damit natürlich auch auf der östlichen Stauffenbergallee. Zum Untergang der Linie 86 werde ich mich am Ende noch einmal ausführlicher auslassen. Damit weiter im eigentlichen Text.



    ---


    Der beginnende Regen ließ mich den letzten Abschnitt doch recht schnell abwickeln. Ich bitte daher auch die Motivqualität zu entschuldigen. Zunächst blicken wir die entbaumte Waldschlößchenstraße hinunter zu jenem Verkehrsbauwerk, was sich für den Grünschwund in seiner näheren Umgebung hauptsächlich verantwortlich zeitigt. Bloß weg hier…




    Hinter den einst von der Sowjetarmee genutzten Häusern an der Radeberger Straße lugt die mächtige Grenadierkaserne aka Landesdirektion hervor. Wir haben die Albertstadt nun verlassen und bewegen uns ganz zivil durch die östlichsten Ausläufer der Antonstadt, heute oft fälschlich als „Radeberger Vorstadt“ tituliert – ein völlig ahistorischer Kunstbegriff.




    Die Gründerzeitzeile an der Radeberger Straße endet am Gelände der ehemaligen Waldschlößchenbrauerei.




    Weiter durchfuhr die 86 die Charlottenstraße. Hinter dem nicht zu übersehenden Hinweisschild auf die Heimstatt des SC Borea im Jägerpark erkennt man noch Reste der typisch russischen Betonfertigteilmauern, die einst das ganze Gelände bis vor zur Waldschlößchenstraße umgaben. Natürlich nur in echtem Russenkasernenblaugrau, in dem sich damals auch die Häuser dahinter präsentierten.




    In der Charlottenstraße treffen wir auf ein oft übersehenes architektonisches Kleinod: Das „Waldschlößchen“ des Grafen Marcolini wurde als Jagdhaus von 1785 bis 1790 errichtet und zeigt unverkennbar neogotische Anklänge. Der Name übertrug sich später auf die benachbarte Brauerei und damit auf das gesamte Areal.






    An der Ecke zur Klarastraße steht die Grumbtsche Villa, errichtet 1906-07 von Martin Pietzsch. Der Jugendstilbau weist deutliche gestalterische Parallelen zum viel bekannteren Loschwitzer Künstlerhaus auf. Kein Wunder, stammt es doch vom selben Architekten.




    Die Charlottenstraße wird zur Heideparkstraße. Der Namenswechsel zeigt dem Eingeweihten eine Flurüberschreitung an, denn wir verlassen die Antonstadt und betreten… Loschwitzer Territorium! Kein Witz!




    Blick in den Zwickel von Angelikastraße rechts und Böhmertstraße links. Letztere gehört, ebenso wie die gesamte linke Häuserzeile der Angelikastraße, schon zu Loschwitz. Der motivversauende weiße Lieferwagen steht somit genau auf der Flurgrenze, die zudem bis 1921 auch der Dresdner Stadtgrenze entsprach.




    Der parkende Personenkleinkraftwagen markiert exakt den Standort der aufgelassenen Haltestelle Heideparkstraße, dem östlichen Endpunkt der Linie 86. Zurück ging es über eine Schleifenfahrt über Fischhausstraße, Bautzner und Klarastraße.




    Das hübsche Häuschen gegenüber repräsentiert den vor dem Ersten Weltkrieg in Dresden und Umgebung sehr populären Heimatstil und beherbergte dereinst die Chirurgische Privatklinik Dr. Hans Härtel.





    Wir folgen noch ein Stück der Wendefahrt der 86 und biegen in die Fischhausstraße ab.




    Den hiesigen Busverkehr wickelt seit 2013 die Linie 74 ab, die damit dem Jägerpark die bis dato schwer vermisste Nahverkehrsanbindung garantiert. Gleichzeitig endete der Busverkehr auf der Charlotten- und Heideparkstraße, doch dazu gleich mehr.




    Noch mal ums Eck, und wir sind an der Bautzner Straße, immer noch auf Loschwitzer Flur. Die ehemaligen Stasigebäude, entstanden aus dem „Heidehof“, zeigen sich frisch saniert. Damit beenden wir die Begehung und widmen uns abschließend noch einmal der Geschichte unserer 86.




    Die eigentlich überflüssig gewordene 86 sollte die Wende tatsächlich um fünf Jahre überleben. Zur betriebsbedingt veränderten Linienführung im westlichen Streckenteil habe ich mich ja schon geäußert. Ab 1993 fand man die Linie daher im Fahrplan als eine Art „Ringlinie“ Heideparkstraße – Hammerweg –Heideparkstraße, der Endpunkt am Hammerweg wurde ohne Wendezeit als normale Zwischenhaltestelle angefahren. Wir sehen hier den letzten Buchfahrplan der 86 aus dem Jahr 1994.




    Auch der 86 spendierte man 1992 zur großen Reform des Straßenbahn-Liniennetzes noch einmal eine Garnitur neuer Schilder, für den Fall, dass doch tatsächlich einmal einer der wenigen verbliebenen kurzen Ikarus-Busse zum Einsatz gelangen sollte. Diesmal gab es sogar Haltestellen! Das Exemplar aus meiner Sammlung hat jedoch definitiv nie einen Bus von innen gesehen. Die dargestellte Linienführung entspricht noch der originalen ohne Schleifenfahrt durch das Hechtviertel. Ob hierfür 1993 dann noch einmal neue Schilder aufgelegt wurden entzieht sich meiner Kenntnis, ist aber zu bezweifeln. Interessant ist sicherlich das Studium der Haltestellennamen: 1992 gab es tatsächlich noch ein „Haus der sowjetischen Offiziere“!






    ---Epilog---


    Am 29. Oktober 1995, einem Sonntag, trat ein neuer Fahrplan mit wieder mal zusammengestrichenem Liniennetz in Kraft. Dies bedeutete, dass am 27. Oktober um 16.54 Uhr sich bislang letztmalig ein Bus vom Hammerweg aus über die westliche Stauffenbergallee in Bewegung setzte und damit ein über dreißig Jahre währendes, eher unscheinbares Kapitel der Dresdner Nahverkehrsgeschichte beendete.


    Viele besser jedoch erging es dem westlichen Streckenteil. Auf Kosten der Klotzscher Busanbindung wurde ab Fahrplanwechsel die Linie 91 ab Stauffenbergallee zum Waldschlößchen umgelegt und befuhr nun regelmäßig im wochentäglichen 10-Minuten-Takt die bislang eher stiefmütterlich behandelte Verbindung. Die Wendefahrt an der Heideparkstraße wurde verändert, die Busse kehrten nun nicht mehr über die Klarastraße, sondern fuhren weiter bis zum Waldschlößchen, wo auch der offizielle Endpunkt eingerichtet wurde, und zurück über die Waldschlößchenstraße. Dies verbesserte die Umsteigebeziehungen zur Linie 11 erheblich.


    Später wurde direkt am Waldschlößchen gedreht und die Heideparkstraße nun in beiden Richtungen befahren. 2009 mutierte die 91 zur 64 auf zunächst unverändertem Linienweg. 2013 wurde die nunmehrige 64 schließlich über die neue Brücke in die Johannstadt und weiter nach Reick verlängert, gleichzeitig die Quartierbuslinie 74 Marienallee – Waldschlößchen – Jägerpark neu eingerichtet. Seitdem verkehren keine Busse mehr planmäßig über die Radeberger, Charlotten- und Heideparkstraße, die ihre Haltestelle damit verlor. Heute erscheint es angesichts der gut gefüllten Gelenkbusse der 64 unvorstellbar, dass man auf der Stauffenbergallee jahrzehntelang mit wenigen täglichen Fahrten ausgekommen ist. Ein Beweis dafür, wie die lange Jahre durch NVA und Sowjetstreitkräfte in Beschlag genommene und damit der öffentlichen Nutzung praktisch entzogene Albertstadt wieder in das Bewusstsein und das aktive Leben der Dresdner zurückgekehrt ist.


    Die Liniennummer 86 übrigens feierte seitdem zwei-, wenn nicht gar dreifache Wiederauferstehung. Von 1998 bis 1999 existierte sie auf der Route Postplatz – Coschütz als Ersatz für die stillgelegte Straßenbahnverbindung. Ab 2000 gab es die 86III, diesmal als völlige Neuerschließung zwischen Niederwaldplatz und Heidenau. Aus Teilen dieser ging 2009 die heute ausschließlich vom RVD befahrene 86IV hervor, nunmehr eher eine Regional- denn eine echte Stadtbuslinie auf der atemberaubend langen Tour von Heidenau über Dobritz, Prohlis, Lockwitz nach Kreischa…



    Schönen Abend!

  • Mal ne Frage zwischendurch, wieviel Grumbtsche Villen gibt oder gab es denn in Dresden? Ist schon die Dritte von der ich lese.


    P.S. Am Waldschlösschen fehlen leider arg die Fensterläden.

  • Mit der "J" von Löbtau zur Blumenthalstraße (Teil I)

    Als im Jahre 1921 die bislang größte Eingemeindungswelle der Dresdner Geschichte über die Bühne ging, also mitten in der inflationären Nachkriegs-Krisenzeit, waren keine Betriebsmittel und schon gar kein Geld vorhanden, um den großmundigen Versprechen nach infrastrukturellen Verbesserungen seitens der Stadt Dresden auch Taten folgen zu lassen. Erst mit der wirtschaftlichen Konsolidierung nach Hyperinflation und Einführung der Rentenmark konnte man daran gehen, die längst versprochenen verbesserten Verkehrsanbindungen auch in die Tat umzusetzen. Dabei setzte man nun verstärkt auf ein revolutionär neues Verkehrsmittel, das weder aufwendige Gleisanlagen noch sonstige besondere bauliche Voraussetzungen benötigte: den Kraftomnibus, kurz KOM.


    Der erste Dresdner Versuch einer städtischen Kraftomnibuslinie wurde 1914 nach nur wenigen Monaten durch Mobilmachung und Konfiszierung des Rollmaterials seitens des Militärs brüsk unterbunden. Die Spur der kleinen grün-weißen Busse verlor sich irgendwo in den Weiten Frankreichs an der Westfront. So war es nur konsequent, dass der 1925 wiedereingeführte KOM-Betrieb die alte Route zwischen Neustädter Bahnhof und Wiener Platz wiederbelebte. Bald ging es weiter in die Südvorstadt und über die Nossener Brücke nach Löbtau, wo die neue Linie nun am Kronprinzenplatz (Rudolf-Renner-Platz) endete. Noch im August 1925 wurde ein neuer Ast die Kesselsdorfer hinauf bis Obergorbitz in Betrieb genommen, so dass die erste neue Omnibuslinie Dresdens am Löbtauer Friedhof nun „flügelte“.



    Die Löbtauer Bismarckbrücke mit einem stadtwärts fahrenden Kraftomnibus, Mitte der 1920er Jahre. Mit derartigen, von der KVG Sachsen entlehnten rustikalen Büssing-Hochrahmenbussen wurde 1925 Dresdens zweiter KOM-Betrieb eröffnet.



    Anfang 1926 wurde der Zweig zum Kronprinzenplatz über die Bramsch- und Weidentalstraße bis zur Cottaer Blumenthalstraße direkt an der Flurgrenze zu Leutewitz und dem Gorbitzer Ortsteil Weidental verlängert und wenig später der Fahrtweg aus der Kronprinzenstraße in die parallele Gohliser Straße verlegt. Damit erhielten die Cottaer und die 1921 einverleibten Leutewitzer und Nordgorbitzer erstmals den heißersehnten direkten Anschluss an den Dresdner Stadtverkehr, zwei Jahre vor Eröffnung der Straßenbahnlinie 18 zur Gottfried-Keller-Straße und ein reichliches Jahr vor Inbetriebnahme der Strecke unmittelbar in den Leutewitzer Ortskern, die zunächst von den Zwischenwagen der bestehenden Linie 19 nach Cossebaude befahren wurde.


    In Cotta wurde zunächst über eine große Blockschleife über Wilhelm-Franz-Straße, Hörigstraße, Blumenthalstraße zurück zur Weidentalstraße gedreht. Einschneidende Änderungen für die Buslinie brachten der Bau und die Inbetriebnahme der Straßenbahnverlängerung zur Gottfried-Keller-Straße am 11. Juni 1928. Der Omnibus wurde nun zur Pennricher Straße zurückgenommen, da man die Straßenbahn für das vorstädtische Umfeld als ausreichend erachtete, und wendete über die Klopstock-, Pennricher und Kronprinzenstraße.


    Bereits seit Juli 1926 firmierte die Flügellinie offiziell unter der Bezeichnung „A“. Da dies zu diversen Irrungen und Wirrungen führte, hatte man Ende 1928 ein Einsehen und bezeichnete die Wagen nach Cotta nunmehr als Linie „J“. Sonst änderte sich nix…



    Schematisches Straßenbahn- und Kraftomnibusnetz im Dresdner Westen, Anfang 1929. Die „J“ endet noch an der Pennricher Straße.



    Offensichtlich hatte man sich aber in der Direktion der Städtischen Straßenbahn doch etwas verkalkuliert, denn schon im März 1929 verkehrte die „J“ wieder auf alter Route zur Blumenthalstraße. Über die Gründe mag man spekulieren, aber es wird wohl deftige Anwohnerproteste in Westcotta und den umliegenden Ortsteilen gegeben haben, sonst hätte man die eigentlich etwas bizarre Parallelführung von KOM und Straßenbahn nicht praktiziert. Nur die Wendefahrt der „J“ musste drastisch verkürzt werden, denn der größere Teil der Hörigstraße wurde ja jetzt von der Straßenbahn in Beschlag genommen. So wurde nun in einer kleinen Schleife über Abendroth-, Hörig- und Blumenthalstraße gedreht. Dabei blieb es bis zur Verlängerung der Linie nach Omsewitz, doch dazu später mehr….




    Linie J zur Blumenthalstraße auf einem Stadtplan von 1929, nach Inbetriebnahme der Straßenbahn zur Gottfried-Keller-Straße. Die dortige Gleisschleife existierte unter dem Namen „Cotta/Hörigstraße“ bis 1995.


    ---


    Wir starten an der Haltestelle Bünaustraße und folgen der Linie J auf ihrem Weg durch die Löbtauer und Cottaer Nebenstraßen bis zur Blumenthalstraße. Es bietet sich zunächst ein Vergleichsblick mit der spitz in die Kesselsdorfer Straße einmündenden Wernerstraße an. Im Zwickel das „Café zum Frieden“. Die Busse bogen direkt davor scharf nach rechts und fuhren in die links durch das Eckhaus sichtbare Gohliser Straße ein. Im Hintergrund der amputierte Turm der Löbtauer Friedenskirche.





    Durch die Fußwegverlängerung ist heute nur noch zu erahnen, dass man dereinst direkt von der Kesselsdorfer direkt in die Gohliser Straße fahren konnte. Die Busse hätten die Litfaßsäule buchstäblich umgemäht…




    Zeitversetzter Blick in die Wernerstraße.





    Das gegenüberliegende schöne Gründerzeiteckhaus zwischen Kesselsdorfer und Gohliser Straße im historischen Vergleich.





    An selbigem findet sich dieses phantastische historische Straßenschild, das so gar nicht Dresdner Normen entspricht. Da Löbtau 1897 nach Dresden „einverleibt“ wurde wage ich daher die These, dass das Schild noch aus Zeiten der Löbtauer Eigenständigkeit stammen dürfte. Das typisch Dresdner Zusatzschild wurde sicher nachträglich ergänzt.




    Blick zurück zu Werner- und Kesselsdorfer Straße mit dem durchaus streitbaren neuzeitlichen Nachfolgerbau des „Café zum Frieden“.




    Vor uns liegt fast die gesamte Länge der Gohliser Straße.




    Die Gohliser wird von typischen Löbtauer „Kaffeemühlen“ gesäumt, freilich mit der einen oder anderen Bomben- bzw. DDR-Verfallslücke und nachfolgender Neubebauung. Hier an der Ecke zur Stollestraße.





    Im Bereich der einstigen Haltestelle „Hermsdorfer Straße“. Als nächstes kreuzte der Bus die Grumbacher Straße. Am dortigen Eckhaus ein sehr ungewöhnliches Zusatzschild, das ich natürlich nicht unabgelichtet lassen konnte.





    Das wunderschön sanierte Eckhaus schräg gegenüber, mit Vergleichsansicht.





    Straßenbild der Gohliser Straße. Es geht langsam aber sicher bergan.




    An der Braunsdorfer machen wir einen kurzen Abstecher zum 1898 als Heil- und Pflegeanstalt errichteten „Luisenhaus.“




    Heutiger Zustand. Seit Erbauung wird der Komplex ununterbrochen zur medizinischen Versorgung des Gebietes genutzt.





    Haupteingang des Luisenhauses mit deutlich erkennbaren Geschichtsspuren. In der DDR firmierte man unter „Poliklinik Löbtau“.




    Einmündung der Bramschstraße, im Hintergrund die hier die Flurgrenze zwischen Löbtau und Cotta bildende Pennricher Straße. Die Omnibusse bogen nach links und folgten der Bramsch- und Weidentalstraße schnurstracks bis zur Cottaer Westgrenze.




    Historische Geschäftsinschrift der „Myrte“.




    Wir folgen der Bramschstraße, die sich wenig aufregend als eine Mixtur aus Kaffeemühlen und nachwendlichen Lückenbauten präsentiert. Wäre es nach den sozialistischen „Stadtplanern“ gegangen, wäre genau hier die Schneise der heutigen Coventrystraße durch das vorhandene städtische Gefüge gebrochen worden. Heute rollt der Verkehr in bergmännisch vorgetriebenen Röhren direkt unter unseren Füßen.




    Kurz darauf kreuzte der Bus die Straßenbahnstrecke nach Altcotta. Hier gab es selbstverständlich eine Haltestelle namens „Kronprinzenstraße“. Letztere ist heute die Rudolf-Renner-Straße.




    Blick die steil zur „Schanze“ hinaufführende Rudolf-Renner-Straße herab. Zwischen die vor dem Ersten Weltkrieg entstandene Altbebauung mischen sich zunehmend typische Kreationen des sozialen Wohnungsbaus vom Ende der 1920er Jahre. Löbtau und Cotta waren noch nie die Dresdner Goldstaubviertel.




    Blick zur „Schanze“, schon auf Cottaer Flur. So nennt der gemeine Dresdner den Straßenbahnknoten Pennricher/Rudolf-Renner-Straße. Nur wenige wissen um den Ursprung des Namens, der von einer durch die Preußen im Krieg 1866 aufgeworfenen Befestigungsanlage herrührte. Der eigentliche Name der Erhebung ist Lerchenberg, heute nur noch durch den entsprechenden Löbtauer Straßennamen „Am Lerchenberg“ im öffentlichen Bewusstsein.


  • Mit der "J" von Löbtau zur Blumenthalstraße (Teil II)

    Den zweiten Teil eröffne ich mit einem Werktags-Fahrplan der „J“ von 1929.




    Wir blicken noch einmal die Rudolf-Renner-Straße hinab und bewegen uns auf dem Reststück der Bramschstraße, unmittelbar an der Cotta-Löbtauer Flurgrenze.




    Kleinwohnungsanlage mit expressionistisch angehauchtem Dekor, Bramsch-/Klopstockstraße. Durch letztere wendete der Bus während der zwischenzeitlichen Auflassung des Endstücks zur Blumenthalstraße 1928/29.




    Links die Ausfahrten des „Bramschtunnels“, dahinter schon auf den Fluren des Kammerguts Gorbitz der erste Bauabschnitt des Neubaugebietes Gorbitz, errichtet ab Ende der 1970er Jahre.




    Willkommen in Cotta! Unscheinbare Sozialwohnungsbauten säumen den unteren Teil der 1901 angelegten Weidentalstraße. Dahinter erstreckten sich bis Ende der 1970er Jahre weite Felder.




    Einmündung der Chamissostraße. An der Steinbacher Straße verfügt die Straßenbahn seit Anbeginn über eine entsprechende Haltestelle. Auch die Omnibuslinie hielt hier, allerdings natürlich auf der Weidentalstraße.





    Weidentalstraße kurz vor der Brücke mit dem Weidigtbach.




    Fast die gleiche Perspektive. Durch den mittlerweile üppigen Bewuchs und die geschlossenen Baulücken hat sich das Bild gründlich gewandelt.




    Der Weidigtbach fließt seiner Mündung in die umverlegte Weißeritz entgegen.




    Die auf der obigen Postkarte links sichtbare große Baulücke wurde durch einen Zwanziger-Jahre-Wohnblock gefüllt. Mit Detailaufnahme.





    Kurz darauf die Einmündung einer nie gebauten Querstraße. Nur die beiden Eckhäuser, zwischen denen auf dem gedachten Straßenplanum üppiges Gartengrün gedeiht, verraten die Ursprungsplanung.





    Bald erreichen wir die Wilhelm-Franz-Straße. Seit 1983 ist sie nur noch der Straßenbahn vorbehalten.





    Nicht normgerechtes Straßenschild. Auch hier darf vermutet werden, dass es vor der 1903 erfolgten Eingemeindung Cottas angebracht wurde.




    Seit 1983 beherrscht der Bahnkörper der Straßenbahn-Neubaustrecke Cotta-Wölfnitz die Wilhelm-Franz-Straße auf ganzer Länge. Im Hintergrund sehen wir den Grund für den Bau der Gleistrasse: ein gewisses infamöses Plattenbaughe...biet.





    Nach Passieren der Haltestelle „Wilhelm-Franz-Straße“ nahmen die Kraftomnibusse das letzte Reststück bis zum Endpunkt an der Blumenthalstraße unter ihre sechs Räder.




    Wir nähern uns der Kreuzung der Gottfried-Keller-Straße.




    Gottfried-Keller-Straße. Durch diese verkehrt heute die Linie 70, die sogar eine Haltestelle „Weidentalstraße“ vorweisen kann. Der Straßenbahnendpunkt befand sich unmittelbar dahinter zwischen Hörigstraße und Steinbacher Straße. Ende der 1940er Jahre wurde er sicher aus verkehrstechnischen Gründen ums Eck in die Hörigstraße verlegt und trug bis zum Ende der Cottaer Schleife 1995 diesen Namen.




    Blick zurück: Nordwestliches Eckhaus Weidentalstraße/Gottfried-Keller-Straße im Einst-Jetzt-Vergleich.





    Nicht mehr weit ist es bis zum Endpunkt der „J“ an der Blumenthalstraße. Die Busse bogen zur Schleifenfahrt in die Abendrothstraße ein, die seit 1946 Heinz-Steyer-Straße heißt.




    Nun ging es links für ein kurzes Stückchen in die Hörigstraße. Man kann sich lebhaft ausmalen, welch ohrenbetäubendes Gedröhn die mächtigen Büssing-Dreiachser in den engen Straßen fabriziert haben müssen.




    Endpunktbereich in der Blumenthalstraße, seit 1946 Arthur-Weineck-Straße, nahe der Steinbacher Straße.




    Schließen möchte ich mit einem kurzen Ausblick und einem etwas neuzeitlicheren verkehrshistorischen Exkurs. 1931 findet man die „J“ bereits verlängert den Berg hinauf nach Omsewitz. Dabei wurde die Einrichtungsfahrt durch die Abendroth- und Blumenthalstraße wie gehabt beibehalten, allerdings natürlich nunmehr in die bzw. aus der Steinbacher Straße. Dem Busverkehr nach Omsewitz werde ich mich in einem gesonderten Kapitel widmen.


    ---Exkurs---


    Als 1976 die alte Linie 74, zuletzt nur noch ein Berufsverkehrs-Anhängsel der 80 (wir kommen auf die Linie im Omsewitz-Beitrag zurück) in E80 umgetauft und zur Grillparzerstraße verlängert wurde, da war eine Schleifenfahrt unabdingbar, die durchaus gewisse Parallelen zur alten „J“ aufwies. Die Busse fuhren wie die Stamm-80 Richtung Omsewitz zunächst durch die Steinbacher zur Gottfried-Keller-Straße (hier links). Dann bogen sie in die Gottfried-Keller-Straße ein und folgten damit der Straßenbahn-Gleisschleife.




    Gottfried-Keller-Straße. Bis Ende der 1940er Jahre befand sich hier bis zur Verlegung in die Hörigstraße der Straßenbahn-Endpunkt der Linie 18.




    Die Einsatzwagen bogen nun aber nicht wie die Straßenbahnen der 2 bzw. 17 nach links, sondern nach rechts in die Hörigstraße ein, wo sie dann auf Höhe Heinz-Steyer-Straße ihre wohlverdiente Wendezeit verbrachten. Zwar wurden Fahrgäste bis hierhin mitgenommen, ein Einstieg war aber erst an der Grillparzerstraße wieder möglich.




    An der Arthur-Weineck-Straße, unserer Blumenthalstraße, ging es dann haarnadelscharf nach rechts in die Steinbacher, wohlgemerkt noch fahrgastfrei.




    Dabei wurde das leider durch dichten Bewuchs verdeckte schöne spitze Eckhaus zwischen Hörig-und Steinbacher Straßen fast komplett umrundet. Früher beherbergte es eine der vor allem in den Arbeitervierteln zahllosen Eckkneipen. Anekdote am Rande: Seit einigen Jahren verfügt die 80 über eine neue Haltestelle Arthur-Weineck-Straße, nur einen Katzensprung vom alten Busendpunkt Blumenthalstraße entfernt!





    Nun musste die E80 nur noch zur Grillparzer zurück, um ihre ungeduldig wartenden Fahrgäste aufzusammeln. In Schlüpferrosa das Turmhaus Cotta.




    Diese konnten auf ein Linienschild zurückgreifen, das sogar eine Haltestellenliste aufwies. Beachtenswert ist der Rechtschreibfehler im Straßennamen der Grillparzerstraße – der sich als sehr langlebig erwiesen hat, wie wir noch sehen werden.





    Weiter demnächst.

  • Von Altcotta nach Omsewitz (Teil I)

    Wir verbleiben in Cotta, wechseln aber zunächst einmal den Standort und begeben uns ins historische Ortszentrum.


    Seit 1909 verband eine Verzweigung der Linie 7 ab Friedhof Löbtau über Kronprinzen- und Lübecker Straße Altcotta mit dem Stadtzentrum. Später wurde die Strecke erst durch die Linie 13, dann die 20 übernommen und 1927 durch die Cossebauder bis zur Warthaer Straße verlängert.


    Nach dem Krieg war hier jahrzehntelang die Linie 8 beheimatet, dann überschlugen sich die linientechnischen Ereignisse kurzzeitig: 1995 folgte die 14, ab 2000 war es schließlich (bis heute) die 12, die die Quererschließung nach Cotta übernahm. Anzumerken wäre allerdings noch, dass die Strecke im Jahre 1998 vor dem schon beschlossenen Aus stand. Gleichzeitig mit der Straßenbahn über die Tharandter Straße nach Coschütz sollte auch die Cottaer Querverbindung dran glauben und durch eine Verlängerung der 61 nach Cossebaude ersetzt werden, die gleichzeitig die 94 beerbt hätte. Altcotta wäre dann tatsächlich zu einem reinen Busknoten verkommen. Womit wir wieder beim eigentlichen Thema wären.




    Das letzte reguläre Linienschild der 14 von 1995. Fast wäre es nur bis Oktober 1998 gültig gewesen. Im Jahre 2000 entfiel die Nummer, seitdem endet der Katalog der Dresdner Straßenbahnlinien bereits bei der 13.



    Genug der trüben Gedanken, denn mittlerweile genießt die fast geexte Straßenbahnstrecke nach großzügigen Ausbauten und Sanierungen gottseidank Bestandsschutz. KOM-Verkehr sah Altcotta erst 1952. Zur besseren Erschließung des Übigauer Trafowerks wurde eine neue Linie F (ab 1965: 74) eingeführt, die zwischen Altcotta und der Scharfenberger Straße in Übigau verkehrte. Hauptaufgabe der Linie war das Herankarren der zahlreichen im Westen wohnenden Arbeiter von den Straßenbahnlinien 8 (in Altcotta) und 18/19 (an der Hamburger Straße) zum Werksgelände. Bis zum Niedergang der Industrie nach 1989 galt es hier zum Teil immense Transportaufgaben zu bewältigen.



    Auszug aus dem „Haltestellen- und Fahrzeitenverzeichnis“ der DVB von 1956. Diese wurden von den Verkehrsbetrieben für das Fahrpersonal herausgegeben und vermerkten auch die Einrückewege der Linien. Unsere „F“ wurde also vom Bushof Naußlitz bestückt.



    Im 1958er Fahrplan taucht die „F“ erstmals verlängert nach Omsewitz auf. Damit wurde der 1945 eingestellte Omnibusverkehr über die Steinbacher Straße wieder aufgenommen, nunmehr allerdings von Norden kommend und ohne direkte Anbindung an das Stadtzentrum. Damit ist es bis heute geblieben.





    Noch Ende der 1950er Jahre wurde die 74 zum Riegelplatz verlängert und bot somit eine Querverbindung nun auch zur Buslinie B, Vorläuferin der 71 und 91. Hier der Fahrplan von 1960:




    Seit 1965 hieß die „F“ mit Einführung der Busliniennummern “74“. Fahrplan von 1969.




    Eine Revolution erlebte der Omnibusverkehr im Dresdner Nordwesten mit der Durchbindung der Linie 80 von Klotzsche und dem Wilden Mann kommend durch Trachau, Mickten und Übigau nach Omsewitz. Die 74 fungierte nunmehr als Verstärkerlinie zur 80 und ging schließlich in der E80 auf. Hier noch einmal das Linienschild der 80 aus der Mitte der 1970er Jahre.





    Neben der „richtigen“ E80 Wilder Mann – Cotta gab es auch weiterhin Verstärkungswagen nur für die TuR-Mitarbeiter, die zwischen Riegelplatz und Altcotta, später Cotta (Grillparzerstraße), pendelten und bedarfsweise eingesetzt wurden. Sie entsprachen damit so ziemlich der historischen 74. In den regulären Fahrplänen für das geneigte Publikum tauchten sie jedoch nie auf. Man kann sich heute kaum noch vorstellen, welch chaotische Zustände damals im Berufsverkehr herrschten, wenn sich um die Plätze in den Busse förmlich geprügelt wurde, obwohl sie zum Teil stoßweise fuhren. Da half natürlich auch nicht, dass die 80 und E80 in aller Regel mit kurzen Bussen verkehrten! Wenigstens hatten die Verstärkungswagen richtige massive Linienschilder, aber mit zwei Vorderseiten ohne Haltestellen.



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    Soviel erst einmal zur historischen Theorie und damit weiter auf der praktischen Besichtigungstour, die wir natürlich auch mit einigen Vorkriegsvergleichen garnieren werden. Es lohnt sich, denn Altcotta wurde bei den Angriffen schwer getroffen und zeigt noch heute schwere Kriegswunden. Aktueller Blick vom Rathaus Cotta nach dem Gymnasium, ehemals 34. Bezirksschule (Erlwein 1911).




    Historische Postkarte, Blick vom Rathausturm. Die gesamte Bebauung des alten Dorfkernes zwischen Tonberg- und Raymundstraße fiel den Bomben zum Opfer. Seit der Enttrümmerung befindet sich hier eine recht nutzlose Rasenfläche.




    Blick auf das 1899 bis 1901 errichtete mächtige Rathaus. Lange konnte sich die Gemeinde Cotta nicht daran erfreuen, denn schon 1903 war es vorbei mit der Eigenständigkeit. Später beherbergte das Rathaus die Verwaltung des Stadtbezirks West und heute die des Ortsamtes Cotta. Links der „Frosch“, letzter Rest der Ursprungsbebauung des Dorfkerns und ehemals Gasthof Cotta.




    Detail des Rathausturms.




    Gasthof Cotta von der Lübecker Straße gesehen.




    Der eigentliche Platz „Altcotta“. Auch hier sind die Kriegslücken unübersehbar.




    So fehlt die komplette Eckbebauung von Cossebauder und Hebbelstraße.




    Noch heute existiert der alte Busendpunkt an der Einmündung der Hebbelstraße (im Hintergrund), wird aber kaum noch genutzt. An dieser Stelle endete 1952 bereits die „F“.




    Ein weiteres Vergleichsmotiv. Noch existiert die alte Cottaer Schule, die dem Erlweinschen Schulneubau weichen musste. Deren Südflügel zeigt sich mittlerweile frisch saniert.





    Die alte Schule aus der Nähe.




    Blick auf Altcotta um 1900. Von den im Vordergrund zu sehenden Häusern existiert nur noch das Eckhaus ganz links.




    Vor dem Gymnasium Cotta hält ein Gelenkbus der Linie 70. Diese verkehrt hier seit 2000.




    Ein letzter Blick über den Cottaer Dorfkern vor der Zerstörung. Die Schule wird im Volksmund wegen des unübersehbaren Wandbildes auch „Rübezahlschule“ genannt. Nach Kriegszerstörungen vereinfacht wieder aufgebaut, beherbergte sie danach die 34. POS, seit 1992 befindet sich hier das Gymnasium Dresden-Cotta.




    Zurück zum Thema, und Ende des Beitrags. Ums Eck biegt eine aus Omsewitz kommende 80. Wir werden die Gegenrichtung antreten und uns nun dem Omsewitzer Ast selbst etwas näher widmen.


  • Von Altcotta nach Omsewitz (Teil II)

    Sprung zurück zum Turmhaus Cotta. Neben einer wahrhaft ins Auge stechenden Fassadenfarbe bietet es heute anatolische Gaumenfreuden feil.




    Eine der unvermeidlichen Lithographien der Jahrhundertwende.




    Blick aus der Grillparzer in die Steinbacher Straße. Von 1928 bis 1995 führte hier die blockumfahrende Gleisschleife zur Gottfried-Keller-Straße und Hörigstraße entlang. Die „18“ hat fast ihren Endpunkt erreicht.





    Wo zum Geier liegt Grillparz? Man erinnere sich an den erwähnten Rechtschreibfehler auf dem E80-Schild, der scheinbar recht hartleibig zu sein scheint.




    Für uns geht es nun den Hang hinauf nach Omsewitz. An der Kreuzung mit der Gottfried-Keller-Straße halten wir uns rechts.




    Wieder am Zwickel von Hörig-, Arthur-Weineck- (Blumenthal-) und Steinbacher Straße blicken wir auf den uralten Endpunkt der Linie „J“ von 1929.




    Für diese ging es schon ab Ende 1929 ebenfalls den Berg hinauf nach Altomsewitz. Mit Kriegsausbruch wurde die Linie sukzessive verkürzt und pendelte ab Ende 1941 nur noch zwischen Gottfried-Keller-Straße (Anschluss zur Straßenbahnlinie 18) und Omsewitz mit stark reduziertem Fahrplan. Damit war mit dem 13. Februar 1945 Schluss, und erst 1958 fuhren wieder Busse den Gorbitz/Leutewitzer Hang hinauf. Hier der Winterfahrplan von 1942.




    Haltestelle Arthur-Weineck-Straße. Sie gibt es erst seit Ende 2006.




    Ein letzter Blick die Steinbacher Straße hinunter.




    Die nächste Haltestelle befindet sich auf Leutewitzer Territorium an der Gorbitzer Straße. Blick auf einen sanierten Wohnblock aus den Endzwanzigern mit der stadtwärtigen Haltestelle. An deren Lage hat sich seit 1958 nichts geändert.




    Gleiches gilt für das landwärtige Pendant hinter der Einmündung der Gorbitzer Straße.




    Blick in die Gorbitzer Straße, die am Friedhof vorbei in den Gorbitzer Ortsteil Weidental führte und heute am Leutewitzer Ring im Neubaugebiet endet.




    Um 180 Grad gedreht: Die Leutewitzer Windmühle mit dem Volkspark Leutewitz im Hintergrund.




    Erbaut wurde die Mühle 1839 und bereits seit 1844 existierte hier eine Gastwirtschaft. Der Mahlbetrieb endete 1914 mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs.




    Die „J“ hielt übrigens ein paar Schritte weiter „Am Leutewitzer Park“, bis zur Eingemeindung von Leutewitz 1921 ebenfalls Gorbitzer Straße genannt. Nächste Haltestelle für den Vor- und Nachkriegs-Busbetrieb: Altburgstädtel. Die Haltestelle Lise-Meitner-Straße dazwischen ignorieren wir, denn sie entstand erst Ende der 1980er Jahre.




    Blick hinein nach Altburgstädtel. Der aus einer mittelalterlichen Wallanlage (daher der Name) entstandene Flecken Burgstädtel wurde 1905 nach Omsewitz eingemeindet und gelangte über dieses 1930 nach Dresden. Als eigenständiger Stadtteil wird er heute kaum noch wahrgenommen.




    Ehemaliger Gasthof Fritzsche, links Altburgstädtel, rechts die Gompitzer Straße.




    Die brachliegenden Gärtnereien südlich der Gompitzer Straße wurden in den letzten Jahren mit Eigenheim-Wohngebieten bebaut. Hier am Liebstöckelweg.




    Am Adalbert-Stifter-Weg. Die gleichnamige Haltestelle im Hintergrund liegt in der Wendefahrt und wird nur stadtwärts bedient.




    Zum Endpunkt geht es rechts herum nach Altomsewitz.




    Postkarte mit Omsewitzer Motiven. Links unten das Gemeindeamt.




    Dieses ist verschwunden und musste dem nichtssagenden Neubauwürfel weichen.




    An der Haltestelle Altomsewitz darf nicht mehr zugestiegen werden. Hier endete die Vorkriegslinie „J“ und kehrte über den noch immer erkennbaren Wendeplatz im Hintergrund.




    Ehemaliger Buswendeplatz der J“, genutzt gerade einmal für reichlich 15 Jahre zwischen Ende 1929 und dem 13. Februar 1945.




    Die verlängerte „F“ endete ebenso wie ihre Nachfolger an der Ziegeleistraße ums Eck und nutzte die noch heute aktuelle Wendefahrt zurück über Freiheit und Gompitzer Straße. Der großzügige Endpunktbereich zeigt sich am Wochenende verwaist. Anfang der 1990er Jahre herrschte hier im Berufsverkehr noch Hochbetrieb…




    …denn Ende der 1980er Jahre wurden mit dem Baufortschritt im Neubaugebiet Gorbitz die Fahrten der Linie E80 nach Omsewitz verlängert. Dies bot bisweilen einen Bus aller 7/8 Minuten im Berufsverkehr. Ich besitze ein Linienschild von 1994.





    1995 wurde aus der E80 die 79, die gleichzeitig die 71 in Pieschen ersetzte. Die 79 blieb in den fünf Jahren ihres Bestehens eine reine Berufsverkehrslinie. Seit 2000 befährt an ihrer Stelle die 70 die Relation zwischen Cotta und Pieschen, mittlerweile sogar ganztägig. Dafür wurde der Verkehr nach Omsewitz erheblich ausgedünnt: Statt aller zehn Minuten im Berufsverkehr schaut hier nur noch aller zwanzig Minuten eine 80 vorbei, am Wochenende gar nur noch aller halben Stunden. Es hat auch seine Nachteile, im Grünen zu wohnen.





    Zum Abschluss schauen wir uns abseitig jeder Kraftomnibusromantik noch einmal in dem sehr lauschigen Omsewitzer Ortskern um. Im Gehöft Altomsewitz 11 hatte der „Dresdner Verein der Kinderfreunde“ seinen Sitz und betrieb ein Kinderheim.





    Historisches Straßenschild an der Fassade, Anfang der dreißiger Jahre.




    Blick zur Kümmelschänke, in der wir erst einmal einkehren.




    In der Kümmelschänke studieren wir den Stadtplan von 1938 und den Haltestellenplan von 1981. Ersterer zeigt die „J“ bis nach Omsewitz, letzterer die 80 bis Omsewitz und eine weitere hiesige Linie, die uns im nächsten Beitrag noch eingehender beschäftigen wird.



  • Von Omsewitz zur Gottfried-Keller-Straße

    Im nächsten Beitrag werden wir uns einer weiteren westdresdnerischen Busspezialität widmen, die bis heute eine erstaunliche Beharrlichkeit an den Tag gelegt hat. Doch zunächst schauen wir uns noch einmal in Altomsewitz und im Omsewitzer Grund um.



    Die Kümmelschänke ist immer eine Empfehlung wert.




    Das Gasthaus wurde schon 1737 erstmals erwähnt. Wie die Postkarte zeigt, hat es in der Vorkriegszeit noch erhebliche Ausbauten erfahren.




    Anspruch und Wirklichkeit: Von den Besitzern mondän „Rosengarten“ genannt, vom Volksmund als „Kümmelschänke“ verballhornt. Kein Zweifel, wer sich hier wie so oft durchgesetzt hat…




    Altomsewitzer Motive. Der abseitig gelegene Dorfkern dürfte zu den besterhaltenen und schönsten des Dresdner Stadtgebietes zählen.






    Historisches Portal in Altomsewitz.




    Blick in den Omsewitzer Grund mit mutmaßlicher Bewohnerin der Kümmelschänke.




    Auf selbige blicken wir noch einmal zurück, während wir den Abstieg wagen.




    Fachwerkhaus im Omsewitzer Grund.




    Blick hinauf nach Altburgstädtel 18. Im dortigen Grundstück haben sich Reste des Burgwalls erhalten.




    Da läuft einem doch in Anbetracht der anstehenden Weihnachtszeit das Wasser im Munde zusammen…




    Blick zurück in den Omsewitzer Grund. Den Dresdner Westen assoziiert man weitgehend mit der Präsenz des unsäglichen Neubaugebiets, dabei bietet er einige der schönsten und idyllischsten Ecken der Stadt.




    Mittlerweile mal wieder unter Regenbegleitung erreichen wir die Warthaer Straße. Oho, ein Haltestellenschild…




    …nämlich das der Haltestelle Martin-Opitz-Straße der Linie 92 von und nach Ockerwitz. Zeit für etwas einschlägige Linienkunde.


    Die 92 entstand 1967 zwischen Cotta (Warthaer Straße) und Ockerwitz und trug daher nie eine Buchstabenbezeichnung. Der erste „Fahrplan“ vom 1.11.1967 zeigt das zu Beginn doch noch sehr überschaubare Fahrtenangebot, das eher einer Regional- denn einer Stadtbuslinie entsprach, als eine einfache Auflistung der Abfahrten.




    Sprung ins Jahr 1989. Der Cottaer Endpunkt erschien alsbald unter der Bezeichnung „Gottfried-Keller-Straße“ oder auch „Roquettestraße“, wo sich noch heute der nominelle Endpunkt befindet. Eigentlich auch Wurst, denn die Haltestelle „Gottfried-Keller-Straße“ der Straßenbahn liegt gleich ums Eck. Die Fahrtenhäufigleit hat schon deutlich zugenommen. Heute ist die Linie auch am Wochenende aller halben Stunden unterwegs.




    Wir gehen die Warthaer Straße hinunter Richtung Leutewitz. An der Weststraße.




    Am Lehmberg links (dieser hieß bis zur Eingemeindung von Leutewitz und Briesnitz 1921 Briesnitzer bzw. Omsewitzer Straße) befinden wir uns im „Dreiländereck“: Linkerhand von „Am Lehmberg“ bereits Briesnitz, vor uns Leutewitz, wir stehen noch auf Omsewitzer Flur. Wir trennen uns von der 92, die nach Briesnitz heineinfährt, und statten dem Leutewitzer Dorfkern einen Besuch ab.




    Hierzu geht es steil die Warthaer Straße hinunter. Die Leutewitzer Schule (heute 75. Grundschule) liegt malerisch am Hang. Das heutige Erscheinungsbild stammt von 1911. Nicht umsonst hieß die Warthaer Straße hier vor der Eingemeindung Schulstraße.




    Blick hinein nach Altleutewitz, im „Heute-damals-Vergleich“.





    Gleiches für diese Ansicht des gut erhaltenen Dorfkerns, der ebenfalls sehr sehenswert ist, auch wenn er diesbezüglich vielleicht nicht ganz an Altomsewitz herankommt.





    Altes Trafohäuschen im Leutewitzer Dorfkern.




    Nur einen Steinwurf ist es vom Dorfplatz bis zur seit 1927 bestehenden Straßenbahnendstelle. Zunächst aber noch dieser malerische Blick zurück durch die Warthaer Straße. Rechts hinter dem sichtbaren Haus befand sich ehemalige Gasthof.




    Dieser wurde leider abgerissen, heute stehen hier nichtssagende Einfamilienhäuser. Ein Postkartenmotiv aus besseren Tagen.




    An der Gleisschleife Leutewitz. Die ursprüngliche Umsetzanlage befand sich bereits an der Stelle der heutigen doppelgleisigen Haltestellenanlage. Die Schleife selbst entstand erst 1969 auf einer Wiese unterhalb des Dorfkerns, vorher mussten die hier damals verkehrenden Linien 8 und 18 noch umsetzen. Bei genauem Hinsehen kann man am Haltestellenschild auch einen gewissen Bus- und damit Themenbezug erkennen: Hier fährt seit 2009 das Alita 97 zur Zschonergrundmühle ab – wenn man es denn rechtzeitig bestellt hat!




    Von 1969 bis 1990 war die Schleife Heimstatt der Linien 8 und 14. Dazu einmal zwei klassische 70er-Jahre-Schilder aus meinem Fundus. Die 14 kehrte noch einmal von 1995 bis 2000 zurück, aber als Ersatz für die 8 über Löbtau und Altcotta.







    Noch immer eingleisig ist das Reststück zwischen Gottfried-Keller-Straße und Leutewitz. Ein zweigleisiger Ausbau ist aber geplant. Wir springen zur Gottfried-Keller-Straße, wo wir wieder auf Omnibusse treffen.




    Nur wenige Schritte vom noch sehr dörflichen Leutewitz entfernt herrscht hier in Nordcotta wieder städtische Atmosphäre. Der kleine Platz am Zusammentreffen von Warthaer, Gottfried-Keller- und Weistropper Straße ist bis heute namenlos.





    Hier hat alles seine Ordnung: Fein sortiert treffen sich hier seit 2009 die Linien 91, 92, 93 und 94. Die drei ersteren werden von SATRA Eberhardt gefahren, die 91 und 93 auch in Eigenlizenz, während die 92 traditionell DVB-gelb daherkommt.




    Die 94 ist bekanntlich der Ersatzverkehr für die 1990 stillgelegte Straßenbahnlinie 1 nach Cossebaude.




    Mittlerweile ist die 1 daher seit 26 Jahren in Leutewitz heimisch.




    Zum Abschluss widmen wir uns noch einmal der 92, dem Platzhirsch an dieser Stelle. Noch immer enden die Fahrten in der Roquettestraße ums Eck, die ja auch bis 1941 Straßenbahnverkehr gesehen hatte. Am Wochenende zeigt sich die Endstelle der drei SATRA-Linien aber weitgehend verwaist.




    Die 92 ist ein lebender Anachronismus, ist sie doch die einzige traditionelle Dresdner Vorstadtbuslinie, an deren Fahrtweg sich seit Beginn nichts geändert hat. Die beiden zum Abschluss gezeigten Linienschilder, jeweils mit identischen Vorder- und Rückseiten, stammen von 1975 und 1989/90. Beide könnte man auch heute noch ohne Gewissensbisse in einen Bus hängen, denn die gebotenen Informationen hätten alle noch Gültigkeit!





    Schönen Restsonntag!

  • Von Löbtau nach Naußlitz, Dölzschen und Roßthal (Teil I)

    Wir bleiben für die aktuelle Beitragsreihe im Dresdner Westen und klettern wieder an der Bünaustraße aus unserer heimischen Linie 7, um uns auf die Spuren des KOM-Verkehrs im Löbtauer Süden, nach Altnaußlitz und den angrenzenden Vororten zu begeben. Vorab vielen Dank an Herrn Elbertzhagen, der mir mit fehlenden Informationen zu den betroffenen Buslinien aushelfen konnte.


    Die Relation Löbtau - Naußlitz kann bereits auf eine lange Tradition zurückblicken. Die Gegend um den damaligen Nostitz-Wallwitz-Platz (später Clara-Zetkin-Platz, heute Bonhoefferplatz) erhielt am 12. Dezember 1928 ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk, als ihre eine direkte Anbindung an das Dresdner Nahverkehrsnetz kredenzt wurde. Die neue Linie K verkehrte von der Haltestelle Tharandter Straße kommend über Kesselsdorfer und Reisewitzer Straße zum Nostitz-Wallwitz-Platz (genau so wie die heutige Linie 90 oder die Freitaler Linie A), in der Gegenrichtung wurde eine Wendefahrt über Schilling- und Tharandter Straße zur Kesselsdorfer vollführt, also in Gegenrichtung zur Wende der heutigen Linie A. Weiter ging es die Wallwitzstraße hinunter bis zur Rabenauer Straße.


    Linie K im Stadtplan zum Straßenverzeichnis der Städtischen Straßenbahn 1929. Unklar bleibt die Wendemöglichkeit an der Rabenauer Straße. Vermutlich gab es hier eine Schleife auf dem damals noch unbebauten Südwest-Eckgrundstück.


    Lange allerdings konnten sich die Löbtauer nicht an ihrem neuen Verkehrsmittel erfreuen, denn bereits ein Vierteljahr später wurde unsere K schon wieder eingestampft, vermutlich mangels Fahrgästen. Kein Wunder, war doch die westliche Wallwitzstraße (heute Clara-Zetkin-Straße), die heute von Endzwanziger-Wohnbebauung geprägt ist, damals noch weitgehend häuserlos. Hätte die Städtische Straßenbahn doch einmal zwei, drei Jahre gewartet…


    Einige Jahre gingen ins Land, zahlreiche Häuser schossen im Löbtauer Süden und in Naußlitz aus dem Boden, die Börsen brachen zusammen, die Städtische Straßenbahn mutierte zur Dresdner Straßenbahn A.G., die Weimarer Republik wurde in den Grabenkämpfen zwischen Links- und Rechtsextremisten zerrieben und ein größenwahnsinniger Österreicher schwang sich zum selbsternannten Retter des deutschen Volkes, Reichskanzler und Führer auf, da wagte man einen neuen Anlauf, der diesmal etwas länger Bestand haben sollte. Eine Linie F, nicht zu verwechseln mit ihrem Nachkriegs-Namensvetter in Übigau und Cotta, wurde als Zwischenlinie zur „A“ eingeführt und verließ, ebenfalls vom Neustädter Bahnhof über Altstadt, Südvorstadt und Nossener Brücke kommend, die Stammroute in Löbtau gen Süden, diesmal aber nicht durch die Reisewitzer, sondern die Poststraße zum Nostitz-Wallwitz-Platz. Sie befuhr dann die Wallwitzstraße aber nicht fast bis zu deren Ende wie ihre von wenig Glück beflügelte Vorgängerin, sondern bog alsbald nach Süden in die Dölzschener Straße ab. Weiter ging es über die Wiesbadener Straße nach Altnaußlitz mit einem Endpunkt in Höhe Jochhöhstraße (Alfred-Thiele-Straße). Kommt bekannt vor? Kein Wunder, entspricht diese Route doch fast exakt dem Nachkriegsnachfolger in Form der 82/90. Doch dazu später mehr…



    Kraftomnibuslinie F auf einem Stadtplan von 1938.



    Der „F“ erging es bei Kriegsausbruch wie allen anderen KOM-Linien, sie wurde sukzessive aus dem Stadtzentrum zurückgezogen und auf einen reinen Zubringerverkehr zur Straßenbahn beschränkt. Zuletzt befand sich der stadtseitige Endpunkt an der Ecke Bünau-/Kesselsdorfer Straße, mit Wendefahrt zurück wie gehabt über die Poststraße. Die Parallelen zur Nachkriegs-„N“ (später 82) sind frappierend, denn exakt die gleiche Schleife, nur in der Gegenrichtung, befuhren die Busse von 1957 bis 1998, allerdings etwas eingekürzt mit einem standesgemäßen Endpunkt am Schillingplatz…



    Winterfahrplan der Line F von 1942, letzter Betriebszustand.



    Das abrupte Ende kam, wie für den gesamten Vorkriegs-Kraftomnibusverkehr der Dresdner Straßenbahn, am 13. Februar 1945. Auch wenn das durchfahrene Gebiet noch relativ glimpflich davonkam, so war an eine baldige Wiederaufnahme des KOM-Betriebes in den nicht vordergründige Priorität genießenden Randgebieten zunächst nicht zu denken. Es sollte bis 1957 dauern, dass wieder ein Omnibus den Naußlitzer Hang erklimmen sollte, nunmehr allerdings unter der Bezeichnung „N“…


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    Wir stehen an der Kesselsdorfer Straße und blicken in die Poststraße. Von 1934 bis 1941 bog hier die „F“ von der Tharandter Straße kommend ums Eck. Heute ist das Grundstück immer noch unbebaut, doch in der nächsten Umgebung schießen die Neubauten in den Kriegslücken wie Pilze aus dem Boden.




    Bis zur Zerstörung am 17. April 1945 befand sich hier die „Musenhalle“, eines der damals hochpopulären Konzert-, Tanz- und Vergnügungsetablissements für das gemeine Volk.




    Eine weitere Postkarte mit der „Musenhalle“ in der Nahansicht. In den Zwanzigern hatte es sich dann „ausgemust“, und nach diversen Zwischennutzungen zogen 1929 die „Li-Mu“ – kurz für „Lichtspiele Musenhalle“ – ein. Teile der Ausstattung konnten beim Angriff am 17. April gerettet werden und wurden dann im Gasthof Wölfnitz nachgenutzt, wo die berühmt-berüchtigte „Filmbühne“ entstand, die bekanntlich in den 80er Jahren ihrerseits in Rauch aufging…




    Wir folgen nicht der „K“ und damit der Reisewitzer, schließlich wird die seit den 1990ern wieder vom Omnibusverkehr recht ausgiebig in Beschlag genommen, sondern der seit Ende 1998 diesbezüglich befriedeten Poststraße und damit der Vorkriegs-„F“. Im Hintergrund die „Kellei“ – wenn wir schon einmal bei volkstümlichen Kurzbezeichnungen sind.




    Blick über das „Gru-Mu“, also das Grundstück der „Musenhalle“, hinüber zur im unteren Bereich von großformatigen Neubauten dominierten Kesselsdorfer.




    Bei der kürzlichen Sanierung der Poststraße wurden die Außenanlagen in dem seit Jahren nunmehr gewohnt hohen Dresdner Standard gemäß Gestaltungshandbuch ausgeführt und hinterlassen einen hervorragenden Eindruck. Die elektrifizierten Gaskandelaber bilden einen interessanten Kontrast zur immer weiter um sich greifenden Neubebauung der Bombenlücken. ich bleibe dabei: eine flächendeckende Verbreitung derartiger ortstypischer Stadtmöblierung würde selbst der Prager Straße etwas unverkennbar Dresdnerisches verleihen und auch in einem zeitgenössischen Ambiente in keinster Weise störend, dafür aber umso identitätsttiftender wirken…




    Verschiedenartige Neuinterpretationen der Löbtauer „Kaffeemühle“ auf der Westseite der Poststraße, zwischen Schillingplatz und Kesselsdorfer Straße. Trotz der modernen Einzelarchitekturen ergibt die Struktur der Bebauung durchaus ein traditionelles Löbtauer Straßenbild – Pflasterstreifen, Granitplatten und Dresdner Kandelaber tragen nicht unwesentlich dazu bei.




    Am Schillingplatz. Die „F“ befuhr im Normalzustand die Poststraße in beiden Richtungen. Die Nachkriegslinien (N bzw. 82 und 90) kamen uns auf ihrer Wendefahrt entgegen und bogen nach rechts zum Endpunkt auf dem Schillingplatz ab.




    Am Schillingplatz finden sich noch mehrere Vertreter nicht normgerechter historischer Straßenschilder. Die Benennung erfolgte 1893, also bereits vier Jahre vor der Eingemeindung Löbtaus nach Dresden. Daraus kann man mit relativer Sicherheit die Schlussfolgerung ziehen, dass es sich hierbei noch um die Löbtauer Originalausstattung aus den 1890er Jahren handeln muss, die Schilder also bereits seit Erbauung der Eckhäuser diese zieren. Ich finde es immer wieder beglückend, wenn verständnisvolle Hausbesitzer derartig wertvolle Geschichtsspuren bewusst erhalten.




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    Nahverkehrsexkurs: Heute ist es kaum noch vorstellbar, aber der Schillingplatz spielte jahrzehntelang eine herausragende Rolle im Dresdner Nahverkehrswesen. Anfang 1957 wurde mit der neuen Linie N Schillingplatz – Altnaußlitz der 1945 eingestellte Kraftomnibusverkehr nach Naußlitz auf im Vergleich zur letzten kriegsbedingten Konfiguration der Vorkriegs-„F“ fast unveränderter Route wieder aufgenommen. Die Löbtauer Wendefahrt wurde in der Richtung so gedreht, dass die Busse zuerst die Poststraße befuhren, dann zum Endpunkt auf den Schillingplatz einbogen und über die Otto-Franke-Straße (Bünaustraße) zum Clara-Zetkin-Platz (Bonhoefferplatz, vordem Nostitz-Wallwitz-Platz) zurückfuhren. Die „N“ im Fahrplanheft von 1957.




    Die „N“ wurde ab 2. November 1959 nach Altdölzschen verlängert. (Quelle: Sächsische Zeitung vom 30.10.1959 – Sammlung R. Elbertzhagen). Im Fahrplan von 1960 findet man sie entsprechend mit ihrer neuen erweiterten Linienführung, die bis 1998 unverändert bleiben sollte.




    1965 benannte man alle Buslinien neu, denn die Buchstabenkennungen hatten sich für das stark wachsende Netz als nicht ausreichend erwiesen. Aus der bisherigen „N“ wurde die „82“. Der Fahrplan aus demselben Jahr gibt zur besseren Orientierung noch die alten Bezeichnungen mit an.




    Schon ab 14.Mai 1964 gesellte sich zur bisherigen „N“ auch die neue Linie 90 nach Pesterwitz (Quelle: Sächsische Zeitung vom 13.5.1964 – Sammlung R. Elbertzhagen). Sie trug von Beginn an die Zahlenkennung, die auf die althergebrachten Buslinien im Folgejahr ausgedehnt wurde. Bis 1998 waren beide Linien engstens verzahnt und bildeten betrieblich eine Einheit, die Wagen wurden naturgemäß vom nahen Bushof Naußlitz gestellt. Anfänglich jedoch verkehrte die 90 noch bedeutend seltener als die nunmehrige 82, später wurden die Takte vereinheitlicht. Auch hier der Fahrplan aus dem 1965er Heft.




    Dem 1965er Fahrplanheft lag erstmals ein Netzplan bei, der die Buslinien mit ihren neuen Benennungen zeigt. Anfänglich war er noch geografisch exakt gestaltet. Ein Ausschnitt mit den Löbtauer Linien.




    Fahrpläne beider Schillingplatz-Linien aus dem Heft für das Fahrplanjahr 1989/90.





    Mit dem Endpunkt am Schillingplatz, der in kurzer fußläufiger Entfernung von der Straßenbahnhaltestelle „Bünaustraße“ (1962-1993 „Otto-Franke-Straße“) entfernt lag, sparte man sich die Drehung über die schon damals viel befahrene Kesselsdorfer und besaß zudem einen bequemen Abstellplatz für das Verbringen der Wendezeit. Die Busse nahmen hierfür die Südfahrbahn des Platzes in Beschlag.





    Die Mittelinsel wurde dereinst von einer großzügigen Wartehalle beherrscht, die Busbahnhof-Atmosphäre verströmte. Insgesamt existierten auf der Südfahrbahn drei Haltestellen hintereinander: eine Ankunftshaltestelle, die Abfahrt der 90 Richtung Pesterwitz und als letzte im Defilee an der Ecke zur Otto-Franke-Straße (bis 1962 und wieder ab 1993 Bünaustraße) die Abfahrtstelle der 82 nach Altdölzschen. Man kann sich kaum noch vorstellen, welche Menschenmassen hier einst im Berufsverkehr ungeduldig auf die Abfahrt ihres jeweiligen Busses warteten.




    Mehr zu den beiden Linien dann in den entsprechenden späteren Beiträgen. Wir kehren zu unserer stadtgeschichtlichen Streckenbegehung zurück.


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    Neugierig wird die neueste Attraktion des Schillingplatzes in Beschau genommen.




    Wir verlassen den Schillingplatz und biegen wie dereinst die 82 und 90 ums Eck in die Bünaustraße ein.




    Bünaustraße 18 bis 22. Die vom Gemeinnützigen Bauverein errichtete Häusergruppe zeigt sich zurückgesetzt von der Umgebungsbebauung. mit großzügigem Vorgarten.




    Rückblick in die Bünaustraße an der Ecke zum gleichnamigen Platz, dessen Namensgeschichte exakt der der gleichnamigen Sprache entspricht. Wir wechseln wieder hinüber zur Poststraße.




    Auf dem Bünauplatz. Auch dieser zeigt sich mit üppigem Grün. Die Löbtauer Gründerzeitplätze geben eine entfernte Ahnung, wie es einst in weiten Teilen der Johannstadt, Südvorstadt oder Pirnaischen Vorstadt ausgesehen hat.




    Bünauplatz/Poststraße. Blick zurück nach Norden in Richtung Kesselsdorfer Straße.




    Bünauplatz auf einer zeitgenösssischen Postkarte.




    Historisches Straßenschild mit Zusatzschild an der Poststraße/Ecke Anton-Weck-Straße. Diese Kombination entspricht bereits der damaligen Dresdner Norm.




    Überall entstanden bzw. entstehen neue Würfel, die die mittlerweile sporadischer werdenden Bombenlücken füllen. Mittlerweile ist das Ortsbild fast wieder auf dem geschlossenen Vorkriegsniveau.




    Dann erreichen wir mit dem heutigen Bonhoefferplatz das grüne Herz des Stadtteils und eine der wohl schönsten historischen Platzanlagen in Dresden überhaupt. Der üppige Bewuchs lässt ein Fotografieren aus Straßenperspektive nur schwer zu. Hier die Nordseite des Platzes an der Ecke zur Poststraße.




    Südseite. Der 1891 angelegte Platz hieß ursprünglich Nostitz-Wallwitz-Platz und wurde 1956 in Clara-Zetkin-Platz umbenannt. Seit 1993 trägt er den Namen Bonhoefferplatz. Die 82/90 durchfuhr seine Westfahrbahn auf ihrer Wendefahrt zum Schillingplatz ohne Halt, heute verfügen die aus der Reisewitzer Straße kommenden Buslinien über eine barrierefreie Haltestellenanlage in Platzmitte.



    Historische Postkartenmotive des damaligen Nostitz-Wallwitz-Platzes. Die Begrünung ist heute wesentlich dominanter als damals und gibt dem Platz ein parkartiges Gepräge.





    Weiter im nächsten Beitrag.

  • Von Löbtau nach Naußlitz, Dölzschen und Roßthal (Teil II)

    Blick in die Clara-Zetkin-Straße, der wir nun zunächst auf den Spuren der kurzlebigen „K“ von 1928/29 bis zu deren Endpunkt folgen werden.




    Straßenschildkombination. Im Gegensatz zum bis 1993 gleichnamigen Platz wurde die ehemalige Wallwitzstraße nicht umbenannt und trägt weiter ihren Namen von 1956, aus jenem Jahr dürfte auch das Straßenschild stammen. Das Zusatzschild wiederum ist noch das Original, das Erläuterungsschild entspricht allerdings keiner Norm und stammt mit Sicherheit auch aus DDR-Zeiten.




    Abschied vom Bonhoefferplatz. Südwestecke zur Clara-Zetkin-Straße.




    In nach wie vor bedauernswertem Zustand befindet sich das Eckhaus Clara-Zetkin-/Bünaustraße. Bis 1998 kamen die Busse vom Schillingplatz durch letztere, um dann in die Clara-Zetkin-Straße einzubiegen. Ab hier ging es in beiden Richtungen gemeinsam weiter, und nun folgt auch die aktuelle 90 der historischen Route.




    Das Haus hat schon deutlich bessere Zeiten gesehen. Südlicher Eingang der Bünaustraße an der Wallwitzstraße, historischer Vergleich.




    Kurzer Abstecher: Von bemerkenswerter Architektur sind die Häuser Bünaustraße 39-41. Sie zeigen sich leicht zurückgesetzt von der Bebauungskante mit einer in der Dresdner Architektursprache äußerst außergewöhnlichen Pergola im Erdgeschoss.




    Zurück zur Clara-Zetkin-Straße mit der gleichnamigen Bushaltestelle, die seit 1998 nur noch durch die Linie 90 bedient wird.





    Am Eckhaus zur Klingestraße finden wir wieder ein sehr hübsches Straßenschild, das mutmaßlich aus vordresdnerischer Zeit stammen dürfte.




    Genau gegenüber der Einmündung der Dölzschener Straße liegt die heutige 35. Oberschule, erbaut 1899/1900 als XIV. Bürgerschule.




    Bus der Linie 90 in der Clara-Zetkin-Straße. Er wird sogleich in die Dölzschener Straße abbiegen.




    Eckhaus Clara-Zetkin-/Dölzschener Straße. Für den Bus geht es hier seit 1934 ums Eck und bergauf in Richtung Naußlitz. Wir folgen zunächst der „K“ weiter geradeaus auf der ehemaligen Wallwitzstraße.




    Heute beherbergt das Eckgebäude eine Versicherungsagentur, ehemals die „Wallwitzburg“.




    35. Oberschule. Dichter Baumbewuchs verdeckt heute die schöne Fassade.




    XIV. Bürgerschule in voller Schönheit kurz nach der Errichtung.




    Direkt benachbart liegt noch immer die Löbtauer Feuerwache, in funktionaler Architektursprache allerdings stark überformt.




    Historischer Vergleich. Interessant ist vor allem der rustikale Schlauchturm.




    Fernblick die Clara-Zetkin-Straße hinunter bis zu den ehemaligen Konsum-Gebäuden an der Fabrikstraße.




    Das ehemalige Casanova-Zigarettenwerk, Wallwitzstraße 33.




    Die 1935/36 nach Plänen von Rudolf Kolbe errichtete Hoffnungskirche an der Ecke Deubener Straße/Clara-Zetkin-Straße, einer der ganz wenigen Sakralbauten Dresdens aus der NS-Zeit.




    „Gleichnis vom verlorenen Sohn“ an der Hoffnungskirche.




    Großzügige Sozialwohnungsbauten vom Ende der zwanziger Jahre dominieren die westliche Clara-Zetkin-Straße. Zu beachten die Straßenschilder an der Ecke, die zeigen, dass die Deubener, Malter- und Rabenauer Straße südlich zur gleichsam bis zur Kölner Straße und Altnaußlitz verlängerten Frankenbergstraße durchgebunden werden sollten. Diese Situation ist auch auf den Stadtplänen der zwanziger und dreißiger Jahre dargestellt, doch dazu ist es nie gekommen. Stattdessen dominieren heute ein Garagenkomplex und Kleingärten die geplante Stadterweiterung südlich der Clara-Zetkin-Straße.





    Wir haben den Endpunkt der unglücklichen Linie K an der Rabenauer Straße erreicht.




    Vermutlich erfolgte die Wendefahrt auf dem heute von einem Wohnkomplex überbauten Grundstück an der Südwestecke der Kreuzung. An der Rabenauer Straße wurde diese in Hinblick auf die geplante Südverlängerung bereits angelegt, verebbt aber kurz darauf im Nichts (auf dem Bild links).




    Naturgemäß gibt es nur wenige Quellen zu der sehr kurzlebigen Linie. Man findet jedoch einen entsprechenden Eintrag im Verzeichnis "Linienlängen mit Fahrzeiten, Haltestellen und durchfahrene Straßen und Plätze für alle Linien" mit Stand vom 19. Februar 1929.




    Blick die Clara-Zetkin-Straße entlang vom einstigen Streckenende der „K“, die die Gegend wie beschrieben nur von Dezember 1928 bis April 1929 beglückte. Danach hieß es wieder: Beine in die Hand und zur 7 an der Kesselsdorfer laufen. Wir aber kehren zur Dölzschener Straße zurück und begeben uns im nächsten Teil nach Naußlitz.


  • Von Löbtau nach Naußlitz, Dölzschen und Roßthal (Teil III)

    Aus der Dölzschener Straße blicken wir zurück zur ehemaligen XIV. Bürgerschule.




    Die Postkarte aus den dreißiger Jahren zeigt einen Büssing-Dreiachser auf Bergfahrt auf der Linie F. Wagen 70 entstammt einer 1930 für die Hamburger Hochbahn von der Waggonfabrik Falkenried aufgebauten Serie, von der die Dresdner Straßenbahn im Jahre 1933 einige Exemplare erwarb. Drei dieser Busse waren übrigens noch nach dem Krieg vorhanden und wurden bis Ende der fünfziger Jahre eingesetzt.




    Rund um die Haltestelle Frankenbergstraße dominieren größtenteils sehr ansprechend sanierte Kleinwohnungsbauten aus der Zeit unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg.






    Blick in die Frankenbergstraße in westlicher Richtung.




    Die Johann-Meyer-Häuser an der Dölzschener Straße können die Urheberschaft Hans Erlweins nur schwer verleugnen.




    Haltestelle Frankenbergstraße der „90“. Eine solche kannte schon die Vorgängerlinie F.




    Bergan passieren wir die unscheinbaren Überbleibsel eines wichtigen Stückes Dresdner Industriegeschichte: Die Reste der Reisewitzschen Brauerei, die der Reisewitzer Straße ihren Namen gab. Es ließe sich trefflich streiten, ob diese Orthografie wirklich korrekt ist oder ob es nicht eigentlich „Reisewitzerstraße“ heißen müsste…




    Nächste Haltestelle: Dölzschener Straße. Bis in die 1990er Jahre hieß sie „Dölzschener/Wiesbadener Straße“, bei der Linie F nur „Wiesbadener Straße“. Seit 1998 verzweigen sich hier die 82 (seit 2009: 62) und 90, erstere fährt nicht mehr nach Löbtau, sondern nach Altplauen und weiter in Richtung Stadtzentrum.




    Auch hier findet sich der typische Kleinwohnungsbau der späten zwanziger/frühen dreißiger Jahre. Die Wiesbadener Straße hieß übrigens bis 1926 Pesterwitzer Straße.





    Wir folgen nun der Wiesbadener Straße bis Altnaußlitz. Blick über die Kleingärten hinunter zur Frankenbergstraße.




    Eigenheimsiedlung aus den 1930er Jahren an der Alfred-Schmieder-Straße.




    Siedlungshäuser an der Haltestelle Kasseler Straße. Die stadtwärtige Haltestelle dient heute dem Anschluss der 62 und 90. Diese sind nicht mehr miteinander vertaktet, sondern garantieren einen Anschluss an die jeweils andere Linie, beide verkehren hier an Wochentagen aller 20 Minuten.





    Ab 1928 wurden auf Naußlitzer Flur mehrere Siedlungen errichtet. Die interessanteste dürfte wohl die bemerkenswerte Holzhaussiedlung der Christoph & Unmack AG aus Niesky darstellen, einer Firma, die eigentlich Eisen- und Straßenbahn-Rollmaterial fabrizierte. Impressionen von der Wiesbadener Straße.







    Landwärts findet der Anschluss an der Haltestelle Altnaußlitz statt. Hier endete die „N“ von 1957 bis 1959. An gleicher Stelle befand sich bereits von 1934 bis 1945 der Endpunkt „Jochhöhstraße“ der Linie F.




    Heute ungenutzter Wendeplatz der Busse in Altnaußlitz.




    Es wäre auch schwerlich vorstellbar, die mächtigen Capacity der Linie 62 auf derart engem Raum drehen zu sehen.




    Vorweg enteilt die 90. Gleich werden sich die beiden Busse an der Kasseler Straße treffen. Heute ist es kaum noch vorstellbar, aber sowohl die 82 wie auch die 90 fuhren bis in die 2000er hinein mit kurzen Bussen.




    Auszug aus dem Dresdner Straßen- und Verkehrsbuch von 1940 mit dem Eintrag zu Altnaußlitz. Vermerkt ist die Endhaltestelle Jochhöhstraße der Linie F (der Kursivdruck der Nebenstraßen gibt immer gleichnamige Haltestellen an). Seit 1946 heißt die Straße Alfred-Thiele-Straße und besitzt eine eigene Bushaltestelle bergwärts auf der Route der 62 nach Dölzschen.




    Weitere Hölzhäuser in Altnaußlitz. Durch diese sehr enge Straße quälten sich die Busse einst in stadtwärtiger Richtung. Heute wird in beiden Richtungen über die Kölner Straße gefahren.





    Altnaußlitz, Blick aus der Burgwartstraße. Leider hat der Dorfkern nach 1945 viel von seiner historischen Substanz eingebüßt.




    Dreiseithof und Reste einer Toreinfahrt in Altnaußlitz.





    Altnaußlitz, Blick talwärts in Richtung Kölner Straße.




    Mit der 62 fahren wir bergwärts und besuchen Altdölzschen.




    Wenig geändert hat sich in den letzten Jahrzehnten am dörflichen Ambiente der Wendeschleife in Altdölzschen, wäre da nicht das mächtige 21-Meter-Geschoss mit dem Stern am Bug. Die hier bis Anfang der 90er Jahre heimischen Ikarus 260 waren gerade einmal halb so lang.




    Die 21 Meter in voller Schönheit. Durch Zufall habe ich ausgerechnet den ehemaligen Vorführwagen erwischt, der durch die auffällige Beklebung seines Hinterteils den Längenunterschied zu einem normalen Gelenkbus demonstriert. Im Fachwerkambiente des Dölzschener Dorfkerns wirken die überlangen Gelenkbusse doch etwas deplatziert…




    Haltestelle mit typischem DDR-Betonwarte- und Endpunkthäuschen. In den Fahrplänen der 82 war der Endpunkt seit Ewigkeiten schon mit „Dölzschen“ als Fahrtziel angegeben, als eigentlichen Haltestellennamen findet man jedoch letztmalig 1991/92 „Altdölzschen“. Umso erstaunlicher, dass die Seitenbeschilderung wiederum stets „Altdölzschen“ als Endpunktnamen angab. Der zumeist ortskundigen Klientel der kurzen Vorstadtlinie dürfte dieses Kuddelmuddel allerdings reichlich egal gewesen sein – Hauptsache, der Bus fuhr!




    Zum Abschluss dieses Teils daher noch etwas Schilderkunde. Von der 82 besitze ich als einziger Linie einen kompletten alten Schildersatz. Die Seitenschilder besaßen wie bei den meisten Vorstadtlinien ursprünglich keine Haltestellen, sondern zwei identische Außenseiten.




    Vorsteckschild (oben) und Heckschild (unten). Die kleinen Heckschilder, kaum größer als ein DN A4-Blatt, wurden mittig oben in die Heckscheibe an dafür vorhandene Haken gehangen. Die meisten Busse verfügten zudem über eine Fangeinrichtung. War diese nicht vorhanden, so schlug das Schild bei den damaligen Straßenverhältnissen zur Belustigung der Fahrgäste fast ununterbrochen heftig gegen die Scheibe, wovon die Ausplatzungen an den Ringen zeugen. Die Vorstecker dagegen wurden in eine passende Halterung in der linken Frontscheibe gesteckt und waren vom Format her identisch mit den entsprechenden Schildern in den TATRA-Straßenbahnen.




    Auch die 82 erhielt mit der ersten großen Nachwende-Linienreform noch einmal neue Schilder, obwohl sie 1992 bereits von Taeter Tours zumeist mit gebrauchten O 307-Ex-Bahnbussen aus dem güldenen Westen betrieben wurde, deren Komfort den der Ikarus bei weitem übertraf und die für die Vorstadtlinie ganz gut geeignet schienen. Selbst in diesen sah man oft noch die eigentlich für Ikarus-Busse gedachten Exemplare, mit Saugnapfhaken notdürftig an den Fenstern befestigt. Anekdote am Rande: Seit 1992 heißen Endpunkt wie Haltestelle eigentlich hochoffiziell nur noch „Dölzschen“, was den Schildergestaltern wohl entgangen sein muss. Stolz prangt in großen Lettern noch immer „Altdölzschen“. Dafür aber heißt es nun in der Haltestellenliste „Dölzschen“. ?????





    Im nächsten Teil sehen wir uns noch etwas im idyllischen Dölzschener Ortskern um und machen einen Abstecher nach Roßthal.

  • Von Löbtau nach Naußlitz, Dölzschen und Roßthal (Teil IV)

    Die Gemeinde Dölzschen, zu der seit 1923 auch das benachbarte Roßthal mit Neunimptsch gehörte, wurde erst recht spät 1945 nach Dresden eingemeindet. Bereits seit den zwanziger Jahren wuchs der ehemals frei auf dem Hang über dem Plauenschen Grund stehende Dorfkern mittels neuer Eigenheim-Wohngebiete mit den benachbarten Stadtteilen Löbtau und Naußlitz zusammen. Dennoch bleibt Altdölzschen ein sehenswerter und vom Großstadtleben eher wenig berührter Flecken, sieht man einmal von den überlangen Gefährten der örtlichen Busverbindung ab. Ein historischer Postkartenblick auf die heutige Busschleife.




    Impressionen aus Altdölzschen.






    Blick zum ehemaligen Gasthof Dölzschen.




    Braunes Gasthof in Dölzschen. Nach dem Krieg wurde der Saal bis Ende der sechziger Jahre als Kino genutzt und anschließend zur Nutzung durch die benachbarte Dölzschener Schule umgebaut.




    Der Tanz- und spätere Kinosaal dient seitdem als Turnhalle.




    Ehemaliger Gasthof an der Wurgwitzer Straße. Bei dem roten Haus im Hintergrund handelt es sich um das ehemalige Gemeindeamt.




    Die benachbarte Dölzschener Schule, heute 81. Grundschule.




    Wohl das Wahrzeichen Dölzschens ist die hoch über dem Plauenschen Grund aufragende Begerburg.




    Begerburg vom Zufahrtsweg aus gesehen.




    Unter uns der Plauensche Grund mit Autobahnbrücke und Weizenmühle.




    Blick von der Begerburg zurück zum ehemaligen Gasthof und nach Altdölzschen hinein.




    Gehöfte in Altdölzschen. Wir wandern nach Roßthal, von 1923 bis 1945 ein Ortsteil von Dölzschen.




    Schilder an der Wurgwitzer Straße, die bis zur Eingemeindung Pesterwitzer Straße hieß.




    Die steile Serpentinstraße, ehemals Bergstraße, verbindet den Dölzschener Ortskern seit 1889 mit dem im Plauenschen Grund gelegenen Ortsteil Niederdölzschen und den dort ansässigen Industriebetrieben. Bis 1959 war es auch die kürzeste Verbindung zum Dresdner Nahverkehrsnetz, denn unten im Tal konnte man die Straßenbahn von und nach Hainsberg erreichen. Der Rückweg war sicher kein Vergnügen.




    Wir laufen über den Friedhofsweg hinüber nach Roßthal. Woher der Verbindungsweg seinen Namen bezieht erschließt sich recht leicht. Im Hintergrund der Dresdner Talkessel und die Hochhäuser des Neubaugebiets Gorbitz, unter uns die Bundesautobahn 17 in ihren beiden leckenden Tunnelröhren.




    Tor und Kapelle des Dölzschener Friedhofs, auf dem der lange Jahre in Dölzschen wohnhafte Victor Klemperer seine letzte Ruhestätte gefunden hat.





    Blicke in den Dresdner Elbtalkessel.






    Angekommen in Roßthal. Das Ortsbild dominiert der Turm des Schlosses.




    Impressionen aus Altroßthal.





    Schloss Roßthal auf einer alten Postkarte.




    Aussichtspavillon an der Schlossmauer.




    Schloss Roßthal stammt im Kern aus dem 17. Jahrhundert und erhielt sein heutiges Aussehen durch Umbauten für den Freiherrn von Burgk im 19. Jahrhundert. Heute ist das Schloss Teil der Außenstelle des Beruflichen Schulzentrums für Agrarwirtschaft und Ernährung.





    Schlosstor mit dezentem Verweis auf den aktuellen Nutzer.




    Gegenüber ein neues Wohngebäude auf der Fläche, die bis vor wenigen Jahren die Holzbaracken des Seminarstandorts Dresden für die gymnasiale Lehramtsausbildung beherbergte. Es existierte dazu noch eine „Außenstelle Jochhöh“, untergebracht in ausgedienten Sparkassencontainern. Man konnte förmlich greifen, mit wieviel Wertschätzung der Freistaat Sachsen seinen Lehramtsabsolventen begegnete…




    Bauten des ehemaligen Ritterguts, heute Teil des Schulstandorts, in Altroßthal.





    Nach so vielen abseitigen Betrachtungen treffen wir auf der Saalhausener Straße wieder auf die Linie 90. An der Haltestelle Neunimptscher Straße hat sich ebenfalls ein betonbarockes DDR-Wartehäuschen erhalten und schmiegt sich elegant in die Plänerwand.




    Wir fahren mit der 90 nach Löbtau zurück und beenden unseren Rundgang, natürlich nicht ohne entsprechende Schilderkunde. Spezimen aus den 1970er Jahren, Pendant zur 82 aus dem vorigen Beitrag.




    Und auch hier die Neuauflage von 1992, diesmal mit Haltestellen. Ende 1998 erhielt die 90 einen neuen Endpunkt in Löbtau am Ebertplatz, gleichzeitig wurde sie von Pesterwitz nach Altfranken verlängert. Seit 2008 verkehrt sie wiederum verlängert bis Gompitz.


    Nach der Flut 2002 übernahm die 90 außerdem für einige Jahre den Ersatzverkehr für den stillgelegten Straßenbahnabschnitt der Linie 6 über die Löbtauer Straße und verkehrte hierfür bis 2006 zum Bahnhof Mitte.





    Zum Abschluss ein Stadtplanausschnitt aus der Mitte der 1970er Jahre, der die beiden Linien 82 und 90 in der Konstellation zeigt, in der sie viele Jahre von 1964 bis 1998 unterwegs waren.




    Wir nutzen die Anschlussvermittlung an der Kasseler Straße und steigen in einen Capacity der 62 um, der uns zurück in die Innenstadt bringt.


  • Auf den Spuren der Linie Z (Teil I)

    Nur vier Jahre, von Oktober 1960 bis Juni 1964, existierte die Omnibuslinie Z, dabei hatte sie im Berufsverkehr doch erhebliche Transportleistungen zu erbringen. Ihre Kurzlebigkeit verdankt sie daher nicht etwa mangelnder Nutzung, sondern einzig und allein einem Großbauvorhaben, das für den Dresdner Westen und Süden eine einschneidende Bedeutung erlangen sollte: dem Neubau der Nossener Brücke.


    Doch der Reihe nach. Das Industriegebiet zwischen Hauptbahnhofs-Vorfeld und Chemnitzer Straße rund um die Zwickauer Straße war bereits vor dem Krieg der wichtigste innerstädtische Industriestandort überhaupt. Trotz zum Teil massiver Zerstörungen wurde hier auch nach 1945 alsbald wieder emsig an Lokomotiven gewerkelt, Zigaretten gedreht, Zuckerwaren kreiert, Schokolade gerührt – und natürlich Bier gebraut!


    Nur ein großes Problem blieb: Wie sollten all die vielen Arbeiter bitteschön an ihre Wirkungsstätten gelangen? Bis 1945 gab es ja die Straßenbahnverbindung entlang der Chemnitzer Straße (zuletzt Linie 6), die aber bekanntlich nach den Angriffen nicht wieder in Betrieb genommen wurde.


    Wollte man das Gebiet mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen, dann musste man gut zu Fuß sein. Eine Möglichkeit bestand darin, ab der Haltestelle Falkenstraße die noch vorhandene Falkenbrücke zu nutzen und dann die Chemnitzer oder Zwickauer Straße hinaufzulaufen.


    Eine weitere bot sich ab Löbtau über die Siebenlehner und Nossener Straße, wobei es natürlich die Eisenbahnanlagen über die die „Nossener Brücke“ zu überqueren galt. Die Überführung war damals allerdings noch viel schmaler und vor allem kürzer, die Nossener Straße kreuzte die Zwickauer Straße damals noch ebenerdig.


    Ab 1960 jedoch war es mit letzterer Variante jäh vorbei, denn Siebenlehner und Nossener Straße verschwanden zugunsten einer neuen und viel großzügigeren Brückenkonstruktion, die wir heute auch offiziell als „Nossener Brücke“ in Reminiszenz an die volkstümliche Bezeichnung der einstigen Bahnüberführung im Zuge der Nossener Straße kennen. Diese war Teil des geplanten neuen Stadtrings, der zumindest in seinen südlichen Abschnitten bis Mitte der siebziger Jahre auch tatsächlich fertiggestellt wurde.


    Hierfür mussten einige mehr oder weniger ruinöse Gebäude weichen, die Fabrik- und Zwickauer Straße wurden unter dem neuen Verkehrszug hindurchgeführt und die Oederaner Straße unterbrochen.


    Bis es soweit war, galt es allerdings den alten Verkehrszug zu beseitigen und eine Menge Stahl und Beton zu verbauen. Auf längere Zeit war damit die direkte Straßenverbindung von Löbtau unterbrochen. Da aber viele Arbeiter aus dem Dresdner Westen in den Fabriken jenseits der Bahnanlagen tätig waren und man diesen keinen kilometerlangen Umweg zumuten wollte, richtete man ab 24.10.1960 (laut Sächsischer Zeitung vom 21./22.10.1960 – Sammlung R. Elbertzhagen) einen temporären Zubringerverkehr von Löbtau aus zur Zwickauer Straße ein, mit einem Endpunkt direkt im Industriegebiet an der Cunad- und Feldschlößchenstraße.



    Linie Z auf einem zeitgenössischen Stadtplan von 1964, bereits über die Chemnitzer Straße geführt. Der Plan zeigt zwar noch das alte Straßenschema, Siebenlehner und Nossener Straße dürften damit aber schon Geschichte gewesen sein. Unklar bleibt, warum die Buslinie an der Ecke Zwickauer/Eisenstuckstraße endet und der eigentliche Endpunkt nebst Wendefahrt an der Feldschlößchenstraße fehlt.



    Die Linienführung, zunächst durchgehend über die Zwickauer Straße, musste später zum Teil auf die Chemnitzer Straße verlegt werden, da die Zwickauer Straße während des Baues der neuen Überführung blockiert war.



    Aus demselben Stadtplan: Busliniennetz mit Haltestellen. Kurioserweise taucht hier der Endpunkt an der Feldschlößchenstraße wieder auf.



    Am 28. Juni 1964 konnte die neue „Brücke der Jugend“ feierlich dem Verkehr übergeben werden. Gleichzeitig nahm die neue Obuslinie 61 vom Löbtauer Willi-Ermer-Platz zum Falkensteinplatz den Betrieb auf. Über die neuen Haltestellen „Zwickauer Straße“ und „Chemnitzer Straße“ gab es nun eine völlig neue Nahverkehrsverbindung, von der auch das Industriegebiet profitierte.


    Die „Z“ wurde somit nach knapp vier Jahren entbehrlich und sang- und klanglos wieder eingezogen. Sie verkehrte letztmalig am Samstag, dem 27 Juni 1964. Nur die wenigsten wissen, dass über die Zwickauer Straße für kurze Zeit einmal eine Buslinie fuhr…


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    Wir folgen der Linie Z von ihrem Endpunkt an der Feldschlößchenstraße in der Wilsdruffer Vorstadt aus nach Löbtau. Wir beginnen mit einem historischen Straßenschild. Das Haus, das einst von ihm geziert wurde, dürfte längst verschwunden sein, denn aktuell zeigt sich die Straße nahezu frei von irgendeiner geregelten Bebauung.




    Wir befinden uns an der Ecke Zwickauer/Kellstraße und blicken auf das heute weitgehend verödete Gebiet. Die Busse bogen hier ums Eck zu ihrer Wendefahrt von der Zwickauer Straße kommend über die Kell-, Feldschlößchen- und Kunadstraße.




    Vergleichsbild aus nahezu identischer Perspektive: Heute kaum noch vorstellbar, aber in unmittelbarer Nachbarschaft der Industriebebauung befand sich hier ein geschlossenes Wohnhausgeviert. Keines der Häuser hat die Zerstörung überstanden, womöglich auch nicht der Träger des eingangs gezeigten Straßenschildes. Zu beachten ist die Straßenbegrünung. In Dresden legte man einst sogar in Industriegebieten Wert auf das Straßenbild!




    Auszug aus der Linienübersicht im Fahrplanheft von 1961 (gültig ab 1. Oktober des Jahres). Die Linie Z verkehrte ursprünglich durchgehend über die Zwickauer Straße. Die Wendefahrt an der Feldschlößchenstraße scheint später im Richtungssinn gedreht worden zu sein.




    Die Zwickauer Straße wird hier östlich durch die hohe Stützmauer begrenzt, die den Hahneberg vom tiefer gelegenen Gelände um den ehemaligen Weißeritzmühlgraben trennt und die Terrasse der ehemaligen Feldschlößchen-Brauerei stützt. Eine neue Treppenanlage verbindet die Zwickauer mit der Chemnitzer Straße und dem sichtbaren Erweiterungskomplex der Arbeitsagentur.




    Die Ecke in der Gegenrichtung, im Hintergrund der Glasturm des WTC. Die Gegend strahlt eine unglaubliche Tristesse aus. Man fühlt sich förmlich in die unmittelbaren Nachkriegsjahre versetzt.




    Sprung zur Einmündung der Kunadstraße, über die die Busse von der Feldschlößchenstraße zurückkehrten.




    Namensschild mit Erläuterungen. Die Gegend hatten wir schon vor einiger Zeit auf den Spuren des Weißeritzmühlgrabens besucht.




    Kunadstraße, im Hintergrund das noch erhaltene historische Bahnpostamt an der Feldschlößchenstraße. Davor befand sich einst das geschlossene Gründerzeitgeviert.




    Die ehemalige „Posthalterei“ aus der Nähe, das einzige Gebäude der Feldschlößchenstraße, das die Zerstörung überlebt hat. Später hatten hier auch „Hofmanns Vergnügungsfahrten“ ihr Domizil.




    Details der Posthalterei. Man kann nur hoffen, dass der schwer gezeichnete historische Bau im Zuge einer wie auch immer gearteten Revitalisierung des innenstadtnahen Gebietes nicht der Abrissbirne zum Opfer fällt.





    Feldschlößchenstraße. Rechts war sie einst von einer geschlossenen Häuserzeile gesäumt. Hier muss sich der Endpunkt der Linie Z befunden haben.



    Linienführung im Fahrplan 1963 (gültig ab 2. Januar), also nur ein reichliches Jahr nach Eröffnung. Man scheint die Wendefahrt in der Wilsdruffer Vorstadt gedreht zu haben, zudem fährt die Linie jetzt über die Chemnitzer und Eisenstuckstraße. Es kann stark vermutet werden, dass zu diesem Zeitpunkt die Zwickauer Straße wegen des Brückenbaus nicht mehr durchgängig befahrbar war und der Umweg somit unausweichlich.




    Die Bronx lässt grüßen. Blick vom vermuteten Endpunkt der Linie zur Kunadstraße mit kläglichen Resten der Altbebauung.




    Kunadstraße von der Feldschlößchenstraße zur Zwickauer Straße geblickt, im Hintergrund tragen die historischen Terrassen der Feldschlößchen-Brauerei die Neubauten der Arbeitsagentur. Links hat sich die Dresdner Tafel ein neues Domizil geschaffen, dort, wo einst Wohnhäuser standen.




    Wir sind zurück auf der Zwickauer Straße und gehen in südliche Richtung auf den Spuren der „Z“. In der Feldschlößchen-Terrasse findet man dieses historische Portal, wohl zu einem Lagerkeller.




    Zwickauer/Hahnebergstraße. Im Hintergrund der einstige Stammsitz der Firma Seelig & Hille, besser bekannt als „Teekanne“. Ja, der Teebeutel ist eine Dresdner Erfindung…




    Hahnebergstraße. Unschwer zu erkennen, woher sie ihren Namen hat: der steile Geländeanstieg den Hahneberg hinauf ist hier gut zu erkennen.




    Reger Postverkehr an der Zwickauer Straße. DHL ist noch immer auf dem Gelände der alten Posthalterei an der Feldschlößchenstraße ansässig.




    Das ehemalige „Teekanne“-Gebäude wurde nach dem Umzug der Produktion nach Radebeul zu DDR-Zeiten von der Bau Union Süd GmbH genutzt, später VEB Autobahn-Baukombinat. Heute beherbergt es mehrere kleinere Firmen.





    Gegenüber der großzügige Komplex der „Universelle“ Cigarettenmaschinenfabrik, nach dem Krieg VEB Tabak- und Industriemaschinenbau, im Volksmund „Tabakuni“ genannt. Die Sanierung hat begonnen, und bald wird das im Stil der Neuen Sachlichkeit errichtete wertvolle Ensemble dringend benötigten Raum für ein Innovations- und Gründerzentrum beherbergen. Vielleicht ist dies ja die Initialzündung für das bislang arg vernachlässigte Gebiet.




    Weitere weitgehend ungenutzte Werksgebäude zieren den Saum zu den Bahnanlagen.




    Zwickauer/Ecke Eisenstuckstraße. Hier befand sich die erste Zwischenhaltestelle der Linie Z nach Verlegung auf die Chemnitzer Straße, die die anfänglich vorhandene Haltestelle „Nossener Straße“ auf der Zwickauer ersetzte. Der durch den Neubaublock an der Budapester Straße abgetrennte westliche Abschnitt der Eisenstuckstraße heißt heute Glauchauer Straße.





    Überbleibsel der historischen Grundstückseinfriedung an der Zwickauer Straße.




    Glauchauer Straße, bis 1993 Teil der Eisenstuckstraße. Im Hintergrund der physische Auslöser der Umbenennung.




    Wir folgen der „Z“ in ihrer ersten Konstellation und nähern uns der ehemaligen Kreuzung Nossener/Zwickauer Straße, wo sich anfänglich eine Zwischenhaltestelle befand. Im Hintergrund die heutige Überführung der Nossener Brücke.




    Blick über das vom Unkraut überwucherte Gelände der Zigarettenfabrik Greiling zur Glauchauer Straße. Der schwer kriegszerstörte Komplex firmierte nach dem Krieg als Teil des VEB Vereinigte Zigarettenfabriken Dresden. Trotz der Zerstörungen war vor allem das 1926/27 errichtete Büro- und Verwaltungsgebäude an der Zwickauer Straße noch gut erhalten und wurde 1998 trotz Protesten der Denkmalpflege abgebrochen. Das Resultat: üppiger Bewuchs, der seitdem hier gedeiht.




    Ein Fototheks-Fund (Walter Möbius, 1934): Blick von der alten Nossener Brücke auf den Greiling-Komplex an der Zwickauer Straße. Der markante Turm war nach den Zerstörungen nicht mehr vorhanden. Man kann gut erkennen, dass der enge und verwinkelte alte Straßenzug den heutigen Verkehrsanforderungen kaum mehr gerecht werden würde, von einer neuen Straßenbahntrasse ganz zu schweigen…



    [Quelle: Deutsche Fotothek]



    Die die einstige Kreuzung ersetzende Überführung der Nossener Brücke atmet unverkennbar den Geist der fünfziger Jahre. Der Blick geht nach Norden, rechts der heutigen Brücke auf dem Brachgrundstück befand sich übrigens bis zur Zerstörung das Stammwerk der Lingner-Werke mit ihrem Odol-Mundwässerchen.




    Die großzügigen Treppenanlagen hinauf zur Haltestelle Zwickauer Straße, hier zur stadtwärtigen Seite, lassen erahnen, welche Menschenmassen hier damals abgefertigt werden mussten. Auf der Brücke gab es beiderseits sehr üppig dimensionierte Wartehallenanlagen für den Obus, die in den 90er Jahren aber verschwunden sind. Heute ist die Haltestelle Zwickauer Straße eher eine ruhige Vertreterin ihrer Zunft.




    Den ersten Teil beende ich mit dem Fahrplan der Linie Z aus dem Jahr 1961. Mehrere Dinge sind bemerkenswert: Da wäre zum Einen der Zusatz „Verkehrt nur während der Sperrung der Nossener Brücke“. Auch die auf den ersten Blick sehr merkwürdigen Taktzeiten zeugen vom Zweck der Linie: Im Berufsverkehr wurde teilweise stoßweise gefahren, ansonsten nur im Halbstundentakt. Interessant auch der Hinweis zum verdichteten Mittagsverkehr am Sonnabend, wo viele Betriebe um diese Zeit Feierabend machten (Anfang der sechziger Jahre war der Samstag noch ein normaler Werktag). Sonntags ruhte der Verkehr gänzlich.