Beiträge von antonstädter

    "Flora" Teil II


    Ein erster fotografischer Blick ins Stadtarchiv. Wir befinden uns unter der um 1895 im alten Bahnviadukt neu geschaffenen breiten Durchfahrt der Magdeburger Straße und blicken in die Ostra-Allee. Links das ehemalige Brückenzoll-Einnehmerhäuschen, mittlerweile von der Königlich-Sächsischen Staats-Eisenbahn als Beamtenwohnhaus genutzt. Rechts daneben die Einfahrtstore des Straßenbahnhofs im ehemaligen „Flora“-Grundstück. (Quelle: Stadtarchiv Dresden, 6.4.40.1 Stadtplanungsamt Bildstelle, Nr. II4073, Fotograf/in unbekannt, um 1898)



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    Näherer nachkolorierter Blick auf die Einfahrt des Bahnhofs mit abgestellten Einspännern, um 1895. Leider scheinen keinerlei bildliche Belege aus dem Inneren zu existieren. Das zweistöckige Gebäude rechts der Einfahrt dürfte ab 1890 die Direktion der Deutschen Straßenbahn beherbergt haben, bevor sie in die wesentlich geräumigere und im Hintergrund sichtbare (das helle Gebäude) Ostra-Allee 30 umzog.



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    Die neu geschaffene Könneritzstraße nahm auch die ehemalige Straße „Am Viaduct“ auf. Die Engstelle an der Einmündung der Ostra-Allee zeigt sich noch gleislos, links lugt ein abgestellter Pferdebahnwagen aus der Ostra-Allee, der den Gleisstumpf des zukünftigen Streckengleises voll ausgenutzt haben muss.



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    Rekonstruktion der Straßenansicht.



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    Lange existierte der Bahnhof nicht, das Gelände bot keine Erweiterungsmöglichkeiten. Um die Jahrhundertwende wurde außerdem ein Teil seines Geländes für den Ausbau der Marienbrücke benötigt. Für den elektrischen Betrieb wurde er daher nicht mehr ertüchtigt und zuletzt zur Zwischenlagerung umzubauender Pferdebahnwagen genutzt. Im Geschäftsbericht von 1901 wird er bereits als schnellstmöglich zu veräußerndes Bauland ausgewiesen. (Quelle: Archiv DVB)



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    Die Umgebung des „Flora“-Grundstücks sollte sich wegen des Ausbaus der Verbindungsbahn mit neuer Eisenbahn-Marienbrücke, Straßenausbauten und der weiteren städtebaulichen Entwicklung der nördlichen Wilsdruffer Vorstadt in den folgenden Jahren grundlegend wandeln. Um 1898 war der zukünftige Ostring der Straßenbahn ein wenig nördlich bereits baulich vorbereitet, denn auch hier an der Kreuzung Maxstraße/Könneritzstraße existierte schon ein Gleisstumpf, wie dieses Foto aus dem Fundus des Stadtarchivs beweist. (Quelle: Stadtarchiv Dresden, 6.4.40.1 Stadtplanungsamt Bildstelle, Nr. II4062, Fotograf/in unbekannt, um 1898)


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    Nach Schließung des Bahnhofes wurden die Baulichkeiten sehr schnell entfernt und die Baulichkeiten wenn möglich vermarket. Am 20. August 1901 inserierte die Deutsche Straßenbahn in den „Dresdner Nachrichten“ den ehemaligen Wagenschuppen, über den Verbleib desselben ist leider nichts bekannt. (Quelle: SLUB digital, [digital.slub-dresden.de]



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    Ende 1901 wurde die ausgebaute Marienbrücke für den Straßenbahnverkehr freigegeben und nun von der „roten“ Rundbahn, der späteren Linie 26, befahren. Die Engstelle an der Einmündung der Ostra-Allee wurde dabei zunächst nur eingleisig angelegt. Das „Flora“-Grundstück zeigt sich beräumt und unbebaut, ebenso musste das alte Brückenzoll-Einnehmerhäuschen der Straßenverbreiterung weichen. Im Hintergrund an der Ecke Devrientstraße sehen wir direkt am Brückenkopf seinen noch heute vorhandenen Nachfolger. Weitere bemerkenswerte Details: An der Einmündung Ostra-Allee erkennen wir das „rote“ Schild der Haltestelle „Marienbrücke, Ecke Ostra-Allee“. Im Hintergrund das mächtige Gebäude des Hoftheater-Kulissenhauses, das uns im nächsten Teil noch näher beschäftigen wird. (Quelle: Stadtarchiv Dresden, 6.4.40.1 Stadtplanungsamt Bildstelle, Nr. XVI12, Fotograf/in unbekannt, um 1900)



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    Der Blick in die Gegenrichtung von der Brücke in die Könneritzstraße zeigt neben dem freien „Flora“-Grundstück die Halle der Eisenbahn-Haltestelle Wettiner Straße und einen Triebwagen der Rundbahn. Erst der Bau der rechts angeschnittenen neuen Eisenbahnbrücke ermöglichte die Fahrbahnverbreiterung der alten Marienbrücke und deren Nutzung für die Straßenbahn. (Quelle: Stadtarchiv Dresden, 6.4.40.1 Stadtplanungsamt Bildstelle, Nr. XVI17, Fotograf/in unbekannt, um 1900)



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    Blicken wir noch einmal in die Ostra-Allee. Im Jahre 1908 herrscht reger Straßenbahnverkehr auf den seit 1905 mit geraden Nummern versehenen ex-„roten“ Linien, hier der aus dem Plauenschen Grund kommenden „22“ zum Postplatz und davor einem Zug der Linie 8 Wilder Mann – Bergkeller, der Zwischenlinie zur „6“ nach Räcknitz. Das kleine alte Eckhaus an der Maxstraße wird bald weichen und den Platz für eine weitere Verbreiterung der Ostra-Allee freigeben. (Quelle: Stadtarchiv Dresden, 6.4.40.1 Stadtplanungsamt Bildstelle, Nr. I696, Fotograf/in unbekannt, 1908)



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    Zu einer geregelten städtebaulichen Entwicklung des „Flora“-Grundstücks kam es bis zur Zerstörung 1945 nicht. Bald zierten wenig repräsentative Gewerbehallen das Restareal, und die „Automobil-Droschken-Gesellschaft“ zog ein. In den folgenden Jahren bis zur Zerstörung diente das Gelände als Garagenkomplex mit angeschlossenen Dienstleistungen. Reklame um 1910.



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    Luftansicht der nördlichen Wilsdruffer Vorstadt und des Ostrageheges mit dem Brückenkopf der Marienbrücke, 1924. Ein Straßenbahnzug biegt vor dem „Flora“-Grundstück aus der Ostra-Allee in die Könneritzstraße ein. Auf dem Grundstück erkennen wir die Automobilhallen, rechts das nie fertig entwickelte Areal um die heute überbaute Pöppelmannstraße mit der Turnhalle des Allgemeinen Turnvereins. (Quelle: SLUB/Deutsche Fotothek, df_hauptkatalog_0305926, Walter Hahn 09.1924.)



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    Im Jahre 1937 blicken wir vom Eisenbahnviadukt auf die Einmündung der Ostra-Allee. In der „Flora“ residieren mittlerweile die „Ostra-Garagen“ und eine Mineralölhandlung. Im Hintergrund das Kulissengebäude des Hoftheaters an der Devrientstraße. (Quelle: Stadtarchiv Dresden, 6.4.40.1 Stadtplanungsamt Bildstelle, Nr. I1983, Fotograf/in unbekannt, 1937)



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    Ein weiterer Blick auf das einstige Bahnhofsgelände und die Höfe der Pöppelmannstraße, deren nach der Jahrhundertwende erbauten Wohnhäuser den südlichen Teil des „Flora“-Grundstücks einnehmen. Im Hintergrund gut erkennbar die Ostra-Allee 30, ehemals der dritte Firmensitz der Deutschen Straßenbahngesellschaft, die 1905 von der Stadt übernommen worden war. (Quelle: Stadtarchiv Dresden, 6.4.40.1 Stadtplanungsamt Bildstelle, Nr. I1982, Fotograf/in unbekannt, 1937)



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    Damit endet die kurze, aber hochinteressante Geschichte des „Flora“-Grundstücks als Straßenbahnhof. Bereits im zweiten vollständigen Betriebsjahr zeigten sich die Kapazitäten des kleinen Bahnhofs an der Ostra-Allee erschöpft, und die Deutsche Straßenbahngesellschaft musste sich nach Alternativen umschauen. Hierzu und zu einem verkehrstechnischen Kuriosum in unmittelbarer Nähe komme ich im nächsten Beitrag und bedanke mich abschließend für die Veröffentlichungsgenehmigung des Stadtarchivs, ohne die der Beitrag maximal halb so gehaltvoll geworden wäre.


    Schönes Rest-Osterwochenende allerseits!

    Der Straßenbahnhof auf dem "Flora"-Gelände an der Ostra-Allee


    Die letzten Monate habe ich intensiv zur Recherche über die bisher sehr stiefmütterlich behandelte frühe Geschichte der Dresdner Straßenbahn genutzt. Im Stadtarchiv bin ich dabei neben historischen Akten und Plänen auch auf auch eine große Zahl bislang weitestgehend unveröffentlichter Fotografien gestoßen, von denen ich nunmehr nach Erhalt der Veröffentlichungsgenehmigung einige in dem folgenden Beitrag einstelle. Ich bitte zu beachten, dass die Weitergabe der Bilder an Dritte nicht autorisiert ist und die Bilder ausschließlich zur Veröffentlichung in diesem Beitrag freigegeben wurden. Nicht näher mit Quellenangaben bezeichnete Dokumente strammen aus meinem eigenen Fundus.


    Lange habe ich Material zu den frühen Straßenbahnhöfen der Deutschen Straßenbahngesellschaft in der Ostra-Allee gesucht und aufbereitet, so dass ich nun endlich diesen Beitrag veröffentlichen kann, ein langgehegtes Projekt. Vieles bleibt (noch?) lückenhaft, aber zumindest ergibt sich aus den Puzzleteilen langsam aber sicher ein Gesamtbild…



    Die rasante städtebauliche Entwicklung und Ausdehnung der Stadt Dresden vor der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zeigte zunehmend die Grenzen des vorhandenen Pferdebahnnetzes der Tramways Company auf. Die honorigen Herren Schwab, Bierling und Grumbt, allesamt umtriebige Dresdner Geschäftsleute, erkannten hierin eine Marktlücke für die Schaffung eines eigenen konkurrierenden Transportunternehmens. In Abgrenzung zur englischen Gesellschaft nannten sie die am 8. November 1889 gegründete Unternehmung „Deutsche Straßenbahngesellschaft in Dresden“ und nahmen die Geschäftstätigkeit im Schwabschen Grundstück auf der Petergasse (später Peterstraße, heute Behringstraße) 6 in der Friedrichstadt auf. Binnen kürzester Zeit gelang es ihnen, ein eigenes und von den vorhandenen Strecken der Tramways Company nahezu unabhängiges Streckennetz aufzubauen.



    Stadtplanausschnitt von 1892 mit eingezeichnetem Grundstück Petergasse 6, wo sich zu Beginn nicht nur der Firmensitz, sondern zumindest auch die Stallungen der Gesellschaft befanden. Von der Vorkriegsbebauung ist in diesem Teil der Behringstraße heute nichts mehr vorhanden.

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    Um die Bevölkerung an die Existenz der neuen Gesellschaft zu gewöhnen, wurden zunächst im „Vorlaufbetrieb“ umgehend drei Pferdeomnibuslinien in Betrieb genommen, beginnend mit der Strecke Neumarkt – Gruna am 20. Dezember 1889. Bereits im Oktober des Jahres 1889, noch vor offizieller Gründung der Gesellschaft, hatten unter Hochdruck die ersten Gleislegearbeiten begonnen.



    Ein Pferdeomnibus der Deutschen Straßenbahngesellschaft, auf der am 4. Januar 1890 eröffneten Linie Neustädter Bahnhöfe – Böhmischer Bahnhof. Die Pferde wurden zunächst in der Petergasse untergebracht. Ob hier auch die ersten Omnibusse eine Heimat fanden ist unbekannt, sicher ist jedoch, dass der Standort Petergasse 6 zu Beginn als „Depot I“ geführt wurde, diesen Titel übernahm später der elektrische Bahnhof Pfotenhauerstraße… (Quelle: Archiv DVB)

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    Der „Sächsische Erzähler“ vom 8. Januar 1890 weiß zu berichten, dass auf der Petergasse 70 Pferde eingestellt waren, und berichtet weiterhin über die ersten Betriebswochen des neuen Unternehmens. (Quelle: SLUB digital, [digital.slub-dresden.de]

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    Für die Unterbringung der Omnibusse musste schon vorab ein geeigneter Standort gefunden werden, der sich dann auch zum Umbau in einen Pferdebahnhof eignete, denn die Errichtung eines Straßenbahnnetzes war und blieb das eigentliche Ziel der Gesellschaft…


    Für die zukünftige Pferdebahn erwarb die Deutsche Straßenbahngesellschaft von der „Gesellschaft für Botanik und Gartenbau Flora“ ein vormals zur Baumkultur genutztes Grundstück an der Ecke Ostra-Allee – Am Viaduct (später in der Könneritzstraße aufgegangen) neben der Auffahrt zur Marienbrücke. Das Areal zog sich lang und schmal bis zur Elbe hin. Auch dieser Grundstückskauf vollzog sich schon vor der offiziellen Gründung, wenn man dem „Weißeritz-Zeitung“ vom 14. September 1889 Glauben schenken darf. Damals musste noch der König dem Grundstückstransfer zustimmen… (Quelle: SLUB digital, [digital.slub-dresden.de]

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    Im vorderen Bereich wurde eilig ein Wagenschuppen errichtet, im hinteren Grundstück die Stallungen und Werkstätten angelegt. In Elbnähe verblieben einige Obstbäume der „Flora“ und dürften dem Personal willkommene Pausenverpflegung generiert haben… Auch die Direktion firmierte nun unter der Adresse „Ostraallee 32“, das Depot offiziell als „Bahnhof II“.


    Der nördliche Teil der Ostra-Allee hieß bis 1877 „Brückenstraße“, da er nach der Marienbrücke führte. Die frühe Fotografie zeigt gegenüber der Einmündung der Maxstraße das „Palais Prinz Max“, das dem früheren Endstück der Ostra-Allee in Richtung des gleichnamigen Vorwerks ebenfalls 1877 den Namen gab. 1890 wurde es abgerissen und auf seinem Grundstück die (heute nicht mehr vorhandene) Permoserstraße angelegt, da lag die „rote“ Pferdebahn noch gleichsam in den Geburtswehen.

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    Eine Beschreibung des Grundstücks liefert das „Dresdner Journal“ am 27. September 1890. (Quelle: SLUB digital, [digital.slub-dresden.de]

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    Stadtplanausschnitt von 1892 mit dem Straßenbahnhofs-Grundstück, begrenzt durch den im Artikel oben erwähnten, trockengefallenen „Schwarzen Graben“, einst ein nördlicher Arm des Weißeritzmühlgrabens. Weiterhin spannend ist der alte Weißeritzverlauf, noch überspannt von der Friedrichsbrücke, die erst 1895 verfüllt werden wird. Die Marienbrücke dient noch als kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke, erst nach dem Bau der Eisenbahnbrücke konnte sie ab 1901 für den Straßenbahnverkehr freigegeben werden.

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    Ein Menselblattausschnitt von 1895 zeigt die Gleisführung zum Straßenbahnhof in der „Flora“. Spannend sind die bereits vorausschauend angelegten Gleisstümpfe in Richtung Marienbrücke. In die Maxstraße zweigt die noch teilweise eingleisige Linie zur Friedrichstraße ab. (Quelle: Archiv DVB, Original wohl Stadtarchiv Dresden)

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    Rekonstruktionsversuch des Gleisplans, um 1895. Die Schuppengleise sind auf dem Menselblatt leider nicht eingezeichnet. Typisch für die Zeit war die Verwendung einer Schiebebühne als Platzsparmaßnahme. Die Direktion der Deutschen Straßenbahngesellschaft firmierte ab 1890 unter der Adresse des Bahnhofs Ostra-Allee 32, ab 1894/95 findet man sie dann im Nachbargrundstück 30. Offenbar herrschte aufgrund des starken Wachstums der Gesellschaft beizeiten akuter Platzmangel, nicht nur für das Personal, wie wir noch sehen werden.

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    Einen Pferdebahnwagen auf den Zufahrtsgleisen in der nördlichen Ostra-Allee zeigt dieses Bild aus der Frühzeit der „roten“ Pferdebahn. Noch ist die Ostra-Allee bemerkenswert schmal, wird aber in ihrem weiteren Verlauf bald aufgeweitet werden. Im Vordergrund die Abzweige in den Straßenbahnhof.

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    Spätestens ab September 1890 diente der Bahnhof dann seinem eigentlichen Zweck und beherbergte viele kleine rote Pferdebahnwagen. Als erste Linie wurde der Abschnitt Maxstraße – Fürstenplatz der Friedrichstraßen-Linie am 21. September eröffnet, hier die einschlägige Anzeige im „Dresdner Journal“ vom 20. September. Alle Wagen waren zunächst in der „Flora“ beheimatet. (Quelle: SLUB digital, [digital.slub-dresden.de]

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    Ein typischer „roter“ Wagen auf der Linie Friedrichstraße – Striesen, nach 1890, vermutlich am Endpunkt Striesen. Die kleinen Wägelchen unterschieden sich im Detail, wie Plattformblechen oder der Fensterteilung, hatten jedoch alle fast gleiche Maße. Größere Fahrzeuge und Decksitzwagen wurden auch von der „Roten“ in Folge beschafft, den Grundstock des Fuhrparks bildeten jedoch die kleinen Einspänner. (Quelle: Archiv DVB)

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    Am 21. September 1890 lieferten die „Dresdner Nachrichten“ einen sehr ausführlichen und euphorischen Bericht über die ersten Inbetriebnahme der Linie. Die Lektüre lohnt, gibt der Artikel doch eine weitere detaillierte Beschreibung der Anlagen in der Ostra-Allee. Über mangelndes Wohlwollen der örtlichen Presse brauchte sich die Deutsche Straßenbahngesellschaft wahrlich nicht beklagen. (Quelle: SLUB digital, [digital.slub-dresden.de]

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    Der Pferdebahnhof in Löbtau


    Hallo in die Runde,


    äußerst wenig bekannt ist über den Straßenbahnhof Löbtau. Vor Jahren habe ich mich schon mal an einer Beschreibung versucht, die jedoch als überholt angesehen werden muss. Obwohl die Hallengebäude bis etwa 1910 existierten und durchaus von repräsentativer Größe waren, scheint nicht eine Fotografie der Baulichkeiten zu existieren, was die Recherchen nicht einfacher gemacht hat. Dennoch konnte ich namentlich im Stadtarchiv einige handfeste Quellen auftun und aufarbeiten. Also auf in das Löbtau der 1880er Jahre…



    Pferdebahnanschluss für Löbtau


    Die Streckenprojekte der Tramways Company sahen auch eine Verbindung vom Postplatz über die Annenstraße, den Freiberger Platz und die Freiberger Straße bis hinein in den Vorort Löbtau auf die damalige Wilsdruffer Straße, heute Kesselsdorfer Straße, vor. Am 8. Juli 1881 wurde der erste Teilabschnitt zunächst bis zur Stadtgrenze in Höhe der Fabrikstraße am Glaswerk Siemens eröffnet. Es berichten die „Dresdner Nachrichten“ am Folgetag in einer recht knappen Notiz:



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    Für uns interessant ist der Hinweis auf die alte Reiterkaserne, bei der es sich um nichts anderes als das Depot im Jägerhof in der Neustadt handelte, von wo aus auch die neue Linie zunächst mit Ross und Wagen bestückt wurde.



    Ein Pferdebahnwagen um 1890 in Höhe des ersten Endpunktes an der Glasfabrik Siemens, im Hintergrund die Fabrikstraße. Später entstand hier das repräsentative, leider kriegsabgängige Eingangsgebäude des Glaswerkes, heute könnte man aus gleicher Perspektive den bunten Kühlturm des Kraftwerkes Nossener Brücke bewundern.


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    Vier Monate später konnte eine erste Verlängerung bis nach Löbtau hinein in Betrieb genommen werden. Der Endpunkt befand sich zunächst an der Reisewitzerstraße bei Rohleders Gasthof. Aus den „Dresdner Nachrichten“ vom 6.11.1881:


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    Pferdebahngleis an der Bismarckbrücke in Löbtau, vor 1900. Noch heißt die Kesseldorfer Straße Wilsdruffer Straße, nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Achse im Dresdner Zentrum.


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    Die Lindenstraße und mit wenigen ausgewählten Fahrten auch den Neuen Annenfriedhof erreichte die Pferdebahn schließlich am 2. April 1882, wie die „Dresdner Nachrichten“ am Folgetag nachträglich vermelden.


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    Ein Pferdebahnhof in Löbtau


    Mit der weiteren Ausdehnung des Pferdebahnnetzes musste sich die Tramways Company langsam aber sicher Gedanken machen, wo sie zukünftig ihr Zug- und Rollmaterial angemessen unterbringen wollte. Bislang standen lediglich der gepachtete Conti-Bahnhof in Blasewitz und der Jägerhof hierfür zur Verfügung. Bauland gab es in ausreichender Größe nur noch in den Vorstädten, sodass Pläne für je einen weiteren Bahnhof in Striesen und in Löbtau reiften. Der Fahrplan der Linie Löbtau – Postplatz von 1883 zeigt noch deutlich anhand der Abfahrtszeiten, dass immer noch in den Jägerhof eingerückt werden musste. Abhilfe war aber in Sicht…



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    So beschloss der Gemeinderat von Löbtau die Errichtung eines Pferdebahnhofes in der noch weitgehend unbebauten Lindenstraße, heute Bünaustraße, zu erlauben. Die im Stadtarchiv in Abschrift erhaltene Baugenehmigung der Königlichen Amtshauptmannschaft Dresden ist übrigens auf den 27. Dezember 1883 datiert. Bereits am 1. Mai 1884 wurde von der gleichen Institution die Genehmigung für die Inbetriebnahme der bereits fertiggestellten Wagenhalle nebst Stallungen ausgestellt.


    Wie aber sah der Bahnhof nun eigentlich aus? Die Zufahrt erfolgte über die Lindenstraße mit zwei Einfahrtsgleisen in die Wagenhalle. Mittels zweier Drehscheiben erfolgte eine weitere Verteilung auf insgesamt sechs Hallengleise. Um einen freien Hof waren die Nebengebäude gruppiert, wie Schmiede, Werkstätten und Stallungen. Wohnungen für den Stallmeister und Bahnhofsvorsteher und wohl auch Büros waren in einem über der Einfahrt eingerichteten Vollgeschoss untergebracht.


    Der folgende Grundriss ist datiert auf den 9.1. 1884. Offenbar wurde die Gleislage vor Fertigstellung noch einmal modifiziert, denn spätere Pläne zeigen je drei Hallengleise ab Drehscheibe und keine Verzweigung der Zufahrtsgleise.


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    Wie beschrieben sind Stand jetzt keinerlei Fotos der Anlage bekannt. Die einzige bildliche Überlieferung, mit der ich dienen kann, ist eine Zeichnung, die den Zustand um 1885 zeigt. Die Stallungen links sind ein Einheitsbau der Tramways Company, zu finden auch im Jägerhof oder in Blasewitz. Ansonsten sind Ähnlichkeiten mit dem etwa gleichzeitig ausgeführten Striesener Bahnhof unverkennbar, der Turm scheint wiederum in Blasewitz entlehnt worden zu sein.


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    Ausschnitt aus einem Panorama von Löbtau, um 1885. In Bildmitte die Rückansicht der Wagenhalle mit Nebengebäuden.


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    Mithilfe der Grundrisse und dieser beiden Zeichnungen habe ich mich an eine Rekonstruktion der Wagenhalle gewagt, die natürlich keinen Anspruch auf absolute Exaktheit erheben kann. Dennoch denke ich, dass die Grafiken die grundlegende Gestaltung der Gebäude ganz gut wiedergeben dürften.


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    Der Straßenbahnhof Löbtau auf einem Stadtplanausschnitt von 1892. Nicht eingezeichnet ist die Zufahrtsstrecke. Noch fehlt die Bebauung zwischen Wagenhalle und Wilsdruffer Straße.


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    Ein detaillierter Plan von 1995 zeigt das Gleislayout, wie es seit 1884 bestanden haben dürfte, denn ich glaube nicht an einen nachträglichen Umbau (Wozu?). Erkennbar sind eingezeichnete geplante Erweiterungen für die Stallungen. Mittlerweile ist auch die Strecke auf der Wilsdruffer Straße zweigleisig ausgebaut, bereits 1893 wurde die Verlängerung nach Wölfnitz in Betrieb genommen.


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    Die Stallungen wurden in den 1890er Jahren mehrfach vergrößert, selbst noch wenige Jahre vor Umstellung der Wölfnitzer Strecke auf elektrischen Betrieb. Grund dürfte wohl die Elektrifizierung im Innenstadtbereich und entsprechender Umbau des Bahnhofs Blasewitz gewesen sein, die eine teilweise Umbeheimatung der für den Pferdebahnbetrieb immer noch benötigten verbliebenen Gäule notwendig machte. Zudem erhielt der Straßenbahnhof Löbtau noch ein Außengleis, wie eine Zeichnung von 1898 aus der Sammlung von Ingolf Menzel verdeutlicht. Warum die Drehscheiben hier fehlen weiß ich nicht, ich glaube aber nicht, dass man zwei Jahre vor Toresschluss noch eine Schiebebühne eingebaut hätte.


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    Stadtplanausschnitt von 1898. Mittlerweile ist die großstädtische Umgebungsbebauung weitgehend fertiggestellt, sie existiert in weiten Teilen noch heute.


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    Im Jahre 1897 erlebte Löbtau eines der verheerendsten Weißeritzhochwässer, das erst 2002 übertroffen werden sollte. An der Bismarckbrücke staute sich das Schwemmgut, und das wildgewordene Flüsschen hatte sich nach Dresden hinein sein althergebrachtes Bett gesucht. Zahllose Schaulustige bevölkern die Szenerie, doch für uns viel interessanter ist das Stillleben jenseits der Brücke in der Freiberger Straße…


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    …wohin man wohl aus Vorsicht vor einer möglichen Unbefahrbarkeit oder gar Zerstörung der Brücke den Fuhrpark des Straßenbahnhofs evakuiert hat. Somit konnte der teilweise Betrieb auf den Löbtauer und Plauener Linien aufrechterhalten werden.


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    Umzug nach Naußlitz - und neue Nutzung


    Zu jenem Zeitpunkt war bereits klar, dass mit der Aufnahme des elektrischen Betriebs im Dresdner Westen das Ende für den Standort Löbtau gekommen sein würde. Die Dresdner Straßenbahn AG hatte bereits in Naußlitz ein großes Gelände für die Neuanlage eines Straßenbahnhofs erworben, der die Aufgaben des räumlichen beengten Objekts in Löbtau übernehmen würde. Nach einigen Jahren Verzögerung wegen Problemen bei der Strombereitstellung konnte als eine der letzten auch die Linie Postplatz – Wölfnitz am 31. Juli 1900 auf elektrischen Betrieb umgestellt werden. Gleichzeitig ging der teilweise fertiggestellte Bahnhof Naußlitz in Betrieb, auch wenn er noch geraume Zeit Baustelle bleiben sollte – und der alte Pferdebahnhof vom Netz.


    In den Hallen zog Ruhe ein, und die Gleisanlagen wurden zeitnah entfernt, vermutlich im Zusammenhang mit der längst geplanten Neupflasterung der Lindenstraße. Vorher jedoch wurde der Bahnhof Löbtau noch Schauplatz eines dramatischen Kriminalfalls, den ich euch nicht vorenthalten möchte. Dem empörten Bürger dürfte am Morgen des 17. Juli 1900 das Hackepeterbrötchen im Halse stecken geblieben sein, als er die „Sächsische Elbzeitung“ konsultierte…


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    Wie, und warum, die jugendlichen Taugenichtse allerdings aus der Antonstadt nach Löbtau kamen, das ist leider nicht überliefert. Heute böte sich hierfür die Linie 7 an, ohne Umsteigen…



    Postkarte der Kesseldorfer Straße nach der Eingemeindung, um 1905. Hinter dem elektrischen Triebwagen die Einmündung der nunmehr „Bünaustraße“ getauften Lindenstraße. Am Umgebungsambiente hatte sich seit Mitte der 1890er nichts mehr verändert.


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    In den Adressbüchern der Folgejahre ist weiterhin der Stallmeister als wohnhaft an der Adresse des Straßenbahnhofs vermerkt. Die Wagenhalle blieb zunächst stehen, nur die Stallungen wurden auf Abbruch bereits 1901 verkauft und verschwanden schnell. Der Stadtplan von 1910 zeigt ein bis auf die Wagenhalle leeres Gelände.


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    Das Löbtauer Grundstück rückte erst zu jener Zeit wieder in den Fokus, denn es wurde zur Errichtung dringend benötigter Beamtenwohnungen der Straßenbahn herangezogen, befand es sich doch nach wie vor im Eigentum der Städtischen Straßenbahn als Rechtsnachfolgerin der Dresdner Straßenbahn AG. Nach Plänen des Stadtbaurats Hans Erlwein entstand bis 1912 eine kleine, aber feine Wohnsiedlung, die auch Eingang in den Geschäftsbericht für das Jahr 1912 fand.


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    Selbst Postkarten wurden herausgegeben. Heute zeigen sich die ehemaligen Straßenbahnerhäuser übrigens liebevoll saniert und künden von der Vergangenheit des Grundstücks als Teil der Dresdner Nahverkehrsgeschichte.


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    Das war es dann mit unserem kleinen Ausflug in die Dresdner Pferdebahngeschichte. Schönes Wochenende allerseits!





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    Die letzten Jahre


    Das langsame Ende für den größten Pferdebahnhof der „Gelben“ Gesellschaft kam, wie sollte es anders sein, mit der Einführung des elektrischen Betriebes. Die heruntergekommenen und recht provisorisch anmutenden Anlagen waren für eine Umrüstung auf elektrischen Betrieb denkbar ungeeignet, so dass sich die Gesellschaft nach Alternativen umsah und diese schließlich an der Leipziger Straße auf Micktner Flur fand. Hinzu kam die ungeklärte städtebauliche Situation: Der Staat wollte sich der ungeliebten Immobilie, die zudem das Gegenüber des neuen Finanzministeriums verschandelte, möglichst schnell entledigen. Erste Gebäudeteile fielen um 1895 der Anlage des Carolaplatzes und der König-Albert-Straße als direkter Verbindung vom Albertplatz zur neuen Elbbrücke zum Opfer, 1897 folgten der gesamte östliche Teil und der komplette Nordflügel. Da auch der nördlichste Abschnitt der Wagenhalle der neu anzulegenden Briestraße im Wege war wurde diese leicht verkürzt. Ähnlich wurde mit den Stallungen verfahren.



    Reste der östlichen Ausläufer des Jägerhofs jenseits des Königin-Carola-Platzes an der heutigen Wigardstraße, im Hintergrund das Dreikönigsgymnasium, heute Kultusministerium, auf einer Zeichnung von Franz Trautsch, 1898. Im Vordergrund hat der Künstler auch die Pferdebahngleise der „roten“ Konkurrenz nicht vergessen, die seit 1895 die Carolabrücke überquerte.


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    Vom gleichen Künstler stammt eine Ansicht der Reste des Jägerhofs vom Carolaplatz aus, ebenfalls von 1898. Rechts im Hintergrund angeschnitten die Ritterakademie am Beaumontplatz, links das Giebelfeld des Südflügels, der in gekürzter und modernisierter Form bis 1945 überleben sollte, entlang der neu angelegten Asterstraße, heute Teil der Köpckestraße. In der Bildmitte erkennen wir die Wendelsteine des noch heute in weiten Teilen vorhandenen Westflügels und darüber dem Dachreiter des Neustädter Rathauses, im Hofe das hohe Dach der Wagenhalle und die Giebel der teilweise rückgebauten Stallungen.


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    Anlegung der Briestraße 1897, nach Abbruch des Nordflügels. Die Rückwand der gekürzten Wagenhalle wurde sehr rustikal provisorisch geschlossen, wie ein Vergleich mit den Donadini-Aufnahmen belegt.


    Neustadt-J-gerhof-Anlegung-Briestr-1897.jpg



    Die „Neuesten Nachrchten“ ´berichten am 15. Juni 1897 von einem Brand im Gelände. Neben der zeittypischen Ausschmückung des Vorfalls ist vor allem die Passage zum weiteren Schicksal der Gebäude von Interesse.


    Neueste-Nachrichten-15-06-1897-Brand-J-gerhof.jpg




    Am 13. Oktober 1897 widmet sich das „Dresdner Journal“ recht ausgiebig dem Neubau des Straßenbahnhofs Mickten und verweist auf das absehbare Schicksal des alten Depots im Jägerhof.


    Dresdner-Journal-13-10-1897-zu-bhfen-mickten-und-j-gerhof.jpg



    Die Umstellung auf elektrischen Betrieb führte zu sich zuspitzenden Arbeitslosenzahlen unter den straßenbahneigenen Unpaarhufern, zumal man die nicht wie die einstigen Kutscher und Kondukteure für den elektrischen Betrieb umschulen konnte. Fleißig inserierte man in den Tageszeitungen, hier der Sächsischen Dorfzeitung vom 22. August 1899, um die unnützen Kostgänger zu veräußern. Undank ist der Welten Lohn…


    S-chsische-Dorfzeitung-22-8-1899-pferdeverkauf-j-gerhof.jpg



    Der Geschäftsbericht der Dresdner Straßenbahn für 1899 zeigt augenscheinlich den Bedeutungsverlust des Bahnhofs und seines animalischen Personals. Man vergleiche die Zahlen der eingestellten Wagen und Zugtiere mit denen für 1894.


    Gesch-ftsbericht-1899.jpg



    Das endgültige Ende für den Bahnhof im Jägerhof kam mit der Umstellung der Arsenal-Linie auf elektrischen Betrieb am 28. Juni 1900. Nun konnte man zügig an die Beseitigung der letzten Gebäudereste gehen. Die Wagenhalle wurde als „Feldscheune“ offeriert (hier in den „Dresdner Nachrichten“ am 28.06.1900) und die letzten Dänen, gemeint ist die Pferderasse, zum freihändigen Verkauf dargeboten. Welchen Acker die ausrangierte Wagenhalle letztlich zierte entzieht sich leider unserer Erkenntnis.


    DN28061900-verkauf-pferde-wagenhalle-j-gerhof.jpg



    Schnell wurden die letzten zu Beiwagen umzubauenden Pferdebahnwagen aus dem Jähgerhof umbeheimatet und die Gleisanlagen entfernt. Hierzu unterrichtet der Geschäftsbericht für das Jahr 1900, dem letzten des Pferdebahnbetriebs in Dresden.


    Gesch-ftsbericht-1900-I.jpg



    Wir verabschieden uns künstlerisch von den Pferdebahnen im Jägerhof mit diesem Gemälde von A. Reinhardt aus dem Jahr 1893.


    Neustadt-J-gerhof-Strassenbahnhof-A-Reinhardt-1893.jpg




    Totgesagte leben länger…


    Das hätte es nun eigentlich auch für die verbliebenen Baulichkeiten des Jägerhofes sein sollen. Doch West- und Südflügel blieben zunächst stehen und waren Gegenstand einer jahrelangen Debatte. Als „Großstadt-Idyll“ dienten die kläglichen Reste der einst stolzen kurfürstlichen Anlage zumindest um 1905 als Postkartenmotiv. Noch zeigt sich der Westflügel in voller Länge, später wurde er um den nördlichsten Abschnitt eingekürzt. Von den Baulichkeiten der Pferdebahn ist nichts mehr zu sehen.


    Neustadt-J-gerhof-Umbau-Abbruch.jpg



    Oskar Seyffert ist es zu verdanken, dass der Westflügel dem drohenden Abriss entging. Nach umfangreichen Bauarbeiten ab 1911, bei dem die Kürzung der Baureste erfolgte und zum Ausgleich der südliche Wendelstein neben dem ehemaligen Haupttor neu angelegt wurde, öffnete der Jägerhof als Museum für Sächsische Volkskunst, das er noch heute beherbergt. Auch der Südflügel blieb stehen und wurde modernisiert, aber nach den Kriegszerstörungen 1945 nicht mehr aufgebaut.


    Die Fotografie erlaubt einen Vergleich mit der Einfahrtssituation vor dem Umbau (Bild 2 des Rundgangs). Im Hintergrund der große Rundbau des Circus Sarrasani, eröffnet 1912.


    Neustadt-J-gerhof-Volkskunstmuseum-Kopie.jpg



    Der Jägerhof in den 1920er Jahren. Neu errichtet wurden beim Umbau zum Museum der Eingangspavillon und der erwähnte südliche Wendelstein. (Deutsche Fotothek)


    df-hauptkatalog-0305303.jpg



    Die folgenden Rekonstruktionszeichnungen dienen dem direkten Vergleich der verschiedenen Bauzustände. Zunächst die Giebelansicht des Westflügels.


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    Hofansicht des Westflügels.


    Folie1.jpg


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    Nordflügel, abgerissen 1897.


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    Abschließend noch eine aktuelle Luftansicht auf Goggle-Maps-Basis. Nichts erinnert mehr an die Straßenbahn-Vergangenheit des Jägerhofs. Überbaut sind ebenso die umgebenden Straßen, bis auf Reste der alten Wiesenthorstraße. Die Wohngebietsstraße links oben folgt dem Verlauf der ehemaligen Briestraße.


    Luftbild-Maps.jpg




    Schönen Sonntag allerseits!

    Das Dépôt Dresden Neustadt im Jägerhof



    Hallo in die Runde,



    wir begeben wir uns weit in die Frühzeit der Dresdner Straßenbahn zurück und statten einem Straßenbahnhof einen Besuch ab, der nie dem elektrischen Betrieb diente, dafür aber auf historisch bedeutendem Gelände angelegt wurde: Dem Dépôt Dresden-Neustadt der Tramways Company im Jägerhof.



    Östlich der Neustädter Hauptstraße befand sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ein ausgedehntes Kasernenareal, das aus den verschiedensten Baulichkeiten vergangener Jahrhunderte bestand, darunter dem im Kern auf das 16. Jahrhundert zurückgehenden Jägerhof der sächsischen Kurfürsten, der schon längst als Kavalleriekaserne diente. Mit dem Bau der Albertstadt zogen die Militärs Mitte des 19. Jahrhunderts nach und nach gen Norden, und die verwaisten Gebäude wurden anderweitig vermietet und verpachtet.



    Dem Pferdebahnhof im Jägerhof hatte ich schon vor geraumer Zeit einen Beitrag gewidmet, jedoch möchte ich diesmal die städtebauliche Einordnung des Geländes etwas genauer beleuchten und zahlreiche neue Erkenntnisse und Quellen einfließen lassen.




    Der Jägerhof als Kavalleriekaserne vor dem Auszug des Militärs, Gemälde von C. H. Wittich, 1891. Dort, wo die Reiter exerzieren, stand zur Entstehungszeit des Bildes bereits die hölzerne Wagenhalle des Straßenbahnhofs.






    Eingangstor des Jägerhofes an der Wiesenthorstraße, Gemälde von Franz Wilhelm Leuteritz, 1899. Wieder bietet sich ein romantisierender Blick zurück in die Militärzeit, und neben der berittenen Soldateska bevölkert ein Rudel Hunde die Szenerie. Genau hier sollte das Zufahrtsgleis zum Straßenbahnhof einmünden.






    Der Jägerhof, Nordwestecke an der Wiesenthorstraße, Gemälde von C. H. Wittich 1891. Rechts angeschnitten ist der Kopfbau der 1945 zerstörten und später abgerissenen Ritterakademie erkennbar, auch bekannt als Palais Wackerbarth. Der Nordflügel des Jägerhofs wurde 1897 abgerissen.







    Das Dépôt Dresden-Neustadt



    Durch den Auszug des Militärs bot sich für die Tramways Company nach 1880 die Gelegenheit, ihren Bahnhof für die zu errichtenden Neustädter Linien betrieblich günstig in der Nähe des Neustädter Marktes anzulegen, boten die großzügigen Baulichkeiten des Jägerhofes doch mehr als genügend Platz für Werkstätten, Stallungen und die Anlage einer Wagenhalle.


    Am 30. April 1881 berichten die „Dresdner Nachrichten“ über den Stand der Bauarbeiten an den Pferdebahnstrecken, dabei wird explizit auch der zukünftige Pferdebahnhof und sein Zufahrtsgleis durch die (Große) Klostergasse erwähnt.






    Angesprochen wird in dem Artikel auch die Unterbringung von Pferden im Pontonschuppen an der Elbe. Ursprünglich waren es derer zwei, der südliche Schuppen war jedoch ausgerechnet am Buß- und Bettag 1869 in Flammen aufgegangen. Links das Hübelsche Haus an der Wiesenthorstraße. Diese Gebäude verschwanden zwischen 1891 und 1894 schrittweise zugunsten des klotzigen Neubaus des Finanzministeriums, so dass die Pferde der Straßenbahn nun alle im Jägerhof untergebracht werden mussten. Eröffnet wurde der neue Bahnhof mit Inbetriebnahme der Linie zum Waldschlößchen im Juni 1881.






    Ein Stadtplanausschnitt von 1890 zeigt das Areal vor den großen städtebaulichen Umwälzungen im Zuge des Baus der Carolabrücke und der Ministerien. Noch sind die Baulichkeiten des Jägerhofs intakt.



    Gut zu erkennen ist das das Anschlussgleis durch die Große Klostergasse und die Anlagen des Pferdebahnhofs im Jägerhof, mit Wagenhalle und rechts daneben den Stallungen. Zu jenem Zeitpunkt waren wie beschrieben ein Teil der sehr umfangreichen Kavallerie im langgestreckten Pontonschuppen am Elbufer untergebracht. Eingezeichnet sind bereits die neu anzulegenden Straßen und der nördliche Brückenkopf der neuen Elbbrücke, die beide den Namen der Königin Carola erhalten werden.






    Eine Fotografie, die die Gesamtheit der Wagenhalle zeigt, scheint leider nicht zu existieren. Die folgende Rekonstruktionszeichnung soll daher Abhilfe schaffen. Es handelte sich um einen hölzernen Schuppen, neben dem zur rechten ein für die Tramways Company typisches Stallgebäude in den Hof gebaut wurde. Da das Grundstück vom sächsischen Staat nur gepachtet war, wurden kaum Anstrengungen in die Instandsetzung der umgebenden Gebäude gesetzt, die sich in einem teils sehr heruntergekommenen Zustand zeigten. Neben der Tramways Company waren in dem weitläufigen Areal, das nach wie vor laut Adressbüchern dem Staatsfiskus unterstand, zahlreiche Wohnungen vorzugsweise von Staatsbeamteten untergebracht, neben einer Vielzahl kleinerer Firmen und Handwerker und den Stallungen des Comités der Dresdner Pferdeausstellungen.






    Welch immenser Aufwand für den Pferdebahnbetrieb notwendig war mag der folgende Auszug aus dem Geschäftsbericht der zur Dresdner Straßenbahn umfirmierten Tramways Company für das Jahr 1894 geben. Sage und schreibe 428 Pferde mussten für die hier untergebrachten 53 Wagen unterhalten werden. Dies betraf neben der Behausung natürlich auch Pflege, Fütterung, Krankenversorgung und nicht zuletzt die Beseitigung der Hinterlassenschaften…






    …mit denen man noch Geschäfte zu machen gedachte. Heute würde man so etwas wohl als nachhaltig und klimaneutral framen. Wie hoch das beste Gebot lag, und wer der Meistbietende war, bleibt leider unbekannt. (Anzeige in der Sächsischen Dorfzeitung vom 6. August 1881)







    Die Zufahrtstrecke



    Ein Menselblattausschnitt von 1895 zeigt detailliert die Gleisanlagen des Pferdebahnhofs. Es fehlt (bereits?) die Freiabstellfläche zwischen Wagenhalle und Westflügel, die auf den folgenden Fotografien erkennbar ist. Betrachten wir jedoch zunächst das Gleis in der Großen Klostergasse etwas näher…






    Blick vom Neustädter Markt in die Große Klostergasse, 1893. Im Hintergrund ist das Finanzministerium bereits weit gediehen. Beachtenswert ist der ausrückende Pferdebahn-Decksitzwagen im Hintergrund, der gleich den Klosterplatz queren wird. (A. E. Donadini, Deutsche Fotothek)







    Große Klostergasse mit Pferdebahnwagen, Fotomontage. Nach Stilllegung des Pferdebahnhofes 1900 wurde das Gleis zurückgebaut, Reste verblieben auf dem Neustädter Markt mindestens bis in die zwanziger Jahre. Erst 1977 kehrte die Straßenbahn in die nun sehr großzügig zur Köpckestraße ausgebaute Große Klostergasse zurück, nun aber als reguläre Strecke, die heute von der Linie 8 befahren wird.



     




    Blick aus der Großen Klostergasse auf den Neustädter Markt, nach 1900, denn das Gleis der Pferdebahn ist schon entfernt. Im Zentrum des Bildes die Fassade des Blockhauses mit der Aufstockung von 1892, die beim Wiederaufbau in den 1980er Jahren wieder rückgängig gemacht wurde.







    Ein virtueller Rundgang durch den Jägerhof



    Der Jägerhof ist vor dem weitgehenden Abriss Ende der 1890er Jahre fotografisch recht gut dokumentiert worden. Im Fundus der Deutschen Fotothek sind einige Aufnahmen von Ermenegildo Antonio Donadini, entstanden um 1895, erhalten geblieben, die einen guten Eindruck des Inneren zu Zeiten seiner Nutzung als Pferdebahnhof vermitteln. Die vorangestellte Planzeichnung illustriert den aus zeitgenössischen Menselblättern und den Fotografien von Donadini rekonstruierbaren Zustand der Betriebsanlagen. Zur besseren Einordnung sind die Fotostandorte eingetragen, die Pfeile geben die Blickrichtung an. Begeben wir uns also auf einen Rundgang mittels zeitgenössischer Fotografien….






    (1) Überfahrt der Wiesenthorstraße. Fotomontage mit einem in der Einfahrt stehenden Decksitzwagen der Linie Postplatz-Waldschlößchen.






    (2) Blick in die sehr enge Einfahrt, nach 1895. Die bereits längst zum Abriss bestimmten Gebäude zeigten sich vor allem zuletzt in einem beklagenswerten Zustand.






    (3) Blick von der Einfahrt in den Zwischenraum zwischen dem heute noch weitgehend erhaltenen Westflügel und der Wagenhalle (A. E. Donadini, Deutsche Fotothek, nachträglich koloriert). Bemerkenswert sind die auf der Aufnahme erkennbaren Fahrzeuge. Da wäre zum Einen der unter dem Schauer geparkte Pferdeomnibus…






    …und während Pferdebahnwagen 63 für die Linie Albertplatz – Zoologischer Garten aufgeschildert ist, versteckt sich links vermutlich einer der sehr kleinen ursprünglichen Wagen für die Plauener Conti-Linie, wohl ausgegleist und nicht mehr genutzt. Der Überlieferung nach dienten sie später vor allem als Einfahrwagen für neu eingestellte Zugpferde, quasi eine Frühform der Fahrschule.



     




    (4) Wir schauen nordwärts zwischen den Stallungen und dem ursprünglichen Renaissance-Ostflügel. Das Stallgebäude entsprach dem Einheitstyp der Tramways Company und war in gleicher Form auch in Neugruna und Löbtau zu finden. (A. E. Donadini, Deutsche Fotothek)






    (5) Blick entlang des Nordflügels mit der Hinterfront der Wagenhalle zur linken und für die Kamera posierendem Straßenbahn-Personal. (A. E. Donadini, Deutsche Fotothek)






    (6) Eine weitere Donadini-Aufnahme aus ähnlicher Perspektive. Der gewichtige bärtige Herr scheint ein Funktionsträger zu sein, und wir sehen den Beweis, dass die lieben Pferde bei der nunmehrigen Dresdner Straßenbahn beileibe nicht darben mussten. So konnten sie auch viel Mist für den Weiterverkauf produzieren, eine frühe Win-Win-Situation. (A. E. Donadini, Deutsche Fotothek)



    Fortsetzung...


    Hallo in die Runde,


    den nächsten Teil der Dresdner Haltestellen-Nachkriegsgeschichte widme ich eher ausgefalleneren Konstrukten der frühen Nachkriegszeit, nachdem im [url=https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?005,10616597,10618225#msg-10618225]letzten Teil [/url]die normalen Wartehallen sowie die großen Verkehrs- und Endpunkthäuschen abgehandelt wurden.



    Einige Knotenpunkte wurden in den ersten Nachkriegsjahren mit Kombinationen aus einfachen Wartehallen und Verkaufsstellen, meist Kioske für Presse- und/oder Tabakartikel oder betriebseigene Fahrscheinverkaufsstellen, ausgestattet. Noch bekannt dürfte sicher vielen die Haltestelle Könneritzstraße sein, die sich hier auf der Grafik im Zustand der 1980er Jahre noch unter dem Namen Paul-Gruner-/Schweriner Straße präsentiert. Der einfache Ziegelbau war an einen teilzerstörten und erst nach 1990 wieder vollständig instandgesetzten Gründerzeitler angebaut, verschwand jedoch noch vor Auflassung der Haltestelle im Jahre 2002.




    Am Neustädter Bahnhof auf dem Schlesischen Platz wurde zunächst noch die Vorkriegs-Wartehalle weitergenutzt und Anfang der 1950er Jahre durch einen hölzernen Neubau ersetzt, der gleichfalls eher antik anmutete. Auch er überlebte noch die Nachwendezeit und verfügte neben einem Warteraum über einen Fahrkartenverkaufs- und einen Informationsschalter.




    Ein besonders rustikales Ensemble zierte in den fünfziger Jahren die Haltestelle Stübelplatz am Stadtring. Das Sammelsurium aus verschiedenen Hütten und einer Kombination aus hölzernem Wetterschutz mit aufgesetztem Verkehrstürmchen erinnerte eher an eine Wildwest-Station als an einen städtischen Knotenpunkt in Mitteleuropa. Irgendwie aber auch passend, lag die Pioniereisenbahn doch direkt dahinter.




    Gegenüber an der Ecke von Grunaer und Lennéstraße ging es viel gediegener zu. Nach Abriss der Villenruine und der weit moderneren Vorkriegswartehalle daneben wurde hier ein Unterstand mit Anklängen an den sozialistischen Klassizismus sowjetischer Prägung erbaut, der an der Grunaer noch durch einen gleichartigen Zeitungskiosk ergänzt wurde. Ein langes Leben war dem hübschen Bau nicht beschieden, er musste schon um 1970 dem Ausbau der Kreuzung weichen und wurde durch einen Neubau ersetzt, der schon im Vorbeitrag angesprochenen heutigen Fußball-Spelunke. Bis Mitte der 1990er diente jene noch profanen Verkehrszwecken.




    Springen wir aus dem Stadtzentrum nach Übigau in den Dresdner Nordwesten. Am Eingang des Transformatoren- und Röntgenwerkes entstand in den 1950er Jahren eine großzügige Baulichkeit als Kombination von Pförtnerloge und Wartehalle für den Kraftomnibusbetrieb. Hier endete zunächst die Linie F (ab 1964 als 74 bezeichnet), die später in der Linie 80 aufging. Zuletzt wurde die Haltestelle als Schleifenfahrt montags bis freitags durch die Linie 80 bedient, am Wochenende fuhren die Busse auf der Washingtonstraße dutch und bedienten die dortige Haltestelle. Die Größe der Halle lässt erahnen, welche Fahrgastmengen hier im Berufsverkehr abzutransportieren waren. Nicht umsonst wurde die 80 auf ihrem zentralen Abschnitt in Spitzenzeiten durch die E80 Wilder Mann - Cotta und zeitweilig sogar mit Zusatzfahrten vom Riegelplatz nach Altcotta bzw. Cotta verstärkt.




    In den Vorstädten wurden in den fünfziger jahren auch weiterhin klassische kleine hölzerne Wartehäuschen errichtet, die sich zeitlich nur schwer genau einordnen lassen. Zumindest bei dem Beispiel Hermann-Seidel-Straße in Laubegast könnte es sich noch um eine Vorkriegs-Konstruktion handeln. Beide zeigen sich hier im Zustand der 1980er Jahre.




    Kommen wir nun zu einigen erwähnenswerten Vorkriegsbauten. Ein ganz besonderes Exemplar stellte die große Wartehalle an der Querallee dar. Diese stammt im Kern aus dem 19. Jahrhundert und diente vor der Nutzung durch die Straßenbahn als Wegezoll-Einnahmestation für den Großen Garten. Nach dem Krieg wurde sie in der hier zu sehenden Form modernisiert. Die untere Grafik zeigt den Zustand der 1980er. Heute ist das Häuschen vermauert, steht aber noch am Eingang der Querallee, neben der heutigen, barrierefreien Haltestelle.





    Stellvertretend zum Schicksal der "Käseglocken" habe ich die vom Albertplatz ausgewählt, gebaut 1928. Wie das größere Pendant am Postplatz wurde sie Ende der 1940er, Anfang der 1950er sehr ausgiebig für Reklame und Propaganda genutzt. Ende der 1990er Jahre wurde sie durch eine Replik ersetzt, bis vor kurzem das Servicezentrum am Albertplatz.





    Auch einige der in Dresden weit verbreiteten Hossfeld-Unterstände hatten den Krieg überlebt. Wie das Beispiel vom Ernst-Thälmann-Platz zeigt, wurden sie mitunter auch von anderen Standorten an neue Haltestellen überführt. Die große Wartehalle am Pohlandplatz (KOM- bzw. Obus-Linie C) konnte nach 1990 geborgen werden und steht heute liebevoll saniert im Straßenbahnmuseum. Bis in die 1990er überlebten neben ihr nur noch sehr wenige weitere Exemplare, so an der Plattleite, wenngleich jene sich in ihrem letzten Zustand stark entstellt zeigte.




    In der Zwischenzeit habe ich mich auch intensiv mit der Vorkriegsgeschichte der Dresdner Verkehrshäuschen beschäftigt und begonnen, diese grafisch zu verewigen. Sollte Interesse an einer entsprechenden Fortsetzung bestehen, lasst es mich wissen...


    Beste Grüße und frohe Festtage!

    Haltestellenbauten der Nachkriegszeit (I)




    Hallo in die Runde,


    die Fortsetzung der Dresdner Haltestellen-Serie widmet sich den Konstruktionen der ersten Nachkriegs-Jahrzehnte. Nachdem nach der Zerstörung der Stadt in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre zunächst die grundlegende Wiederherstellung der noch bestehenden und benötigten betrieblichen Infrastruktur im Vordergrund stand, begann noch unter der Führung des Kommunalen Wirtschaftsbetriebes (KWU) ab etwa 1948/49 ein umfangreiches Hochbauprogramm, bei dem neben dem Wiederaufbau der Straßenbahnhöfe und dem Ausbau der Hochhaus-Ruine am nunmehrigen Platz der Einheit als neuem Stammsitz der Verkehrsbetriebe aucch der Neubau zahlreicher Verkehrs- und Endpunkthäuschen im Vordergrund stand. Dabei entstanden unter widrigsten Bedingungen zum Teil eindrucksvolle Anlagen, denen trotz ihrer massiven Bauweise oft nur ein sehr kurzes Leben beschieden war, und die heute fast alle restlos verschwunden sind. Oft war es dabei nicht einfach, bei fehlenden Quellen zwischen echten Nachkriegsbauten und solchen der 1930er Jahre zu unterscheiden, denn diese frühen Gebäude standen noch stark in der Kontinuität der "nationalen Bautradition" der 1930er Jahre. Umgekehrt wurden auch vor dem Krieg bereits sehr moderne Anlagen errichtet, die beeinflusst vom Werk des Stadtbaudirektors Paul Wolf noch deutliche Anleihen an die internationale Moderne oder die Bauhaustradition aufgriffen. Als Grundlage für die Grafiken dienten wie meist Archivfotografien.



    Verkehrshäuschen


    Im Jahr 1950 wurden die wichtigsten Umsteigepunkte der Straßenbahn mit Verkehrshäuschen ausgestattet, die neben dem obligatorischen Wartebereich weitere Funktionen beinhalteten, wie Verkaufskioske, öffentliche Telefone und z.T. Toilettenanlagen. Markant waren die orangebraunen Fliesen des Wartebereichs. Ich konnte bislang vier solcher Anlagen identifizieren, die im folgenden vorgestellt werden.


    Die Haltestelle Neustädter Markt erhielt in Richtung Norden ein derartiges Gebäude, während auf stadtwärtiger Seite das kriegsbeschädigte Erlwein-Häuschen wieder instandgesetzt wurde. Typisch für alle derartigen Bauten waren die genannten Fliesen, ein überstehendes Fensterband des Verkaufsbereichs, Flachdächer, die Verwendung von Glasbausteinen und eine hohe Stirnwand, deren Zweck mir erst bei der Bildrecherche klar wurde: Sie war wohl offenbar ursprünglich als Plakatfläche gedacht. Für den Neustädter Markt belegen mehrere Fotos in den Archiven eine derartige Nutzung. Das Häuschen verschwand mit der Stilllegung der Strecke durch die Straße der Befreiung (Hauptstraße) und deren Umgestaltung in eine Fußgängerzone nach 1975 schon sehr zeitig.


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    Die Zwinglistraße bildete ab 1947 den Schnittpunkt der Straßenbahn mit der neu eingerichteten Obus-Linie C. Da sich die Verkehrsströme durch die Zerstörung des Zentrums in die Vorstädte verlagert hatten, wurde diese Haltestelle zu einem der wichtigsten Umsteigepunkte im Dresdner Osten. Grund genug, auch hier ein stattliches Verkehrshäuschen zu errichten.


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    Baulich sehr ähnlich, aber deutlich größer war das Verkehrshäuschen am Trachenberger Platz. Aus heutiger Sicht erscheint es etwas unverständlich, wieso ausgerechnet hier ein solcher Aufwand getrieben wurde, denn ein wirklicher Knotenpunkt war der Trachenberger Platz im Verkehrsnetz damals nicht. Hier gab es 1950 lediglich den Abzweig der Linie 4 zum St.-Pauli-Friedhof. Möglicherweise war dies ein Vorgriff auf den geplanten Obus-Ring. Die querende Buslinie 91 wurde erst in den 1960er Jahren eingerichtet.


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    Am bekanntesten dürfte in diesem Zusammenhang wohl das viel komplexere Häuschen am Fetscherplatz sein, gleichfalls 1950 errichtet. Während die beiden kleineren Geschwisterbauten schon Anfang der 1990er Jahre der Spitzhacke anheim fielen, sollte es erhalten werden. Letztlich aber erfolgte auch hier der Abriss und der Ersatz durch einen als "kritische Rekonstruktion" zu bezeichnenden Neubau, der die grundlegende Architektur wieder aufgriff. Und ja: Der Baum wächst tatsächlich durch das Dach, bzw. wurde dieses um ihn herum betoniert!


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    Auch den Dorfplatz in Altleuben zierte ab 1950 ein großzügiges Verkehrshäuschen, sogar mit unterirdischer Toilettenanlage. Es verschwand ebenfalls zu Beginn der 1990er Jahre.


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    Stadtbekannt dagegen ist das ehemalige Verkehrshäuschen an der Kreuzung Löbtauer/Tharandter/Kesselsdorfer Straße. Seit die davor verlaufende Strecke über die Tharandter Straße 1998 das Zeitliche segnete, dient es als "Huschhalle" nur noch gastronomischen Zwecken, wenn auch mit mehr als zweifelhaftem Ruf. Selbst ein Mord hat sich dort schon ereignet... Schon zum Zeitpunkt des Baus 1955 war die Kreuzung ein stark frequentierter Straßenbahnknoten im Dresdner Westen. Heute ist die Haltestelle Tharandter Straße eine der meistbenutzten außerhalb des Stadtzentrums und ein wichtiger Umteigeknoten zwischen Bus und Bahn.



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    Einfache Wartehäuschen


    Neben diesen großzügigen Bauten entstanden im gesamten Stadtgebiet meist recht schlichte Wartehäuschen. Nicht selten wurden sie in vorhandene Baulichkeiten eingepasst, wie an der Cottaer Straße (damals Linien 3, 12 und 20) oder am Straßenbahnhof Mickten in der Lommatzscher Straße (KOM-Linie B).


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    Bekannter dürfte das großzügige Häuschen am Straßenbahnhof Mickten in der Leipziger Straße sein, das an das Verwaltungsgebäude angesetzt wurde und einen kleineren Vorkriegsbau ersetzte.


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    Zwei Beispiele von "freier Strecke": Das Häuschen an der Geblerstraße besaß im Gegenzug zum fast baugleichen am Straßenbahnhof Reick eine großzügige Verglasung. Typisch für diese weit verbreitete Bauart war das flache, teergedeckte Walmdach.


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    Auch eine Pultdach- Variante war durchaus verbreitet, hier ein Beispiel von der stadtwärtigen Haltestelle Tittmannstraße. An der Bautzner/Rothenburger Straße ersetzte ein gestalterisch anspruchsvolleres Exemplar die alte Holzwartehalle aus Pferdebahn-Zeiten, dieses wiederum wurde 1988 durch den bereits gezeigten und seit 2013 wiederum entschwundenen Ziegel-Beton-Standardbau ersetzt.


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    Endpunktgebäude


    Neben den Umsteigepunkten lag ein Fokus auf der Ausstattung der Endpunkte mit zeitgemäßen Baulichkeiten. Zum einen galt es, dem Fahrpersonal angemessene Sanitäreinrichtungen zur Verfügung zu stellen, zum anderen aber dienten diese fast kleinen Bahnhofsbauten gleichkommenden Anlagen als Wartehallen und nicht selten als Verkaufseinrichtungen. Auch öffentliche Fernsprecher oder Toiletten gehörten meist zur Grundausstattung. Von diesen Endpunkthäuschen sind heute noch einige vorhanden, oft jedoch aber dem Zugang der Öffentlichkeit entzogen.



    Mit Verlängerung der Obuslinie C nach Weißig bestand am dortigen Endpunkt die Notwendigkeit eines schlichten, aber ästhetischen Neubaus, malerisch gelegen auf einem Abhang vor einem Dreiseithof. Leider ist die seit Verlängerung der Buslinie 61 zum Einkaufszentrum Weißig nicht mehr genutzte Baulichkeit vor wenigen Jahren abgerissen worden. Die an seiner Statt errichteten Neubauten sind dem Ortsbild wesentlich weniger zuträglich.


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    Wir bleiben im Dresdner Osten und begeben uns nach Loschwitz. Im Oktober 1950 wurde der dortige Endpunkt der Linie 2 aus der Grundstraße zum neuen Gleisdreieck Calberlastraße verlegt. Davor gab es bereits fertige Pläne für eine große Blockschleife über die Fidelio-F.-Finke-Straße und Ratsstraße, die wohl aus Kostengründen nicht umgesetzt wurden. Nichtsdestotrotz wurde noch 1950 in der Grundstraße am alten Ratskeller ein neues Endstellengebäude errichtet, das wenn überhaupt seinem eigentlichen Zweck nur noch sehr kurz diente. Später befand sich hier jahrzehntelang ein Fahrscheinverkauf und die stadtwärtige Haltestelle des Obusses bzw. der KOM-Linien 61, 84 und 93. Der Flachbau entschwand mit Abriss des Ratskellers für das neue Ortsamt Loschwitz Anfang der 1990er Jahre.


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    Sicher fast jedem bekannt ist das hübsche Endstellengebäude am Nürnberger Ei, mit dem der Auftakt für den Wiederaufbau der hier stark zerstörten Südvorstadt erfolgte. So präsentierte es sich im Urzustand: Die Wartehalle zeigte sich sehr großzügig erheblich größer als heute, später erfolgte der Einbau eines Fahrscheinverkaufs und eines Imbissstandes, beide heute nicht mehr vorhanden.


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    Etwa zur gleichen Zeit erhielt die neu geschaffene Gleisschleife am Wilden Mann (Buchholzer Straße) ein Endpunktgebäude, das zeitweilig auch einen Imbiss beherbergte. Es ist in stark modernisierter Form noch heute vorhanden, hier der Zustand Anfang der 1990er Jahre. Gewartet werden kann hier heute nicht mehr.


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    Mit der Zurückziehung des Endpunktes Mockritz zur Bibrachstraße und dem Bau einer Umsetzanlage wurde auch dort der Bau eines Endpunkthäuschens notwendig. Heute befindet sich in etwa an seinem Standort die Ein- und Ausfahrt der Gleisschleife Zschertnitz.


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    Auch Kleinzschachwitz konnte einst auf ein stolzes Endpunktgebäude verweisen. Allerdings war dies mit der Drehung des Richtungssinns der Schleife und der Verlagerung der Einstiegshaltestelle in die Kyawstraße (wann eigentlich genau?) bereits lange vor seinem Ende als Warteraum obsolet geworden (ähnlich wie heute moch in Laubegast). Die Dimensionierung orientierte sich am starken Ausflugsverkehr nach Pillnitz und zum Elbufer am Wochenende. Auch hier erfolgte der Abriss Anfang der 1990er Jahre.


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    Ebenfalls recht modern kam das Endpunkthäuschen am Kronstädter Platz in Laubegast daher und ersetzte eine kleine Wartehalle mit Dienstraum aus der Vorkriegszeit. Die wegen Änderung des Drehsinns und Verlagerung der Haltestelle obsolet gewordene Wartehalle wurde vermauert und ist heute nicht mehr erkennbar.


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    Wenn auch nicht auf Dresdner Stadtgebiet gelegen, soll das Endpunktgebäude der Gleisschleife Hainsberg hier nicht fehlen. Gerade einmal ein Jahrzehnt konnte es bis zur Stilllegung der Strecke seinen Zweck erfüllen, ist aber dennoch heute

    noch vorhanden, wenn auch stark überformt.


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    Im zweiten Teil folgen dann noch einige besondere Exemplare und das Erbe der Vorkriegszeit.


    Bis dahin einen schönen Sonntag!

    Bitte, bitte ;) Insgesamt hat der Schulstandort durchaus ein schönes und großzügiges Gelände, mit viel Grün, trotz der durch den Neubau weggefallenen Freiflächen. Die "Würfelburg" steht auf der ehemaligen Weitsprunggrube und Laufbahn, dadurch konnte aber eine Baumreihe zusätzlich erhalten werden. Ursprünglich war nur eine Flachstrecke als erste Ausbaustufe geplant, später zu ergänzen durch einen dreistöckigen Würfel an der Lili-Elbe-Straße. Man hat sich dann aber spontan Ende 2022 umentschieden und gleich Nägel mit Köpfen gemacht. Von der Flachstrecke blieb der einstöckige Anbau mit Mensa und Kunst- und Musikräumen in Richtung Turnhalle. Schön ist hier, dass die Erdgeschossräume eigene Glastüren zu den Außenanlagen besitzen.


    Der Turnhallen-/Mensabau entstand wie der Eingangsbereich der 101. OS bei der Sanierung Ende der 2000er, wobei diese in den eigenen Schulgebäuden recht spartanisch ausgeführt wurde und hier alles noch sehr "ostig" wirkt. Hauptmanko ist das Fehlen eines großen Versammlungsraumes, weshalb die "Würfelburg" einen großen, teilbaren Mehrzweckraum im Erdgeschoss mit beweglicher Bühne für das Darstellende Spiel besitzt. Insgesamt hat die Stadt hier doch sehr viele Wünsche der Schulgemeinschaft berücksichtigt.


    Bei größeren Veranstaltungen kann man nur auf gutes Wetter hoffen (da Freiluftnutzung) oder aber muss die Sporthalle nutzen, nicht einfach, da diese durch die Schulen und Vereine stets gut ausgebucht ist. Da wird man schon etwas neidisch, wenn man den Luxus der Gemeinschaftsschule an der Stauffenbergallee sieht. Vielleicht tut uns die 101. noch den Gefallen und rockt die Platte bis zum Umzug so herunter, dass ein Neubau unausweichlich wird...

    Noch eine Anmerkung zur Gerokstraße 16: Diese war tatsächlich ein Wohnhaus, gebaut schon vor dem Ersten Weltkrieg und damit wesentlich eher als das Postgebäude. Leider kann ich nicht mit einem ordentlichen Foto dienen, die Formensprache dürfte aber dem damals üblichen "Heimatstil" Lossowscher oder Erlweinscher Prägung entsprochen haben.


    Die ausgebrannte Kriegsruine wurde dann wohl in Anpassung an den 20er-Jahre-Bau daneben ausgebaut und diesem angegliedert - also ähnliche Verfahrensweise wie beim Eckhaus Schandauer/Bergmannstraße.

    Kleine Korrektur und einige Anmerkungen zu dem Schulneubau.


    Es ist kein Erweiterungsbau der 101. Oberschule, sondern ausschließlich für das Gymnasium Johannstadt errichtet, hier intern als "Würfelburg" bezeichnet. Nicht fertig sind die Außenanlagen, es fehlt die Laufbahn hinter dem Gebäude. Das Gymnasium nutzt außerdem noch die Mensa der 101. Oberschule für die "älteren Jahrgänge" 7 und 8, die Kleinen haben eine eigene Mensa im Neubau, außerdem natürlich die Dreifeld-Sporthalle und einige Naturwissenschafts-Fachräume und Werkräume im "Altbau" der 101. Oberschule (Haus A) - da im Neubau keine vorhanden sind. Die bislang dort genutzten Klassenzimmer und Büroräume sind bis auf einige Vorbereitungszimmer alle geräumt und werden nun entweder sukzessive saniert (so der Plan der Stadt) bzw. vom Abendgymnasium oder wieder der Oberschule genutzt.


    Durch den Neubau hat sich die Situation vor Ort mit drei Schulen in einem Gebäude wesentlich entspannt. Vorgesehen ist immer noch der Auszug der 101. Oberschule 2028 (in den Neubau auf der Cockerwiese) und anschließend die Sanierung des "Altbaus" für das Gymnasium Johannstadt, das Abendgymnasium soll vor Ort verbleiben. Ich halte den Zeitplan für äußerst sportlich, auch wenn der Umzug ursprünglich 2025 erfolgen sollte.


    Bereits spätestens ab dem Schuljahr 2025/26 müssen durch das GDJ auch wieder einfache Unterrichtsräume im Altbau in Beschlag genommen werden, da das Aufwachsen noch einige Jahre weitergehen wird. Auf der Plus-Seite ist das Gymnasium Johannstadt dadurch nur dreizügig (zuzüglich einer ukrainischen Integrationsklasse), später sind vier Züge vorgesehen.


    Die Würfelburg soll temporär zehn Jahre dienen und dann wieder rückgebaut werden. Meine Meinung: Die sehen wir auch in zwanzig, dreißig Jahren noch. Es ist allerdings auch ein solider Bau mit ordentlicher Dämmung und Ausstattung und großzügigen Unterrichtsräumen, also keine "Container", wie in der Presse behauptet, mit wesentlich besseren Arbeitsbedingungen als in der Platte davor. Einziges großes Manko: Er ist nicht barrierefrei, ein Aufzug existiert nicht. Wundert mich ehrlich gesagt, dass dies im Jahre 2023 so noch zulässig ist.


    Mich würde es ehrlich gesagt auch nicht wundern, wenn irgendwann festgestellt wird, dass eine Vollsanierung des Plattenbaus nicht wirklich lohnt und dieser ähnlich wie beim Vitzthum-Gymnasium einem Neubau weichen muss. Die aus modernen Gesichtspunkten viel zu kleinen Klassenzimmer entsprechen eigentlich auch nicht der aktuellen Schulbau-Richtlinie und sind ob des beschränkten Platzes nur sehr eingeschränkt für alternative Unterrichtskonzepte nutzbar. Mit diesem Problem plagen sich ja alle Schulen in einem Bau des Typs "Dresden" herum...

    Straßenbahn-Bahnsteigüberdachungen der 1960er bis 1980er Jahre


    Hallo in die Runde!


    Im Rahmen der Haltestellen-Serie widme ich mich heute den besonderen Haltestellenanlagen der 1960er bis 1980er Jahre, die oftmals als Bahnsteig-Vollüberdachungen an Knotenpunkten und wichtigen Zwischenhaltestellen errichtet wurden. Dabei sind zwei Bauphasen unterscheidbar: Während ab Mitte der 1960er Jahre bis etwa 1971 vor allem massiver Beton als Baumaterial Verwendung fand, oft in Verbindung mit Sichtmauerwerk und zeittypischen farbigen Glasbauelementen, traten ab 1973 Überdachungen in einer leichten Stahlskelettbauweise mit Kastendächern an deren Stelle.


    Von diesen oft sehr repräsentativen Baulichkeiten sind heute nur mehr klägliche Reste in Form der Überdachungen am Carolaplatz, ehemals Köpckestraße, und an der Prager Straße, ehemals Dr.-Külz-Ring, vorhanden. Bei beiden sind es vor allem die originalen Flugdachkonstruktionen, die den Gesamteindruck bestimmen, während die Einbauten an der Prager Straße in den 1990ern stark verändert und am Carolaplatz bei der Sanierung 2013 bis zur Unkenntlichkeit vereinfacht wurden.


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    1967 wurde die seit 1872 ununterbrochen bestehende Straßenbahnverbindung über die Prager Straße eingestellt und durch eine Umgehung im Zuge des Dr.-Külz-Ringes und der Christianstraße (später Leningrader Straße) ersetzt. Dabei entstand am Dr.-Külz-Ring zwischen diesem und der südlich parallel führenden Waisenhausstraße eine Haltestelle auf dem Standort des zerstörten Victoriahauses. Diese erhielt am Bahnsteig Richtung Postplatz eine großzügige Überdachung, die mit einer Wartehalle, Verkaufseinrichtungen und einer unterirdischen Toilette ergänzt wurde.


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    An der gleichen Strecke wurde neu in halber Höhe Richtung Hauptbahnhof die Haltestelle Wilhelm-Dieckmann-Straße, seit 1991 Walpurgisstraße, eingerichtet. Hier entstand ebenfalls eine Beton-Flugdachkonstruktion in schmalerer Form, ergänzt durch Einbauten aus Sichtmauerwerk und farbigen Glasbetonsteinen. Dieser Typ wurde 1971 für den nördlichen Abschnitt der Nord-Süd-Verbindung übernommen.


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    Ebenfalls Ende der 1960er Jahre wurde der westliche Stadtring zwischen Rosenstraße und Hauptbahnhof abseits der Ammonstraße neu trassiert. Unter der gleichfalls neuen Hochstraße, die zunächst noch den wenig passenden Namen „Kleine Plauensche Gasse“ trug, entstand eine Haltestelle gleichen Namens, deren Bahnsteig Richtung Hauptbahnhof eine Flugdachkonstruktion analog der Walpurgisstraße erhielt. Abweichend allerdings erfolgte die Ausfachung mit Sichtbeton und andersartigen, weil mehrfarbigen, Glasbetonsteinen. Alsbald setzte sich sowohl für die Brücke als auch die Haltestelle der nunmehr offizielle Name „Budapester Straße“ durch.


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    Wir kehren in das unmittelbare Stadtzentrum zurück. 1971 erfolgte die Eröffnung der neuen Nord-Süd-Verbindung zunächst für die Linien 7 und 8 über die Dr.-Rudolf-Friedrichs-Brücke. In deren Zuge entstanden neue Haltestellen am Pirnaischen Platz, am Terrassenufer (heute Synagoge) und der Köpckestraße (heute Carolaplatz). Die beiden letzteren erhielten Flugdachanlagen ähnlich der an der Wilhelm-Dieckmann-Straße, die am Carolaplatz ist, leider ohne die markanten Glasbausteine, heute noch vorhanden. Vom Terrassenufer fehlt mir bislang ausreichend Bildmaterial für eine Nachgestaltung.


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    Unvollständig wäre diese Aufzählung ohne Erwähnung der großen Unterstände am Postplatz. Da 1971 die Linien 7 und 8 für die Befahrung der Nord-Süd-Verbindung über den Dr.-Külz-Ring geführt werden mussten, konnte die bisherige Haltestelle am Schauspielhaus, die später als „alte Drei“ bekannt wurde, nicht mehr angedient werden, und es wurden zwei neue Bahnsteige im Bahnkörper in Verlängerung der Freiberger Straße angelegt. Etwa gleichzeitig (?) erfolgte die Verlegung der Haltestellen der Ost-West-Verbindung von den für die Tatra-Großzüge zu kurzen Bahnsteigen an der Käseglocke zurück in die Schweriner Straße. An den benachbarten vier Haltestellen entstanden hier vier gleichartige großzügige Betonüberdachungen ohne Flugdach und mit Ausfachungen aus Industrieglas. Bekannt wurde die Ecke später vor allem durch den dazwischen liegenden Dispatcherturm.


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    Eine zweite, etwa zehn Jahre lange Bauphase ab etwa 1973 war dominiert von leichten Stahlskelettkonstruktionen mit Kastendächern, die meist mit Rück- und Seitenwänden aus zum Teil farbigem Industrieglas ergänzt waren. Als 1973 der Fucikplatz ausgebaut und umgestaltet wurde, erhielt er erstmals Bahnsteigüberdachungen dieses Typs, angepasst an den jeweils zur Verfügung stehenden Platz. Sie überlebten bis Anfang der 1990er Jahre.


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    1975 wurden gleichartige Überdachungen auch am Pirnaischen Platz errichtet, und zwar über beiden Bahnsteigen der Ost-West-Verbindung und über dem nordwärtigen Bahnsteig der Nord-Süd-Verbindung, hier mit Telefonzellen und Verkaufskiosk. Dabei wurden auch die Abgänge in den Fußgängertunnel mit überdacht, die bislang ebenso ungeschützt waren wir die Bahnsteige selbst. Mit einer klassischen Straßenbahnhaltestelle hatten diese großzügigen Anlagen nur noch wenig gemein.


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    Als 1977 die Neubaustrecke über den Neustädter Markt und die Köpckestraße in Betrieb ging, hielten die Linien 4 und 5 am Neustädter Markt in Richtung Mickten vor einer nigelnagelneuen Bahnsteigüberdachung im Fucikplatz-Stil. Farbaufnahmen scheinen zu belegen, dass die Verglasung diesmal nur einfarbig ausgeführt war. Außerdem sparte man sich eine Überdachung für den Fußgängertunnel-Abgang am Bahnsteigende.


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    An der Haltestelle Köpckestraße der Linie 5 wurde in Richtung Pirnaischer Platz eine Leichtbauüberdachung mit einer gestalteten Ziegelrückwand verbunden.


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    Wohl letztmalig kam dieser Typus an der Neubaustrecke nach Prohlis zum Einsatz. Die Haltestelle Wilhelm-Koenen-Platz (heute Albert-Wolf-Platz) erhielt in stadtwärtiger Richtung eine große Überdachung, die in ihren Dimensionen der am Neustädter Markt entsprach.


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    Wann genau die Bus- und Straßenbahnhaltestellen am Industriegelände Unterstände dieses Typs erhielten konnte ich nicht herausfinden, wohl ebenfalls um die Mitte der 1970er Jahre. In den 1980ern war die ehemals vorhandene Verglasung wohl Vandalismus zum Opfer gefallen und die Seiten- und Rückwände nun mit halbtransparentem Wellplastik verpackt.


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    Springen wir noch einmal zurück in die 1960er Jahre. Im Zuge der Einführung der Obuslinie 61 nach Löbtau erhielt die auf der Brücke der Jugend gelegene Haltestelle Zwickauer Straße besondere Glasunterstände, quasi die Vorgänger der großen Konstruktionen der 1970er.


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    Von jenen abgeleitet wurden Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre auch kleinere Fahrgastunterstände installiert, vor allem entlang der Prohliser Strecke. Die Grafik zeigt ein bildlich überliefertes Exemplar aus der Stübelallee.


    Darunter die großzügige Haltestellenüberdachung des KOM-Endpunkts Klotzsche (Grenzstraße). Alles war hier auf Massenabfertigung im Berufsverkehr ausgerichtet: Viel Stellfläche, aber null Komfort unter der (vermuteten) Wellasbestplatten-Stahlrohr-Konstruktion.


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    Ich hoffe, die kleine Aufstellung findet Anklang. Freuen würde ich mich, wenn jemand Bildmaterial zum Terrassenufer und zum Endpunkt Schillingplatz in Löbtau hätte, wo meiner Erinnerung nach ebenfalls ein großer Stahlskelett-Unterstand existierte.


    Schönes Wochenende, für manche unter uns ist es ja ein langes 😊

    Beton-Fertigteilwartehallen (II) und Ziegel-Beton-Mischbauten



    Hallo in die Runde,


    heute folgt eine kleine Ergänzung zu den Betonwartehallen und ein Abriss zu den Ziegel-Beton-Mischbauten der späten 1980er und frühen 1990er Jahre.


    Zunächst das Endpunktgebäude der Umsetzanlage in Weinböhla aus der Mitte der 1950er Jahre. Leider habe ich noch immer keine ausreichenden Aufnahmen des Nachfolgers gleicher Bauart an der Gleisschleife. so dass dieser erst mal aufgeschoben werden musste.


    Unten ein etwas fensterarmer Vertreter, der einst die Bushaltestelle der Linien 72 und 76 am Friedrich-List-Platz zierte. Vermutlich war die Verglasung ursprünglich umfangreicher, dies ist der Zustand der 1970er Jahre.


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    Zwei weitere Beispiele zeigen die Reduzierung der vandalismusanfälligen und wartungsintensiven Verglasung. Während an der kleinen Wartehalle der Karl-Marx-Straße (Linien 71 und 91 Richtung Kaditz) die Seitenfenster verschlossen wurden, hatte sich die an den gleichen Linien liegende Haltestelle Wurzener Straße (Richtung Klotzsche) in den 1980er Jahren zu einer finsteren fensterlosen Höhle gewandelt.


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    Die nächsten zwei Beispiele stehen stellvertretend für die bei mangelndem Platz in Grundstücksbegrenzungen eingebauten schmalen Doppelhäuschen für stark frequentierte Haltestellen. An der stadtwärtigen Haltestelle Lößnitzstraße war die Wartehalle in die Mauer des Elektroschaltgerätewerks eingebaut und verfügte über eine Telefonzelle. An der Hamburger Straße (Linie 80, heute Flügelweg) wurde das Reichsbahn-Grundstück in Beschlag genommen und es mussten schon zwei Fenster weichen. Beide Wartehallen waren in der Mitte geteilt und bestanden damit eigentlich aus je zwei zusammen gefügten Einzelbauten. Die Bänke sind nicht sichtbar, sie befanden sich beidseitig an den Schmalseiten.


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    Die Wartehalle am Zelleschen Weg (Linie 61) war ein besonderes Exemplar. Von dieser steht seit den 1990ern nur noch der geschlossene Technikteil mit Betonformstein-Verkleidung, die eigentliche Wartehalle wurde durch einen Glasunterstand ersetzt. Man kann noch heute gut die Abbruchkante erkennen.


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    Ab Mitte der 1980er Jahre erschien ein Nachfolgetyp in kombinierter Ziegel-Beton-Bauweise, der vor allem im Gorbitzer und Wölfnitzer Raum anzutreffen war. Hier existieren heute auch noch vier Exemplare, nahezu im Originalzustand: zwei an der Coventrystraße und je einer an den Bushaltestellen Julius-Vahlteich-Straße und Kapellenweg im Zuge der Kesselsdorfer Straße.


    Die größeren gleichartigen Bauten z.T. mit Verkaufskiosken an der Gorbitzer Strecke entstanden tatsächlich erst 1991 zu einer Zeit, als bereits die ersten Decaux-Exemplare ihren Weg nach Dresden fanden. Sie befanden sich schnell in desolatem Zustand und hielten nur etwa ein Jahrzehnt, bis auch sie der Decaux-Standardware weichen mussten.


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    Abweichend besaß der Unterstand an der Schlehenstraße eine geänderte Dachform mit Verkleidung und bestand aus dunkleren Ziegeln. Die Plastikfenster belegen, dass es sich um einen Nachwendebau handelte.


    Bereits 1989 wurde der Unterstand an der Bautzner/Rothenburger Straße in Nachfolge eines kleineren Nachkriegs-Vorgängers errichtet. Trotz des großzügigen Technikraums war er zuletzt von allerlei Schaltschränken umgeben. Die für Dresden ohnehin wenig typische Ziegelbauweise wollte so gar nicht in das Gründerzeitambiente der Umgebung passen...


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    Zwecks Nachbau im Modell, zu sehen auf der Klubanlage des Modellstraßenbahnclubs auf der Hamburger Straße, hatte ich 2012 noch Fotos des Ziegelhäuschens angefertigt. 2013 wich es dem Ausbau der Kreuzung, da die Haltestelle verlegt wurde.


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    In diese Aufstellung gehört auch die ebenfalls 1989 gebaute Sonderanfertigung für den Lennéplatz mit integriertem Denkmal. Damit wurde die Umbenennung des östlichsten Abschnitts der Parkstraße in Lennéplatz in jenem Jahr begangen. Die gleichnamige Straße hieß damals noch Dr.-Richard-Sorge-Straße und stand somit natürlich für eine Ehrung Peter Joseph Lennés unter DDR-Verhältnissen nicht zur Verfügung. Sie erhielt ihren alten Namen 1991 zurück, die ahistorische Platzbenennung blieb aber. Mit dem Umbau des Lennéplatzes 2008/09 erhielt die Haltestelle eigene Bahnsteige. Der Wartebereich wurde abgebrochen, der Denkmalsteil mit den Reliefarbeiten des Künstlers Egmar Ponndorf kann jedoch am angestammten Ort noch immer besichtigt werden. Danke an Ingolf Menzel für die Bildvorlagen!


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    An der Gorbitzer Trasse, und m.W. nur hier in Dresden, kamen (nach meiner Erinnerung gleichzeitig mit den Ziegelbauten) Beton-Fertigteilwartehallen "Berliner Bauart" zur Aufstellung. Das Pärchen an der Kirschenstraße stadtwärts wurde Mitte der 1990er Jahre noch einmal mit DVB-Auftragsgraffiti aufgehübscht, das linke erhielt sogar einen aktuellen Decaux-Infokasten. Das Exemplar vom Endpunkt Gorbitz soll stellvertrtend für den sonstigen Zustand der Anlagen in Gorbitz stehen - die Ziegelbauten zuvor stellen einen graffiti- und beschmierungsfreien Idealzustand dar, den es so wohl, wenn überhaupt, nur in den ersten Tagen gegeben haben dürfte.


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    Demnächst werde ich hier die Großanlagen aus den 1960er und 1970er Jahren vorstellen, von denen heute leider nur noch die stark veränderten Bahnsteigüberdachungen am Dr.-Külz-Ring und am Carolaplatz vorhanden sind.


    Schönes Wochenende!

    Fertigteil-Betonwartehäuschen zu DDR-Zeiten


    Hallo in die Runde,


    heute folgt eine Übersicht über die Entwicklung der berühmt-berüchtigten Beton-Fertigteil-Wartehäuschen, die einst das ganze Liniennetz zierten und weit über Dresden hinaus Verbreitung fanden. Dabei habe ich versucht, anhand von Fotografien die Geschichte in systematischer Form nachzuvollziehen. Dabei geht mein besonderer Dank an Ingolf Menzel und Rainer Bertram für die zugearbeiteten Bildvorlagen und Informationen, außerdem konnte ich Material aus dem DVB-Archiv und dem Stadtarchiv hierfür nutzen.


    Ende der 1940er Jahre startete der damalige Betriebsteil Verkehrsbetriebe des städtischen KWU ein großangelegtes Bauprogramm für Fahrgastunterstände und Endpunkthäuschen, die zunächst noch in traditioneller Ziegelbauweise und individuell für jeden Standort neu errichtet wurden. In der Innenstadt waren die Vorkriegs-Anlagen bis auf wenige Ausnahmen zerstört, und in den Vororten war der Mangel an Unterstellmöglichkeiten schon seit den 1910er Jahre ein ständiger Stein des Anstoßes. Um allen Wünschen gerecht werden zu können, musste eine industrielle Fertigungsweise her, die man schließlich in einer Beton-Fertigbauweise fand, entwickelt von der Abteilung Hochbau der Dresdner Verkehrsbetriebe.


    Im Frühsommer 1956 fand rund um die damalige Stadthalle am Dr.-Kurt-Fischer-Platz, dem ehemaligen Arsenal-Hauptgebäude und späteren Armeemuseum, die Ausstellung "Industriestadt Dresden" statt. Wohl in diesem Rahmen präsentierten die Verkehrsbetriebe die neue Bauweise in Form eines kleinen Ausstellungspavillons in Winkelform.


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    Zu jenem Zeitpunkt waren schon längst die ersten Häuschen errichtet. Die ältesten Aufnahmen, die ich im Stadtarchiv hierzu ausfindig machen konnte, zeigen den Unterstand am Pirnaischen Platz im Jahre 1953. Da dieser sehr umfänglich abgelichtet wurde gehe ich davon aus, dass es sich um die Erstaufstellung gehandelt haben dürfte. Die ursprünglichen Häuschen zeigten sich in nacktem Beton und mit sehr umfangreicher Sprossenverglasung, die an die Hossfeld-Häuschen aus Vorkriegszeiten erinnerte. Auf dem Altmarkt errichtete man anstelle der Reste des Rehfeld-Hauses ein Doppelhäuschen in gleicher Form, dem aber kein langes Leben beschieden war.


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    Manche Aufstellungsszenarien waren in der Frühzeit recht abenteuerlich. So baute man am "Stadt Metz" das Wartehäuschen in Richtung Mickten und Radebeul in den Haupteingang des kriegszerstörten Hotels, dessen Leuchtreklamekasten für zeitgenössische Reklame genutzt wurde. Hier verzichtete man aus nachvollziehbaren Gründen auf die Rückwandverglasung. Die Ruine wurde später abgerissen, aber bis in die 1990er Jahre hockte sich das Häuschen hinter die dicken Säulen und Außenmauern des verschwundenen Etablissements. Heute steht hier ein Nachwende-Büroneubau.


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    Beim Doppelhäuschen auf dem Nürnberger Platz (Linie 15 stadtwärts) wurde schon Glas gespart und die Rückwand und halbe Seitenwand geschlossen ausgeführt. Diese Bauform wurde nunmehr zum Standard. Haltestellen-Namensschilder erschienen mit Einführung des OS-Betriebes ab etwa 1965, sie waren oft, aber bei weitem nicht immer, an den Dachkanten der Haltestellenhäuschen angebracht.


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    Bis Ende der 1970er Jahre waren die Fertigteilhäuschen, manche sagen auch Systembauten, Standard bei der Haltestellenausstattung, wobei man insbesondere an zentralen Umsteigehaltestellen ab Anfang des Jahrzehnts zu gefälligeren und individuelleren Lösungen überging - dazu jedoch mehr an anderer Stelle. Von den Standardbauten entstanden jedoch ebenfalls zahlreiche standortbedingte Sonderlösungen, und sie erschienen in allen erdenklichen Größen. Vorhandene Exemplare erhielten bei Umbauten geänderte Fensterlösungen, auch ein Anstrich der betonsichtigen Außen- und Innenwände, meist in Weiß- oder Beigetönen, setzte sich nun durch.


    An der Haltestelle Paul-/Gruner-/Schweriner Straße wurde das stadtwärtige Häuschen der Ost-West-Achse in die Mauer des Westkraftwerks eingebaut. Es handelte sich um eine Schmalvariante, die Länge entsprach dem Fahrgastandrang. Zu Hochzeiten hielten hier fünf Linien.


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    1988 war die Verlegung des Westrings auf den Grünstreifen zwischen Ammonstraße und Bahndamm längst geplant bzw. in Teilen schon "rohbaufertig" ausgeführt. Grund genug, 1988 die beiden Häuschen an der Ammonstraße noch einmal für das Stadtarchiv abzulichten. Man beachte den Telefonzelleneinbau, diese Bauform fand sich öfters im Netz.


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    Ebenfalls aus dem Jahre 1988 stammten die Vorlagenfotos für die folgenden beiden Grafiken. Sie zeigen zwei Häuschen mit tiefergezogenen Fenstern. Am Dynamo-Stadion wurde eine größere Variante aufgebaut, wenngleich das Häuschen dem hier nach Spielen herrschenden Andrang wohl kaum gerecht werden konnte.


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    Sehr kleine Unterstände fanden sich mitunter an Außenstrecken. Am Trachenberger Platz gab es ein Exemplar mit breiterer Fensterfront, und auch als Fahrschein-Verkaufshäuschen konnte die Bauweise adaptiert werden.


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    Sehr spartanisch wurde es dann in den 1980er Jahren. Im Vandalismus- und Schadensfall wurden nun die Fenster entfernt und meist nicht mehr ersetzt. Am Schlachthof baute man für den Schienenersatzverkehr der Linie 10, der späteren 74, ein besonders düsteres Exemplar ganz ohne Fensteröffnungen und mit seitlichen Sitzbänken (daher nicht sichtbar) auf den Hang der Flutrinne.


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    Besonders jedoch bei den Lösungen für die Endpunkte zeigte sich die ganze Bandbreite und Flexibilität des Baukastensystems. Die in den 1950er und 1960er Jahren in großer Zahl neu entstandenen Gleisschleifen erhielten nahezu alle derartige Typenbauten, die sich jedoch im Detail unterschieden. Das Endpunkthäuschen in Übigau bestand bis zum flutbedingten Ende der Strecke 2002 und wurde dann abgerissen. Ganz typisch war die Kombination von Funktions- und Warteräumen, die so heute nur noch in Hellerau anzutreffen ist.


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    Etwas kürzer war das Gebäude in Leutewitz, das wohl in zwei Etappen entstand. es wurde 1989/90 (?) durch einen großen Neubau ersetzt, der wiederum 2021 dem heutigen Gebäude weichen musste.


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    Zweifelsohne den Höhepunkt der Endpunkt-Fertigteilhäuschen bildete die langgestreckte Anlage an der Gleisschleife Pillnitz. Entsprechend dem Fahrgastandrang zu Ausflugszeiten wurde der Wartebereich besonders großzügig angelegt. Fotos zeigen, dass der vordere Teil mit Diensträumen erst später angebaut wurde. Dieser existiert stark modernisiert noch heute, der Wartehallenbereich wurde in den 2000ern abgerissen.


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    Das Coschützer Häuschen wurde der Hanglange angepasst und befand sich oberhalb der Gleisschleife. Die Wartehalle diente dem KOM-Endpunkt. Nach der "Wende" waren Getränke- oder/und Zigarettenautomaten an den Endstellen sehr häufig anzutreffen.


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    Kleiner dimensioniert waren die Häuschen für die Busendpunkte in Kaditz und in Löbtau am Willi-Ermer-Platz, dem heutigen Ebertplatz. Sie waren ausschließlich dem Dienstpersonal vorbehalten. Ersteres ist heute noch stark verändert vorhanden.


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    Eine Sonderbaurt mit Holzverkleidung befand sich bis zur Aufgabe der Gleisschleife am Diebsteig, wenngleich in den letzten Jahren in ruinösem Zustand. Da die Schleife normalerweise nicht mit Fahrgästen befahren wurde, bleib es der Öffentlichkeit weitgehend verborgen.


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    Werfen wir abschließend noch einen kurzen Blick in die späten 80er und frühen 90er Jahre. Wie angesprochen wurden die Glasscheiben zunehmend lästig im Unterhalt und entweder ersatzlos entfernt oder, wie an der Sachsenallee, durch Betonformsteine ersetzt.


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    So auch an der Johann-Wolfgang-von-Goethe-Straße ex nur Goethestraße, heute Gret-Palucca-Straße. Die sperrige Neubenennung erfolgte in den 1980er Jahren, um eine Verwechslung mit der Goethestraße in Klotzsche zu vermeiden - daher auch die vollständige Umbenennung in den 1990er Jahren. Allerliebst ist die Kombination aus einem einladend gestrichenen Betonwartehäuschen und einem Nagetusch-Anhänger am Wasaplatz. Bunt wurden die Wartehallen vor allem in der Nachwendezeit, um Vandalismus entgegenzuwirken. Mit der flächendeckenden Neumöblierung aus dem JCDecaux-Baukasten verschwanden die allermeisten dieser Zeitzeugen aus dem Stadtbild.


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    Dem Endpunkthäuschen in Übigau spendierte man Anfang der 1990er Jahre eine Generalüberholung. In diesem Zustand, natürlich etwas lädierter, war es bis zum Ende vorhanden.


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    Am Hauptbahnhof erweiterte man nach 1990er die Serviceräume, indem man die mittige Wartehalle verschloss. Wenig später wurde das marode Betonhäuschen durch einen zeitgemäßen Kiosk ersetzt, der wiederum 2003 beim Umbau der Haltestelle verschwand.


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    Dieser Überblick kann natürlich keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erheben und sollte einen Einblick in meine "Forschungsergebnisse" der letzten Wochen geben. Auch wenn die Betonhäuschen für die allermeisten mit wenig angenehmen Warte-Erinnerungen verbunden sein dürften, so prägten sie doch mehrere Jahrzehnte das Stadtbild in erheblicher Weise mit. Und der unverwechselbare Geruch liegt sicher so manchem noch heute in der Nase...


    Viele Grüße


    Antonstädter

    Fortsetzung: Sonderverkehrsmittel


    Darüber hinaus fanden und finden die MABEG-Stelen auch weiterführende Verwendung, so im Laufe der Zeit für Stadtrundfahrts-Haltestellen, als Hinweistafeln für Bergbahnen und zur Kennzeichnung von Fährstellen.


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    Weitere Sondernutzungen


    Neben dem Zweck als klassisches Haltestellenschild im Dienst der DVB findet man die MABEG-Stelen auch bei anderen städtischen Unternehmungen. Seit einigen Jahren sind sie sogar an Dresdner Spielplätzen zu finden, außerdem nutzt die Stadtrundfahrt Dresden GmbH eigene Schilder gleicher Bauart.


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    Auch als Parkplatzbeschilderung in Gorbitz eignen sich die Stelen. Zudem auch einige Beispiele für eine besondere "Fremdnutzung", die im Zuge des VVO immer wichtiger wurde: Am Pirnaischen Platz befindet sich vor dem Polizeipräsidium eine weiße Haltestellenfahne für den regionalen Nachtverkehr im VVO, hier noch mit den alten Unternehmensbezeichnungen. Außerdem wurde der Busbahnhof Heidenau von der ehemaligen OVPS mit baugleichen Standardstelen ausgestattet, wobei die Steige der DVB-Linien 65 und 86 ein gelbes Dresdner Fußschild erhielten. Weitere "Fremdgänger" folgen weiter unten.


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    Der beleuchtete Einzelgänger...


    ...unter den Nachwende-Haltestellenschildern, die unvergessene, aus zwei beleuchteten Kästen in MABEG-Optik bestehende Anlage unter den Brücken der Hansastraße am Neustädter Bahnhof, kann heute noch im Straßenbahnmuseum bewundert werden. Mit dem Umbau der Gleisanlagen auf dem Schlesischen Platz wanderte die etwas düstere Haltestelle auf den besagten Platz, und das obsolete Schild ins Museum.


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    Fremdgänger


    Zunehmend finden sich im Stadtgebiet Schilder in DVB-Optik, die von Linien anderer Anbieter mit oder sogar alleinig genutzt werden. Das Fußschild weist dann aus, ob sich die betreffende Haltestelle in DVB-Obhut befindet oder nicht. In Gompitz hat die Firma SATRA die bis 2009 von der DVB-Linie 70 bedienten Haltestellen in eigene Obhut übernommen, dabei aber die originalen Haltestellenschilder weiterverwendet, mit entsprechendem Logo-Wechsel.


    Umgekehrt erschienen außerhalb des Stadtgebiets DVB-Linien auf VVO-Schildern: Zunächst 2009 in Radebeul, wo die Linie 72 Haltestellen der VGM bedient, aber neuerdings auch auf den aktuellen VVO-Einheitsschildern, wie z.B. die neue Linie 78 in Radeberg oder die Linien 68 und 88 in Goppeln.


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    Mit dem Bus in die Lüfte


    Seit Inbetriebnahme des neuen Flughafen-Terminals sind die Bushaltestellen im Flughafen-Areal in einem besonderen Design gehalten, einer Mischung aus der Flughafen-eigenen Ausschilderung in weinrot und der üblichen DVB-Haltestellengestaltung. Dies betrifft die beiden Stände vor dem Terminal (Haltestelle Flughafen) ebenso wie die in der Busschleife liegende Haltestelle Flughafen West. Dargestellt ist im folgenden der aktuelle Zustand, oben wurden schon die beiden Schilder vor dem Hauptterminal in originaler Form gezeigt.


    Man beachte die mit dem neuen Busnetz Klotzsche aktualisierte Variante der Linie 77, vormals am Flughafen endend, mit der Fahrtrichtung Marsdorf/Industriegebiet Nord, diese Beschriftungen wurden nachträglich ergänzt.


    Bemerkenswert sind die erst in einer späteren Überarbeitung hinzugefügten grafischen Darstellungen der Umsteigebeziehungen zur Straßenbahnlinie 7 mit der in Dresden nur ansatzweise eingesetzten "Berliner Symbolik" (Tram- und BUS-Logo), ein Hinweis auf die S-Bahn im Untergeschoss fehlt völlig. Sind die DVB noch vergnatzt, dass anno dazumal die S-Bahn dem Straßenbahnanschluss des Flughafens vorgezogen wurde...?


    Auf jeden Fall dürften diese drei Stelen, die auch die Informationskästen tragen, die mit Abstand mächtigsten Haltestellenschilder im Dresdner Nahverkehrssystem sein. Übrigens: Die Antiqua beim "Flughafen West" ist tatsächlich so verzerrt breitgedrückt, warum auch immer...


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    In die Ferne schweifen...


    Ein ganz eigenes abschließendes Kapitel in dieser Serie bilden die Haltestellen der Fernbus-Anbieter. Hier konnte der Chronist seiner Dokumentationspflicht in Anbetracht der atemberaubenden und sehr kurzlebigen Entwicklungen kaum nachkommen. Daher einige wenige ausgewählte Beispiele.


    Am Hauptbahnhof in der Bayrischen Straße stehen DVB-gelbe Stelen, die aber von Fremdfirmen unterhalten werden (aktuell glaube ich in Verantwortung des RVSOE) und entsprechend regelmäßig wechselnde bunte Aufkleber der andienenden Firmen erhielten. Durch die aktuellen Bauarbeiten ist die Situation hier aktuell noch unübersichtlicher, außerdem wartet da ja noch der neue Busbahnhof auf Realisierung...


    Am Neustädter Bahnhof wiederum finden sich aktuell zwei ganz eigene Hybride aus DVB-gelben und Flixbus-giftgrünen Elementen.



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    Soviel zur Kurzchronik der Dresdner Haltestellenbeschilderung in den letzten drei Jahrzehnten, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Bei einer solchen Zusammenstellung mutiert man langsam selbst zum Autisten und schaut mit ganz anderen Augen in die Umgebung. Mir sind mittlerweile ein gutes Dutzend weiterer Spezimen aufgefallen, die eigentlich dringlich in diese Aufstellung gehören. Aber irgendwann ist auch mal gut :)


    Beste Grüße


    Antonstädter

    Ein Überblick zur Haltestellenbeschilderung in Dresden ab 1990



    Hallo in die Runde,


    nachdem die Umdekorierung der Dresdner Haltestellenschilder und deren Sinnhaftigkeit vor kurzem heiß diskutiert wurde, bietet sich in der Haltestellen-Reihe nach Fahrgastunterständen und Papierkörben auch ein kleiner Überblick zur Entwicklung der Beschilderung nach 1990 an. Dabei müssen wir noch einmal kurz in die Vorwendezeit der 1980er Jahre blicken.


    Ende der 1980er erarbeitete die Stadt Dresden etwas, das man heute als "Corporate Identity" bezeichnen würde. Dies betraf neben der Außendarstellung, dem Schriftverkehr, der amtlichen Beschilderung von Straßen und öffentlichen Gebäuden natürlich auch den Auftritt der städtischen Verkehrsbetriebe. Für diese wurde vom Grafikerbüro Seibt und Wiesenhütter ein Komplettpaket entwickelt, das neben der auffälligen schwarz-gelben Lackierung ein neues Logo, einen neugestalteten Liniennetzplan, Piktogramme und auch die Haltestellenbeschilderung enthielt. Verbindendes Element war, neben den Stadtfarben schwarz und gelb, eine einheitliche Schrifttype, wo man sich für eine vermeintlich zu Dresden passende Barock-Antiqua entschied. Diese tauchte nun schrittweise allerorten auf und bestimmt bis heute maßgeblich das Dresdner Straßenbild.


    Folgen wir schrittweise der Entwicklung der Haltestellenschilder ab jener Zeit, was sich durchaus recht komplex darstellt:



    Erste Versuche Ende der 1980er Jahre


    Auf Basis eines für Ost-Berlin entwickelten Grundtyps, dort in rot-weiß, wurde eine Dresdner Abwandlung entwickelt, die 1988/89 u.a. am Pirnaischen Platz und der Wilhelm-Dieckmann-Straße auftauchte, aber nicht mehr generell umgesetzt werden konnte. Da das eigentliche grüne Haltestellen-"H" auf gelber Scheibe mit grünem Rand in der DDR-StVO keine rechtliche Relevanz besaß, wurde dieses durch ein stilisiertes H oder Doppel-H (für Doppelhaltestellen) ersetzt. Die Schilder wurde nach 1990 der neuen StVO angepasst und verschwanden mit der Neuausstattung mit MABEG-Stelen ab 1992. Ein Exemplar ist im Straßenbahnmuseum erhalten.


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    Vereinzelt tauchten auch traditionelle Haltestellen-Namensschilder mit Antiqua-Beschriftung auf, massiert nach 1990 im Rahmen der Haltestellen-Umbenennungen, hier aber bis auf Ausnahmen in einer Fettdruck-Variante.



    MABEG-Schilder 1992


    Nach der "Wende" wurde das Grunddesign weiterentwickelt und mittels MABEG-Stelen generalisiert. Versuchsschilder erschienen zunächst an der Lipsiusstraße, der Sachsenallee und dem Rosa-Luxemburg-Platz, sie zeigten u.a. noch die Linien 16 und 17, die 1992 verschwanden. Mit der Liniennetzreform 1992 wurden sie, beginnend mit den Straßenbahnlinien, schrittweise im ganzen Netz installiert.


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    Bald folgten erste Weiterentwicklungen, so tauchten mit dem "Citysprinter" erstmals nachträgliche Logo-Ergänzungen auf, ebenso eine Variante mit integriertem Lautsprecher im Kopfschild.


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    Netzreform 1995


    Abgesehen von der Anpassung der Linienführungen wurden die Schilder unverändert für das neue Liniennetz ab Oktober 1995 übernommen. Damit begann das Zeitalter der "Basteleien", denn oft unterschied sich der Gelbton der neu angebrachten Elemente. Weitere sichtbare Änderungen waren der Ersatz des "Doppel-H" an Doppelhaltestellen durch ein einfaches Symbol mit Zusatzschriftzug, außerdem wurden nun bei Umleitungen orangene Aufkleber üblich, die im Design den Linienlamellen entsprachen.


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    VVO-Zeitalter ab 1998


    Das Verbundzeitalter wurde an den Haltestellenschildern durch das Anbringen von Logo-Aufklebern eingeläutet, später wurde das VVO-Logo in gleicher Form bei neuen Fußschildern gedruckt. Nach der Jahrtausendwende erschienen auch die ersten DFI-Anzeigen, zunächst als Großanzeigen an Knotenpunkten, später auch integriert in Haltestellenschilder.


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    Entwicklungen seit der Jahrtausendwende


    Ab Ende der 2000er wurde die Antiqua-Schrift zunehmend bei Instandsetzungen, Haltestellen-Umbenennungen oder Neubeschilderungen durch eine serifenlose Groteske ersetzt. Sowohl nach Vor-Ort-Besichtigungen als auch dem Fotostudium für die Grafiken dieses Beitrags kann ich nicht zu dem Schluss kommen, dass hierdurch die Lesbarkeit gesteigert worden wäre, obwohl ich persönlich kein Freund von Serifen für Informationssysteme bin. Auf jeden Fall wurde auf ein Alleinstellungsmerkmal im optischen Auftritt verzichtet, und das einst ganzheitlich entworfene, edel wirkende Design wurde, ohne von einer neuen Leitidee abgelöst worden zu sein, bis zur Unkenntlichkeit zerpflückt. Daran krankt m. M. n. der Öffentlichkeitsauftritt der DVB AG bis heute.


    Hinzu kommen wenig passende neue Logos für die "GuteNachtLinien", auch der VVO-Auftritt ist mit dem der DVB nur mäßig kompatibel, so scheint das mittlerweile farbige Logo nicht so recht zum Rest der Schilder zu passen. Selbstredend verwendet der VVO eine gänzlich andere Schrifttype als die DVB...


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    Auch für die Anruf-Linientaxi-Angebote wurden aufwändig Haltestellen-Standardstelen aufgestellt, so u.a. in Gohlis, im Zschonergrund oder in Hellerau/Klotzsche.


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    Und es wird weiß...


    Und das sind sie, die weißköpfigen, StVO-konformen Exemplare. Man beachte das hier schon vor Wochen am Beispiel des Stegs 1 am Bischoftsweg thematisierte Ausmaß der Basteleien...


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    Sonderbauarten und DFI


    An zahlreichen Knotenpunkten kommen seit den 2000ern einzeln stehende DFI zur Anwendung, mitunter auch als Ersatz für das eigentliche Norm-Haltestellenschild. Hier eine Auswahl...


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    Die braunen sind die traditionelle Form aus dem JCDecaux-Baukasten und dürften mit den Wartehäuschen demnächst wohl ersetzt werden. Die gab/gibt es doch auch nur in Verbindung mit der Haltestellenmöblierung (?).


    Das Ding ganz rechts in der Eisenbahnstraße ist vermutlich eine Eigeninitiative der DVB, man findet diesen auch an diversen Endhaltestellen - der Raucheranteil am Fahrpersonal ist traditionell recht hoch. Aktuell enden da ja die 11 und der SEV.


    Es gibt auch noch eine ganze Reihe Betonpapierkörbe v.a. an den Bus-Außenstrecken, passend zu den Wartehallen - in rund und achteckig.

    Diese Streckenführungen entsprechen dem Netzzustand bis 1945, hinzu kam die bis 1948 bestehende Verbindung über die Rathenaustraße (Marschallstraße) zwischen Rathenauplatz und Sachsenplatz. Da diese überbaut ist, muss die geplante 5 den Schwenker über die Güntzstraße nehmen. Beide wären sicher sinnvoll, würden sie doch Netzlücken schließen und eine wesentlich größre Flexibilität in der Linienführung und bei Umleitungen ermöglichen. Zumal die Linienbelegung der Äste keineswegs dem Vorkriegsszenario mit wesentlich mehr Linien (und Zwischenlinien) entspräche.


    Außerdem wären noch hinzuzufügen die Verbindung vom Sachsenplatz über das Terrassenufer zum Theaterplatz (Linie 18, stillgelegt 1922 und als Betriebsstrecke bis Anfang der 1930er Jahre durchgehend befahrbar), ein Relikt des Parallelbetriebes zweier Privatunternehmen, und die 1931 eingestellte Strecke über die Johann-Georgen-Allee (Lingnerallee). Ab Anfang der 1930er Jahre gab es also insgesamt noch vier Verbindungen von der Altstadt nach Osten, in westlicher Richtung wiederum entspach das Netz in etwa dem Jetztzustand, plus einer Verbindung über den Sternplatz und die Chemnitzer Straße nach Plauen (auch durch Linie 5 in geänderter Lage neu geplant) und der 1933 stillgelegten Strecke von der Marienstraße durch die Große Plauensche Straße zum Plauenschen Platz und weiter über Hohe Brücke und Bergstraße nach Räcknitz.


    Zumindest der Ersatz der 62 durch eine Straßenbahnverbindung ist ja geplant und wäre auch angesichts des Füllstandes der Busse dringend erforderlich.


    Genau genommen sind die heutigen Streckenführungen der Linien 9, 11 und 13 damit, mangels geeigneter innerstädtischer Strecken, noch Relikte der Nachkriegsprovisorien mit je nur einer Ost-West- und Nord-Süd-Verbindung und dem 26er Ring. Die Verbindung aus der Antonstadt führte stets ab Sachsenallee zum Rathenau- und Pirnaischen Platz (damals Linien 5 und 14), die aus der Neustadt kommende Verbindung nach Strehlen (damals Linien 9 und 13) über die Parkstraße zum heutigen Lennéplatz. Durch das Fehlen der direkten Innenstadtstrecken mussten diese Verbindungen zwangsweise über den Ring geleitet werden, wo es dann immer noch (z.B. an der Sachsenallee) an bequemen Umsteigebeziehungen in Richtung Zentrum mangelt. Aus dieser Warte sind die wiederaufzubauenden Abschnitte in der Pirnaischen und Seevorstadt (Ost) also auch nicht nur zur Erschließung der anliegenden Viertel zu gedacht, sondern hätten auch einen erheblichen Einfluss auf eine Verbesserung der Netzstruktur und eines möglichen Angebots alter/neuer umsteigefreier und direkter Verbindungen zwischen den Knotenpunkten.

    Teil 4: DDR-Überbleibsel


    Hallo in die Runde,


    sonntagabendlich nun der nächste Teil der jüngeren Geschichte der Dresdner Haltestellen-Baulichkeiten. Diesmal dreht sich alles um die Überbleibsel aus DDR-Zeiten.


    Bei der Bestandsaufnahme war ich doch überrascht, dass doch noch eine ganze Reihe Relikte aus den 1950er bis 1980er Jahren überlebt haben. Bekannt sind sicherlich die großen innerstädtischen Haltestellenüberdachungen am Carolaplatz und der Prager Straße. Daneben haben sich zahlreiche Endpunkthäuschen in die 2020er hinübergerettet. Auch einige der früher omnipräsenten Beton-Fertigteilhäuschen sind noch immer zu finden, man muss aber schon gezielt danach suchen und wird dann vor allem an Busstrecken in den Vororten fündig, insbesondere im Norden.


    Fast alle der noch vorhandenen Baulichkeiten sind mittlerweile nach einem recht einheitlichen Schema saniert worden, mit cremefarbenen Außenwänden und einem gelben Absetzstreifen unter dem Dach, viele tragen auch die von den Decaux-Standard-FGU bekannten Haltestellen-Namensschilder auf dem Dach. Eine wahre Sensation für mich war jedoch der Fund des wohl letzten noch nahezu vollständig im Ursprungszustand befindlichen Häuschens in Klotzsche, sogar noch mit intakter Verglasung...


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    Im Dresdner Norden starten wir denn auch mit der größeren Variante der Betonhäuschen. Das Exemplar an der Haltestelle Bärwalder Straße besitzt statt der Fensteröffnungen eine Vorderfront aus Beton-Formsteinen, eine Bauform, die besonders in den siebziger und frühen achtziger Jahren beliebt war, während das Häuschen am Heidefriedhof bei der Sanierung stark überformt wurde und an der Vorderseite außer dem Eingang keine Öffnungen aufweist.


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    Das wohl gemauerte, kleine unscheinbare Häuschen am Endpunkt Omsewitz (Ziegeleistraße) der Linie 80 trägt ebenso wie die kleinere Betonbauform Auf der Höhe in Rochwitz an den Seitenwänden eine DVB-Busgrafik. Beide besitzen aktuelle Namensschilder in der Grotesk-Variante.


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    Die Flexibilität der Fertigteilhäuschen zeigen die nächsten beiden Beispiele, beide von der Radeburger Straße. Wie man sieht ging es noch kleiner als in Rochwitz. Oft wurden die Wartehäuschen in die Grundstücke hineingebaut, so dass die Seitenwände verdeckt sind.


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    Dem Häuschen am Lößnitzweg ist durch dicke Dämmung kaum noch sein Ursprung als Fertigteilbau anzusehen, anders als bei dem unteren Beispiel - nur am Hellerauer Ast der Linie 8 haben sich im Straßenbahnnetz bis heute einige Beton-Wartehäuschen erhalten.


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    Verlassen wir den Dresdner Norden und machen einen Abstecher nach Altdölzschen. Das dortige Endpunkthäuschen zeigt sich in einem recht erbärmlichen Zustand, der Wartekomfort in der engen Hütte hält sich in Grenzen. An der ehemaligen Straßenbahnstrecke nach Pillnitz könnte die Wartehalle an der Haltestelle Van-Gogh-Straße viele Geschichten erzählen. Wann genau es gebaut wurde kann ich nicht sagen, dieser Typus ist aber spätestens seit Ende der 1950er Jahre in Dresden verbreitet. Die ehemaligen Fensteröffnungen sind bei diesem Exemplar kleiner.


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    Zwei der letzten Ziegel-Beton-Gemischtbauhäuschen aus den 1980er Jahren findet man an der Haltestelle Coventrystraße, ehemals Hermann-Matern-Straße, im Zuge der 1983 eröffneten Gleistrasse Cotta - Wölfnitz. Ein weiteres Exemplar hat an der Haltestelle Julius-Vahlteich-Straße in der Kesselsdorfer Straße überlebt (ex Linie 70, heute nur noch RV-Linie 333), die anderen Geschwister in Gorbitz wurden in den 1990er Jahren nach nur wenigen Jahren des Bestehens durch gläserne Standardware ersetzt.


    Und dann wäre da noch das erwähnte Exemplar im Urzustand, zu finden in der ehemaligen Flugzeugwerft im Zuge der Linie 77. Eigentlich ein Fall für den Denkmalschutz...


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    Dem ehemaligen Straßenbahn-Endpunkthäuschen an der Leonardo-da-Vinci-Straße in Pillnitz ist seine Betonplatten-Vergangenheit nicht mehr anzusehen. Außerdem wurde es in den 2000er Jahren verkürzt und dabei der Wartehallenbereich abgerissen.


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    Ähnlich zeigen sich heute die Endpunkthäuschen in Weixdorf...


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    ...und in Hellerau, wobei letzteres für den ruhigen Wald-und-Wiesen-Endpunkt der Linie 8 sehr überdimensioniert wirkt. Es ist auf ganzer Länge in eine Grundstücksgrenze eingebaut und dient auch als Wartehalle.


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    Am Ullersdorfer Platz in Bühlau steht ein recht hübsches Häuschen, das wohl Anfang der 1950er Jahre bei der Verlegung der Abfahrtshaltestelle entstanden sein dürfte. Statt des früher vorhandenen Fahrscheinverkaufs wurde in den 1990er Jahren der Warteraum vergrößert.


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    Heute ist es an der Haltestelle Straße des 17. Juni der Linie 6 sehr ruhig. Die große stadtwärtige Wartehalle zeugt von dem einstigen Andrang, der hier am Sachsenwerk zu DDR-Zeiten im Berufsverkehr herrschte. Die Wartehalle und die anschließende Grundstücksmauer sind seit einiger Zeit mit legalen Graffiti verziert.


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    Vom Anfang der 1950er Jahre stammt das fast einem kleinen Bahnhof gleichende Endpunkthäuschen am Nürnberger Ei, wohl zweifellos das repräsentativste seiner Art in Dresden. Früher beherbergte es einen Fahrkartenverkauf und einem Imbiss. Der Warteraum erinnert mit seiner Verglasung an die Hossfeld-Wartehallen der Vorkriegszeit.


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    In gleichem Stil, aber viel bescheidener wurden die ebanfalls Anfang der 1950er Jahre gebauten Endpunkthäuschen in Plauen (Nöthnitzer Straße und am Wilden Mann gestaltet. Auch an der Pirnaer Landstraße am Endpunkt Leuben der Buslinie 73 gab es ein ähnliches Häuschen, dieses ist aber nicht mehr vorhanden.


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    Das Häuschen am Wilden Mann wurde in den Hang hineingebaut. Auch hier gab es früher einen Fahrscheinverkauf und einen Imbiss.


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    Etwas moderner wirkt der Endpunktbau am Kronstädter Platz in Laubegast. Früher lag genau hier die Einstieghaltestelle der Schleife, seit Drehung des Richtungssinns befindet sich das Häuschen etwas abseits an der Schleifeneinfahrt und ist ausschließlich dem Fahrpersonal vorbehalten.


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    Beschließen möchte ich diesen Teil mit der eingangs erwähnten Haltestelle am Carolaplatz. Entlang der Nord-Süd-Verbindung wurden hier, am Terrassenufer (heute Synagoge) und an der Wilhelm-Dieckmann-Straße (heute Walpurgisstraße) sehr ähnliche Überdachungen gebaut, von denen nur die am Carolaplatz erhalten ist, leider seit der Sanierung vor etwa zehn Jahren ohne die farbigen Glasbausteine der nun offenen Rückwand. Eine ähnliche Dachkonstruktion besitzt die noch vorhandene Haltestelle am Dr.-Külz-Ring, heute Prager Straße.


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    Viele Grüße in die Runde und eine gute Woche!


    Jöran



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