Beiträge von Klarenbach

    Die von Architektenkind beschriebene Ausstellung "Berlin global" habe ich auch besichtigt, und ich war auch von dem tollen Blick auf den Fernsehturm begeistert. Hier ist er:



    Ansonsten habe ich die Ausstellung sehr viel positiver wahrgenommen. Sie war eben nicht der xte Aufguss einer der üblichen Ausstellungen zur Berliner Stadtgeschichte, sondern hier wurde etwas Neues gewagt. Sehr gut fand ich die Darstellung der internationalen Verflechtungen Berlins, z.B. in Zusammenhang mit dem Kolonialismus. Das sind Aspekte, die bisher viel zu wenig thematisiert worden sind. Auch fand ich gut, dass sich die Ausstellung nicht nur an ein akademisches Publikum wendet, sondern auch populäre Elemente enthält. Es gibt viele interaktive Elemente, die dazu einladen, eigene Gewissheiten zu hinterfragen. Und ich fand auch gut, dass viele Dinge zu aktuellen Entwicklungen in Bezug gesetzt wurden, z.B. inwiefern Stereotype aus der Kolonialzeit bis heute lebendig sind, ohne dass uns das bewusst ist. Diese Ausstellung liefert eben keine fertigen Antworten, sondern lädt zum kritischen Denken ein.


    Foto: Klarenbach

    Ich denke, dass die Bewegung für rot-grün-rot in der SPD so breit ist, dass man sie kaum als Werk einer "Müller-Gang" bezeichnen kann. Ich habe zwei Aufrufe für rot-grün-rot gefunden, die von SPD-Politikern unterzeichnet wurden, die keineswegs als Müller-Fans einzuordnen sind. Da gibt es den "Weitermachen"-Aufruf, der offenbar von Jusos initiiert worden ist.

    https://weitermachen.berlin/

    Dieser Aufruf wurde unter anderem unterzeichnet von:

    -Fabian Fischer (Vorsitzender SPD Neukölln)

    -Charlotte Mende (stellvertretende Vorsitzende SPD Neukölln)

    -Julian Zado (stellvertretender Landesvorsitzender SPD Berlin)

    -Kevin Kühnert

    Dann gibt es den Aufruf "Gemeinsam mehr erreichen", der von verschiedenen zivilgesellschaftlichen Initiativen gestartet wurde.

    https://changing-cities.org/ge…gen-der-stadt-kooperiert/

    Diesen Aufruf haben unter anderem unterschrieben:

    -Ephraim Gothe (Baustadtrat Mitte)


    Mittlerweile wird gemeldet, dass auch weitere SPD-Kreisverbände, nämlich Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln, zu rot-grün-rot tendieren würden.

    https://www.tagesspiegel.de/be…t-gruen-rot/27647368.html


    Schließlich hat sich auch Giffeys politischer Ziehvater Horst Buschkowsky zu Wort gemeldet, der rot-grün-rot ablehnt. Allerdings sieht auch er keine dunklen Machenschaften einer "Müller-Gang", sondern er sieht eine inhaltliche Nähe zwischen SPD und Linken.

    https://www.bz-berlin.de/berli…iesst-scharf-gegen-giffey


    Auch finde ich die Formulierung "Dolchstoß" völlig unangemessen. Ein Dolchstoß steht für ein hinterhältiges Verhalten, wenn z.B. jemand nach außen hin Frau Giffey unterstützen würde, sie dann aber bei der Wahl zur Regierenden Bürgermeisterin nicht wählen würde. Frau Simonis ist so etwas mal in Schleswig-Holstein passiert. Hier werben aber SPD-Politiker ganz offen für rot-grün-rot. Ich sehe in der ganzen Situation eher ein völliges Führungsversagen von Frau Giffey. Wenn eine SPD-Landesvorsitzende nicht einmal in der Lage ist, ihre eigene Partei zu befrieden, wie soll sie dann ein kompliziertes Dreierbündnis erfolgreich moderieren?

    Der Behauptung, dass Michael Müller die SPD "in den Graben gefahren" hätte, wird durch keine Zahlen gedeckt. Vielmehr spricht vieles dafür, dass die SPD mit Müller ein viel besseres Ergebnis eingefahren hätte.

    Erstens hat Müller wesentlich höhere Zustimmungswerte als Frau Giffey. Zustimmungswerte laut Umfrage vom August 2021:

    Michael Müller: 45%

    Franziska Giffey: 37%

    https://www.rbb24.de/politik/w…e-spd-giffey-gruene-.html

    Die Umfrage geht davon aus, dass die Berliner SPD vor allem vom positiven Bundestrend profitierte.


    Die Wahlergebnisse deuten ebenfalls in diese Richtung:

    SPD-Ergebnis für Berlin:

    Bundestagswahl: 23,5 %

    Wahl zum Abgeordnetenhaus: 21,4 %

    Etliche Berliner haben also im Bund SPD gewählt, weil sie Olaf Scholz als Kanzler wollten, in Berlin aber eine andere Partei gewählt.

    Michael Müller wiederum stand ja als Bundestags-Direktkandidat für Charlottenburg-Wilmersdorf zur Wahl. Hier hat er ein weit überdurchschnittliches Ergebnis geholt.

    SPD-Ergebnis für Charlottenburg-Wilmersdorf:

    Erststimmen für Michael Müller: 27,9 %

    Zweitstimmen Bundestagswahl: 24,1 %

    Zweitstimmen Wahl zum Abgeordnetenhaus: 22,6 %

    Müller hat also 5,3 % mehr geholt als die Landes-SPD. Man kann sich leicht ausrechnen, was die SPD in Berlin geholt hätte, wenn sie wieder mit Müller angetreten wäre.

    Diese Chance wurde nun vertan. Aber auf jeden Fall hat Frau Giffey keinen Grund, sich jetzt zur Retterin der SPD zu stilisieren.

    Meine Prognose geht vor allem dahin, dass die nächste Legislaturperiode viel chaotischer ablaufen wird als die vergangene. Wenn es allein nach Frau Giffey gehen würde, dann würde sie natürlich viel lieber mit CDU und FDP koalieren als mit den Grünen und Linken. Den Eindruck hatte ich, und den Eindruck hatten andere auch. Allerdings habe ich bisher noch keine Stimme aus der SPD gehört, die diese Koalition ebenfalls befürwortet. Dafür haben sich mittlerweile vier Kreisverbände für die Fortsetzung von rot-rot-grün (dann als rot-grün-rot) ausgesprochen, nämlich Mitte, Tempelhof-Schöneberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf. Bei diesen handelt es sich um mitgliederstarke und einflussreiche Kreisverbände.

    https://www.tagesspiegel.de/be…t-in-berlin/27655452.html


    Diese Stimmen wird Frau Giffey nicht ignorieren können. Zudem ist ihre Lage keineswegs besonders komfortabel. DIe SPD ist zwar noch stärkste Partei, aber sie hat das schlechteste Ergebnis seit dem Zweiten Weltkrieg eingefahren, und das bei bundespolitischem Rückenwind. Die Grünen sind jetzt viel stärker als 2016, nicht nur im Abgeordnetenhaus, sondern auch in den Bezirken, wo sie voraussichtlich fünf Bezirksbürgermeister stellen werden. Und gerade bei der Baupolitik sind die Bezirke entscheidend, denn die bewilligen ein Großteil der Bauanträge und stellen die Bebauungspläne auf. Die Grünen werden also mit Recht viel selbstbewusster auftreten als 2016. Zudem wird der autofreundliche Wahlkampf von Frau Giffey dazu führen, dass die Grünen noch entschiedener auf die Verankerung der Verkehrswende im Koalitionsvertrag drängen werden. Frau Giffey wird sich also in Bescheidenheit üben müssen, und ich habe Zweifel, ob ihr das gelingt. Somit prognostiziere ich eine konfliktreiche Regierungsarbeit. All das finde ich überhaupt nicht erfreulich, aber bei der jetzigen Konstellation fehlt mir ein bisschen die positive Fantasie. Aber vielleicht erfindet sich Frau Giffey auch neu, und wir werden angenehm überrascht werden.

    Eine Ampelkoalition dürfte es wohl nicht werden, da diese vor der Wahl von der FDP ausgeschlossen wurde.

    https://www.tagesspiegel.de/be…-light-sein/27646670.html


    Ansonsten bin ich der Meinung, dass wir Michael Müller noch lange nachtrauern werden. Müller hat einen wirklich guten Job gemacht. Er hat das Dreierbündnis erfolgreich und skandalfrei gemanaged. Ganz persönliche Verdienste hatte er an der Fertigstellung des BER, denn er war es, der Lütke-Daldrup gegen den Bund und das Land Brandenburg als Flughafenchef durchgesetzt hat. Sicher war er kein Showtalent, aber mir ist ein solider Arbeiter viel lieber als ein strahlender Blender, der dann aber nichts auf die Reihe bekommt. Ich habe bisher Frau Giffey bei Diskussionsveranstaltungen und bei einem Kiezspaziergang erlebt, und bei beiden Gelegenheiten hatte ich den Eindruck, dass sie zumindest von Baufragen überhaupt keine Ahnung hat. Dafür macht sie große Versprechungen, die nicht zu halten sind. Aber wir werden sehen.

    Vielleicht wird Michael Müller ja Bundesminister, ein Bauministerium würde er sicher gut führen. Mich würde es freuen.

    Ich habe die Ausstellung der Siegerentwürfe des Wettbewerbs Rathausforum / Marx-Engels-Forum besucht und konnte dabei den Siegerentwurf von RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten näher studieren. Insgesamt gefällt mir der Entwurf sehr gut. Die Vogelschau zeigt, dass das Marx-Engels-Forum zur Rathausbrücke und zur Karl-Liebknecht-Brücke hin geöffnet werden soll. Außerdem erfolgt eine bessere Anbindung an das Rathausforum. Die beiden Promenadenwege des Rathausforums werden nach Westen verlängert und zur Rathausbrücke bzw. zur Karl-Liebknecht-Brücke geführt. Dadurch entsteht eine prägnante Wegeführung, die die Passanten in das Forum führt. Hier soll eine große Wiese zum Ausruhen und zur Aktivität einladen.


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    Sehr gut gestaltet ist das Spreeufer: Durch die V-förmige Ausbuchtung werden vielfältige Sitz- und Liegemöglichkeiten geschaffen, die reizvolle Aussichten bieten. Diese Blicke fallen nicht im rechten Winkel auf die Spree, sondern werden schräg in Richtung Dom und Neuen Marstall gelenkt. Direkt an der Spree soll noch ein Wasserspiel gebaut werden, an dem man sich im Sommer erfrischen kann. Ich denke, dass hier einer der schönsten Punkte des Spreeufers entstehen wird.


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    Die Detailpläne zeigen ganz gut, dass in den Randbereichen vielfältige Nutzungsangebote vorgesehen sind. Das Angebot reicht von Fitnessparks über Sportplätze bis hin zu Kinderspielplätzen und Flächen für Street-Art.


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    Alles in allem hat RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten einen sehr guten Entwurf geliefert, der schon jetzt eine große Akzeptanz findet. Die Jury hat sich einstimmig für diesen Entwurf entschieden, und ich habe bisher noch keine negative Meinung zu diesem Entwurf gehört. Selbst Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe lobt diesen Entwurf sehr.

    https://www.youtube.com/watch?v=6Dd720B6ZAg

    Zudem ist RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten ein erfahrenes Büro, das Projekte dieser Dimension erfolgreich umsetzen kann. Daher habe ich keinen Zweifel, dass wir schon in wenigen Jahren ein noch attraktiveres Rathausforum / Marx-Engels-Forum genießen können. Und ich bin mir auch sicher, dass dieser Park sehr gut angenommen werden wird. Es ist schön, dass jetzt auch zu diesem lange umstrittenen Gebiet ein Konsens gefunden wurde.

    Hier gibt es ein paar Fotos von der Installation vor dem Humboldtforum:


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    Ansonsten bin ich sehr froh, dass so langsam auch eine Debatte über die Verbrechen des Kaiserreichs in Gang kommt. Das Thema wurde ja lange unter den Teppich gekehrt, und es hat über 100 Jahre gedauert, bis der Völkermord an den Herero und Nama von Deutschland überhaupt anerkannt wurde. Im Humboldtforum habe ich bisher nur die Berlin-Ausstellung besichtigt, und diese thematisiert ja auch die deutschen Kolonialverbrechen. Ich habe die Hoffnung, dass das Humboldtforum ein Ort wird, an dem diese Themen diskutiert werden können.


    Alle Fotos: Klarenbach

    Tatsächlich wurden die Planungen für den Wohnungsneubau in dieser Legislaturperiode massiv erweitert. Der Koalitionsvertrag von 2016 sah noch 11 neue Stadtquartiere mit insgesamt 37.000 Wohnungen vor. (Blankenburger Süden, Buch, Buckower Felder, Wasserstadt Oberhavel, Gartenfeld, Europacity, Michelangelostraße, Schumacher-Quartier, Johannisthal/Adlershof, Güterbahnhof Köpenick, Lichterfelde Süd)

    https://www.berlin.de/rbmskzl/…t/koalitionsvereinbarung/


    2018 erfolgte eine Erweiterung auf 14 neue Stadtquartiere mit insgesamt 44.000 WE. (zusätzlich: Rangierbahnhof Pankow, Schöneberger Linse, Neue Mitte Tempelhof)

    2020 wurden diese Planungen nochmals auf 16 Stadtquartiere mit insgesamt 52.000 WE aufgestockt. (zusätzlich Stadtgut Hellersdorf, Siemensstadt)

    https://pardok.parlament-berli…/DruckSachen/d18-3954.pdf


    Der Planungsstand dieser Quartiere ist natürlich sehr unterschiedlich. Auf den Buckower Felder war kürzlich Baubeginn, in Buch und im Blankenburger Süden läuft die Planung noch. Auf jeden Fall kann man angesichts dieser Fakten kaum behaupten, dass der rot-rot-grüne Senat die Neubauplanungen reduziert hätte oder grundsätzlich wachstumsfeindlich wäre. Das Gegenteil ist der Fall: In den letzten zwanzig Jahren hat kein Senat solch umfangreiche Neubauplanungen vorangetrieben wie der jetzige.

    Was lange währt, wird endlich gut: Der lang erwartete Denkmalschutz für das Wohngebiet an der Wilhelmstraße ist nun endlich vollzogen worden. Das von Helmut Stingl entworfene und zwischen 1987 und 1992 errichtete Wohngebiet wurde aufgrund seiner geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt. Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe hat die Unterschutzstellung begrüßt.

    https://www.berlin.de/sen/kult…ssemitteilung.1127865.php

    Das Projekt Haus der Statistik ist ein Vorhaben, auf das wir Berliner wirklich stolz sein können. Hier wurde nicht einfach von oben etwas angeordnet, sondern hier haben Politik und Verwaltung auf Impulse aus der Bevölkerung reagiert und eine Abrissplanung revidiert. Das ist nicht selbstverständlich. Ich bin sehr optimistisch, dass das Projekt ein Erfolg wird. Schon jetzt hat sich in den unteren Räumen eine bunte Mischung aus Künstlern und Initiativen angesiedelt. Die Veranstaltungen im Haus der Statistik sind immer gut besucht, und es gibt viele Ideen, was sich in diesen Räumen alles passieren kann.


    Und was fast am besten ist: Über dieses Projekt gibt es einen parteiübergreifenden Konsens. Erst im Mai hat das bekanntlich CSU-geführte Bauministerium das Haus der Statistik mit dem Bundespreis "Kooperative Stadt" ausgezeichnet, für die vorbildliche Zusammenarbeit "von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft". Ich bin froh, dass in Berlin Stadtentwicklung immer mehr im Konsens und nicht in der Konfrontation betrieben wird. Das Haus der Statistik ist ein gutes Beispiel für diese neue Stadtentwicklungskultur.

    https://hausderstatistik.org/2…koop-stadt-ausgezeichnet/

    Leider gab es keine realisierungsfähigen Pläne für die Straßenbahn, auf die man hätte zurückgreifen können. Der alte Senat hatte 2015/2016 lediglich Trassenuntersuchungen durchgeführt. Die Vorplanung begann erst Anfang 2019. Die Entwurfsplanung soll in diesem Jahr beginnen. Die Genehmigungsplanung soll dann ab 2023 folgen, die Ausführungsplanung ab 2025. All das kann man im Vortrag von Holger Kölling-Orb von gestern nachlesen. Und dann hatte ein besonders genialer Verkehrssenator noch im Jahr 2000 für 1,85 Mio Euro Gleise in der Leipziger Straße verlegen lassen, obwohl es noch keine Planungen gab und keine Aussicht auf eine schnelle Inbetriebnahme dieser Gleise bestand. Diese Gleise sind mittlerweile unbrauchbar. Erst der jetzige Senat hat die Straßenbahnplanung auf den Weg gebracht. Und dass das deutsche Planungsrecht recht kompliziert ist und Planungen deshalb lange dauern, dafür kann der Senat recht wenig. Umso wichtiger ist es, dass die Straßenbahn nicht durch endlose Querelen verzögert wird.

    Sehr geehrter K-1,

    Ihr Frust hat nichts mit vermeintlichen Fehlleistungen der Grünen zu tun, sondern eher damit, dass Sie offenbar eine Partei gewählt haben, deren Ziele im Gegensatz zu Ihren eigenen Zielen stehen. Konkret: Sie sind offenbar ein großer Anhänger von Hans Stimmann und seinem Planwerk Innenstadt. Sie haben offenbar erwartet, dass die Grünen das Planwerk Innenstadt mit Begeisterung umsetzen würden. Doch diese Erwartung war von vornherein völlig unrealistisch: Die Grünen waren von Anfang an (also seit den neunziger Jahren) entschiedene Gegner des Planwerkes Innenstadt. Sie haben auch vor den letzten Wahlen nicht versprochen, dass sie das Planwerk Innenstadt umsetzen würden, sondern dass sie andere Vorstellungen von Stadt haben. Deshalb wurden die Grünen auch von vielen gewählt. Wenn eine grüne Senatorin jetzt das Planwerk Innenstadt revidiert, dann ist das kein Wahlbetrug, sondern die normale Umsetzung des Wählerwillens. Sie dagegen haben sich offenbar vor der Wahl nicht mit den Zielen der jeweiligen Parteien beschäftigt. Wenn Sie jetzt frustriert sind, dann ist es Ihre Schuld und nicht die Schuld der Grünen.

    Heute fand die Informationsveranstaltung zum aktuellen Stand der Straßenbahnplanung Alexanderplatz-Kulturforum statt. Ich habe zwei Visualisierungen aus dem Vortrag von Holger Kölling-Orb fotografiert, die die künftige Verkehrssituation am Molkenmarkt ganz gut darstellen. Man sieht, dass tatsächlich der Großteil des Verkehrs aus dem Mühlendamm in die Grunerstraße gelenkt wird. Sehr gut gefällt mir, dass die Straßenbahn einen eigenen Gleiskörper erhält und dadurch zügig fahren kann. Die umstrittene Haltestelle am Molkenmarkt soll nun doch gebaut werden.


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    Alle Fotos: Klarenbach

    Das Bürgerbeteiligungsverfahren zum Rathausforum / Marx-Engels-Forum wurde zum Glück von einem unabhängigen wissenschaftlichen Institut, nämlich dem "Deutschen Institut für Urbanistik" (DIFU) analysiert. Die Ergebnisse dieser Untersuchung enthalten keinerlei Hinweise auf Manipulationen, dafür aber sehr viel positive Einschätzungen.

    -in dem Verfahren "wurde eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit erreicht, sowohl quantitativ als auch qualitativ" S. 17

    -eine hohe Akzeptanz des Verfahrens, weil "Großteil der Bevölkerung Gelegenheit hatte, sich zu informieren und zu beteiligen (hohe Zahl der Angebote, vielfältiger Formatmix, umfassende Öffentlichkeitsarbeit)." S. 17

    -ein Verdienst des Verfahrens besteht darin, dass es "einen Beitrag zu Etablierung einer neuen Diskurskultur in Berlin geleistet und Vertrauen in Partizipationsprozesse gestärkt" hat S. 23

    -das Verfahren hat "hohe Anerkennung" gefunden, weil die Politik "während dessen Dauer auf jede Form der Einflussnahme verzichtete." S. 28

    -dank der Informationspolitik und Offenheit des Verfahrens "kann das Verfahren unseres Erachtens als beispielgebend gelten." S. 31

    https://repository.difu.de/jsp…u/227400/1/DM16082571.pdf


    Es gibt in der ganzen Studie nicht den kleinsten Hinweis darauf, dass das Verfahren manipuliert gewesen sein könnte, und ich kenne auch keine relevante politische Kraft, die das behauptet. Schließlich ist das Verfahren ja auch von allen Fraktionen des Abgeordnetenhauses bestätigt worden, denn diese haben ja am 9. Juni 2016 die Bürgerleitlinien für die Berliner Mitte beschlossen.

    Daher bin ich sehr zuversichtlich, dass die Entwicklung auch künftig im Konsens gelingen wird.

    Ich finde es gut, dass es nach Jahrzehnten des Stillstands endlich vorangeht. Und die Tatsache, dass der Siegerentwurf von einem Vertreter der SPD (Ephraim Gothe), einer Vertreterin der Grünen (Regine Günther) und einem Vertreter der Linken (Sebastian Scheel) gemeinsam vorgestellt wurde, deutet darauf hin, dass der Siegerentwurf parteiübergreifend auf Zustimmung stößt.

    Was den konkreten Entwurf angeht, so wurden ja bisher nur die Vogelschau und die Ansicht an der Spree veröffentlicht. Das Spreeufer gefällt mir aber sehr gut, bildet es doch ein grünes Gegengewicht zur steinernen Spreeufergestaltung auf der gegenüberliegenden Seite. Viele haben ja geklagt, dass das Spreeufer am Humboldtforum zu steinern wäre, daher ist es gut, dass das gegenüberliegende Ufer grün wird. Ich bin mir sicher, dass dieses grüne Spreeufer sehr gut angenommen wird und dass der völlig überlaufene James-Simon-Park entlastet wird. Das Ufer ist auf jeden Fall eine deutliche Verbesserung zum jetzigen Zustand. Auch eine Verkehrsberuhigung der Spandauer Straße würde ich sehr gut finden. Generell gefällt mir an dem Entwurf, dass es viele Bäume und unversiegelte Flächen gibt. Diese Dinge werden in Zeiten des Klimawandels wichtiger denn je. Zu den anderen Partien würde ich gern mehr Details erfahren. Letztendlich lebt so eine Freiraumplanung von den konkreten Baum- und Pflanzensorten sowie der Qualität der Bodenbeläge.

    Ansonsten habe ich mich über die Vielzahl von kompetenten und differenzierten Kommentaren gefreut. Einer entwickelt bei diesem Entwurf Phallus-Phantasien, ein anderer sieht hier die Wüste Gobi im Entstehen, und ein dritter verlegt gleich die Storkower Straße an das Rote Rathaus. Ich bin mir sicher, dass solche Kommentare die Entscheidungsträger schwer beeindrucken werden.

    Vielen Dank für den Hinweis. Es ist wirklich gut, die Begründungen der Jury zu lesen, und diese überzeugen mich doch insgesamt. Ich hatte bei der Veranstaltung am 27. Juli den Entwurf von Ramboll Deutschland / Gottlieb Paludan Architekten bevorzugt, und dies auch auf den Zetteln geschrieben. Vor allem die Dreiteilung der Brücke und die dadurch erreichte bessere Belichtung der Uferwege hat mir gefallen. In der Jurybegründung lese ich nun aber, dass der Entwurf mit etlichen bautechnischen Risiken behaftet ist. Der Arup Deutschland / COBE - Entwurf war meine persönliche Nummer 2. Nach den Jurybegründungen denke ich aber, dass der Arup / COBE - Entwurf zu Recht mit dem ersten Preis ausgezeichnet worden ist. Manchmal haben die Experten in den Preisgerichten eben doch mehr Ahnung als ein Laie wie ich. Und es ist wirklich ein sehr guter Entwurf, der Dynamik mit Eleganz verbindet. Jetzt freue ich mich auf den Tag, an dem ich mit der Straßenbahn über die neue Brücke fahren kann.

    P.S.: Der schlechteste Entwurf war aus meiner Sicht der Leonhardt, Andrä und Partner / gmp - Entwurf. Ich bin sehr froh, dass die Jury diesen Entwurf nicht prämiert hat.

    Also ich finde den Diskussionsstil, den hier einige pflegen, völlig unterirdisch. Wenn man demokratisch gewählten Politikern, die die Beschlüsse eines demokratisch gewählten Parlaments umsetzen, ständig "Unfähigkeit, Ignoranz und Borniertheit" und auch dann noch ohne jeden Beleg "Amtsmissbrauch" vorwirft und von rechtlichen Konsequenzen fantasiert, dann geht das klar unter die Gürtellinie.


    Ansonsten kann ich an den Planungen nichts negatives erkennen. Die Alte Gertraudenbrücke wird saniert und bleibt uns als autofreie Flanierbrücke erhalten. Das Gertraudendenkmal wird wieder aufgestellt. Und die Neue Gertraudenbrücke wird durch einen Neubau ersetzt, über dessen Form wir noch nicht urteilen können. Und, was am wichtigsten ist: Es gibt eine neue Straßenbahn, die zügig trassiert wird und entsprechend schnell fahren kann und deshalb hoffentlich viele Autofahrer zum Umstieg auf den ÖPNV motivieren wird. Genau das war auch der Auftrag, den das Abgeordnetenhaus mit seinem Beschluss vom 22. Februar 2018 erteilt hat.

    https://www.parlament-berlin.d…otokoll/plen18-022-pp.pdf

    Regine Günther hat hier also keinen Amtsmissbrauch betrieben, sondern den Auftrag der demokratisch gewählten Volksvertreter umgesetzt.


    Ansonsten ist es sehr gut, dass die alten Planungen von 1996 verändert worden sind. Denn diese Planungen waren alles andere als gut. Nach diesen sollte die Alte Gertraudenbrücke nicht saniert, sondern abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden.

    https://pardok.parlament-berli…/VT/14/KlAnfr/k140255.pdf

    Dadurch wäre ein wertvolles Baudenkmal vernichtet worden. Es ist gut, dass wir heute mehr Respekt vor Baudenkmälern haben. Und es völlig normal, dass Planungen nach 25 Jahren verändert werden.


    Und es ist auch falsch, dass die Senatsverwaltungen nicht zusammenarbeiten würden. Für den Senatsbeschluss haben die Senatsverwaltungen für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz sowie für Stadtentwicklung und Wohnen, das Landesdenkmalamt und der Bezirk Mitte zusammengearbeitet.

    https://www.parlament-berlin.d…/vorgang/h18-1426.F-v.pdf


    Alles in allem sehe ich kein Argument, das gegen die jetzigen Planungen spricht. Dennoch wird sicher ein großes Geschrei ausbrechen, wenn der Siegerentwurf für die Neue Gertraudenbrücke gekürt wird, ganz egal, wie gut er ist. Andererseits hat die Debatte gezeigt, dass es vielen selbsternannten Verkehrswende-Enthusiasten nicht wirklich um die Verkehrswende geht, sonst würden sie kaum so gegen eine sinnvolle Straßenbahnstrecke kämpfen. Aber ich denke auch, dass sich die Straßenbahnplaner von solchen unsachlichen Einwürfen nicht beeindrucken lassen.

    Sehr positive Nachrichten gibt es zur Alten Gertraudenbrücke: Diese ist schon seit Jahren ein Sanierungsfall, zuletzt wurde auch das Gertraudendenkmal aus Sicherheitsgründen entfernt. Doch nun soll die Brücke endlich saniert werden. Sie soll auch weiter als autofreie Brücke dienen und eine entsprechend große Aufenthaltsqualität bieten. Zudem soll auch die Gertraude wieder aufgestellt werden.

    https://www.bz-berlin.de/berli…ann-man-bald-wieder-gehen

    Nach all den Diskussionen der letzten Tage bin ich doch zu dem Schluss gekommen, dass wir mit dem Siegerentwurf großes Glück haben. Das gilt vor allem, wenn ich diesen Entwurf mit dem wirklich gruseligen Entwurf von Helmut Maier vergleiche. Die Ästhetik will ich gar nicht groß kommentieren, die ist Geschmackssache. Aber wo fährt in diesem Entwurf die Straßenbahn? Es ist auch überhaupt kein Platz für einen Straßenbahnkörper vorhanden. Man kann sich doch nicht als glühender Verfechter der Verkehrswende aufspielen und gleichzeitig ein zentrales Element der Verkehrswende, nämlich den Ausbau des Straßenbahnnetzes, ignorieren. Und die Mühlendammbrücke spielt für den Straßenbahnverkehr eine wichtige Rolle, hier werden eines Tages in dichter Folge schnelle Straßenbahnzüge auf einem eigenem Gleiskörper entlangfahren. Und ich hoffe sehr, dass ich dann in schnellem Tempo vom Roten Rathaus zum Potsdamer Platz oder Halleschen Tor fahren kann, damit das Umsteigen vom Auto auch attraktiv ist. Schon wegen dieser Straßenbahnführung ist die neue Mühlendammbrücke tatsächlich eine Verkehrswendebrücke.

    Dann sehe ich in dem Maier-Entwurf, dass die Radfahrstreifen offenbar direkt am Brückengeländer angeordnet werden sollen. Nun sind viele Fahrradfahrer recht flott unterwegs, daher dürfte der Aufenthalt am Brückengeländer nicht sehr gemütlich sein. Diese Brücke wäre weder radfahrerfreundlich noch fußgängerfreundlich. Da bietet eine breitere Brücke viel bessere Möglichkeiten, die einzelnen Verkehre zu entzerren und die Radfahrstreifen zwischen der Autofahrbahn und dem Bürgersteig anzuordnen.


    Mein Fazit: Die jetzt geplante Brücke ist ein großer Beitrag zur Verkehrswende. Es ist gut, dass das Straßenbahnprojekt, das tatsächlich schon seit vielen Jahren geplant ist, endlich vorankommt. Dafür wurden die Grünen übrigens auch gewählt. Und ich freue mich auf den Tag, an dem ich mit der Straßenbahn über die neue Brücke fahren kann. Bei einigen Kritikern habe ich dagegen den Eindruck, dass es ihnen nicht wirklich um die Verkehrswende geht, sondern dass sie in Wirklichkeit restaurative Ziele verfolgen.