Gibt es sozialistische oder kapitalistische Architektur?

  • Ob es nun in der Tat wirklich links motiviert ist oder nicht, war für mich komplett irrelevant. Mein Punkt war, dass ich sehr gut nachvollziehen kann, dass viele Neubauten in Berlin auf einige Betrachter “sozialistisch” anmuten/wirken, aus welchen Gründen auch immer. Ob nun gewollt oder nicht kann ich nicht beurteilen. Ich lebe nicht in Berlin und habe nur einen Blick von außen.

  • Ich würde mal die These wagen, dass der Ursprung dieser Banalität eher im Kapitalismus in Reinform liegt. Eine Weltanschauung, die von reinen Zahlen in Excel-Tabellen, Soll und Haben und dem rationalen homo oeconomicus ausgeht und nicht von fühlenden Menschen mit einem Bedürfnis für ein lebenswertes Umfeld.

    Damit will ich auf keinen Fall für ein sozialistisches Gegenmodell werben, da dieses aus anderen Gründen zu ähnlichen Tendenzen führt, aber die Art und Weise, wie der Markt zunehmend den Anschluss an den Bedürfnissen des Individuums verliert, bereitet mir Sorgen.

  • Du hast den Kapitalismus falsch verstanden. Kein anderes System der Geschichte hat je für mehr Freiheit und Kreativität des Individuums und mehr Wohlstand in der Breite gesorgt. Kapitalismus ist nicht vollkommen, aber das geringste erprobte Übel aller Schwachstellen zum Trotz. Vergleiche die Architektur in kapitalistischen Staaten mit der in sozialistischen. Welche ist kreativer? Und nebenbei: welches System soll eigentlich besser sein? Sozialismus? Deutschland hat Erfahrung mit dem linken und dem nationalen Sozialismus. Beide Male ging’s schief. Aber dass es im Kapitalismus schnelles und kostengünstiges Hochziehen von Gebäuden gibt, bei der die Schönheit auf der Strecke bleibt, gibts natürlich auch, unbestritten! Liegt aber hier zumindest dann in der Hand der Bürger dies gutzuheißen oder eben nicht.

  • ^^

    Ich stimme dir grundlegend zu, das ist die schöne Seite der Medaille - ich habe in meinem Beitrag auch ausdrücklich erwähnt, dass der Sozialismus aus einer ganz anderen Ideologie heraus zu ähnlichen architektonischen Problemen führt und somit definitiv keine Lösung ist - ganz zu Schweigen von allen anderen gesellschaftlichen Problemen, die damit einhergehen.


    Auf der anderen Seite sehe ich die aktuelle Form des Kapitalismus allerdings kritisch, die 1. eine zunehmende Zentralisierung von Geldströmen fördert und 2. so sehr von ökonomischen Kräften gesteuert wird, dass soziale und ökologische Auswirkungen auf der Strecke bleiben (zum Glück steuert die Politik - zumindest in einigen wenigen Staaten - mit strengeren Umweltauflagen langsam dagegen). Wenn irgendein multinationales Asset-Unternehmen zur Vermehrung seines Kapitals ein Gebäude in Berlin hinsetzt, gehen die Bedürfnisse des Individuums sehr wohl unter. Welcher CEO in den USA, der Geldströme in 3-stelliger Millionenhöhe überblicken muss, interessiert sich noch dafür, was irgendein Nachbar in Berlin von der architektonischen Ambition seines Gebäudes hält?


    Dass der normale Bürger ästhetisch unzureichende Gebäude einfach nicht gutheißen kann und das Problem somit plötzlich gelöst ist, wäre schön. Damit wären wir wieder beim Einfluss des Individuums. Doch bei den starken ökonomischen Kräften, die dabei mitwirken, ist das leichter gesagt als getan.


    Eine Lösung für diese Entwicklung habe ich allerdings nicht, ich bin schließlich kein Ökonom. Und ja, die Diskussion kann gerne woanders hin verschoben werden.

  • Spam-Folder, ernsthaft? @matrix hat Recht, das wird dem Inhalt nicht gerecht. Da wird sich doch ein passender Strang über Wirtschaft / Politik in der Lounge finden lassen. Backstein bitte nochmal prüfen, vielen Dank!


    Meinetwegen, hoffentlich lohnt sich das Anlegen dieses Threads in der City-Lounge. Der BoS ist auch eher ein OT-Thread als ein Spam-Thread.

  • Und ja, die Diskussion kann gerne woanders hin verschoben werden.

    Ich meinte auch eher die Lounge als den Spam-Ordner. Ich finde solche Debatte grundsätzlich interessant und habe eine Position dazu. Nach 13 Jahren DAF-Erfahrung versuche ich aber, mich nicht mehr daran zu beteiligen (auch wenn es mich in den Fingern juckt).