Die Debatte über den neuen Stadtteil Dietenbach war hier in Freiburg sehr aufgeregt, das war monatelang ein Top-Thema in der Stadt. Vor dem Entscheid war die ganze Stadt zuplakatiert, es war zumindest in meinem Umfeld das Mittagspausengesprächsthema Nummer eins. Die Gegner haben wirklich alle möglichen Karten gespielt, u.a. eine Oldtimer-Traktor-Parade durch die Fußgängerzone, omnipräsente Unterschriftenaktionen, einseitige "Info"-Veranstaltungen, willkürliches Verdrehen und Zurechtbiegen von "Argumenten", etc. Ein Lehrstück des Populismus.
Ich hab mich auch zuerst geärgert, dass es überhaupt zum Bürgerentscheid gekommen ist und das Projekt dadurch ein paar Monate auf Eis gelegt wurde. Ich denke aber, dass die Stadtverwaltung klug agiert hat. Sie hat versucht, die Gegner ernst zu nehmen und sich deren Argumente anzuhören. Es gab dann mehrere groß angelegte Podiumsdiskussionen, u.a. im Freiburger Konzerthaus vor über 1.000 Zuhörern, bei denen die Argumente beider Seiten ausgetauscht wurden. Ich denke, da haben sich viele skeptische Bürger ein Bild machen können und haben auch durchschaut, dass die Argumente der Gegner letztlich schwach waren. Das Gute an der Sache ist auch, dass die Gegner irgendwie ihr Gesicht gewahrt haben und jetzt sagen können: "Immerhin 40% unterstützen uns, mehr als ihr gedacht habt. Und außerdem wurden unsere Argumente überhaupt mal ernst genommen."
Ich denke zwar, dass die Gegen-Argumente davor sehr wohl wahrgenommen wurden von den Fachleuten, aber vielleicht braucht es einfach diesen Medienrummel drumrum, dieses Gefühl, gehört zu werden, um so halbwegs einen Konsens herzustellen.
Mühsam, aber wohl nicht umsonst und von daher vielleicht auch nicht verkehrt für München. Ich denke, wenn in der öffentlichen Debatte klar wird, dass die Gegner hauptsächlich aus Eigeninteresse gegen die SEM sind, wird die Mehrheit der Stadtgesellschaft das durchschauen und für den sozialen Ausgleich und damit für den neuen Stadtteil stimmen.