Beiträge von antonstädter

    "Wohnen in Dresden" - Projekte in der Friedrichstadt

    Die DNN berichten im Interview mit Steffen Jäckel über die geplanten Wohnbaustandorte der WOBA 2.0 .


    Besonders interessant finde ich hierbei die beiden gezeigten Visualisierungen zweier städtebaulich höchst wichtiger Projekte in der Friedrichstadt. Da wäre zum einen ein geplanter Eckbau an der Schäferstraße/Institutsgasse und zum anderen ein Neubau auf grüner Wiese in Nachbarschaft zum ehemaligen Stadtkrankenhaus an der Löbtauer/Fröbelstraße.


    Es handelt sich um schlichte Baukörper, die der Lage, so finde ich, jedoch durchaus Rechnung tragen. Das zweite Projekt nimmt dabei die Kubaturen der teilzerstörten und mittlerweile alle durch moderne Zutaten ergänzten Krankenhausgebäude auf.


    Mir zumindest waren die Projekte bislang nicht bekannt...

    Showcastle unveiled...

    ...or rather its thoroughly hideous structural addition...






    It remains a secret how a listed (!!!) building could be disfigured in such a disgraceful manner...

    ^ Nicht Vogtlandbahn-Trilex (die mit den weiß-grünen Zügen, die gerade die Strecken nach Ostsachsen verloren haben), sondern die Städtebahn Sachsen, natürlich ;) Egal, das S-Bahn-Netz als solches muss ja nicht zwingend vom gleichen Anbieter befahren werden, obwohl dies natürlich wünschenswert wäre.


    Die Pläne entsprechen so ziemlich den Ideen des Dresdner Verkehrskonzeptes von 1994, siehe Karte: (Quelle ebenda):



    Vergrößerung



    Die Linienbezeichnungen weichen aber ab, denn die S5 fuhr damals bereits zwischen Hauptbahnhof und Tharandt (später in S3 umbenannt), die S2 als rudimentäre Diesel-S-Bahn nach Arnsdorf.


    Der Bahnhof Dohna als S-Bahn-Endpunkt wird heute nicht weiter verfolgt, dafür hat Pirna an Stellenwert gewonnen. Aktuell ebenfalls vom Tisch, aber schon in Planungen für die Stadtschnellbahn aus den sechziger Jahren enthalten, ist die Neubaustrecke "Hellerschleife", die den Flughafen zur Durchgangsstation gemacht hätte. Auf jeden Fall aber ist der dortige Tunnelbahnhof hierfür baulich vorbereitet.


    Ansonsten entspricht das Zielnetz so ziemlich dem, was der VVO nun präsentiert hat. Was allerdings auch nicht verwunderlich ist, denn wenn man ausschließlich das Bestandsnetz nutzen will, gibt es ja auch kaum andere Möglichkeiten. Hoffen wir mal, dass nun nicht noch einmal 24 Jahre bis zur Realisierung vergehen...

    VVO wird 20 und plant S-Bahn-Erweiterung

    Es bahnt sich (endlich!) Großes an im VVO...


    Wie die einschlägigen Dresdner Postillen heute berichten, forciert der Verkehrsverbund Oberelbe die Erweiterung des Dresdner S-Bahn-Netzes. Dabei geht es nicht um Streckenneubauten, sondern die Aufwertung von Bestandsstrecken und deren Einbeziehung in die S-Bahn - Leipzig/Halle lassen grüßen.


    Einen konkreten Zeithorizont gibt es zwar noch nicht, doch eine Umsetzung scheint mittelfristig auf jeden Fall realistisch. Zur Zeit dürfte es vor allem an der fehlenden Elektrifizierung in Richtung Ostsachsen hängen.


    Folgende zusätzliche S-Bahn-Linien sind angedacht:


    S5 Dresden - Riesa / Großenhain (-Elsterwerda) über Cossebaude
    S6 Dresden - Königsbrück
    S7 Dresden - Kamenz
    S8 Dresden - Bautzen


    Hinzu kommt eine neue direkte Regionalexpress-Verbindung RE20 vom Flughafen Dresden nach Ústí nad Labem, womit man vor allem mehr Potenzial für den dahindümpelnden Dresdner Airport zu heben hofft.


    Link zur VVO-Grafik (über Sächsische Zeitung).


    Vermutlich sollte man von einer Verknüpfung der bestehenden RE/RB-Verbindungen nach Cottbus, Görlitz und Zittau mit den geplanten S-Bahn-Linien ausgehen - ob unter Weiterfahrt als RB/RE oder durchgehend als S-Bahn ist sicher nebensächlich. Möglicherweise erlebt man dann das etwas absurde Phänomen, dass man im Bahnhof Hoyerswerda wahlweise in die S-Bahn Mitteldeutschland oder Dresden einsteigen kann...


    Zusätzlich plant der VVO die Einführung eines PlusBus-Netzes mit ersten aufgewerteten Verbindungen bereits ab Juni. Anders als die SZ es uns vermitteln will, handelt es sich aber laut Übersichtsplan des VVO dabei keineswegs um neue Routen, sondern aufgepeppte bestehende Verbindungen.


    Hier die Links zu den Artikeln in der Sächsischen Zeitung und den DNN .


    Mein persönliches Fazit: Mit den angedachten Änderungen wären bis auf Heidenau - Altenberg sämtliche noch bestehende Eisenbahnstrecken im Großraum Dresden in das S-Bahn-Netz einbezogen. Obwohl ich eigentlich kein Freund davon bin, jeder Dorfeisenbahn das S-Bahn-Label anzupappen, scheinen mir die angestrebten Änderungen dennoch überfällig:


    Eine Vermarktung des Vorort-Netzes unter einem einheitlichen Label, nach Möglichkeit mit einheitlichem Fuhrpark und Design, auch wenn dies an der tatsächlichen Bedienqualität vor Ort u. U. nicht viel ändert, birgt unzweifelhaft erhebliche Vorteile und zieht Publikum, wie der Blick nach Leipzig zeigen sollte. Dies ist auch nicht unbedingt abhängig von der Traktionsart; ich kann mir z.B. beim besten Willen nicht vorstellen, dass eine Elektrifizierung der Königsbrücker oder der Kamenzer Strecke wirklich realisiert werden wird.


    Ich bin davon überzeugt, dass diese Maßnahme, die, so bin ich sicher, nach Abschluss der hierfür nötigen Infrastrukturmaßnahmen in Richtung Ostsachsen auch kommt, zu einer erheblichen Nutzungssteigerung des SPNV rund um die Landeshauptstadt führen wird. Mit den angestrebten Verbesserungen der Bedienfrequenz hin zu einem regulären Halbstundentakt auf der Berliner Bahn und bis Ottendorf-Okrilla (evt. auch bis Kamenz) oder einem durchgehenden Zwanzig-Minuten-Takt bis Bautzen, ebenso wie der mit einer zusätzlichen S-Bahn-Verbindung über Coswig und Cossebaude aufgewerteten Anbindung Riesas an das Oberzentrum Dresden zusätzlich zum Saxonia-Express, wird die Dresdner S-Bahn mit Sicherheit ein ähnliches Erfolgsmodell werden wie das mitteldeutsche Pendant.


    Zumal der ja bereits ausgebaute Bahnknoten Dresden noch gewaltiges Steigerungspotenzial bietet, sind doch sowohl beide Fernbahnhöfe wie auch die Verbindungsbahn noch immer deutlich unternutzt.


    Kurz: IMHO ein Ausblick, der durchaus zu Freude Anlass gibt.

    ^Einen Anteil sicherlich, aber als alleinige Erklärung sicher nicht ausreichend. Ich denke, es tritt nach der jahrelangen gelinde gesagt etwas unvorteilhaften Außenpräsentation des gemeinen Elbtals, noch unverhältnismäßig potenziert durch eine den Realitäten in unserer Stadt in keinster Weise gerecht werdenden tendenziösen medialen Darstellung, eine Entspannung und Normalisierung der Situation ein.


    Sicher trägt auch die im letzten Jahr forcierte und mit dem Elbraum gebündelte Touristenwerbung zu den erstaunlichen Zahlen bei. Das zur Einwerbung von Touristen unerlässliche Klappern, wenn auch mitunter bis hin zum nur noch schwer erträglichen Schaumschlagen, klappte andernorts in Sachsen bislang zugegebener Maßen doch deutlich besser. Da hat man sich hier wohl zu lange der eigenen Bräsigkeit ergeben und den Lauf der Dinge als naturgesetzlich gegeben angenommen. Dass Dresden nun wirklich deutlich mehr zu bieten hat als Zwingerbegehung, Frauenkirchbeschau und Montagsspaziergänge könnte man aber durchaus auch noch etwas selbstbewusster in die Welt hinausposaunen...

    ^ Merci beaucoup pour le complément au sujet!


    Die «colline Napoléon» in Strehlen ist mir durchaus bekannt, lag aber leider nicht auf dem Exkursionsweg, da Löbtau noch mitgenommen werden wollte. Auch gut, da brauche ich mich selbst ja nicht noch einmal separat en route zu begeben.


    Es wird demnächst auch ein Blog (bien sûr en français) zum Thema erscheinen, aber dazu evt. mehr, wenn es soweit ist. Bis dahin:


    À+

    Wie schön, dass die vielgepriesene Leipziger Diskussionskultur nun endlich auch im piefigen Elbtal Einzug gehalten hat. Endlich durchweht ein Hauch von Offenherzigkeit und Weltläufigkeit diese zurückgebliebene kulturlose Einöde!


    Wer allerdings mit dem Staatswappen von Mosambik hausieren geht, der sollte sich nun nicht wirklich wundern, dass man dessen Weltsicht zaghaft hinterfragt. Robert Mugabe, Gucci Grace oder The Crocodile taugen nun nicht wirklich als Vorbilder für Rechtschaffenheit, Offenheit oder Friedensliebe...

    Vom Postplatz zur Friedrichstraße (Teil III)

    Die Matthäuskirche entstand 1728 bis 1730 nach Plänen Matthäus Daniel Pöppelmanns. Der Wiederaufbau nach schweren Kriegszerstörungen begann 1974




    Vergleichsbild vor 1906, Begegnung zweier noch liniennummernloser Wagen der Linie Friedrichstraße – Striesen. Es fehlen heute die Eckbebauung zur Vorwerkstraße wie auch die Vorwerksgebäude auf der rechten Straßenseite.




    Matthäuskirche, Westseite und Turm.




    Gedenkstein für den berühmten Erbauer, der hier auch seine letzte Ruhestätte gefunden hat.




    Die sanierten Reste der monumentalen Mietskasernenwand am westlichen Ende der Friedrichstraße. Anstelle der fensterbewehrten Ostwand befanden sich früher Nachbargebäude im gleichen Stil, die Zeile reichte einst ums Eck bis in die Vorwerkstraße.




    Blick zurück zur Matthäuskirche. Links das verwilderte Grundstück des Vorwerks, davor der Gleisbogen des Dreiecks in Richtung Schlachthof, angelegt 1964. Vorher war die 1910 eröffnete Verlängerung zum Schlachthof über die Walther- und Magdeburger Straße angebunden – die Neubautrasse wurde durch das ehemalige Vorwerk geschlagen. Ab 1979 diente das Dreieck als Endpunkt Friedrichstadt (Vorwerkstraße).




    Das um 1720 errichtete Hegereiterhaus direkt neben dem Gleisdreieck ist ein weiteres verkanntes Kleinod in der Friedrichstadt.






    Ehemaliges Streckenende der Friedrichstraßen-Linie. Ab 1910 ging es zum Schlachthof weiter, in den zwanziger Jahren erfolgte von hier aus die noch heute vorhandene Anbindung des neuen Straßenbahnhofes Waltherstraße.




    Dieser ersetzte den kleinen Bahnhof Friedrichstraße direkt an der Ecke der Friedrich- und der Waltherstraße. Das heute gewerblich genutzte Grundstück weist keinerlei Spuren seiner Straßenbahn-Vergangenheit auf.




    Wenige Bilder existieren vom Straßenbahnhof Friedrichstraße. Hier sehen wir den roten Triebwagen 657 vor der hölzernen Wagenhalle. Das Bild entstand zwischen 1906 und 1910, denn der Wagen trägt bereits die städtische Wagennummer und das Stadtwappen, die Verlängerung zum Schlachthof ist aber noch nicht eröffnet.




    Auszug zur Linie 2 aus dem „Verzeichnis der Straßenbahnlinien“ von 1909. Es zeigt die geänderte Linienführung über Wettiner Platz und nimmt bereits die noch nicht erfolgte Verlängerung zum Schlachthof vorweg. Bis 1969 war die Linie 2 in der Friedrichstraße heimisch.




    Nach der jahrzehntelangen Regentschaft der „2“ wurde es in der Friedrichstraße etwas unübersichtlich. 1969 folgte zunächst die „10“ (ab 1979 wieder verkürzt bis Friedrichstadt, Vorwerkstraße), dann die „15“ von 1983 bis 1989, anschließend die „9“ und seit 2000 wiederum die „10“. Eine Auswahl an Schildern:


    Linie 10, 1980.





    Linie 15, 1983.





    Linie 9, 1991.





    Zum Abschluss blicken wir vom früheren Endpunkt die Friedrichstraße hinunter zurück Richtung Stadtzentrum und verabschieden uns von der ersten „roten“ Linie der Dresdner Straßenbahn.


    Vom Postplatz zur Friedrichstraße (Teil II)

    In Teil Zwo geht es von der Wilsdruffer Vorstadt hinein in das Herz der Friedrichstadt. Dass noch heute auf der Ostra-Allee reger Straßenbahnverkehr herrscht, mag diese Aufnahme zweier sich kreuzender 11en bezeugen.




    Begeben wir uns in die Maxstraße und schauen noch einmal auf die fast metropolitane Bebauung der nördlichen Ostra-Allee.




    Auf dem Art’otel verabschiedet uns A.R. Pencks „Pimmelmännel“.




    Maxstraße, Gründerzeitler auf der südlichen Straßenseite.




    Blick von der Könneritzstraße zurück in die Maxstraße. Es fehlt kriegsbedingt der Eckbau zur Ritzenbergstraße.




    Das Pendant gegenüber ist noch erhalten.




    Maifestzug 1908 in der Ritzenbergstraße, links das heute fehlende monumentale Eckhaus. Friedrichstadt und Wilsdruffer Vorstadt waren von jeher proletarischer Hotspot der vorwiegend bürgerlichen Residenz. Noch heute befindet sich am Schützenplatz das Dresdner Gewerkschaftshaus.




    Der Weg führt nun unter den Hochgleisanlagen der Eisenbahn hindurch hinüber in die Friedrichstadt.




    Blick auf das Hotellerie-Kleinodium am Eingang der Friedrichstraße. Davor befand sich bis zur Verlegung der Weißeritz die Friedrichsbrücke, die die Grenze zur Friedrichstadt markierte.




    Kurz vor dem ersten Weltkrieg entstand das große Eckhaus anstelle der heutigen Hotelkiste. Leider überlebte es die Zerstörungen nicht. Die schwer heruntergerittenen Nachbargebäude in der Weißeritzstraße in gleichem Stil entschwanden größtenteils erst nach der Wende.




    Das Hotel umfasst auch das Grundstück des Keglerheims in der Friedrichstraße 12. Dieses war einer der wichtigsten Treffpunkte der hiesigen Arbeiterbewegung in den 20er und 30er Jahren. Am 25. Januar 1933 kamen hier bei einer Veranstaltung neun Arbeiter ums Leben, als mit der Situation völlig überforderte Polizeischüler in die Menge schossen.




    Blick in die Friedrichstraße heute und in den dreißiger Jahren. Die „2“ war ab Mitte der 1930er Jahre jahrzehntelang Heimstätte der „Kleinen Hechtwagen“-Züge.






    Das Restaurant „Zum Eishaus“ (Nr. 19) im Vordergrund entstand um 1730 und wurde in den 1950er Jahren wegen Baufälligkeit abgerissen. Noch immer prangt hier eine empfindliche Baulücke an der Südseite der Friedrichstraße.





    Wunderschön saniert zeigt sich die Friedrichstraße 26. Bemerkenswert ist die für Dresden eher untypische Fachwerkarchitektur des 1726 errichteten ehemaligen Manufakturarbeiterhauses. Die beiden hohen Nachbarn scheinen das Haus förmlich zu erdrücken.




    Friedrichstraße, Blick zurück in Richtung Weißeritzstraße. Die Nordseite zeigt sich mittlerweile wieder geschlossen, wenn auch durchsetzt mit mehr oder minder übler Nachwende-Investoren-Tristesse. Für die Brache gegenüber stehen ja ebenfalls große Veränderungen ins Haus, so dass man hier in Kürze wohl wieder echte städtische Struktur verspüren kann. Für die schwer gebeutelte Friedrichstadt kann dies nur von Vorteil sein.




    Duckwitzhaus, entstanden 1845, gestiftet vom gleichnamigen Bankier und jahrzehntelang als Altersheim in Nutzung. Der heutige Zustand in Anlehnung an die „nationale Bautradition“ entstand beim Wiederaufbau 1952.





    Vergleichsbild um 1900. Die pittoreske Bebauung der Friedrichstraße ist, als wohl letzter Barockstraße auf Altstädter Seite, zumindest noch in Teilen vorhanden. Hier schlummert ein wahrer städtebaulicher Schatz, den es noch zu heben gilt.




    Als Beweis die beiden Barockhäuser Friedrichstraße 29 (1670, barock umgebaut um 1730) und 33 (um 1740) auf der Südseite der Straße.






    Bedeutendstes Gebäude der Straße aber ist zweifelsohne das barocke Palais Marcolini mit seinen diversen Erweiterungsbauten, heute historischer Kern des Friedrichstädter Krankenhauses.





    Der zwischenzeitlich verbaute Ehrenhof zeigt sich seit den dreißiger Jahren wieder geöffnet.





    Blick in den Ehrenhof, heute Haupteingang des Krankenhauses von der Friedrichstraße und der Straßenbahnhaltestelle aus.




    Auch gegenüber gibt es Historisches zu bestaunen. Innerer Katholischer Friedhof, Torhaus um 1740.




    Daneben die Gebäude der ehemaligen Königlichen Wachsbleiche und der Menageriegarten, ebenfalls vom Anfang des 18. Jahrhunderts.




    Erläuterungstafel zur Geschichte des Ortes.




    Straßenbahn vor dem Palais Marcolini.




    Noch einmal ein Vergleichsbild des Palais, diesmal in östliche Richtung geschaut.





    Vom historischen Vorwerk Ostra, dem Nukleus der an Beginn des 18. Jahrhunderts planvoll angelegten Friedrichstadt, sind heute nur noch Rudimente erhalten, die einer Wiederauferstehung und Nutzung harren. Hier könnte ein echter Anziehungspunkt auch in kultureller Hinsicht entstehen.




    Vergleichsbild und Erklärtafel.



    Vom Postplatz zur Friedrichstraße (Teil I)

    Es existieren heute nur noch sehr wenige Stellen im Dresdner Straßenbahnnetz, an denen sich die lebhafte Konkurrenzsituation der beiden alten Privatbahngesellschaften unmittelbar nachvollziehen lässt. Da die zu spät gekommene „rote“ Deutsche Straßenbahn-Gesellschaft meist auf weniger lukrative Nebenstraßen ausweichen musste, die Hauptrouten waren ja bereits von der wesentlich älteren Konkurrenz in Beschlag genommen worden, sind es in aller Regel deren Strecken, die die Vereinigung der beiden Betriebe unter städtischer Ägide, die Wirtschaftskrisen der zwanziger Jahre und die Not der Nachkriegszeit nicht überlebten. Allein in der Friedrichstadt koexistieren in friedlicher Eintracht nach wie vor die alten Pferdebahnstrecken der „Gelben“ auf der Schäferstraße und die der „Roten“ in der Friedrichstraße, parallel und nur durch wenige hundert Meter voneinander getrennt.




    Straßenbahnstreckein in der nördlichen Friedrich- und Wilsdruffer Vorstadt 1908, ein Jahr vor der ersten großen Linienreform. Die Linienfülle, ein Erbe der Privatbahnkonkurrenz, ist bemerkenswert. Die am Postplatz endeten Linien wurden ein Jahr später zu durchführenden Strecken zusammengelegt, und die „2“ fuhr ab da für einige Jahre über den Wettiner Platz statt durch die Ostra-Allee. Gut zu erkennen ist die Herkunft der Strecken anhand der Liniennummern: Noch sind ungerade Nummern (ex „gelb“) und gerade Nummern (ex „rot“) strikt getrennt.



    Wir begeben uns heute auf die Spuren der ersten Straßenbahnlinie der „Roten“. Am 21. September 1890 eröffnete die Deutsche Straßenbahn-Gesellschaft in Dresden ihre Linie Friedrichstraße – Striesen. Die inzwischen elektrifizierte und nach Blasewitz verlängerte Linie erhielt ab 1906 die Nummer „2“ und verkehrte so nach weiteren Verlängerungen zum Schlachthof und nach Loschwitz bis zum Jahre 1969. Nur die Durchfahrung der Altstadt sollte sich hierbei mehrfach ändern, 1948 wich die Linie auf den westlichen Stadtring aus, um die „26“ zu ersetzen. Seit 1948 also wird die Relation vom Postplatz direkt durch die Ostra-Allee, Max- und Friedrichstraße nicht mehr planmäßig befahren, auch wenn dies technisch nach wie vor möglich wäre und bei diversen Umleitungen auch schon mehrfach praktiziert wurde. Auf diesen zentrumsnahen Abschnitt werden wir uns beschränken und gehen einmal mehr auf stadt-und nahverkehrsgeschichtliche Spurensuche.




    Beschilderung der Linie Friedrichstraße – Striesen, später Linie 2, der Deutschen Straßenbahn-Gesellschaft in Dresden.



    Wir beginnen am Postplatz, zu dessen herausragender Rolle im Dresdner Stadtverkehr nun wahrlich nichts mehr gesagt werden muss. Die Aufnahme aus dem Fundus der Deutschen Fotothek zeigt die Szenerie vor der Jahrhundertwende, als sich der Platz noch fest in der Hand der hippomobilen Fortbewegungsart befand und die neumodischen elektrischen Luftkabel noch nicht das Stadtbild verunzierten.


    Bemerkenswert ist der „Kreisverkehr“ um die Insel nebst Laterne im Vordergrund, wo sich ein Wägelchen unserer Friedrichstraßen-Linie gerade anschickt, aus der Ostra-Allee kommend in die Wilsdruffer Straße einzufahren, um seinen Weg weiter gen Striesen fortzusetzen. In Platzmitte steht noch der Cholerabrunnen, und neben diesem genießt das Personal (inklusive Pferdchen) der „gelben“ Linien Postplatz – Pieschen (später Linie 17) und Postplatz – Waldschlößchen (später Teil der Linie 9) ihre Pause, bevor die schweren Decksitzwagen wieder über die Augustusbrücke zurück auf die Neustädter Seite bugsiert werden müssen.


    Rechts angeschnitten das „Stadtwaldschlößchen“ am Eingang zur Sophienstraße, im Hintergrund der mächtige Bau des alten Hôtel Weber mit seinem markanten Eckturm zur Ostra-Allee, links daneben der erst 1968 abgerissene Gasthof „Gambrinus“.




    Ein kurzer Ausflug zu den anfänglich eingesetzten Pferdebahnwagen. Mit solcherlei Rollmaterial eröffnete die „Rote“ 1890 ihren eigenen Pferdebahnbetrieb. Das Foto dürfte aus dem Eröffnungsjahr stammen.




    Bei starkem Andrang wurden auch von der deutschen Gesellschaft Decksitzwagen eingesetzt. Der Festschmuck lässt auf eine Eröffnungsfahrt deuten, womöglich für die erste Verlängerung in Striesen zum Barbarossaplatz. Für beide Bilder gilt: Aufnahmeort leider unbekannt. Jedoch tragen beide Wagen die Beschilderung unserer Linie…




    Zurück zum Postplatz in das Hier und Jetzt. Wir blicken in die Ostra-Allee, wo sich linkerhand bis zum Abriss der Ruine 1968 der Nachfolgebau von Webers Hôtel erhob und das Schauspielhaus verdeckte. Die Strecke durch die Ostra-Allee wird seit 1969 durch die Linie 11 befahren.




    Blick rechterhand in die Sophienstraße auf Taschenbergpalais, Hausmannsturm und den Glockenspielpavillon des Zwingers. So erfreulich die Ausstaffierung mit Altkandelabern, so disgraziös die mächtigen modernen Oberleitungsmasten. Warum kann man an derart sensiblen Stellen nicht auch auf historisierende Repliken zurückgreifen?




    Die gleiche Situation noch zu Pferdebahnzeiten. Das Taschenbergpalais wirkt mit dem flachen Satteldach eher wie eine Kaserne. Vor der Bogengalerie des Zwingers betätigen sich zwei Wagen der Linie Postplatz – Pieschen der Tramways Company, bzw. Dresdner Straßenbahn-Gesellschaft, oder kurz der „Gelben“. (Deutsche Fotothek)




    Ostra-Allee, im Vordergrund die Gleisanlagen der heutigen Straßenbahn, im Hintergrund das Dresden-Motiv schlechthin.




    Einige Detailaufnahmen des Zwingers, wenn wir ihn denn schon einmal passieren. Langgalerie mit Kronentor und Zwingergraben.




    Zoologischer Pavillon und Porzellansammlung, ehemals Standort des Opernhauses am Zwinger.




    Kronentor und Zwingergrabenbrücke.




    Mathematisch-Physikalischer Salon mit Anbau aus den 1920er Jahren, darunter die Festungsmauer der Flanke der Bastion Luna.




    Ostra-Allee, Schauspielhaus von Lossow und Kühne (1911-13). Als 1890 die Pferdebahn eröffnete, befand sich hier noch der wenig fotogene Kuttelhof der Fleischerinnung.




    Malergäßchen mit Schauspielhaus links und der nach der Zerstörung vereinfacht wiederaufgebauten Handelsschule (1912 bis 1916).




    An besagter Ecke befand sich noch bis kurz nach der Jahrhundertwende der 1902 abgebrochene malerische Malersaal (18. Jahrhundert). Links das erst 1898 errichtete Wiener Café eines gewissen Carl Weise, der sich hartleibig weigerte, sein noch fast neues Anwesen zu veräußern, wodurch der Bau des Schauspielhauses bis 1911 verzögert wurde.




    Ostra-Allee mit Gewerbehaus, dahinter das Logenhaus der Freimaurer und der Herzogin Garten. Die heute hier einmündete Herta-Lindner-Straße wurde erst nach dem Krieg neu angelegt.




    Heutiges Vergleichsbild mit Nachwende-Neubauten.




    Weiterer Verlauf der Ostra-Allee vor der Zerstörung. Links der Herzogin Garten mit der Orangerie, rechts die Stallstraße (Am Zwingerteich) mit der heute fehlenden flankierenden Bebauung. Letzte Ruinenreste verschwanden erst Ende der 1970er Jahre. Man beachte die Dichte an roten Straßenbahnwagen auf der Allee: zu Hochzeiten fuhren hier vier Linien der Deutschen Straßenbahn-Gesellschaft!




    Ein ebenerdiges heutiges Vergleichsbild. Zwar sind die Straßenverläufe noch weitgehend original erhalten, doch ohne die Yenidze als Blickfang ließe sich die Situation dennoch kaum nachvollziehen.




    Schräg gegenüber An der Herzogin Garten die aus dem 18. Jahrhundert stammende und unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg durch einen Neubau ersetzte Nudelmühle, einst vom Weißeritzmühlgraben aktiviert und zuletzt eine beliebte Gastwirtschaft. Vom viel größeren Nachfolgebau überlebte die noch genutzte Erdgeschosszone die ersten Nachkriegsjahrzehnte, bevor sie dem Bau der Theaterwerkstätten weichen musste.




    Der Vergleich fällt ernüchternd aus. Zwar gehören die Theaterwerkstätten sicher zur besseren Architektur der späten DDR-Zeit, doch die autistische Gebäudestruktur nimmt der Ostseite der Ostra-Allee sämtliches städtisches Gepräge. Die Straße wurde vom Lebens- zum Verkehrsraum degradiert, ein leider immer noch häufig anzutreffendes und städtebaulich katastrophales Phänomen bei Neubauten.




    Gegenüber geht die teilrekonstruierte Orangerie vor dem „Palais“-Wohnneubau der Vollendung entgegen. Trotz vieler Unkenrufe auch in diesem Forum halte ich die Neubauten städtebaulich für einen absoluten Gewinn, deren Wirkung erst dann vollständig abzuschätzen sein wird, wenn der Bewuchs des wiederhergestellten Parks seine üppige Endhöhe erreicht haben wird.




    Das noch recht neue Holiday Inn in mittlerweile auch schon historischer Bausubstanz wenige Schritte weiter. Die behutsame Sanierung steht den frühen DDR-Bauten recht gut.




    Abzweig der Maxstraße mit dem sehr voluminösen Baukörper des Art’otel, der der Ecke gemeinsam mit dem Haus der Presse echten Großstadtcharakter verleiht.




    Die recht niedrige originale Inselbebauung des Dreiecks zwischen Ostra-Allee (rechts), Maxstraße (links) und Könneritzstraße fiel bis auf wenige Häuser an der Könneritzstraße/Ecke Maxstraße den Bomben zum Opfer. Den Rest erledigten Ende der 1980er Jahre die Räumkommandos: die Häuser standen der Straßenverbreiterung im Weg. Der kleine rote Triebwagen der Linie 2 strebt seinem Ziel in der Friedrichstadt entgegen.




    Blick in die Maxstraße, Strecke im Zuge der Pferdebahnlinie Friedrichstraße – Striesen von 1890. Die heutige Betriebsstrecke wurde nach dem Krieg nur noch kurzzeitig im planmäßigen Linienverkehr befahren. Die Straße war ursprünglich Teil der Ostra-Allee, die hier zum namensgebenden Vorwerk abbog und an der Weißeritz in die Friedrichstraße überging. Erst mit der geradlinigen Fortführung der Ostra-Allee Richtung Marienbrücke erhielt sie 1877 ihren Namen nach dem am Straßenanfang liegenden Palais des Prinzen Max.




    Besagtes Palais, erbaut von Gaetano Chiaveri 1742, abgebrochen 1890. Auch in alten Tagen ging man mit kulturhistorisch wertvoller Bebauung nicht eben glimpflich um, wenn sie dem gemeinen Fortschritt im Wege stand. Foto von Hermann Krone, fotografiert aus der späteren Maxstraße 1856. Deutsche Fotothek.




    Vergleichsbild mit Haus der Presse, MOPO-Schuppen rechts und dem Erlweinspeicher im Hintergrund.




    Erst 1992 kehrten mit der Linie 12 die Planzüge in die Maxstraße zurück, hier das Linienschild von 1994/95. Man beachte die gerade neu eingeführte Haltestelle „Am Zwingerteich“. Bis dahin fuhren die Bahnen auf der gesamten Strecke zwischen Postplatz und Maxstraße bzw. Haus der Presse (Linie 11) durch. Abgelöst wurde die „12“ durch die „8“, aber auch nur bis 1999: Dann kehrte auf der Maxstraße bis auf gelegentlichen Umleitungsverkehr oder die Cargo-Tram wieder Stille ein.





    Wenden wir uns zurück. Eckhaus Ostra-Allee/Maxstraße, 1912 neu errichtet.




    Vorher gab es hier einen nicht unerheblichen Engpass, wie der Vergleich zeigt. Das weit vorstehende kleine Häuschen stand der Straßenverbreiterung im Weg.




    Bevor wir unseren Weg gen Friedrichstadt fortsetzen, machen wir einen kurzen Abstecher auf nahverkehrsgeschichtlichen Pfaden. Endabschnitt der Ostra-Allee auf einer historischen Postkarte. Keines der hier zu sehenden Gründerzeithäuser auf dem Kleinen Ostragehege hat die Zerstörung überstanden, ebensowenig wie die rechts einmündende Permoserstraße durch den ehemaligen Standort des Prinz-Max-Palais. Heute erhebt sich hier das Haus der Presse.




    Uns aber interessiert besonders die ehemalige Hausnummer 30. Hier hatte ab 1900 die Direktion der Deutschen Straßenbahn-Gesellschaft ihren Sitz. Ein Bild ist mir leider nicht überliefert…




    1890 bis 1898 bestand auf dem Gelände der Gartenbaugesellschaft „Flora“ am Westende der Ostra-Allee ein Straßenbahnhof der Deutschen Straßenbahn-Gesellschaft. Mit einem Bild kann ich leider auch nicht dienen, ein solches wäre mir auch bislang noch nicht untergekommen. Dafür aber mit einem hochinteressanten Ausschnitt aus den Katasterplänen der Stadt Dresden aus den 1890ern.



    Man beachte vor allem die Gleisanlagen, die in der Maxstraße ursprünglich eingleisig waren. Der Ring (hier die Könneritzstraße) ist noch straßenbahnfrei, die Gleise wurden hier erst mit der Freigabe der Marienbrücke für den Straßenbahnverkehr im Jahre 1901 verlegt und nie von Pferdebahnen befahren. Der Anschluss aus der Ostra-Allee heraus in die Könneritzstraße zur Marienbrücke ist aber bereits vorbereitet, zu erkennen an den Weichen zum Abzweig des Straßenbahnhofes. Die Engstelle in der Könneritzstraße bestand bis zur Beseitigung der letzten alten Häuser zur Wendezeit und wäre heute ein undenkbares Nadelöhr im Verkehrsgewühl.


    Noch viel interessanter aber ist natürlich der eingezeichnete Straßenbahnhof auf dem Gelände der Gartenbaugesellschaft „Flora“ (heute Standort des Hauses der Presse): Links schraffiert das ehemalige Brückenzoll-Einnehmerhäuschen der Marienbrücke, straßenständig ein Gebäude der Flora, dazwischen die zweigleisige Bahnhofseinfahrt. Offenbar verfügte der Bahnhof „Flora“ über eine Schiebebühne, was bei den kurzen Wagen auch kein Problem darstellte und Platz und Weichen sparte. Die Wagenhalle dürfte eine einfache Holzkonstruktion gewesen sein, schließlich war sie keine zehn Jahre später wieder verschwunden.



    Wir beschließen den ersten Teil mit dem ältesten mir zur Verfügung stehenden Fahrplan der Linie 2 aus dem Jahre 1908.


    ^ ^^ Nicht aufregen. Sicher hat sich die Infinus-Pleite noch nicht bis München oder gar London (wie weltstädtisch!) herumgesprochen. Macht aber auch nichts, es handelt sich schließlich nur um eine Stadt in der Zone, oder gravierender noch, im braunen Nazi-Sachsen.


    Schlimm, schlimm schlimm, die Zustände hier...

    Von der Antonstadt zum Waldschlößchen und nach Bühlau (Teil III)

    Auf unserer letzten Etappe begeben wir uns nach Bühlau hinein und beginnen noch einmal mit einem verkehrstechnischen Kuriosum.


    Als Ende des 19. Jahrhunderts der Staat zwecks Erschließung des Schönfelder Hochlandes eine meterspurige Schmalspurstrecke von Dürrröhrsdorf über Weißig nach Bühlau plante, legte man in die neu entstehende Außenbahn bis zur Flurgrenze mit dem weißen Hirsch eine dritte Schiene in das Stadtspurgleis ein, um hier einen Güterverkehr mit meterspurigen Rollböcken und normalspurigen Güterwagen durchführen zu können, ähnlich wie wenig später auf dem Gebiet der späteren Stadt Freital im Plauenschen Grund. Die Wirtschaftskrise von 1900 sowie das Fehlen jedweder potenzieller Anschlusskunden verhinderte die Bauausführung, und die nie genutzte dritte Schiene wurde im Zuge von Gleisbaumaßnahmen in den Folgejahren peu à peu wieder entfernt.



    Bautzner Straße in Höhe des „Trompeters“ um die Jahrhundertwende. Deutlich ist die nie genutzte dritte Schiene im Gleis erkennbar.




    Von der dritten Schiene fehlt schon seit weit über einhundert Jahren jede Spur.




    Die Haltestelle am ehemaligen Straßenbahnhof Bühlau, die heute „Schwimmhalle Bühlau“ heißt. Der Bahnhof entstand 1999 und beherbergte Zeit seines Lebens die Linie 11, lange Zeit sogar exklusiv.




    Der Betriebshof Bühlau wurde wie fast alle der kleinen Bahnhöfe an der Peripherie in den 1990er Jahren geschlossen. Zuletzt diente er zur Abstellung ausrangierter TATRA-Wagen, die hier auf den Verkauf nach Osteuropa oder die Verschrottung warteten. Ein guter Zeitpunkt, uns der Beschilderung der Linie 11 aus der DDR-Zeit zuzuwenden, schließlich war das Schilderregal des Bahnhofs außen am Einsatzleiterhäuschen direkt an der Straße gut einsehbar.


    Seitenschild von 1965/66 mit alter Linienführung nach Coschütz. Dieses schmückte bis 1969 die großen Hechtwagen und heute die Sammlung des Straßenbahnmuseums. Eine Replik würde dem historischen „Hecht“ gut stehen…





    Ab 1969 verkehrte die „11“ nach Jahrzehnten wieder unmittelbar durch die Innenstadt und weiter nach Plauen. Im Nachtverkehr pendelte sie nur zwischen Bühlau und Postplatz – hier das entsprechende Schild, leider ohne Haltestellen.




    Linienschild, nach 1975. Auffällig die überklebten, Ende der 70er eingezogenen Haltestellen „Fischhausstraße und „Klarastraße“ zwischen Wilhelminen- und Waldschlößchenstraße – die Stasi wollte in ihrem Domizil an der Bautzner gern unter sich sein und sah die vor dem Gelände wartenden Fahrgäste wohl als akutes Sicherheitsrisiko. Der daraus resultierende Haltestellenabstand von etwa 900 Metern war einer der längsten des Dresdner Straßenbahnnetzes. Heute ersetzt die Haltestelle „Angelikastraße“ die beiden Richtungshaltestellen von einst.





    Auch die Linie 11 erhielt Anfang der 80er Jahre neue Schilder mit den damals hochmodischen riesigen Liniennummern, die deutlich besser erkennbar waren. Das gezeigte Exemplar ist allerdings etwas jünger. Die Ende des Jahrzehnts auf anderen Linien eingeführten Plasteschilder in neuer Aufmachung gab es für die „11“ nie…





    Umfeld des Bahnhofes, Bautzner Landstraße in Bühlau mit landwärtiger Haltestelle heute. Im Hintergrund der „Trompeter“ am Ortsausgang Richtung Weißer Hirsch.





    Wir springen weiter zur Einmündung der Grundstraße am ehemaligen Rathaus Bühlau. Um die Jahrhundertwende stand das 1899 zeitgleich mit der Straßenbahnstrecke entstandene Gebäude noch allein auf weiter Flur.




    Heute beherbergt das seit der Eingemeindung 1921 arbeitslose Gebäude u.a. eine Stadtteilbibliothek.




    Hier haben wir ein weiteres wunderbares Beispiel dafür, wie den heutigen Technokraten jedwedes ästhetisches Gespür abhanden gekommen ist. Wie sonst kann man es erklären, dass man den fetten Oberleitungsmast ausgerechnet dort platzieren musste, wo die Ansicht des eigentlich recht hübschen Gebäudes am meisten beeinträchtigt wird? Außerdem: Eine eisenbahnähnliche Hochkette ist halt für ein historisches Ortsbild doch eher wenig geeignet. In La France undenkbar!




    Nur noch wenige Meter sind es von hier bis zur 1931 eröffneten Gleisschleife am Ullersdorfer Platz. Von 1908 bis 1949 ging es geradeaus weiter nach Weißig.




    Kurhaus Bühlau, ehedem Gasthof, seit 1899 Endpunkt der Bühlauer Außenbahn.




    Linie 11 am Endpunkt in Bühlau. Die Schleife soll bekanntlich durch einen Neubau am Bühlauer Ortsausgang Richtung Weißig ersetzt werden, womit immerhin die Hälfte der alten Strecke wieder reaktiviert werden würde.




    Noch zwei Ansichten des alten Endpunkthäuschens, bevor wir unsere Begehung mit einigen historischen Dokumenten abschließen. Sein Abriss wird in der Tat momentan diskutiert. Es wäre ein weiterer unwiederbringlicher Verlust einer historischen Kleinarchitektur.





    Nur etwa ein Jahr bestand die Linie 10 Bühlau – Nürnberger Straße, nämlich 1948/49, als Begleiterin der mittlerweile über den Stadtring nach Coschütz gelegten „11“. Es war die einzige Hauptlinie, die neben der 11 jemals den Bühlauer Hang erklamm. Übersicht über beide Linien im Haltestellenverzeichnis der Dresdner Verkehrs-Gesellschaft AG vom Januar 1948.




    Fahrpläne der Linien 10 und 11 vom Mai 1949, aus dem Fahrplanheft des KWU – Verkehrsbetriebe. Man beachte die historische Reklame, weswegen ich die Pläne auch komplett liefere.


    Für die „11“ ist anzumerken, dass der Pendelverkehr nach Weißig bereits seit Februar 1949 durch einen Omnibus-Ersatzverkehr ersetzt wurde. Aus dem Plan geht dies aber noch nicht hervor.









    Haltestellen- und Fahrzeitenverzeichnis von 1956. Die „11“ ist mittlerweile wieder unter sich.



    Fahrplan von 1967.






    Und zu guter Letzt der Fahrplan von 1969. Die Linie 11 fährt nun nach Plauen, und die TATRA-Wagen halten Einzug. Diese Linienführung hatte bis 1995 Bestand.





    Wir verabschieden uns aus dem lauschigen Bühlau mit diesem Blick auf das Dorf nach der Jahrhundertwende. Anstelle der Grünfläche vorn entstand später die Gleisschleife und der Ullersdorfer Platz.


    Von der Antonstadt zum Waldschlößchen und nach Bühlau (Teil II)

    Wir verlassen nun die alte Pferdebahnstrecke und wenden uns der eigentlichen Bühlauer Außenbahn zu. Ab 1899 wurde am Waldschlößchen elektrisch gefahren und die Verlängerung nach Bühlau in Betrieb genommen. Ab 1906 trug die Außenbahn das Liniensignal „11“. und wurde wenig später zum Neustädter Bahnhof verlängert. Es bleibt unklar, warum man nicht die vorhandene (spätere) Linie 9 nach Bühlau führte. Vermutlich hing dies mit den besonderen Anforderungen an das Fahrzeugmaterial zusammen…




    Bühlauer Außenbahn, Haltestellenlagen 1929. Man vergleiche mit den Bezeichnungen von 1909.




    Verweilen wir noch kurz am Waldschlößchen und betrachten noch einige Dokumente aus der Verkehrshistorie. Fahrpläne der Linien 9 und 11 aus dem Verkehrsbuch von 1908. Beide Linien überstanden die große Reform von 1909 unverändert.




    Fahrpläne der hier ab 1925 endenden Linie 13. Diese verblieb bis 1930 am Waldschlößchen und wurde hier 1931 bis 1933 durch eine sehr kurzlebige Linie 8 Räcknitz – Waldschlößchen ersetzt, die mit der Stillegung der Strecke über die Bergstraße nach Räcknitz alsbald wieder verschwand.





    Unseren nächsten Halt legen wir am Schloss Albrechtsberg ein, denn von hier gibt es ebenfalls verkehrshistorisch Interessantes zu berichten. Ursprünglich mäanderte die Bautzner Landstraße mittels einer scharfen S-Kurve unmittelbar vor die Torhäuser des Schlosses und zog sich anschließend geradlinig den Berg hinauf. Diese Situation ist im Stadtplanausschnitt von 1911 erkennbar. Der eingeklinkte Ausschnitt von 1941 zeigt schon die in den dreißiger Jahren verlegte und verbreiterte Straße. Der ursprüngliche Straßenverlauf wird aber noch durch die Stadtgrenze markiert, die dem ursprünglichen nördlichen Straßenrand folgte; das Gebiet der Heide gehört erst seit 1945 zu Dresden.




    Streckenbild (Archiv: DVB) mit der alten Straßen- und Streckenführung Anfang der 1930er Jahre. Die Verbindung von S-Kurve und starker Steigung war neben dem Hirschberg der schwierigste Punkt der Strecke und konnte im Winter durchaus für manch Ungemach sorgen. Ihre Entschärfung durch die Straßenverlegung war daher nur konsequent.




    Heute befindet sich anstelle der Straße ein Vorplatz.




    Schloss Albrechtsberg, Gartenseite. Das Schloss entstand 1850 bis 1854 nach Plänen von Adolf Lohse aus dem Lord Findlater‘schen Weinbergsanwesen für den Preußenprinzen Albrecht, der aufgrund nicht standesgemäßer Zweitheirat am preußischen Hof unerwünscht war und sich daher zu den südlichen Nachbarn flüchtete. Zu DDR-Zeiten war das Gebäude als „Pionierpalast Walter Ulbricht“ überregional bekannt.




    Ursprüngliche Streckenführung bergan und die entschärfte Kurve der verlegten Straße.





    Das Ganze in Talrichtung.




    Haltestelle „Elbschlösser“ mit bergwärts eilender „11“, mit der wir zur Mordgrundbrücke fahren.




    Die Haltestelle Mordgrundbrücke liegt mitten im Grünen.




    Vergleichsbild, gleiche Richtung, andere Straßenseite. Der bergwärts fahrende Zug illustriert wunderbar das Fahrzeugmaterial der Anfangszeit: ein typischer „gelber“ Triebwagen mit Rechteck-Fenstern zieht einen der winzigen und besonders leichten Beiwagen, der hier nur zwei Fenster pro Seite aufweist! Bei genauerem Hinsehen fällt jedoch eine revolutionäre Neuerung auf: Die Bühlauer Triebwagen besaßen bereits von Beginn an verglaste Plattformen, die im Stadtlinien-Fahrzeugpark erst etwa zehn Jahre später allgemeiner Standard wurden. Nicht zu sehen ist selbstredend die Fallklotzbremse, die aus Sicherheitsgründen zusätzlich installiert wurde.




    Die Brücke mit der Kurve an der Einmündung der vom Körnerplatz hinaufführenden Schillerstraße. Gleich dahinter beginnt der Hirschberg, steilster Streckenabschnitt der Bühlauer Bahn.




    An dieser Stelle befand sich bis in die 1990er Jahre das Gleisdreieck „Mordgrundbrücke“. Dieses wurde bei Bauarbeiten gern genutzt, so auch für diverse Inselbetriebe nach Bühlau, möglich durch den dort befindlichen Straßenbahnhof. Zudem endeten hier häufig Sonderfahrten, die Schulklassen zum Pionierpalast beförderten.




    Die alte hölzerne Wartehalle der stadtwärtigen Haltestelle überlebte bis in die Nachwendezeit. Das Bild aus dem DVB-Archiv zeigt den Zustand zu Beginn der dreißiger Jahre mit den damals üblichen ovalen roten Haltestellenschildern.




    Die alte Wartehalle hat allerdings eine würdige Nachfolgerin gefunden, die gleichfalls eher an eine Wanderhütte als eine Straßenbahnhaltestelle erinnert.




    Einmal gedreht, der Blick geht talwärts. Links die Schillerstraße, rechts im Hintergrund die ehemalige Einfahrt in das Gleisdreieck, das aus einem Anschlussgleis entstand.




    Identische Situation mit einem bergwärts fahrenden Zug der Bühlauer Außenbahn vor 1906, da noch ohne die „Elf“ auf dem Dach. Gleich kann der kleine Triebwagen zeigen, was in ihm steckt.




    Noch ein Stück um die Kurve...




    …ein weiteres Vergleichsbild mit talwärts fahrender „11“ um 1910.




    Ein letzter Blick auf die Mordgrundbrücke. Im Hintergrund sehen wir das hölzerne Wartehäuschen.




    Nun geht es steil den Hirschberg hinauf. Eine „11“ in Richtung Innenstadt stürzt sich todesmutig den Hang hinunter und hat dabei dessen steilstes Stück an Lahmanns Sanatorium bereits hinter sich.




    Die Stützmauern zur rechten verraten die Steigung.




    Kurz vor der Haltestelle „Plattleite“ im Zentrum des Weißen Hirschs geht es steil bergan am ehemaligen Lahmann‘schen Sanatorium vorbei.





    Lahmanns Sanatorium in besseren Tagen.




    Talwärtiger Blick von der Haltestelle Plattleite aus. Auch hier darf ein Vergleichsbild nicht fehlen.





    Eine neuzeiltiche „11“ hat den steilen Anstieg mühelos bewältigt und fährt in die Haltestelle Plattleite ein. Die links abgehende Plattleite hieß bis zur Eingemeindung des „Hirsches“ 1921 Loschwitzer Straße, die Fortführung rechterhand in den Wald Lahmannstraße, heute Stechgrundstraße.




    Parkhotel an der Haltestelle Plattleite, heute und in den dreißiger Jahren mit einem der legendären Hechtwagenzüge.





    Ein Omnibus der Eillinie E an gleicher Stelle. Wir kommen hierauf gleich zurück…




    Ein historischer Blick auf das Kurhaus, dem eigentlichen Gut „Weißer Hirsch“, das dem Stadtteil seinen Namen gab. Der historische Bau, der sich heute noch nahezu unverändert zeigt, geht bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück.




    Wir aber springen ein Stück weiter zum „Weißen Adler“, frisch saniert als Wohngebäude. Die zahlreichen Gasthöfe am Berg waren früher für Kutscher und Zugtiere gleichermaßen überlebenswichtig.




    Am „Weißen Adler“ endete von 1926 bis 1931 die Omnibus-Eillinie E. Fahrpläne von 1929. Eine ähnliche Funktion übernimmt heute die Linie 261 der OVPS, auch wenn diese wesentlich seltener verkehrt.





    Fortsetzung folgt…

    Von der Antonstadt zum Waldschlößchen und nach Bühlau (Teil I)

    Seit dem 22. August 1899, also seit nunmehr fast 120 Jahren, kämpfen sich elektrische Straßenbahnen den steilen Hirschberg hinauf, um Bühlau, Quohren und den Weißen Hirsch mit der großen Stadt drunten im Talkessel zu verbinden. Wenn man das Adjektiv „legendär“ auch gern über die Maßen verwendet, auf die Bühlauer Außenbahn trifft es mit Sicherheit uneingeschränkt zu.


    Ab dem Waldschlößchen steigt die Strecke bis zum knapp 6 Kilometer entfernten Bühlauer Endpunkt nahezu kontinuierlich an, und mit einer Maximalsteigung von 77 ‰ gehört sie zu den steilsten Strecken des Dresdner Netzes überhaupt. Zudem ist sie von ausgesprochenem landschaftlichen Liebreiz, insbesondere der Abschnitt bis zum Weißen Hirsch gehört wohl zum reizvollsten, was ein deutscher Straßenbahnbetrieb heute zu bieten hat.


    Und nicht zuletzt stellte die Bahn stets besondere Herausforderungen an das hier eingesetzte Rollmaterial. Waren es anfangs besonders stark motorisierte Triebwagen, behängt mit im Gegenzug besonders leichten Beiwagen, die die Steilstrecke erklommen, kamen ab 1931 die Großen Hechtwagen zum Einsatz, die der Linie 11 zur Berühmtheit gereichten und die Strecke für fast vierzig Jahre fest in Beschlag nahmen. Dann folgten ab 1969 die bekannten T4D-Traktionen (der Beiwageneinsatz nach Bühlau war im Fahrgastverkehr stets verboten) und schließlich nach der Jahrtausendwende die Niederflurwagen, insbesondere die NGTD 12 DD, die heute scheinbar mühelos den Hirschberg hinaufschweben…


    Nicht zuletzt aber ist es auch die Liniennummer 11, die der Strecke zu ihrem Nimbus verhalf. Seit Einführung der Nummerierung 1906 kam bislang noch nie jemand auf die Idee, die Bühlauer mit einer anderen Bezifferung zu beglücken – abgesehen von recht kurzlebigen zusätzlichen Angeboten namens 111, 10, S11 oder 51.


    Die heutige Bühlauer Strecke beginnt in der allgemeinen Wahrnehmung an der Kreuzung Bautzner/Rothenburger Straße, denn ab hier ist die 11 seit den Nachkriegsjahren meist allein unterwegs – ohne weitere Verknüpfungspunkte zu anderen Straßenbahnstrecken. Bereits seit 1881 jedoch war es möglich, mittels Pferdebahn-Decksitzwagen der Linie Postplatz – Waldschlößchen (später Teil der Linie 9) per Geleisen das beliebte Etablissement mit angeschlossenem Brauhaus am Elbhang direkt aus der Stadt zu erreichen. Die Pferdebahn löste wiederum eine bereits seit 1838 bestehende Pferdeomnibuslinie des Dresdner Omnibus-Vereins mit fast identischer Streckenführung ab und wurde ab 1899, kurz vor der Eröffnung der Bühlauer Außenbahn, elektrisch befahren. Bis Ende Januar 1906 verkehrten die Wagen der ab dem gleichen Jahr als „11“ bezeichneten Bühlauer Außenbahn im Anschlussverkehr ab Waldschlößchen, erst dann wurden sie bis zum Neustädter Bahnhof und später weiter über das Stadtzentrum in den Süden geführt. Dabei ist es bis heute geblieben, auch wenn sich die Durchfahrtsstrecke durch das Zentrum und die jeweiligen Endpunkte im Süden im Laufe der Zeit mehrfach ändern sollten.



    Das erste Dresdner Nahverkehrsmittel - Gefährt des Dresdner Omnibusvereins vor dem Waldschlößchen zur Mitte des 19. Jahrhunderts.



    Begeben wir uns also auf die Strecke der Linie 11, auch wenn diese natürlich heute noch quicklebendig daherkommt und damit eigentlich nicht unter die Rubrik dieses Stranges fällt. Beginnen werden wir am Albertplatz, wo seit 1881 die Pferdebahnlinie Postplatz – Waldschlößchen aus der Mittelfahrbahn kommend in die Bautzner Straße abbog.



    Albertplatz vor dem Ersten Weltkrieg. Noch erhebt sich das Albert-Theater am östlichen Platzrondell. Aus der Haltestelle im Gleisbogen davor fährt gerade ein Straßenbahnzug ab. Es muss sich dabei um eine Linie 9 zum Waldschlößchen handeln, denn die ab 1909 zwischen Georgplatz und Forststraße deckungsgleiche 16 verkehrte mit roten Wagen, wie es sich für eine Linie mit gerader Nummer geziemt.




    Der winterliche Albertplatz zur Pferdebahnzeit (Foto von Ermenegildo Antonio Donadini, Deutsche Fotothek). Im Vordergrund biegt ein Decksitzwagen der Waldschlößchen-Linie in Richtung Hauptstraße ab.




    Auch etwa 130 Jahre später lässt sich das Motiv noch erahnen, wobei natürlich der Turm der Dreikönigskirche durchaus weiterhilft.




    Im ersten Teil der Strecke folgen wir der ehemaligen Pferdebahnlinie zum Waldschlößchen. So gestaltete sich deren Beschilderung.




    Fahrplan der Pferdebahnlinie von 1883.




    Gut gepflegt zeigen sich die Grünanlagen zwischen alter und neuer Bautzner Straße im Rücken des nicht mehr existenten Albert-Theaters.




    Historischer Blick zurück zur Einmündung der Alaunstraße, das Eckhaus rechts existiert noch immer. Links angeschnitten das Albert-Theater, der rote Triebwagen befährt die Linie 16 in Richtung Grenadierkaserne. Seit 1909 verkehrt diese über die Augustusbrücke und die Hauptstraße parallel mit der 9, vorher nahm sie den umständlichen Weg über Elb- und Hasenberg, Terrassenufer, Sachsenplatz und Albertbrücke zur Bautzner Straße, ein Relikt des Parallelverkehrs der Privatbahnzeit, wo man die Gleise der Konkurrenz mied wie der Teufel das Weihwasser.




    Vergleichsblick aus der alten Bautzner Straße zum markanten Eckhaus mit der Rothenburger Straße, ehemals Markgrafenstraße.





    Bautzner/Markgrafenstraße. Hier kreuzte die Waldschlößchen-Linie jene vom Georgplatz zum Alaunplatz, die später über den Bischofsweg zur Hechtstraße verlängert wurde und von der Sachsenallee bis zum Bischofsplatz heute Teil der Linie 13 ist. Das Bild entstand vor 1906, denn der kleine gelbe Triebwagen führt noch das vormalige Liniensymbol, ein rotes Dreieck mit weißem Rand anstelle der Liniennummer 5, auf dem Dach spazieren.




    Seit 1946 heißt die Markgrafenstraße Rothenburger Straße, ansonsten hat sich baulich wenig verändert. Selbst die Straßenbahnstrecken sind hier noch alle erhalten.




    Die kriegsbedingten Baulücken wurden nach der Wende mit mehr oder weniger geglückten postmodernen Neubauten gefüllt. Hier das dem vorigen Eckhaus diagonal gegenüberliegende Exemplar in einer Gegenlichtaufnahme. Der Eckturm erinnert an eine Katjuscha-Rakete.




    Gleiche Ecke, nur etwa 120 Jahre früher. Das “Café Parzifal“ überlebte die Luftangriffe nicht. Man beachte die „gelbe“ Straßenbahnherrlichkeit auf der Kreuzung: Wieder eine „Dreieckslinie“, diesmal in Richtung Alaunplatz, auf der Bautzner Straße ein Zug der Linie Waldschlößchen – Neumarkt – Strehlen (ab 1906 Linie 9) auf der Fahrt in Richtung Altstadt.




    Bautzner Straße. Der gefällige Benchmark-Neubau hinter dem Pferdebrunnen schließt adäquat die Bombenlücke zwischen Holzhofgasse und Bautzner Straße. Was man vom linkerhand sichtbaren potzbudenhässlichen Parkhaus-Neubau des un-netten Herrn Nettekofen beim besten Willen nicht sagen kann.




    Anstelle des Benchmark-„Headquarter“ befand sich dereinst der “Goldene Löwe“. Bis September 1906 nahmen die Wagen der „roten“ Linie zur Grenadierkaserne (später 16) hier die abenteuerliche Route durch die Carl-(Lessing-)straße und Melanchthonstraße zur Glacisstraße zwecks Vermeidung von Feindkontakt mit den gelben Geleisen. Erst die Übernahme durch die Städtische Straßenbahn ermöglichte deren Mitbenutzung auf größerer Länge, und die „16“ bog bis 1909 bereits an der Bautzner/Kurfürstenstraße in erstere ein. Es war eine der ersten Streckenstilllegungen der Dresdner Straßenbahn.




    Bild nach 1906, denn die in die Carlstraße führenden „roten“ Gleise sind verschwunden. Die „rote 16“ nimmt nun den Weg über die Bautzner Straße auf ehemals „gelber“ Route. Links das sehr markante „Hotel Garni“ an der Ecke zur Martin-Luther-Straße. Davor befand sich die gleichnamige Straßenbahnhaltestelle.




    Der anstelle des kriegsabgängigen „Garni“ in den 1990ern errichtete postmoderne Lückenbau nimmt mit seinem Eckturm durchaus Bezug auf das historische Vorbild. Trotz der modernen Architektur lässt sich die historische städtebauliche Situation heute nach dem Verschwinden der zahlreichen Bombenlücken wieder sehr gut nachvollziehen.




    Der 1921 aufgestellte Pferdebrunnen auf dem namenlosen, aber sehr hübschen Platz zwischen Bautzner Straße und Holzhofgasse. Er erinnert an die Strapazen, die die Zugtiere der damals noch häufigen Fuhrwerke bei der Erklimmung des Hirschberges auf sich nehmen mussten.




    Aus dem „Goldenen Löwen“ blicken wir zurück zum Albertplatz, wo sich markant die Rückfront des Albert-Theaters mit seinem mächtigen Bühnenhaus ins Bild schiebt. Eine beiwagenlose „9“ strebt stadteinwärts.




    Ähnliche Perspektive von ebener Erde heute. Schmerzlich wird das Fehlen des markanten Theaterbaus als städtebaulicher Fixpunkt deutlich.




    Wir springen eine Haltestelle weiter zur Diakonissenanstalt. Eine unschöne Baulücke klafft noch immer im Zwickel zwischen Bautzner und Prießnitzstraße, da, wo dereinst die „Hohen Haine“ von Friedensreich Hundertwasser entstehen sollten, deren bauliche Umsetzung durch das Ableben des Künstlers leider verhindert wurde. Dafür sieht man den Turm der Martin-Luther-Kirche umso besser.




    Vergleichsbild. Man kann den Kirchturm erahnen. Die straßenständigen Gebäude der Diakonissenanstalt links sind verschwunden.




    Diakonissenkrankenhaus – straßenseitige Mauer mit landwärtiger Haltestelle. Diese hieß dereinst „Forststraße“ und war Trennungspunkt der Linien zum Waldschlößchen (Linien 9 und 11) und zur Grenadierkaserne (Linie 16).




    Ab 1922 wurde schließlich die 9 zur Grenadierkaserne geführt, wo sie bis zum 13. Februar 1945 verblieb. Der Waldschlößchen-Ast wurde ab 1925 durch die neu eingeführte „13“ verstärkt. Fahrpläne der Linie 9 von 1929.





    Sprung zum Waldschlößchen. Ursprünglich befanden sich die Gleisanlagen auf der Nordfahrbahn des Rondells unterhalb der Stützmauer. Stadtplanauszug von 1911.




    Eines der bekanntesten Vorkriegsmotive des 1836 als Brauerei eröffneten „Waldschlößchens“. Wir blicken über das Rondell auf den Straßenbahn-Endpunkt. Die Liniennummern sind nicht auszumachen, doch bei dem bergwärts erkennbaren Beiwagen-Zug könnte es sich um eine „11“ handeln.




    Vergleichsbild mit der heutigen Haltestellenanlage.




    Aktuelles Rollmaterial der „11“ mit Werbung für einen örtlichen Getränkehersteller, dessen wichtigstes Produkt auch (noch) die Brust der Fußballprofis der SG Dynamo ziert.




    Der Ausbau der Bautzner Landstraße in den dreißiger Jahren brachte auch für die Straßenbahn zahlreiche Verbesserungen. Die Gleise am Waldschlößchen wurden in Mittellage gebracht und eine Haltestelle auf eigenem Bahnkörper angelegt, die noch immer existiert, aber nun auch von Bussen befahren werden kann. Man beachte das elegante Warte- und Trafohäuschen links und natürlich den schnittigen „Großen Hecht“ auf Talfahrt. Das Bild stammt höchstwahrscheinlich aus dem DVB-Archiv (genaue Quelle ist mir entfallen).




    Zwei Blicke auf den ehemaligen Gleisbereich unterhalb des Waldschlößchens.





    Genau dort steht der „Bühlauer Wäschewagen“, eine Spezialität der Steilstrecke. Er ersparte den Waschfrauen aus der proletarischen Antonstadt ab 1900 den beschwerlichen Anstieg den Hirschberg hinauf, wenn sie die Wäsche der reichen Familien auf dem „Hirsch“ abholten bzw. nach vollbrachter Arbeit zurückbrachten. (DVB-Archiv)




    Was wäre das Waldschlößchen ohne den entsprechenden Blick auf die Stadt? Damals störte noch keine umstrittene Elbquerung die Idylle, und die Hochhäuser der Johannstadt verstellten noch nicht den Blick auf die Altstadt…




    Wir verabschieden uns zunächst vom Waldschlößchen, und dies mit dem Auszug aus dem „Verzeichnis der Straßenbahnlinien“ von 1909. Ein Vergleich der Haltestellenlagen und –namen mit späteren Zustanden empfiehlt sich…


    Napoléon Bonaparte et la Bataille de Dresde


    Die unglückliche Hand der sächsischen Souveräne bei der Wahl ihrer jeweiligen Bündnispartner mag heute Stoff für mannigfaltige Legendenbildungen bieten. Ein besonders bitteres Kapitel in diesem Zusammenhang aber war Sachsens erzwungener Beitritt zum Rheinbund nach dem Frieden von Posen am 11. Dezember 1806. Zwar stieg Kurfürst Friedrich August III. nunmehr zum „Geenich“ gleichen Namens (und geänderter Nummerierung) auf, doch die Niederlage Napoleons bedeutete für den ehemaligen Vasallen des Empereur die wohl schlimmste Demütigung seiner Geschichte. Wäre es nach den Preußen gegangen, wäre Sachsen im Wiener Kongress gänzlich von der Landkarte getilgt worden. Nur der Intervention der Engländer und Österreicher ist es zu verdanken, dass sich der nördliche Nachbar nicht vollständig durchsetzen konnte. Immerhin aber verleibten sich die Preußen mehr als die Hälfte des sächsischen Territoriums (und ein reichliches Drittel der hiesigen Bevölkerung) ein und Sachsen verkam zu einem unbedeutenden Territorialstaat im Schatten der ungeliebten Großmacht nebenan. Trotzdem wurde König Friedrich August der I., der „Gerechte“, nach seiner Rückkehr aus der preußischen Gefangenschaft von seinen Landeskindern frenetisch begrüßt. Sein 1843 von Ernst Rietschel ursprünglich für den Zwingerhof geschaffenes Denkmal ziert seit 2008 den Schloßplatz, nachdem es Jahrzehnte ein eher abseitiges dasein in der Nähe des Japanischen Palais geführt hatte…




    Jene für Sachsen eher unvorteilhaften Ereignisse haben bis zum heutigen Tage ihre Spuren hinterlassen: Die preußisch geprägte, herabwürdigende, überhebliche und arrogante Sicht auf Sachsen ist in der Darstellung vieler sich so liberal und weltoffen gebenden Leitmedien, die, oh Wunder, in aller Regel in ehemals preußischen Landesteilen angesiedelt sind, bekanntlich noch heute guter Ton.

    Aber wir schweifen ab. Fünf Mal weilte der Empereur zwischen 1807 und 1813 in der Residenz des sächsischen Verbündeten. Hier begann er 1812 seinen desaströsen Russland-Feldzug, hier machte er am 14. Dezember 1812 im Geheimen auf seiner Rückkehr (böse Zungen nennen es auch „Flucht“) nach Paris Station, nachdem auch Abertausende sächsischer Landeskinder in den winterlichen russischen Weiten einen fürchterlichen Tod erlitten hatten, hier traf er sich am 28. Juni 1813 mit dem Fürsten von Metternich zu letzten vergeblichen Bündnisverhandlungen, und hier sammelte er kurz darauf seine Truppen (und die seiner Verbündeten) zu einer letzten siegreichen Schlacht gegen die Alliierten, welche im Schatten der totalen Niederlage von Leipzig nur wenige Wochen später in der allgemeinen Geschichtsschreibung kaum Resonanz findet. Dennoch waren die Folgen sowohl für die Soldaten aller Beteiligten als auch die Bevölkerung des Dresdner Raumes selbst dermaßen verheerend, dass zumindest in der lokalen Erinnerung noch heute der Ereignisse gedacht wird. Begeben wir uns also auf Spurensuche…




    Wir beginnen unseren Rundgang in Dorfkern von Kaitz. Das seit 1921 zur Stadt Dresden gehörende Dörfchen war von den Kampfhandlungen, die sich in erster Linie auf den Dresdner Südhöhen abspielten, besonders in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Franzosen hinterließen hier wie auch in den Nachbarorten verbrannte Erde. Daran erinnert der Eintrag auf dem Kaitzer Gedenkstein.





    Auf dem noch heute als „Tränenwiese“ bekannten Ufer des Kaitzbaches wurden während der Schlacht hunderte von Soldaten notdürftig versorgt. Zum 200-jährigen Jubiläum der Schlacht wurden 2013 ein Denkmal und eine Schrifttafel eingeweiht. Auf den Innenseiten des Obelisken finden sich die Namen der drei Alliierten, Preußen, Österreich und Russland. Sicher kam die Inspiration hierzu vom Moreau-Denkmal…





    Die „Tränenwiese“ entlang des Kaitzbachs, dem wir bis Mockritz folgen.





    In Altmockritz befindet sich ein weiterer Gedenkstein, der an die baschkirischen Reiter im russischen Heer erinnert. Entsprechend dreisprachig zeigt sich die Inschrift: deutsch, russisch, baschkirisch.





    Mockritz und Kleinpestitz gehen unmittelbar ineinander über. Beide Dörfer teilten das Schicksal Kaitz‘ in der Schlacht bei Dresden.




    Die „Moreauschänke“ befand sich in einem der nach den Verwüstungen 1813 schnell wiederaufgebauten Gehöfte. Der Name der ehemaligen Schankwirtschaft und die Jahreszahl auf dem Schlussstein erinnern daran.






    Altpestitz. Im Palitzsch’en Gehöft rechts wurde der schwer verwundete General Jean-Victor Moreau am 27. August 1813 erstversorgt.





    Von der Bismarcksäule schweift der Blick über das ehemalige Schlachtfeld, das sich von den Kesselsdorfer Höhen im Westen bis nach Leuben und Prohlis im Osten erstreckte. Trotz der mittlerweile fortgeschrittenen Bebauung kann man noch erahnen, dass sich die seicht zur Stadt abfallenden Hänge als Schauplatz einer militärischen Auseinandersetzung förmlich anboten.





    Wie auf dem Servierteller lag im Tale die Stadt. In Bildmitte das Moreau-Denkmal, unsere nächste Station. Wir sind mittlerweile in Räcknitz.





    Schon ein Jahr nach der Schlacht wurde dem in russischen Diensten kämpfenden General Moreau auf Befehl des russischen Generalgouverneurs, des Fürsten Repnin-Wolkonski, an der Stelle seiner tödlichen Verwundung ein von G. F. Thormeyer entworfenes Denkmal errichtet, unter dem die amputierten Beine des Generals begraben liegen. Damals lag es noch einsam und weit vor der Stadt.




    Die auf dem vorherigen Bild noch recht kleinen drei Eichen, die die Alliierten symbolisieren, sind inzwischen mächtig geschossen und scheinen das kleine Denkmal fast zu erdrücken. Die Balustrade ist eine spätere Zutat.






    Moreau-Denkmal und Bismarckturm.




    Unweit befindet sich an der Kreuzung Räcknitzhöhe/Bergstraße ein weiterer, sehr ergreifender Gedenkort. Oberhalb des ehemaligen Gasthofs Elysium beschreibt eine Sandsteinstele die furchtbaren Auswirkungen des Krieges auf die einheimische Bevölkerung.





    Seit 2016 existiert mit dem „Poesiepark“ auf den Floßhofterrassen in Löbtau ein weiterer Gedenkort, der unmittelbar auf Napoleon und die Schlacht bei Dresden Bezug nimmt.






    Sprung in die Friedrichstadt. Im Palais Marcolini nahm der Empereur von Juni bis August 1813 Domizil.






    Im Gartensaal des Palais, der heute als Patientenempfang dient, wurde eine Erinnerungsecke eingerichtet. In den Räumlichkeiten traf sich der Empereur mit dem östrerreichischen Kanzler Metternich. Dabei, so die Legende, war ihm wieder einmal sein ausuferndes Temperament im Wege: Während der Unterredung warf Napoleon wutentbrannt seinen berühmten Hut zu Boden. Die diplomatische Etikette hätte erfordert, dass Metternich diesen hätte aufheben sollen. Der unterkühlte Fürst unterließ dies aber mit Kalkül, was einer Kriegserklärung gleichkam – es war das Ende für Napoleons Hoffnungen, die Österreicher auf seine Seite zu ziehen. Stattdessen schlossen sich diese den Russen und den Preußen an…





    Gartenseite des Palais.




    Der wohl bekannteste Gedenkort an Bonaparte befindet sich aber neben der katholischen Hofkirche auf dem Schlossplatz. Angeblich soll Napoleon von hier aus die Schlacht bei Dresden befehligt haben. Viel einleuchtender ist aber die Erklärung, dass der kleine Herrscher mit dem übergroßen Ego hier seine letzte Militärparade vor dem Aufbruch in die russischen Weiten abgenommen hat. So glorrreich der Auszug aus der sächsischen Residenz, so schmachvoll seine nächtliche Rückkehr wenige Monate später. Wie Hohn klingen da die letzten Zeilen des Refrains der Marseillaise:


    Marchons, marchons!
    Qu'un sang impur
    Abreuve nos sillons! . . .



    Die Dresdner Weichbildgrenze - Teil II

    In Teil Nummer Zwo klappern wir den südlichen Abschnitt der Weichbildlinie ab und begeben uns von Strehlen über Räcknitz bis hin zur Stadtgrenze zu Plauen. Die Linie verlief vom Großen Garten geradlinig nach Strehlen, wo sie südlich der Christuskirche nach Osten verschwenkte. Ab der Caspar-David-Friedrich-Straße entsprach sie dem Zelleschen Weg.




    Weichbildgrenze an der Elsa-Brandström-Straße, Blick zur Christuskirche.




    Elsa-Brandström-Straße/Ecke Schindergässchen. Tief verbuddelt zeigt sich der Stein Nummer 34 an seinem Originalstandort. Hier knickte die Grenze in westliche Richtung ab.





    Das sehr schmale und sehr unscheinbare Schindergässchen folgt der alten Stadtgrenze.




    Dohnaer Straße 23/Ecke Schindergäßchen. Im Garten finden wir den Stein Nummer 35. Das Vorhandensein zweier fortlaufender Exemplare hat absoluten Seltenheitswert.




    Das Originalfragment des Steines wurde 1992 entnommen, vervollständigt und ziert seitdem wieder den alten Standort. Die Jahreszahl 1543 ist zu erahnen, es handelt sich also wohl um das älteste noch vorhandene Exemplar auf Altstädter Seite.




    Dohnaer Straße/An der Christuskirche. Der größte Teil des Dorfes Strehlen lag innerhalb des Weichbildes und somit unter städtischer Ägide. In etwa an dieser Stelle befand sich Stein N° 36, den man heute vergeblich sucht. Schnurgerade führte die Grenze ab hier zur heutigen Kreuzung Teplitzer/Caspar-David-Friedrich-Straße mit dem ebenfalls abgängigen Stein N° 37.




    Besagte Kreuzung (Sommerbild aus dem eigenen Fundus). Bis in Höhe der Heinrich-Greif-Straße entspricht die Weichbildgrenze dem Zelleschen Weg, der als Teil des uralten Verbindungsweges vom Kloster Altenzella zu deren Besitzungen in Leubnitz bereits Jahrhunderte vor der Grenzziehung vorhanden war.




    Bei Zschertnitz und Räcknitz wurde es knifflig. Zunächst führte die Grenze nun nach Süden, um die Ländereien des Stadtgutes Räcknitz zu umschließen, anschließend parallel der Kohlenstraße bis fast nach Coschütz, dann kehrte sie wieder nach Räcknitz zum Stadtgut zurück.




    Blick vom Bismarckturm auf das Moreaudenkmal, Räcknitz und die Stadt.




    Man könnte den Bismarckturm fast als überdimensionierten Weichbildstein betrachten, denn hier vollzog die Grenze einen 90-Grad-Winkel.




    Sie folgte nun der Ludwig-Renn-Allee bis zur Südhöhe.




    Nur noch kümmerliche Reste zeugen vom Stein 47 an der Südhöhe (1729).




    Wir folgen der Grenze entlang der Südhöhe und der Kohlenstraße. An der Ecke zum Höckendorfer Weg stößt man auf den Stein Nummer 50 (1729). Der ursprüngliche Stanort befand sich weiter westlich am Langen Rain, Höhe Döbraer Straße. Das gute Stück hat eine sehr bewegte jüngere Geschichte: Bis 1990 stand es am Originalstandort, wurde dann ausgebaut und brach dabei auseinander. Der Stein wurde saniert und zum Wiedereinbau bereitgelegt, dann aber verschwand er spurlos und ist in der Literatur als seit 1993 verschollen angegeben. Offenbar hat er sich aber wieder eingefunden.





    Rückseite mit der Jahreszahl.




    Die Grenze verlief nun in nördlicher und östlicher Richtung und umschloss die Fluren des Stadtguts Räcknitz. An der Nöthnitzer Straße/Bergstraße steht fast am Originalstandort Stein N° 55 von 1679, zweite Jahreszahl 1729.





    Im Zickzack durchquerte die Stadtgrenze das Dörfchen Räcknitz, um die eigenständige Dorfgemeinde vom Stadtgut abzugrenzen. Von den hier zahlreichen Weichbildsteinen hat sich nur die Nummer 61 gegenüber der Stadtgutstraße 33 erhalten.




    Die Nahaufnahme zeigt den nachträglich in das Wappen getriebenen Höhenbolzen. Wappen und Inschrift (Jahreszahl 1729) zeigen sich stark verwittert.




    Es geht wieder hinunter zum Zelleschen Weg. In der Nähe des Fritz-Foerster-Platzes wurde 1994 der Stein 63 wieder aufgestellt. Nach der Wappenform zu urteilen zählt er zu den ältesten Steinen überhaupt, leider ist die Jahreszahl über dem beschädigten Wappen nicht mehr erkennbar.





    Erst hinter dem Münchner Platz sind wieder Weichbildsteine zu finden. Im Eckverbau der Kreuzung Bamberger/Kaitzer Straße ist der eingemauerte Stein 72 zu sehen, leider von Vandalen beschmiert.




    Nahaufnahme. Das Wappen ist kaum noch erkennbar, dafür aber die laufende Nummer und die Jahreszahl 1729.




    Unweit stoßen wir auf im Grundstück Hohe Straße 40 auf den erst 1995 wiederentdeckten Stein Nummer 74 direkt an der südlichen Grundstücksgrenze.




    Nahaufnahme mit Jahreszahl 1679, der laufenden Nummer 74, auf der nicht zu fotografierenden Rückseite befindet sich die Jahreszahl 1729.




    Letzter noch vorhandener Stein im Uhrzeigersinn ist die Nummer 73 an der Chemnitzer Straße neben der Südostecke des Alten Annenfriedhofs. Da Stein 74 am Originalstandort befindlich ist, handelt es sich wohl um eine Versetzung in Position des nicht mehr vorhandenen Steins Nummer 75. Die 73 stand einst in unmittelbarer Nähe der 74 an der Hohen Straße und musste wohl deren Ausbau weichen.




    Die Vorderseite zeigt wie üblich das Stadtwappen, die laufende Nummer und die Jahreszahl 1679.




    Rückseite mit Nummer 73 und Jahreszahl 1729. Auch Stein 73 befand sich ab 1911 im Stadtmuseum und wurde 1993 neu aufgestellt.




    Ab hier folgte die Weichbildlinie weitgehend dem alten Verlauf der Weißeritz bis in die Friedrichstadt. Ich hoffe, Euch mit diesem Exkurs in die Historie der Dresdner Stadtgrenzen ein weitgehend unbekanntes Kapitel lebendiger Stadtgeschichte nahe gebracht zu haben. Einen schönen Sonntag noch!

    Die Dresdner Weichbildgrenze - Teil I


    Weichbildgrenze in Altendresden. Die vorhandenen Steine sind durchnummeriert, wobei sich diese Kategorisierung durch Neusetzungen im Laufe der Zeit veränderte. Der noch vorhandene Stein N° 13 ist auf dem Plan als Nummer 15 eingezeichnet, da an den Scheunenhöfen nachträglich zwei Steine eingefügt wurden.


    Das Altendresdner Weichbild wurde ab 1550 festgelegt. Dabei begann man in Neudorf, das exakt von Pieschen abgegrenzt und somit in das städtische Territorium einbezogen wurde. Der anschließende, recht geradlinige Grenzverlauf über dünigen Heidesand war eher formaler Bedeutung und wurde in regelmäßigen Abständen durch Weichbildsteine markiert. Dabei wurde der uralte Bischofsweg bewusst außerhalb des städtischen Territoriums belassen, so dass sich die Grenze diagonal durch den späteren Anbau auf dem Sande zog. Spätestens bei dessen Bebauung Ende des 18. Jahrhunderts war die alte Stadtgrenze hier de facto obsolet geworden.


    Nur noch ein originaler Weichbildstein hat auf Altendresdner Seite überlebt. Er befindet sich seit 1993 vor der Post an der Königsbrücker Straße, der ursprüngliche Standort lag im Bereich des Gaswerkes an der Lößnitzstraße.




    Nahansicht. Der Stein trug ursprünglich die Nummer 13, auf der Vorderseite ist die originale Nummer mit der Jahreszahl 1550 vermerkt.




    Zwar ist von den Altendresdner Steinen mutmaßlich nur noch einer übriggeblieben, dafür aber gibt es diesen dreimal! Eine Kopie wurde 1993 zeitgleich mit der Versetzung des Originals an dessen vorherigem Standort im Zwickel Großenhainer/Hansastraße aufgestellt, deutlich näher der ursprünglichen Position als die Lage vor der Post.



    Eine weitere Kopie ist ebenfalls seit 1993 am Dr.-Külz-Ring vor dem Rathaus zu bewundern.




    Nahaufnahme der Vorderseite.




    Die Rückseite mit den oben erwähnten Inschriften.





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    Begeben wir uns auf die Altstädter Elbseite. Hier wurden die Steine ab dem Elbufer gegenüber der Saloppe im Uhrzeigersinn durchnummeriert und die Weichbildgrenze vollzog einen weiten Bogen rund um die Stadt. Der letzte Stein mit der Nummer 82 befand sich am Weißeritzufer in Höhe der Friedrichsbrücke, heute die Kreuzung Friedrichstraße/Weißeritzstraße. Die folgende Grafik zeigt sowohl den östlichen wie den westlichen Verlauf. Auf eine Darstellung der einzelnen Weichbildsteine wurde hier aus Übersichtlichkeitsgründen verzichtet, eingezeichnet sind nur die heute noch vorhandenen Exemplare.




    Noch heute ist die Grenze zwischen der Johannstadt und Blasewitz identisch mit der Weichbildgrenze. Der Blick geht zum Elbufer, wo sich früher der Stein Nummer 1 befand. Die Nummer 2 sehen wir leicht versetzt vom alten Standort im Gras…




    Weichbildstein Nummer 2 mit den Loschwitzer Elbschlössern und in Nahaufnahme. Er trägt die Jahreszahl 1729, kam 1911 ins Stadtmuseum und wurde erst 1993 wieder aufgestellt.





    Im weiteren Verlauf südwärts folgt die Schubertstraße der alten Stadtgrenze. An der Kreuzung Goetheallee/Schubertstraße. Neben den Schaltkästen erspähen wir im Eckverbau…




    …den Weichbildstein Nummer 4 (ebenfalls 1729). Das Wappen zeigt sich stark verwittert. Das Exemplar befindet sich etwa 100 Meter nördlich seines Ursprungsstandortes.




    Städtisches Stillleben mit Schaltkästen und Weichbildstein N° 4. Es wird Zeit, dass der optischen Umweltverschmutzung in Form grobschlächtiger technischer Anlagen Einhalt geboten wird.




    Wir folgen der Schubertstraße in Richtung Königsheimplatz. Der Europabrunnen befindet sich direkt auf der Stadtgrenze.




    Südlich des Platzes, hinter dem Studentenwohnheim werden wir wieder fündig. Stein Nummer 7 wurde ebenfalls 1993 nahe der Kreuzung Löscherstraße/Teutoburgstraße wieder aufgestellt. Er trägt die Jahreszahl 1729, Wappen und Inschrift sind stark verwittert.





    Beim benachbarten Weichbildstein Nummer 9 (1550/1729) handelt es sich allerhöchstwahrscheinlich um das zweite noch original vorhandene Altendresdner Exemplar, ehemals nahe der Liststraße aufgestellt. Darauf weist die Jahreszahl 1550 hin, denn in jenem Jahr begann man zunächst im gearde einverleibten Altendresden mit der Neufestlegung der Weichbildgrenze. Auch dieser Stein befand sich seit 1911 im Stadtmuseum und wurde 1993 an der Wohnheimzufahrt an der Blasewitzer Straße neu aufgerichtet.





    Die Stadtgrenze folgte nun ein Stück der Blasewitzer und dann in südlicher Richtung einer Linie Huttenstraße – Krenkelstraße – Stresemannplatz –Heubnerstraße –Müller-Berset-Straße bis zum Großen Garten. Keinerlei Weichbildsteine haben hier überlebt, führte die Grenze doch mitten durch die Grundstücke. An der Huttenstraße.




    Krenkelstraße mit Turm der Herz-Jesu-Kirche.




    Ehemalige Stadtgrenze an der Kreuzung Krenkelstraße/Borsbergstraße. Wir blicken nach Striesen hinein.




    Weichbildgrenze, Krenkelstraße vom Stresemannplatz nordwärts geblickt.




    Nordseite des Stresemannplatzes. Hier folgte die Grenze der Nord- und Ostseite des Platzes und war mit zwei Steinen markiert.




    Blick in die Heubnerstraße. Direkt durch die Villengrundstücke zickzackte die alte Stadtgrenze, die kurz darauf auf den Großen Garten trifft.





    Noch immer markiert hier die Grunaer Flurgrenze die alte Weichbildlinie. Statt des Schildes traf der Reisende hier auf den Stein Nummer 26. Der Große Garten nahm auf die Stadtgrenze keine Rücksicht, denn er wurde direkt über diese hinweg angelegt.




    Standort des Steins Nummer 27 in der Nordostecke des Großen Gartens.




    Partie entlang der Weichbildlinie, die hier durch den östlichen Großen Garten führt. Herkulesstatuen an der gleichnamigen Allee.




    Hauptallee, Osttor an der Pikardie.




    Nach dem Überqueren der Hauptallee muss man sich ins Buschwerk schlagen, um den letzten von ehemals fünf Steinen im Großen Garten aufzusuchen. Hinter der Pikardie wird man fündig.




    Stein Nummer 23/2 ist auf 1679 datiert. Er ist der letzte aus einer Gruppe von ehemals drei Steinen, die beiderseitig und entlang der Hauptallee die Stadtgrenze markierten.