Beiträge von gralsritter

    AN timmi

    Bei näherer Betrachtung läßt sich Ihr Vergleich mit einem Gebäude von Sullivan leider nicht aufrecht erhalten. Mußmaßlich denken Sie an das Prudential Building in Buffalo, NY. Die Ähnlichkeit zu einer aufgestockten Bauakademie läge allerdings einzig in der Stereometrie und der Materialwahl. Sullivans Baumassen- und Fassedengliederung ist eine grundsätzlich andere. Gleiches gilt für die Ausformung des bauplastischen Schmucks.


    Aber derartige Betrachtungen sind müßig. Hier soll nichts aus Übersee importiert werden. Dem Verfasser dieses Gegenentwurfs ging es m.E. nur um Provokation und darum, das alte Gebäude lächerlich zu machen. Es ist kein ernst gemeinter Beitrag.


    P.S.: Spaßgesellschaftliche Begriffsstutzigkeit und Kulturbolschewismus waren disjunktiv gesetzt. Entweder das Eine oder das Andere. Der Begriff Kulturbolschewismus wurde dem kleinen irren Österreicher inzwischen erfolgreich entrissen, indem er vom bürgerlichen Lager über Jahrzehnte im Sinne von Kulturverfall verwendet wurde. Aber wenn Sie mögen, nennen wir es doch Kulturochlokratie. Inzwischen ist es ja kein gelenktes Phänomen mehr, sondern entspringt einer unbewußten, originären Kulturlosigkeit.

    Etikettenschwindel...

    Dieses Argument ist ja nun wirklich genauso alt, wie es langweilig ist. Das posaunten doch schon (damals) junge Architekten, als im gerade wiedervereinten Berlin noch kein Stein auf den anderen gelegt war. Ob es um die "kritische Rekonstruktion" ging, um die Wiederherstellung alter Straßenfluchten, um die Rekonstruktion der Kommandantur, des Stadtschlosses, alter Platzanlagen, Wiederaufstellung alter Denkmale... die Liste ist lang. Und jedesmal hat der Erfolg des jeweiligen Projekts die Krakeler eines besseren belehrt - oder hätte, wenn entsprechende Protagonisten denn hingeschaut hätten.


    Und nun kommt wieder eine junge Generation von Architekten aus den Hochschulen geschwappt und versucht sich mit derartigen vermeintlichen Provokationen ins Gespräch zu bringen.


    Es wird sich kaum etwas daran geändert haben, daß Architekturstudenten keinerlei Verständnis und erst recht kein Respekt für die Leistungen und die Bedeutung ihrer Vorgänger beigebracht wird. So sind entsprechende architekturpolitische Äußerungen bestenfalls als spaßgesellschaftliche Begriffsstutzigkeit zu sehen - schlimmstenfalls als purer Kulturbolschewismus.


    Die praktische Machbarkeit einer Rekonstruktion wurde in den letzten Jahren wieder und wieder unter Beweis gestellt. Die moralische Machbarkeit haben Alberti und sogar Dehio furios dargelegt.


    Leider scheinen eben jene jungen... unbekannten... Architekten keinerlei Verständnis für die Bedeutung gerade eines Hauses wieder des der Bauakademie zu haben. Gerade diesen Bau qua eigener mediokrer Entwürfe zu ironisieren, müßte einem gebildeten Architekten wirklich gegen die Berufsehre gehen.


    Die Bauakademie mit ihrer seriellen Fassade kann man mit einigem Recht als einen Prototyp modernen Bauens in Berlin verstehen. Zu seiner Zeit, war das Akademiegebäude geradezu avantgardistisch; war etwas wie der Grundstein moderner Architektur in Preußen.


    Geschichte ist kein Abenteuerspielplatz!

    Widrigkeiten der Postmoderne.

    Und hier sehen wir ein schönes Beispiel für die Unzulänglichkeit zeitgenössischen Garten- und Landschaftsbaus. Die Analogie zur ähnlich billigen, aber ebenso heischenden Architektur und deren Hang zur Selbstdemontage binnen einer Dekade muß sich aufdrängen.

    Auch wenn man's inzwischen weiß, ist es immer wieder erschütternd zu sehen, was nach dem Krieg noch alles vorhanden war und aus reiner kulturbolschwistischer bzw. scharounesker Borniertheit vernichtet wurde.

    Mark Twain beschreibt, daß Berlin einer ständigen Evolution unterliegt. Eine Revolution, wie der großflächige Stadtabriß durch die sog. DDR ist hiermit nicht gemeint. Und wenn eben dieser ständige Wandel so typisch ist für Berlin, dann kann man mit Twains Hilfe auch besagtes Gebiet nicht vor einer erneuten Umgestaltung bewahren. Entweder "hü" oder "hott"...


    Im Übrigen bitte ich, einmal einen alten Stadtplan zu betrachten. "Kleine verwinkelte mittelalterliche Gässchen" sucht man hier vergebens (sowohl zur Zeit Mark Twains, als auch zu jener Zeit, mit der er den Vergleich zieht - vllt 1850). Besagte Viertel waren in beiden Epochen durch regelmäßige Ausfallstaßen und konzentrische (Halb)Ringstraßen sehr gleichmäßig und sinnvoll gegleidert. Rekonstruierte man dies in groben Zügen, würde sich der Verkehr sehr sinnvoll über das Gebiet verteilen und eine zeitgemäße, verdichtete Bebauung würde sich sehr gut in eben dieses Muster fügen.

    Backstein,


    wiewohl ich Ihnen zustimme, muß ich korrigieren: Dies war ursprünglich kein Dreistöcker. Vielmehr sind hier offenbar die oberen Geschosse im Krieg zerstört worden und wurden später einfach abgetragen. Man kann dies an den Proportionen und an der Façadengliederung erkennen. Der Erker endet sehr unvermittelt und oberhalb der Balkoneintiefung sieht man noch die Bodenplatte des ursprünglich darüber folgenden Balkons im 3. OG.

    Backstein,


    weil die "Platzfläche" aus Wasser bestehen wird, schrieb ich ja auch "Quasi-Platz". Doch, wiewohl man ihn nicht begehen kann, wird er durch die klar definierten Kanten eine gewissen Platzcharakter haben.


    Ich weiß zugegebenermaßen auch nicht, wie weit das Dach tatsächlich verlängert werden soll, aber der begehbare Teil reicht, wie Sie auf diesem Bild sehen können, bis fast zur Mitte des Zuflußkanals und damit auch das Hafenbeckens. Das sieht sogar aus, als wären es weniger als 30m.


    Über fehlende 10% bis zur tatsächlichen Mitte mag ich mich nicht streiten. Sie können gerne meinen ersten Beitrag als entsprechend korrigiert fingieren.



    (PD) Wikipedia


    Dieser Plan sagt genau dasselbe:



    (CC) Wikipedia

    Das ist mir bewußt. Habe es als bekannt vorausgesetzt. Ich formuliere so: Was ist hier wirklich Sinn der Sache?


    Es wird ja kein besonders reizvoller, ausgeklügelter Stadtgrundriß wiederhergestellt, sondern einer, der durch viele viele Zufälle so gewachsen war. Da jedoch von seiner vormaligen Bebauung nichts auf uns gekommen ist, mithin also jede Traditionslinie hier beendet ist, könnte man den Grundriß hier durchaus ein wenig optimieren.


    Gibt's nicht auch sowas wie ein Stadtgrundriß-bezogenes Disneyland-Syndrom?

    ich bin von den park kolonnaden auch nicht wirklich überzeugt. der kopfbau z.b. sah erst mit der lichtinstallation nach überhaupt etwas aus. die hinteren bauten sind von der grundidee her nicht schlecht, allerdings zu eintönig und es wurde kein sonderlich schöner backstein gewählt: der erinnert eher an eine grundschule in schwäbisch hall. auch fehlt eine attika oder ein ähnlichen oberer abschluß.

    Ich meine, eine Verlängerung des Daches sollte unterbleiben. Alle Pro-Argumente sind eingängig. Dagegen spricht jedoch nicht nur die notwendige lange Sperrung sondern auch ein ästhetisches Moment:


    Würde das Dach verlängert, reichte es etwa bis zur Hälfte des Humboldthafens. Das allein würde schon etwas ungelenk wirken. Stellt man sich jetzt aber die neue Randbebauung des Hafenbeckens vor, entstünde eine wirklich unschöne städtebauliche Situation mit dem schönen Quasi-Platz, in dessen Mitte eine halbe Bahnhofshalle vordringt.

    Die Gründe für die Straßenführung an der Stelle ist mir übrigens eher rätselhaft. Hätte man die Straße einfach gerade verlägert, wäre nicht nur diese unglückliche Keilform* ausgeblieben. Die gerade Straße wäre auch in einer Linie mit der Lücke zwischen Alt- und Neubau des Außenministeriums gewesen. Damit hätte sich der Straßenzug optisch verlängert und hätte als Attraktiven point-de-vu den Turm des Stadthauses gehabt. (Das hätte Gaertner auch gefallen!)


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    * Unglücklich, weil die Kreuzung zu eng ist, als daß ein keilförmiges Haus wirklich seine Wirkung entfalten könnte.

    Das komisch kaschierte Tor ist mir auch aufgefalln. Aber ich finds einfach nur skurril. Woher die Idee kommt, ist unschwer zu erraten: In der Umgebung finden sich viele zeitgenössisch moderne Bauten, deren monolithischen Look eine Tür oder ein Tor im Auge des Architekten stark beeinträchtigen würde. also wird eben sowas wie eine moderne Tapetentür gebaut: Form subordinates function.

    Nicht nur, sonder auch. Abreißen würde ich natürlich gerne recht umfänglich hier. Aber das darf ich ja (noch) nicht.


    Ich meine, die gesamte Nachkriegsbebauung könnte dran glauben. Hier entsteht wares Vorortflair (vgl. Townhouse-Diskussion): Verschachtelte Betonklöpse, zurückgesetzt (natürlich!) und mit Hochbeeten davor. Hier ist's wirklich gelungen, die verhaßte alte Wilhelm St. zu tilgen.


    Zerstört ist sie schon. Die alten Palais wiederzuerrichten ist illusorisch, nur ihre Baumasse aufzugreifen wäre unzeitgemäß.

    nun auf der autoeinfahrt würde ich auch ästhetisch nicht beharren. im gegenteil: ich finde die freitreppen und zugänge zum souterrain sehr schön.


    eine garage scheint aber heutzutage dringend notwendig. sie nicht zu bauen, wäre schlicht weltfremd. ich meine aber es ist einfach eine frage der ortssatzung und nicht der architektur. man sollte das parken in der einfahrt schlicht untersagen. dafür ist die garage da. schon ist das problem behoben.


    der anlage von freitreppen widerspricht das m.E. gar nicht. da hatte sicher nur wieder jemand bedenken, allzu repräsentative lösungen zuzulassen.




    (CC) Wikipedia

    Da muß ich aber widersprechen. Ich finde gerade die Front zum AA sehr gelungen - zumindest den Teil Richtung Behren St.


    Der Eindruck, den sie kritisieren, ist gerade der gewünschte Charakter, den Townhouses eben haben sollen. Hier zwei Beispiele klassischer Townhouse-Bebauung in Brooklyn Heights:




    beide: (CC) Wikipedia Creative Commons


    "Kollhoff für Arme" sehe ich da gar nicht, sondern vielmehr den Ausdruck der wiedererwachenden Wertschätzung klassischer Architektur bei diversen Bauherren und Architekten.


    Komische, wenig städtische Straßennamen gibts in Mitte ja zur genüge: Hinter dem Gießhaus, Hinter der Kath. Kirche oder Niederlaggasse. Das sollte kein Grund sein, die Architektur zu kritisieren.

    Ich finde den Bau von Siedler gar nicht so schlecht. Er vermittelte gut zwischen dem Palais Borsig und dem Reichskanzlerpalais und sah m.E. nicht wie ein Zwergenhaus aus. Speers Balkon hätte nicht sein müssen. Was der Siedler allerdings sehr schön beweist, ist, daß der Architekturstil, der immer als Nazi-Architektur schubladisiert wird, nämlich der Neoklassizismus¹, einfach ein Stil der Zeit war - an einem Weimarischen Bau. Die Nazi monumentalisierten ihn nur² und setzten ihn geschickt für ihre Zwecke ein.


    Da nun jedoch keines der herrlichen Stadtpalais mehr vorhanden ist, bietet sich für das Gebiet um Wilhelmplatz und -straße auch eine andere Dimensionierung der Neubauten an. Und damit bin ich wieder bei meiner Forderung, in einem Gebiet, das weitgehend seine historische Substanz verloren hat und über breite gerade Straßen verfügt, die Traufhöhe deutlich anzuheben. Hier wäre ein solcher Ort, urbane Dichte mit höheren Traufkanten zu schaffen³. Das heißt jedoch exp.v. nicht, daß auf Façadendetail und eine Materialästhetik jenseits verschraubter Glasplatten verzichtet werden soll. Ganz im Gegenteil.



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    ¹ Neoklassizismus ≠Klassizismus - das wissen sicher die meisten.
    ² Der gleiche Stil in London oder Washington heißt auch nicht Nazi-Architektur.
    ³ Und wer immer mich normalerweise vermeindlich reaktionärer Gründerzeit-Liebhaberei schilt, sieht sich jetzt in dem Dilemma, mich sinnvoll wegen dieser so ganz ungründerzeitlichen Forderung sinnvoll zu kritisieren.

    Typisch,


    das Tagesspiegel-Hochhaus gehört natürlich überhaupt nicht hierher. Wir müssen also sehr aufpassen, nicht völligst zu recht von den Moderatoren streng in die Schranken gewiesen zu werden! Jedoch getraue ich mich jenen kleinen Kommentar hier zu hinterlassen: Der Bau das Tagesspiegels ist tatsächlich ein großartiges Beispiel dafür, wie ein moderner Bau sich wunderbar in sein Umfeld einfügen kann - er bildet sogar ein sehr urbanes Ensemble mit dem Wintergarten-Theater und dem Bürohaus des Tip. Auch die Reklame auf dem Dach ist sehr gelungen.


    Doch nun bitte zurück zum Wilhelmplatz: Der Wettbewerb um die erste Neue Reichskanzlei - also nicht Speers Bau sondern die Erweiterung des alten Palais' wurde ja interessanterweise vom Onkel Wolf Jobst Siedlers gewonnen (von diesem stammt auch das Rathaus Zehlendorf). Der Wilhelmplatz hätte damals also eine wirklich interessante Entwicklung genommen.


    Ein Aufstockung des Kaiserhofs fände ich sehr spannend. Das Hotel hob sich ja ohnehin schon von seiner Umgebung ab und wirkte (obschon nur die üblichen fünf Berliner Stockwerke hoch) sehr monumental. Ich denke, das lag am recht frühen Erbauungsdatum in den 1870ern und vor allem daran, daß die Kollossalordnung das 4. und 5. Obergeschoss zusammenfaßte und damit eine für Berlin ungewöhnliche sehr aufstrebende Anmutung schaffte.


    Dieser Bau ist ein wirklicher Verlußt, jedoch war bei ihm die Kriegszerstörung auch fast komplett. Hier kann man mal der sog. "DDR" keinen Vorwurf machen.