Beiträge von Odysseus

    Ich denke, dass der Hinweis auf praktische Probleme nichts mit Kulturpessimismus zu tun hat. Doch bevor man ein solches Projekt wirklich angeht, sollte man vorher über die möglichen Risiken reden und nicht hinterher, wenn wieder 10 Mio. ausgegeben sind und man nach 3 Monaten zu dem Schluss kommt, dass es doch nicht funktioniert.


    Ich finde die Idee zunächst einmal positiv und gar nicht so abwegig. Doch wenn man genauer drüber nachdenkt, kommen mir ernstere Zweifel, ob fern der schönen Visus eine praktische Umsetzung überhaupt möglich und wünschenswert ist.


    Erstens stellt sich die Frage, ob man das kulturelle und ehemals auch religiöse Zentrum der Hauptstadt zu einer Eventlocation machen soll mit all den daran hängenden Risiken. Man stelle sich vor in Frankreich käme jemand auf die Idee sowas an der Ile de Notre Dame zu machen. Es würde vermutlich einen Aufschrei geben wie man das Herz von Paris mit einem solchen Vorschlag entwerten würde. Denn ich frage mich schon, was Badegäste mit kulturellen Belangen zu tun haben. Ich habe die Befürchtung, dass wir das kulturelle Zentrum Berlins mit Museumsinsel und Humboldtforum durch eine solche Spaßveranstaltung eher entwerten als aufwerten.


    Neben dieser eher philosophischen Frage nach Sinn oder Unsinn einer solchen Idee treiben mich aber viel eher praktische Erwägungen dazu extrem skeptisch zu sein. Denn es geht ja nicht nur um die Reinigung der Gewässer. Es gibt so viele praktische Fallstricke. Wohin mit Duschen, Toiletten, Schränken und das alles unter Umständen in drei Geschlechterausführungen? Wird das Areal abgesperrt damit man die Anzahl der Badegäste beschränken kann oder ist der Zugang frei? Gibt es einen Bademeister und Sicherheitspersonal die hier für Ordnung sorgen. Wenn man sieht was teilweise in den öffentlichen Bädern los ist, sollte man nicht darauf vertrauen, dass das hier schon von allein gesittet abgeht. Darf mal seine Sonnenliegen mitbringen? Was wenn jemand auf die Idee kommt hier grillen zu wollen? Welches Publikum zieht man hier überhaupt an? Soll es was kosten wenn man hier baden will.


    Meine Sorge ist, dass es am Ende ein Ballermann für Arme wird wo sich ein Publikum einfindet, was man schon am Alex nicht haben will. Man sollte hier wenn überhaupt ein dem Ort und dem Niveau der Umgebung zuträgliches Ambiente schaffen. Ob dies allerdings in Berlin gelingt und ob man diesen immensen Personalaufwand betreiben will, wird sich zeigen. Was aber nicht geht, ist die Tatsache, dass wir hier am Ende eine Ballermann-Atmosphäre direkt in der historischen Mitte haben. Das muss ganz klar sein.

    StadtLandFluss


    zunächst einmal ist es ein gewaltiger Unterschied ob man künstlerisch etwas schafft oder mutwillig etwas zerstört. Man kann an den europäischen Monarchien ja einiges kritisieren, aber letztlich verdanken wir ihnen auch jene künstlerischen Spitzenwerke die heute das architektonische Zentrum jedes europäischen Staates sind. Versailles, die Hofburg, die Münchener Residenz ... die Liste ist endlos. Ein Großteil des Unesco-Welterbes geht auf Herrschaftsarchitektur in den unterschiedlichsten Ausprägungen zurück. Und ja, auch Städte wie Florenz wären ohne die Medici nicht denkbar. Wir neigen nur dazu, gerade in Deutschland, alles, was einmal war, heutigen Moralvorstellungen zu unterwerfen.


    Ich habe es schon mehrfach geschrieben, wir brauchen in Deutschland, bei aller berechtigten Sensibilität aufgrund der exorbitanten Menschheitsverbrechen in der Nazizeit, wieder einen realistischen Umgang mit anderen Teilen unserer Geschichte. Diese grundlegend ablehnende Haltung gegen alles, was vor 1945 war, ist keine gute Haltung für die Entwicklung einer positiven Identität.


    Warum es ein Privileg ist Prunksärge einer Monarchie auszustellen verstehe ich auch nicht.

    Weil eine Demokratie in der Lage ist, eine solche Ausstellung richtig zu deuten. Anders als autokratische Regime, die je nach Zeitgeschmack bestimmte Zeitschichten ausradieren oder in der Versenkung verschwinden lassen, ist es das große Privileg der Demokratie, dass man sich mit verschiedenen Zeitschichten auseinandersetzen kann und diese im öffentlichen Raum präsentieren kann, ohne sie unkritisch im Raum stehen zu lassen. Man kann also die Prunksärge ausstellen ohne sie zu instrumentalisieren oder für irgendetwas zu missbrauchen, sondern sie in den richtigen geschichtlichen Kontext rücken. Das ist ja gerade die Stärke demokratischer Ordnungen, dachte ich zumindest immer.

    Die FAZ (Rainer Schulze) geht heute auf die Kritik, die in "Internetforen" zu lesen sei, ein. Die Farbe der Fassade störe einige, sie sei "zu grell, kitschig" und "stelle das Goethehaus in den Schatten". Es gebe zu wenige Fenster, das Wort "Bunker" falle. Schulze merkt an, dass die Kirtik aus dem "Schutz der Anonymität" heraus geäußert werde und es interessant sei zu sehen, wie sie sich mit Klarnamen äußern würden.

    Da ich mich durch den Autor irgendwie angesprochen fühle, kann ich mir eine kleine Stellungnahme nicht verkneifen. Inhaltlich kann ich mich leider nur zu den hier angemerkten Aspekten äußern, weil ich den Artikel nicht gelesen habe und ihn online auch nicht finde. Trotzdem kann ich sagen, dass ich aber auch mal so gar kein Problem damit hätte, jedes einzelne Detail, was ich hier kritisiert habe, Herr Mäckler oder dem werten Journalisten aus der FAZ genau so zu sagen, einfach weil es meine Meinung ist. Punkt. Ich würde kein einziges Wort ändern wenn ich unter einem Klarnamen schreiben würde, warum auch? Hier hat ja niemand irgendwen beleidigt, sondern nur aus subjektiver Sicht dargestellt, wie er den Neubau empfindet. Dass manche allein dies schon als "Angriff" werten, sagt mehr über den Autor aus als über dieses Forum.


    Anscheinend wurde Herr Mäckler zu dieser Kritik befragt; denn der FAZ-Artikel zitiert ihn: "Das Haus ist noch nicht fer­tig.“, soll er gelassen gesagt haben. Schulze stimmt zu. Eine rei­ne Fas­sa­den­kri­tik "bleibe an der Ober­flä­che".

    Eine reine Fassadenkritik ist keine Kritik an der Oberfläche, sondern es ist das, was die meisten Menschen von diesem Projekt wahrnehmen werden. Wie viele Menschen werden dieses Projekt denn von innen sehen? 5% der Frankfurter, vielleicht 10? Somit ist die Fassade keine Nebensächlichkeit, sondern sie ist das Gesicht des Hauses. Das müssen Architekten und das werte Feuilleton mal verstehen. Da kann die innere Funktion noch so toll organisiert sein, wenn das Ensemble im Stadtraum nicht funktioniert, ist es trotzdem eine Fehlleistung.


    Entschuldigung, aber bloß weil ein paar rote Sandsteine eingebaut wurden und die Farbe „gelb“ in unterschiedlichen Abstufungen Verwendung findet, kann ich noch lange keine Orientierung am Goethehaus erkennen. Der Straßenzug wirkt so, als würde er aus unterschiedlichen Welten stammen.

    Sehr richtig zusammengefasst. Nur weil man ähnlichen Sandstein verwendet und beide Bauten irgendwie Gelb sind, heißt das doch nicht, dass hier eine harmonische Symbiose entsteht. Ich für meinen Teil empfinde dieses gesamte Konstrukt sogar eher als abschreckendes Beispiel dafür, dass man bei modernen Interpretationen besonders vorsichtig sein soll. In Anbetracht des Ergebnisses hätte sogar eine reine Glasfassade dem Goethehaus weniger geschadet als dieser völlig fehlgeschlagene Versuch, eine Pop-Art Variante des Goethehauses auf LSD zu entwerfen.

    Und für Kritik an misslungener Architektur muss ich nicht "Architektur" studiert haben, auch wenn viele Herren Architekten gerne meinen, uns Bürgern jede Meinung absprechen zu können, da wir uns ja angeblich in der Materie nicht auskennen würden, bzw. die "angebliche" Architektur-Sprache nicht verstehen könnten.

    Es ist leider das Totschlagargument jedes Architekten und jedes Autors des Feuilletons. Wenn man inhaltlich ein Projekt nicht mehr schönreden kann, dann ist eben die breite Masse schuld, weil die den Genius dieses Projekts nicht versteht. Diese Attitüde, dass man einfach alle, die ein Projekt kritisieren, als dumm abstempelt, ist eine Eigenschaft, die ich am meisten hasse. Für wen bauen Architekten denn Städte, Museen etc.? Für 0,0001% der akademischen Elite oder für die Menschen, die in diesem Land leben? Aus meiner Sicht ist diese Haltung eine der Ursünden der in weiten Teilen völlig abgehobenen Architekturentwicklung in den letzten Jahrzehnten. Stadtraum ist kein intellektuelles Konstrukt, wozu man vier Uniabschlüsse braucht, um es zu verstehen, sondern es ist der Wohnraum aller Menschen, vom Uniprof bis zum Taxifahrer, vom Journalisten bis zur Krankenschwester. Es ist die Bauaufgabe eines jeden Architekten, für alle eine schöne, lebenswerte und aus sich heraus verständliche Architektur zu schaffen, ohne dass ich drei DIN A4 Seiten als Handout brauche, um das Gebäude zu verstehen. Wer das schafft, ist ein großer Architekt und nicht der, der von irgendwelchen Fachzeitschriften das Wort Stararchitekt verpasst bekommt.

    Ich wollte es ja eigentlich zu Jahresbeginn etwas ruhiger angehen lassen, aber wenn man Beiträge wie den von Minimalist liest, die es bemerkenswerterweise schaffen, so viele Vorurteile in einen Beitrag zu packen, dann fühle ich mich doch herausgefordert.


    1. Ein Wiederaufbau der Denkmalskirche wäre kein Quatsch, sondern eine geschichtliche Wiedergutmachung für einen mutwilligen und staatsideologisch motivierten Abriss eines integralen Bestandteils des Berliner Doms.


    2. Was sind denn wesentliche Aufgaben von Berlin? Die Bewahrung und Pflege des historischen Erbes ist integraler Bestandteil der politischen Aufgabe dieser Stadt. Dem hätte man viel früher nachkommen müssen, bei so vielen Projekten. Und nur weil es überall hakt, heißt es ja nicht, dass man notwendige Sanierungen noch weiter auf die lange Bank schiebt. Bei den Sanierungszeiten in Berlin heißt es eher früher als später anfangen.


    3. Was stellst dir denn für eine Nutzung dieser "Freifläche" hinter dem Dom vor? Einen Rummelplatz? Ne Pommesbude? Punkertreff? Was du hier als "Freifläche" bezeichnest ist der Standort der Denkmalkirche und keine Partylocation, auch wenn das aus der Sicht mancher eher zu Berlin passen würde. Aber etwas Respekt vor der christlichen Religion, die normativ noch immer die Basis unseres Landes bildet, kann man schon aufbringen. Der Dom ist ein Gotteshaus und auch das Areal drumherum sollte man würdevoll behandeln und nicht irgendwelche "Ideenwettbewerbe" dazu veranstalten, wo eh wieder nichts Sinvolles bei rum kommt.


    4. Ich bin mir sicher, dass wenn die Sanierung der Museumsinsel abgeschlossen ist und das Schloss fertig ist, die Denkmalkirche zwangsläufig auf die Tagesordnung kommt, weil anders als beim Schloss sind sämtlliche Bauteile noch vorhanden und liegen irgendwo in einem Berliner Wald. Wenn man diese nicht dort verrotten lassen will, muss man zeitnah handeln, sonst kann man sie irgendwann nicht mehr wiederverwenden. Und als Mahnmal taugt der Berliner Dom und die Denkmalkirche auch nicht, falls da wieder irgendwer drauf kommen sollte. Weder hat Hitler hier gepredigt noch wurde sie im Krieg zerstört, sie wurde einfach auf betreiben der DDR weit nach dem Krieg abgetragen.


    Fazit: Berlin braucht hier keine weitere Freifläche oder Eventlocation, sondern auf absehbare Zeit die vervollständigung des Berliner Dom. Hier geht es weder um eine Hohenzollernverehrung noch eine Verklärung ihrer Regierungszeit, sondern vielmehr eine angemessene Präsentation der Prunksärge, so wie es jede andere europäische Monarchie auch gemacht hat. Es ist ein Stück europäische Zeitgeschichte. Diese in einer würdevollen Art und Weise zu präsentieren ist das große Privileg einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft.

    Ich denke, eine lohnenswerte Diskussion ist auch die Frage, ob Bauten einen Eigentwert an sich haben oder ob Gebäude nur in Koabhängigkeit zu ihrem Erbauer und den damit verbundenen geschichtlichen Kontexten gesehen werden können.


    Gerade bei Bauten wie dem Stadtschloss oder dem Palast der Republik ist dieser Spannungsbogen immer eine präsente Frage. Rekonstruiert man hier ein Schloss oder nur ein Gebäude, das mal ein Schloss war, heute aber nur noch als barocker Zentralbau mit städtebaulicher Bedeutung gesehen werden soll. Ich war immer der Meinung, dass Bauten auch ein Recht auf ihren Selbstwert haben, losgelöst von historischen Kontexten, ich weiß aber auch, dass diese Frage von anderen anders beantwortet wird.


    Ist das Stadtschloss schuldig, weil von hier aus preußische Militäroperationen geplant wurden, ist die Garnisonkirche schuldig, weil Hitler hier an einem Tag diesen Bau als Bühne missbraucht hat? Ist der Palast der Republik antidemokratisch, weil hier unter anderem Beschlüsse gefasst wurden, die zu zahlreichen Mauertoten geführt haben? Kann ein Gebäude überhaupt gut oder böse, ja ein Träger von menschlichen Werten sein?


    Ich weiß, es ist eine sehr philosophische Frage, aber es ist eine wichtige, weil es ein Hauptargument für oder gegen Bauten wie das Stadtschloss ist.

    In Leipzig sind in der Innenstadt ja mittlerweile fast alle Brachen geschlossen bzw. Befinden sich in der Entwicklung. Somit rücken die wenigen noch verbliebenen Problembereiche in den Fokus. Schaut man auf Google Maps fällt da vor allem das Areal zwischen Goerdelerring und Große Fleischegasse auf. Vor dem Krieg stand hier unter anderem die Matthäikirche, die nach dem Krieg abgerissen wurde. Gibt es Pläne für dieses Areal?

    Ich bin kein Frankfurter und daher nicht täglich in der Stadt unterwegs. Daher kann ich bei einen Eindrücken nur auf meine gelegentlichen Besuche zurückgreifen und wie Adama muss ich zugestehen, dass im Bahnhofsviertel noch einiges zu tun ist. Auf der anderen Seite sehe ich aber auch die stetigen Verbesserungen, aber ein solch tiefgreifender Wandel vom einstigen Drogen- und Sexviertel hin zu einem "normalen" Stadtquartier geht eben nicht von jetzt auf gleich, außer man hat autokratische Vollmachten und die Möglichkeit, ganze Bevölkerungsgruppen einfach in die Peripherie abzuschieben. Was ich nach wie vor im Bahnhofviertel schockiert, ist die Tatsache, dass man hier seitens des Staates offen Kriminalität und Drogenhandel duldet.


    Klar, die Leute gibt es und klar ist auch, dass wenn sie nicht im Bahnhofsviertel sind, verschwinden sie ja nicht einfach, sondern sie weichen aus. Aber dass sich ein gewisses Klientel gar keine Mühe mehr gibt, zu verbergen, was es tut, ist partiell einfach nur schockierend. Wobei man sagen muss, dass sich diese Gruppen zumindest bei meinen letzten Besuchen zunehmend von der Kaiserstraße in die weiter entfernten Querstraßen flüchten. Ich bin mir sicher, dass das Bahnhofsviertel in 20 Jahren ein völlig anderes Quartier sein wird als heute, klar ist aber auch, dass sich die Transformation in Etappen vollziehen wird.


    Daher glaube ich, dass sich im Bahnhofsviertel eine umgekehrte Entwicklung zum Broken-Window-Phänomen zeigen wird. Je mehr Häuser instandgesetzt werden umso rascher wird sich der Wandel vollziehen. Ich finde, dass Frankfurt so unglaubliches Glück hat, dass wesentliche Teile dieses ehemals prachtvollen Quartiers heute noch erhalten sind. Gerade der Hbf mit dem Bahnhofsvorplatz kann mit wenigen Mitteln zu einer echten Perle werden und dem Stachus in München Konkurrenz machen. Ich glaube, wenn man die Eigentümer der drei Altbauten am Bahnhofsvorplatz dazu bewegen könnte, die alte Dachlandschaft wiederherzustellen, würde es das gesamte Areal um Meilen nach vorne katapultieren. Und was Leipzig an jeder Ecke kann, wird eine so reiche Stadt wie Frankfurt doch an einer seiner zentralen Plätze hinbekommen.


    Und ich denke, man muss das Bahnhofsviertel auch im Zusammenhang mit dem Schauspielhaus denken. Denn am Schauspielhaus wird sich auch entscheiden, ob man hier eine sinnvolle Gelenkfunktion hinbekommt und einen Anschluss zwischen Altstadt und Bahnhofsviertel schafft. Ich weiß, es gibt auch Befürworter der aktuellen Theateranlage am Willy-Brandt-Platz. Aber ich halte diesen Bau für eine Barriere zwischen den beiden Teilen Frankfurts. Hier einen sinnvollen und schön gestalteten Übergang hin zu bekommen wird eine zentrale Aufgabe bei der Neuordnung dieses Quartiers werden. Hoffen wir, dass es gelingt.

    Zu den Wünschen für Frankfurt kann ich mich Adama in wesentlichen Punkten anschließen. Ich wünsche mir ferner eine zeitnahe Entwicklung des Areals südlich des Römers, das bereits unter dem Titel Altstadt 2.0 in den Medien auftauchte. Hier geht es weniger um Rekonstruktionen von Einzelgebäuden, sondern um eine Weiterentwicklung des Konzepts von modernen Interpretationen frühere Frankfurter Altstadthäuser. Wobei es natürlich schön wäre, wenn wir eine Handvoll Rekos auch hier sehen würden.


    Ansonsten wünsche ich mir eine möglichst schnelle Rückkehr der Türme auf dem Frankfurter Rathaus, allen voran natürlich die des Langen Franz. Ferner steht die Frage im Raum, wie es mit der Paulskirche und dem Demokratiezentrum weiter geht. Da die Messe bei der Sanierung der Paulsirche leider bereits gelesen zu sein scheint, hoffe ich wenigsten, dass man sich für eine Reko des Daches entscheidet und die Alte Börse als Standort für das Demokratiezentrum ernsthaft in Betracht zieht.


    Seit Ewigkeiten wünsche ich mir auch die Wiederherstellung der Dachlandschaft bei den Eckbauten der Kaiserstraße und den weiteren amputierten Gründerzeitbauten am Bahnhofsvorplatz. Hier könnten mit relativ überschaubaren Maßnahmen unglaublich tolle Effekte für das Stadtbild erreicht werden. Dass die Dächer nach wie vor wie Notdächer aussehen, ist über 70 Jahre nach Kriegsende in dieser sich zur Toplage entwicklenden Platzssituation hoffentlich bald hinfällig.


    Am meisten bin ich aber gespannt, wie man sich bei der Sanierung der Oper/ des Schsuspielhauses entscheiden wird. Ich hoffe nach den katastrophalen Kostenexplosionen in Berlin und Köln, dass man sich für eine radikale und innovative Lösung entscheidet. Meine Präferenz ist ganz klar der Neubau der Oper in einem moderen Setting direkt am Main in progressiv moderner Formensprache und gleichzeitig die Rekonstruktion des historischen Schauspielhauses unter Einbeziehung der verbleibenen Fassadenelemente. Ich bete, dass man bei diesem so wegweisenden Projekt für die Stadt die richtige Entscheidung trifft.

    Erst einmal wünsche ich allen Forumsteilnehmern ein frohes neues Jahr. Ich hoffe, alle sind gesund und entspannt im neuen Jahrzehnt angekommen.


    Ich weiß nicht, ob folgendes Bild allen bekannt ist, da es aber hier noch nicht gezeigt wurde, möchte ich auf die "was wäre wenn"-Situation hinweisen, wenn man sich für eine andere Ostfassade beim Stadtschloss entschieden hätte. Und nein, ich meine keine Rekonstruktion der historischen Ostfassade, sondern eine Einbeziehung der Fassade des Palastes der Republik. Im Rahmen des Festivals „30 Jahre Friedliche Revolution – Mauerfall“ wurde die Fassade des Palastes auf die jetzige Ostfassade projiziert und man bekommt einen bemerkenswerten Eindruck, wie eine solche Integration ausgesehen hätte. Ich binde das Foto direkt hier unter Quellenangabe ein, sollte dies nicht erlaubt sein, bitte ich das Foto zu verlinken.


    Link

    Quelle: Förderverein Berliner Schloss : https://berliner-schloss.de/bl…ektion-am-humboldt-forum/


    Geurtlt. Bitte Richtlinien beachten.


    Ich muss sagen, dass ich mit dieser Variante fast besser leben könnte als mit der Stella-Ostfassade. Gerade abends würde die alte Palastfassade mehr her machen, aber noch wichtiger ist aus meiner Sicht, dass es die historische Zeitschicht abbilden würde. Auch wenn Diskussionen jetzt eher symbolischen Wert haben, finde ich es dennoch interessant zu sehen, wie es ausgesehen haben könnte.


    Ferner noch einige Fakten zum Schlossneubau/Humboldtforum zum Jahresbeginn:


    • Der Spendenbestand beträgt im Dezember 2019 mittlerweile 97 Mio. Euro, damit fehlen zum Spendenziel von 105 Mio. Euro noch 8 Millionen, das sollte bis Jahresende zu schaffen sein. Es sei auch angemerkt, dass die anfangs zugesagten 80 Mio. für die barocken Außenfassaden und den Schlüterhof bereits seit einiger Zeit eingenommen sind und aktuell nur noch für die baulichen Optionen gesammelt wird.
    • Die Baukosten werden nach jetzigem Stand 7 % über den Planungen liegen, verantwortlich hierfür sind nicht die historischen Fassaden, sondern Probleme bei der komplexen Technik und der damit verbundenen verzögerten Eröffnung des Humboldtforums. Man muss sich mal vorstellen, dass beim Humboldtforum 40% der Gesamtkosten des Baus auf Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik, sowie Sicherheitstechnik entfallen. Bei Baukosten von rund 600 Mio Euro sind dies über 250 Mio. Euro.
    • Wie man bereits auf der Nordkamera der Schlosswebcam sehen kann, kann man die Ausstellung zum Wiederaufbau des Schlosses nun wieder direkt am Schloss besuchen. Damit ist die Ausstellung, die früher in der Humboldtbox zu sehen war, nun wieder direkt am Schloss zu bewundern. Dort wird sie jetzt wohl bleiben bis wesentliche Teile davon ins Humboldtforum selbst umziehen werden.

    Das sind die wichtigsten Infos zum Jahresbeginn. Euch allen nochmal ein frohes neues Jahr und auf spannende Diskussionen in 2020.

    Ich wollte mich eigentlich in diesem Strang nicht mehr zu Wort melden, weil ich der Ansicht bin, dass mittlerweile alles gesagt ist und wie auch bei anderen Themen hier im Forum wird der eine den anderen nicht vom Gegenteil überzeugen. Allerdings finde ich den letzten Beitrag von ElleDeBe aus vielerlei Gründen nach der seitenlangen Diskussion hier sehr problematisch und beispielhaft dafür, warum die Diskussionen regelmäßig eskalieren.

    Aber vielleicht ist es genau das, was die Debatte am Laufen hält: Seine Gegner halten
    ihm dauernd städtebauliche Sünden der Moderne vor, weil der Bau irgendwie „modern“
    aussieht, aber diese Vorhaltungen haben bei genauerem Hinsehen keine Grundlage,
    weil der Bau genau jene städtebaulichen Fehler vermeidet.


    Wer legt das denn bitte fest? Du? Weil du feststellst, dass keine städtebaulichen Fehler gemacht wurden hat es letztlich den Anspruch auf Allgemeingültigkeit? Ich finde das etwas befremdlich um ehrlich zu sein. Es ist genau diese Arroganz, die so viele Debatten aktuell polarisiert. Kann man nicht einfach feststellen, dass es unterschiedliche Meinungen gibt?

    Noch grundsätzlicher gesagt zeigt sich hier, dass der Suhrkamp-Bau
    gerade deswegen nachhaltige Debatten evoziert, weil er sich den Kategorien
    entzieht, mit denen man ihn schubladisieren will: Er entzieht sich der
    Zuschreibung „Moderne“


    Ja, denn der Bau ist einfach nicht modern, sondern der ewig gleiche Aufguss, den wir seit Jahrzehnten sehen. Es ist die reduzierte, nochmal abgespeckte Variante der 90-er Jahre Postmoderne, die Schultes etc. repräsentieren. Dieser Bau ist also alles, aber nicht modern. Ich war vorgestern in der Weißenhofsiedlung in Stuttgart, diese Bauten haben wirkliche architekonische Qualität. Mies von der Rohne, Le Corbusier, das waren moderne Architekten. Sie haben Architektur, Einrichtung, ja jeden Gegenstand eines Hauses als Gesamtkunstwerk gedacht. Auch versteht man die klassiche Moderne nur als Kontrapunkt zum überbordenden Historismus des beginnenden 20- Jahrhunderts. Das Bauhaus war eine Bau- und Designschule, ein völlig neuer Ansatz. Was heute alles unter diesem Label verkauft wird, ist eine Schande. Ich empfehle jedem, die Bauhausstätten wirklich mal zu besuchen. Dann wird man feststellen, welch ein Quantensprung diese Architektur im Verhältnis zu dem hier Gezeigten darstellt.


    Somit entzieht sich der Suhrkamp-Bau nicht nur der Moderne, es ist schlicht Retroarchitektur mit Zitaten davon, was sich ein gewollt progressiver Verlag unter Moderne vorstellt. Dabei ist es bezeichned, welche Zitate er wählt. Es sind keine Blicke nach vorne, sondern zurück. Das ist doch die Wahrheit. Der Bau hat nichts Progressives, nichts wegweisend Neues, es ist einfach ein fast schon beliebig anmutendes Zitat aus der Vergangenheit. So ist zumindest meine Meinung.


    Bei Einzelnen mag eine politisch motivierte Intellektuellenfeindlichkeit hinzukommen: Suhrkamp steht für eine bestimmte linksliberale Kultur Nachkriegsdeutschlands,
    die manchen stets verhasst war, und dieser [kultur-]politisch motivierte Hass
    wird nun auf das Gebäude übertragen.


    Auch dieses Zitat ist wieder bezeichned für eine bestimmte elitäre Haltung. Denn faktisch grenzt sie einfach ganze Gruppen, die lediglich anderer Meinung sind, aus. Übersetzt gesprochen sagt es nichts anders als dass bestimmte Gruppen nur zu blöd sind, den Bau zu verstehen, weil sie ja keine Intellektuellen sind und daher nicht fähig sind, den Genius dieses Baus zu vestehen. Ein Argument, mit dennen mittlerweile ganze Generationen von Architekten ihre Bauten in den Stadtraum prügeln. Frei nach dem Motto: Wir entwerfen tolle Stadträume, noch dazu mit einwandfreier intellektueller Unterfütterung, die breite Masse ist einfach nur zu beschränkt, die Großartigkeit dieser Werke zu erkennen.


    Ich finde diese Herangehensweise bedenklich, schädlich und wenig demokratisch. Warum kann man nicht einfach mal feststellen, dass es unterschiedliche Meinungen gibt? Die eigene Position aber beständig zur allein gültigen zu erheben und andere als beschränkt abzuqualifizieren, nur weil sie die eigene Ansichten nicht teilen, finde ich einfach völlig unangemessen.

    Im Ernst: Wie u.a. ich schon früher schrieb, wird generell einiges davon abhängen, wie gut das Ganze und speziell der Hofbereich gepflegt wird. Das ist halt manchmal ein Nachteil, wenn man verwinkelte Ecken 'anbietet'. Ansonsten muss man eben auch auf soziale Kontrolle hoffen.

    Du hast natürlich Recht, trotzdem ist mir da mal wieder zu sehr das Prinzip Hoffnung im Spiel. Hoffentlich wird es gepflegt, hoffentlich funktionieren sozialer Anstand und soziale Kontrolle. Hoffentich wird der Beton instandgehalten, Hoffnung, Hoffnung, Hoffnung. Leider zeigt die Vergangenheit, dass diese Hoffung nur all zu oft leider enttäuscht wird und es in ein paar Jahren eben siffig wird. Denn von den ehrbarene Zielen und Absichten, mit denen Architekten planen, bleibt oft wenig übrig, wenn man mit der rauen Realität bzw. den realen Wettereinflüssen konfroniert ist.


    Daher frage ich mich immer, warum man nicht direkt so plant, dass weniger Hoffnung notwendig ist und man von Beginn an eher von dem ausgeht, was sein kann und nicht von dem, was man sich im Idelfall wünscht. Dies mag die Kreativität etwas beschneiden und klingt vielleicht etwas pessimistisch, aber es würde auf Dauer für mehr Beständigkeit und einen Grundstandard sorgen, der so leider in vielen Fällen nicht gewährleistet ist, weil die idealen Vorstellungen und Hoffnungen, die einem Projekt zu Beginn inne wohnen, im zeitlichem Verlauf oftmals an den Realitäten scheitern.

    Davon abgesehen finde ich es etwas schwierig, wenn man an gefühlt jedem dritten Projekt die große Grundsatzdebatte über moderne Architektur abarbeitet. Natürlich ist das in einem Architekturforum irgendwo nahe liegend aber irgendwann ermüdet es in dieser inflationären Form auch hier, sodass mE wenig Bereicherndes dabei herauskommt. Daher würde ich das Allgemeine kurz halten und die Einordnung und Bewertung des Konkreten betonen wollen.

    Ich fühle mich durch deinen Beitrag einfach mal angesprochen. Wenn ich Beiträge verfasse, überlege ich mir vorher sehr genau, ob ich nur bei dem spezifischen Projekt bleiben soll oder ob man dem Ganzen eine überkontextuale Bedeutung gibt. Ich gebe selbst zu, dass es manchmal ermüdend ist, wenn man sich öfters wiederholt und auf immer ähnliche Phänomene aufmerksam machen muss. Aber man muss dies auch aus einer anderen Perspektive sehen. Es gibt im aktuellen Architekturbetrieb eine herrschende Meinung. An Universitäten, im Feuilleton, bei den Eliten, generell wird immer das Thema Gleichberechtigung und Toleranz eingefordert und propagiert. Nur ist meine Erfahrung leider, dass die Toleranz und Gleichberechtigung dort aufhört, wo der eigene Gedankenkosmos verlassen wird.


    Und dann bleibt der Minderheit nichts anderes übrig, als immer wieder auf die Probleme hinzuweisen, immer wieder Missstände anzubrangern und nicht locker zu lassen, auch wenn es manchmal ermüdet, auch wenn es manchmal unbequem ist. Aber ohne das bewegt sich nichts. Veränderung lebt auch von Beharrlichkeit und Ausdauer. Daher ist mein Wunsch, dass sich auch der Kultursektor öffnet und bereit ist, andere Meinungen und Ansätze zu akzeptieren und ihnen auch eine Chance auf praktische Umsetzung zu geben. Aber bis dahin ist es noch ein Stück Weg. Und solange hier weiter kritische Stimmen nötig sind, werde ich diese formulieren, auch wenn sich der ein oder andere damit schwer tut.


    Der nördliche und der südliche Teil knüpfen passend an die östlichen Nachbarn an, der Bau schmiegt sich zudem an den spezifischen Straßenverlauf (spitzer Winkel). Der Verzicht auf eine Blockrandbebauung an der Rosa-Luxemburg-Straße ist keine unsensible Missachtung des Stadtraums, sondern gerade dadurch entsteht ein kleiner, begrünter und potentiell sehr attraktiver Platz

    Danke für deinen differenzierten und fachlich bereichernden Beitrag. Deine Analyse ist durchaus zutreffend, in der Bewertung des Ganzen komme ich aber zu einem völlig anderen Schluss als du. Und das möchte ich begründen. Wir haben hier ein Ensemble, was von der Torstraße aus geplant wurde. Ja, es nimmt in Teilen die Struktur des Grundstücks auf, in wesentlichen Teilen aber auch nicht. Sowohl in der Rosa-Luxemburgstraße als auch in der Linienstraße gibt man den Blockrand weitgehend auf. Als erstes stellt sich mir die Frage, warum überhaupt der Bedarf nach einem weiteren Plätzchen besteht, denn die Grünanlage rund um die Volksbühne ist nur ein paar Meter entfernt. Auch am Schnittpunkt Rosa-Luxemburgstraße und Almstadtstraße sind bereits Bäume vorhanden.


    Ja, Stadt lebt auch immer von schönen Parks und einzelnen Grünflächen, zuallererst ist Stadt aber nunmal bebaute Fläche. Ich kann nicht einsehen, warum man die klassische Stadtstruktur aufgibt, um ohne Sichtachsen und eine übergeordneten Grünflächenkonzeption überall diese Mikroplätze zu schaffen. Dies mag in einem singulären Fall noch funktionieren, nur in Westdeutshcland ist man genau diesen Weg ja schon in den 70-ern gegangen. Diese Inszenierung, wie es der Suhrkamp-Verlag macht, funktioniert ja nur solange, wie der Blockrand in der direkten Umgebung erhalten bleibt. Doch was passiert, wenn der nächste Nachbar dies dann auch tut, und dann der nächste, und und und. Das hat man in der BDR doch gemacht. Das Endresultat ist dann kein städtebauliches Konzept mehr, sondern Stadt wird selbst in den Kerninnenstädten zu einer diffusen Fläche, weil ab einem gewissen Punkt die Effekte, die bei diesem Bau als positv beschrieben werden, nicht mehr eintreten, sondern im Gegenteil, sie verkehren sich in das Gegenteil.


    Jetzt kann man sagen, als singuläres Projekt verträgt eine Stadt das. Da gehe ich völlig mit. Nur zeigt die Geschichte, dass es nicht dabei bleibt. Der nächste will dann auch und soweiter. Und da es heute keine übergeordnete Planung von Stadtquartieren mehr gibt, in denen eine zentrale Steurungsinstanz darauf Acht gibt, dass solche Projekte eine Ausnahme bleiben, muss man auf die Gefahren solcher Entwürfe hinweisen.


    Denn wenn diese Bauwerke dann in der Presse gehypt werden, dann wollen andere das auch. Dann geht aber irgendwann der Charakter der europäischen Stadt, wie wir sie kennen, verloren. In der BRD kann man in Teilen sehen, wie destruktiv sich Städte dadurch verändern, mit all den verheerenden Begleiterscheinungen. Daher sollten diese Art Bauten Einzelfälle bleiben und kein Modell sein, wie man Städte in Zukunft weiter entwickelt.

    @ Baukörper


    deine Antwort ist aus vielerlei Gründen schwierig, weil sie einem Narrativ folgt, dem sich aktuell alle populitischen Strömungen bedienen, egal ob von links oder von rechts. Was nicht der eigenen Gedankenwelt entspricht ist gefälscht, unwahr oder "in den Mund" gelegt. Umfragen, die einem nicht passen, sind Fake und alles ist sowieso eine große Verschwörung. Wenn wir mit dieser Argumentation weiter machen, ist irgendwann gar keine Dskussion mehr möglich. Daher finde ich, dass dein Beitrag niemandem hilft, außer vielleicht denen, die eh schon alles immer zu wissen glaubten.


    Ich denke, die Stiftung Baukultur steht nicht im Verdacht, dem Rekolager irgendwie nahe zu stehen und warum Forsa irgendwem etwas in den Mund legen sollte, weiß ich auch nicht. Geht es nach der inhaltlichen Ausrichtung, hätte ich eher etwas drauf verwettet, dass die Stiftung die Ergebnisse zum Thema Rekonstruktionen gar nicht abdruckt. Dass sie es doch getan hat, ist sehr positiv zu bewerten. Dies aber als Meinungsmache abzustempeln, ist einfach unredlich und man muss es leider sagen völlig absurd. Wer sollte an einer Manipulation denn ein Interesse haben?


    Man sollte vielleicht einfach mal anerkennen, dass bestimmte Architekturkonzepte außerhalb des Architekturbetriebs nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen. Und dem "Normalbürger", wenn es den denn übrhaupt git, denn was ist schon normal, zu unterstellen, er sei unfähig, einen Gründerzeitbau von einem Bauhausbau zu unterscheiden, sorry, aber das ist doch einfach populitischer Unsinn. Er kann es vielleicht nicht mit Fachwörtern benennen, aber er ist doch in der Lage zu sagen, was ihm besser gefällt. Und ob es einigen hier im DAF gefällt oder nicht, Altbau kommt einfach besser an. Jetzt könnte man überlegen, ob es an den Vorzügen der Altbauten oder den Mängeln der Neubauten liegt.


    Und hier beim Suhrkampareal geht es doch überhaupt nicht um eine Rekonstruktion, es wäre einfach um gute Architektur gegangen. Und es ist doch völlig in Ordnung, dass es Menschen gibt, die diesem Bau architektonsiche Qualität zusprechen und andere, die Kritik an bestimmten Punkten üben. Darüber kann man ja inhaltlich reden und kontrovers diskutieren. Wenn man aber anfängt, unpassende Meinungen generell abzuwerten und sie unter den Verdacht der bewussten Manipulaton stellt, dann geht das einfach zu weit. Ja, mir gefällt der Suhrkampbau nicht, ja, ich halte ihn sogar aus vielerlei Gründen für einen Fehler, aber dem anderen abzusprechen, er verfolge unredliche Ziele, ist nicht meine Art der Argumentation und sollte es in einer demokratischen Grundordnung auch nicht sein. Denn wenn man dieses Rad weiter dreht, zeigt die USA, wo die Reise hin geht. Und das will ich jedenfalls nicht.

    Aber ganz ehrlich, du liegst mit deinen Einschätzungen genau so weit daneben wie auch beim romantischen Museum in Frankfurt. Und zwar meilenweit. Da willst Du den Leuten auch in epischer Breite erklären, warum der Bau ganz gewiss miserabel ist. Und je mehr der Bau entblättert wird, desto mehr zeigt sich seine Schönheit, seine feinen Details. Diese zu erkennen gelingt halt nicht jedem. Macht ja nichts. Die Zustimmung steigt mit jedem Schritt der Fertigstellung. Dein Abgesang, wie auch hier, läuft ins Leere.Ich denke, man sollte hier in der Bewertung dieses Baus mal etwas abrüsten.

    Wenn man hier die Kommentare so liest, könnte man meinen, hier wäre eine zweite Elbphilharmonie entstanden. Und in einem Forum gehört es auch dazu, dass man unterschiedliche Meinungen darlegen kann und diese auch differenziert begründet. Das versuche ich bei allen Projekten zu denen ich Stellung nehmen, nämlich im Detail zu erklären, warum ich etwas für gelungen halte oder warum nicht.


    Ich war letztes Jahr in Leipzig und wenn man sich da die noch stehenden Verlagshäuser wie das Reclamhaus anschaut, dann spielt das zumindest für mich in einer anderen Liga. Und ich wehre mich auch dagegen, dass von einigen hier suggeriert wird, dass der Bau jetzt, wo er entblättert ist, als kritiklos hinzunehmen ist und dass er auf einer Welle der Euphorie reitet. Wenn ich mir die Likezahlen anschaue, dann ist die Beurteilung selbst hier im Forum 50:50. Eine ungeteilte Zustimmung zu diesem Bau kann ich darauf nicht ableiten.


    In diesem Kontext sei vielleicht nochmal dene Baukulturbericht 2019 hingewiesen, den ich hier bereits dargelegt hatte:

    Baukulturbericht 2019 - Rekonstruktionen und ihre öffentliche Wahrnehmung - 80 % der Bevölkerung sind dafür


    Was hier im DAF oder in der Fachpresse diskutiert wird und was von DerBE als Mehrheitsmeiung verkauft wird, gibt es in Wahrheit doch gar nicht. Die Präferenz für Bauten wie es das Suhrkampverlagshaus ist, ist eine rein fachgeleitete, die sich aus dem Feuilleton, dem universitären Bereich der Architektur, der Architektenschaft und in Teilen aus dem politischen Sektor herleitet, der von diesen Gruppen beraten wird. 80% der normalen Menschen sprechen sich für Rekos aus, auch wenn darin eine völlig andere Nutzung stattfindet. 80%! Diese Ansichten kommen doch nur zustande, weil man mit der aktuellen Ausrichtung und Gestaltung unserer Städte völlig unzufrieden ist.


    Ich wette 100 Euro, dass bei einer repräsentativen Bürgerbefragung bei der Auswahl zwischen dem Suhrkampgebäude und einem durchschnittlichen Gründerzeitbau der Gründerzeiteckbau mit 70 bis 80% in der Präferenz vorne liegen wird. Und dies liegt nicht mal darin, dass die Gründerzeit so mega gut war, sondern darin, dass der moderne Städtebau keine hinreichend zufriedenstellende Antwort auf die Weiterentwicklung unserer Städte gefunden hat, die von einer breiten gesellschaftlichen Basis getragen wird.


    Der einzige Grund, warum man immer noch so baut, ist doch die Tatsache, dass Architektur ein sogenanntes weiches Thema ist. Ein Gebäude mag einem nicht gefallen, aber man geht dafür in der Regel nicht auf die Straße. Wäre es kein weiches Thema, sondern würde es die Relevanz haben wie heute das Klima, Arbeitslosigkeit, Renten oder Atomkraft, für die Moderne in der heutigen Form wäre schon in den 70-ern Schluss gewesen. Zu meinem Bedauern haben viele Menschen leider noch nicht erkannt, wie bedeutsam eine "schöne Stadt" auch für das eigene Wohlbefinden sein kann und wie verfehlte Stadtbaupolitik auch langfristig harte Faktoren wie Arbeitslosigkeit und Zukunfsfähigkeit einer Stadt beeinflussen können.


    Somit bleibe ich dabei. Dieser Bau vereint in der Summe alle größeren und kleinern Fehler, die die moderne Städtebau- und Architekturentwicklung in den letzte 40 Jahren durchgemacht hat. Dankenswerterweise hat ElleDeBe noch ein weniger bearbeitetes Foto eingestellt. Man schaue sich nach nur ein paar Wochen an, wie durch Witterungseinfluss bereits jetzt Stockflecken an den Betonflächen entstehen. Von dieser Problematik weiß jeder, seit es den Werkstoff gibt. Jeder weiß, wie das in 10 Jahren aussieht. Dass man es trotzdem immer wieder versucht, gegen alle Naturgesetze, zeugt eher von Überheblichkeit als vor Respekt gegenüber Werkstoffen. In einer Zeit, wo alle das Thema Nachhaltigkeit wie ein Mantra vor sich hertragen, sollte man auch hier mal überlegen, ob Waschbeton, riesige Glasflächen und dergleichen wirklich die richtigen Werkstoffe sind, ober ob natürliche und beständigere Werkstoffe nicht die bessere Idee wären.

    Ich weiß nicht, ob wir diese Videos hier im Forum schon hatten. Da ich zufällig drauf gestoßen bin, wollte ich sie aber trotzdem mal verlinken, weil sie doch recht ansehnlich zum Anschauen sind.


    https://www.youtube.com/watch?v=FxPWnildppI

    Quelle: Four Frankfurt


    https://www.youtube.com/watch?v=mSXsAwCkDtc

    Quelle: GuP Official


    Und hier noch ein beeindruckender Drohnenflug über die Baustelle und den im Abriss befindlichen Turm vom Oktober letzten Jahres.

    https://www.youtube.com/watch?v=iUG1qU7lnk4

    Quelle: AWR Abbruch GmbH

    Ich bin nicht mit allen Chipperfield-Bauten einverstanden und für mich wird er manchmal zu sehr gehypt. Eins muss man ihm aber zugestehen, er liefert fast immer eine sehr qualitätvolle und wertige Bauausführung ab. Wir haben in einem anderen Strang über die fehlende Qualität bei Patzschke diskutiert. Diesen Mangel an Qualität findet man bei Chipperfield explizit nicht.


    Ich denke, dass dies natürlich auch an seinem Standing liegt, weil er aufgrund seiner Prominenz sich vermutlich eher die Projekte aussucht als umgekehrt, aber das, was Chipperfield an Standards setzt, wünschte ich mir auch bei so vielen anderen Projekten.

    Ich denke, was beim Suhrkamp-Bau wieder mal auffällt, ist die Unfähigkeit ein schlüssiges Ensemble zu schaffen. Was der Architektur der letzten Jahrzehnte zumeist völlig abgeht, ist die Fähigkeit, ein harmonsiches Miteinander zu schaffen und dabei trotzdem eine eigene Individualität zu entwickeln. Auf dem letzten Bild von ElleDeBE sieht man doch schon wieder, wie zusammengewürfelt und diffus das Gesamtbild aussieht. So einen fehlenden Raumeindruck gibt es in Gründerzeitvierteln oder in Fachwerkstädten einfach nicht.


    Und auch wenn ich ElleDeBE dankbar für die Fotos bin, muss man doch schon fragen, warum man schon jetzt eingestellte Fotos mit Filtern und Schwarz-Weiß-Effekten aufhübschen muss. Ein guter Bau sollte aus sich heraus einen Stadtraum tragen. Egal ob das Wetter gut oder schlecht ist, egal ob es hell oder dunkel ist, egal ob ein Bau ein Tag oder 10 Jahre alt ist. Auch das gehört zu den Kriterien für gute Architektur. Und Bauten, die diese Kriterien guter Architektur erfüllen, haben Filter und Fotobearbeitung gar nicht nötig.

    Ich bleibe dabei, ich finde an diesem Projekt fast alles misslungen. Diese Unsitte, solche angedeuteten Scheibenhäuser (mir fällt kein besserer Ausdruck ein) an Kreuzungsecken zu setzen, ist eine der größten Fehleistungen des 70-er Jahre Städtebaus gewesen und man macht den Fehler hier wieder. Durch die Struktur der Kubatur gibt es keinen geschlossenen Block, zur Seitenstraße bleibt die gesamte Situation völlig verfranst und völlig strukturlos. Ich bin ehrlich, ich hasse es, wenn man Stadtraum so gewollt kaputt macht, nur um sein Gebäude noch mehr zu inszenieren.


    Jetzt kann man wieder sagen, der odysseus mit seiner Präferenz für den historischen Kram. Aber ich für mich muss sagen, dass z.B. die Gründerzeit gezeigt hat, wie man Ecksituationen betonen kann und trotzdem Rücksicht auf die Struktur der Stadt nimmt.


    Fern ab von der städtebaulichen Situation finde ich den Bau aber auch architektonsich völlig fade. Waschbeton und große Glasflächen. Wow. Lage nicht gesehen. Wie das altern wird, weiß man heute auch schon. Für mich hat der Bau nichts Innovatives, nichts wirklich Modernes, es könnte auch die Rückfront eines Anbaus am Kanzleramt sein. Ich weiß, wir sind hier in der architektonsichen Bewertung nicht immer einer Meinung, aber für mich vereint dieser Bau fast alles, was ich in den letzten 40 Jahren an dem, was oft als moderne Architektur verkauft wird, nicht mag.