Um auf die Ausgangsfrage von Bau-Lcfr nach dem Zusammenhang von Siedlungsformen und Verkehr zurückzukommen:
Man sollte nicht vergessen, dass die Verkehrsentwicklung weniger von der Haltestellengestaltung als vom Städtebau abhängt.
Dazu lesenswert ist ein Text von Hermann Knoflacher "Städtebau aus idealisierter Sicht eines Verkehrsplaners":
Für den Autor "spielt der Städtebau eine ebenso entscheidende Rolle, wie das Verkehrssystem", beide sind nicht voneinander zu trennen.
Ab dem 19. Jahrhundert und besonders im 20. Jahrhundert "bekam das technische Verkehrssystem Priorität (...) gegenüber dem Städtebau und damit die Maschine Priorität vor dem Menschen" Die vorher bestehende Komplexität wurde durch eine "simple unorganische Ordnung" ersetzt. "Ein Charakteristikum der neuen, auf das Auto zugeschnittenen urbanen Strukturen, ist ihr enormer Aufwand an Energie für technische Verkehrssysteme, ohne die sie nicht lebensfähig wären."
"Strukturen, die bei gleichen Funktionen einen höheren Energieaufwand benötigen, bedeuten in der Evolution in der Regel einen Rückschritt, eine Degradation."
"Alle Beteiligten haben eine Größe, die das Gegenteil von Stadt erzeugt, zur zentralen Bedeutung erhoben: die Geschwindigkeit der Verkehrssysteme. Je größer die Geschwindigkeit, umso größer die Reichweite und umso geringer der Zwang zur qualifizierten Stadtentwicklung, zur Stadtbaukunst."
"Denn es sind der Platzanspruch und die externe Energie für Mobilität, die Raumstrukturen verändern."
"Ein sicherer Indikator für die Mängel im Städtebau ist der Aufwand an mechanischer Mobilität." „Was verkehrt steht erzeugt Verkehr“
"Je näher die Durchschnittsgeschwindigkeit einer Stadt, eines Viertels, einer Siedlung dem Fußgeher kommt, umso vitaler werden diese."
Forschungen ergaben, dass "die Menschen in einem autofreien städtebaulich ansprechend gestalteten Umfeld bereit sind, um über 70 % längere Fußwege in Kauf zu nehmen als in den durch die Planungsprinzipien des 20. Jahrhunderts für den Autoverkehr zugeschnittenen urbanen Räumen."
"Ein qualitativ gut gestaltetes Umfeld von Haltestellen kann die Zahl der Fahrgäste im öffentlichen Verkehr verdoppeln, verdreifachen oder noch mehr steigern, wenn man die heute bestehenden Barrieren des Autoverkehrs beseitigt und das urbane Umfeld für Menschen wieder spannend und erlebbar macht."
Soweit ich die aktuellen Berliner Projekte mitkriege, der Schwerpunkt liegt derzeit auf innenstädtischen ordentlich verdichteten Wohnanlagen, was ein guter Weg wäre.
Bei der Online-Beteiligung zum Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm wurden Maßnahmen aufgeführt, die diesen Punkt berühren:
Planvolle Nachverdichtung in bestehenden Quartiersstrukturen
Verbesserung Nahversorgung
Ergänzung:
In dem Artikel "Der Beitrag von Städtebau, Stadtentwicklungsplanung und Raumordnung zur Förderung des Fußverkehrs " werden folgende Zahlen für den Flächenverbrauch von fußgängerorientierter und autoorientierter Stadt genannt:
Die bis bis etwa 1920 entstandenen Städte benötigen derzeit eine Siedlungs- und Verkehrsfläche von rund 90 qm pro Einwohner, während autoorientierte Nachkriegsviertel einen Flächenbedarf von rund 600qm pro Einwohner haben, wovon alleine 200qm Verkehrsfläche sind. In den Gründerzeitvierteln der Stadt Hannover beanspruchen die Verkehrsflächen dagegen nur 20qm/E. Allgemein für Europa wird angegeben 100-200 qm/Einwohner für Fußgängerstadt und 250-300qm/Einwohner für Autostadt.