Beiträge von aedificator

    ^
    Die Zeit beantwortet alle Fragen. Geld zum Bau war laut der örtlichen Boulevardpresse nie da:


    "Unister wollte auf dem Gelände die neue Firmenzentrale bauen. Das Geld dafür war nie da. Damit die Baugenehmigung nicht verfällt, wurden Ende 2014 ein paar Bauarbeiten durchgeführt. Aber selbst diese konnten nicht bezahlt werden. Das belegt eine auf Beschluss des Amtsgerichts Leipzig im Grundbuch eingetragene Hypothek zugunsten der „Arge Brühl 76“ über 360 801,52 Euro."


    http://www.bild.de/regional/le…dgrube-47091892.bild.html

    ^


    Ich weiß immer nicht, woher das dringende Bedürfnis kommt, dass ein Neubau seiner Umgebung angepasst sein müsse? Wer definiert den Grad der Anpassung? Wann ist zu viel angepasst, sodass eine ganze Nachbarschaft uniform aussieht? Welchem Zweck dient eine Anpassung? Was passiert mit einem angepassten Bau, wenn sich das Umfeld verändert? Wie kann ein Wandel / Weiterentwicklung entstehen, wenn sich alles nur anpasst? In meinen Augen gibt es viele Kriterien, nach denen man Architektur beurteilen kann - Angepasstheit sollte in meinen Augen kein entscheidendes Kriterium sein.


    Und was würde das im konkreten Fall bedeuten? Schauen wir uns im näheren Umfeld um: Sehen wir nach Osten und Norden, erscheinen Reste der Bausubstanz um 1900, Süd- und westwärts eine Reihe willkürlich angeordneter Riegel aus DDR-Zeiten. Ein kontrastreiches Umfeld also. Wohin sollte man sich - wenn man es den wollen würde - hier orientieren? Blickt man beispielsweise auf die gegenüberliegende Staßenseite sieht man das:


    PWC


    Inwiefern stört da ein gräuliches Parkhaus mit Lochplatten?


    Städtebaulich wurde die Region in DDR-Tagen durch die unsortierte Anordnung der Plattenbauriegel zerstört. Das ist das Hauptproblem an dieser Stelle. Der Parkhausbau folgt der Straßenführung und stellt eine Raumkante her. Damit ist das notendige Maß an "Anpassung" an das städtebauliche Umfeld, vielmehr das Wiederherstellen eines solchen überhaupt, erfüllt.


    Der Bau an sich ist unspektakulär. Und keine Frage: ich hätte auch mehr Aufwand für die Fassade betrieben. Aber es ist keine Katastrophe, sondern schlicht/ehrlich/funktional. Bitte beachten: Trotzdem ist das Architektur - das lässt sich nicht in Abrede stellen, auch wenn das subjektive Geschmacksurteil negativ ausfällt. Architektonisch folgt der Parkhausteil des Neubaus einer allgemeinen Entwicklung (fast Typisierung) dieser Bauaufgabe an diversen Standorten:


    Nestle-Parkhaus, Frankfurt


    Kamen


    Bietigheim


    Münster


    ...

    ^
    Ich bin ein Freund ehrlicher Architektur. Da entsteht ein Parkhaus. Also sieht es auch aus wie ein Parkhaus. Daran ist nichts verwerflich. Will man an dieser Stelle keine Parkhausarchitektur dulden, dann darf dafür keine Baugenehmigung erteilt werden.


    Was wird denn hier erwartet, wenn ein Nutzbau wie ein Parkhaus errichtet wird? Architektur muss sich wie jedes Unternehmen auch wirtschaftlich rechnen. Liebhaberrei kann sich nicht jeder Bauherr leisten.

    Hmm. Ich finde den Lückenschluss ganz passabel. Im Gesamteindruck der Straße ein durchaus solides Pflaster zur Behebung einer unansehnlichen Kriegswunde. Ähnlich wie Cowboy halte ich lediglich die farbliche Gestaltung der Dacheindeckung für unpassend. Kupfer oder auch einfache rote Dachziegel hätten zu einem harmonischeren Gesamteindruck geführt. Auch die ungerade Anzahl an Dachgauben irritiert mich.


    Ich kann mir ehrlich gesagt nicht erklären, worin sich bei manchem die gesteigerten Erwartungen an einen Neubau begründen.


    Nicht jede 10 Meter breite Häuserfront kann ein Feuerwerk architektonischer Highlights bieten. Für das gezeigte Beispiel ist auch der Vorwurf der Monotonie übertrieben. Wir sprechen hier von einer Fläche von je 4 Fenstern auf 5 Geschossen. Auf so kleinem Raum kann sich gestalterisch noch keine augenkrebs-verursachende Gleichförmigkeit einstellen.


    Das Grundraster der Fenstereinfassungen (durch das Kupfer mit einem Plus an Hochwertigkeit - ich bin auf die Patina gespannt) schafft vielmehr eine klare Struktur, die durch die unterschiedliche Binnengestaltung der Fenster aufgebrochen wird. Es gibt weder eine horizontale, noch eine vertikale Ausrichtung. Das finde ich nicht schlimm. Derartige Gestaltungsweisen und Ihre Auswirkungen auf die wahrgenommen Proportionen wären m.M. nach dem Gesamteindruck des Straßenzuges auch nicht dienlich gewesen.

    Der schleppende Baufortschritt auf der Unister-Baustelle macht mir schon Sorgen. Ich bin diesbezüglich thematisch nicht auf dem Stand, aber hat die Stadt grundsätzlich Mittel und Wege, um die Finanzierung eines Bauvorhabens auf Solidität zu prüfen, bevor ein halbfertiger Rohbau zu Bauruine wird? Falls ja, sollte schleunigst Gebrauch davon gemacht werden.


    Bei mir bleibt der Eindruck hängen, dass die Bauunternehmen immer nur genaus soweit arbeiten, wofür die aktuelle Zahlung des Bauherren ausreicht. Und diese Zahlungen scheinen sich hinzuschleppen (nur vermutet).


    Inwiefern wären die bisherigen Entwürfe "unökonomisch"?
    Davon abgesehen, kann das Primat der Ökonomie von mir aus gerne weiterhin im Saalepark ausgelebt werden, aber nicht hier.
    Im Übrigen auch bemerkenswert, dass die Erbauer der Leipziger Vorkriegsarchitektur sicherlich durchaus dazu in der Lage waren, ökonomische Aspekte zu berücksichtigen und trotzdem zu ansehnlichen Ergebnissen gelangt sind.


    Basics:
    1.) Ich habe nicht geschrieben, dass die Studentenentwürfe "unökonomisch" sind... Ich habe nur zu Bedenken gegeben, dass die Art des durchgeführten Wettbewerbes den gestalterischen Aspekt in den Fokus rückt. Ein Bauherr kalkuliert hingegen vor allem mit finanziellen Aspekten. Rationalisierungen auf dem Weg vom 'Idealentwurf' zur Umsetzung sind erwartbar - eine Kapitalismus-Diskussion ist hier überflüssig.
    2.) Die Sturheit, mit der versucht wird aktuelle Architektur in den Kontext von Vorkriegsarchitektur (welcher auch immer - im Geschichtsbuch finde ich viele Kriege) zu rücken, ist schon bemerkenswert. Den subjektiven Eindruck vermeintlich "ansehnlicher Ergebnisse" will ich nicht mehr diskutieren, aber einen Gedanken zum ökonomischen Aspekt einwerfen: Handwerk vs. industrieller Produktion.


    Im 19. Jahrhundert war das Handwerk oft preiswerter als die aufwändige industrielle Produktion individualiserter Bauelemente. Eine große Fensterfläche konnte etwa günstig von Schreiner und Glaser mittels kleiner Scheiben und Streben hergestellt werden. Die Produktion und der Transport einer großen Glasscheibe vergleichbarer Ausmaße war hingegen sehr umständlich und teuer.


    Heute ist das Verhältnis hingegen umgekehrt, sodass sich auch die Priorität der verwendeten Variante über die Zeit automatisch geändert hat.

    Wohl unnötig zu erwähnen, dass da zweifellos Mehrgeschosser hingehören.


    Städtebaulich bin ich hier vollkommen auf Deiner Seite. Wer die aktuelle Entwicklung der Stadt im Auge hat, versteht diese enorme Platz- und Kapitalverschwendung nicht. Ein mehrgeschossiger Bau unter Integration des Supermarktes wäre hier die bessere Idee gewesen. Eine ausbalancierte Nutzung zwischen Gewerbe, Wohnfläche und Parkraum wäre in dieser Region perspektivisch ideal.


    Blendet man diesen Mangel aus, bleibt architektonisch eine schöne Lösung übrig. Am Entwurf selbst gibt es wenig zu nörgeln. Lautet die Vorgabe des Bauherren "Eingeschossiger Supermarkt" fällt eine bessere Lösung nuneinmal sehr schwer. Unter dieser Prämisse gefallen mir sowohl Materialität, als auch Dynamik des Baus. Das quasi-schwebende Dach hebt den Bau so weit nur irgend möglich an.

    Puh - bitte keine Relikte an Neubauten hängen. Beide Fotomontagen zeigen, dass im Ergebnis eine ausgeprägte Disharmonie entstehen würde.


    Der Studentenwettbewerb gefällt mir insgesamt gut. Er zeigt vor allem, dass in der heranwachsenden Architektenschaft sehr heterogene Gestaltungsprinzipien bestehen. Entwickelt sich das auf diese Weise weiter, erwarten uns in den nächsten Jahren abwechslungsreiche Neubauprojekte.


    Im realen Fassadenwettbewerb addiert der Bauherr selbstverständlich noch eine ökonomische Komponente. Vorsorglich sei deshalb erwäht: Bitte mit einkalkulieren und das Endergebnis nicht am Favoriten eines /fiktiven/ Studentenwettbewerbes messen.


    Insgesamt bin ich gespannt auf den Moment, an dem auch der letzte Museumswinkel fertiggestellt ist. Dann ist eine Dauerbaustelle zur (Innen-)Stadtreparatur abgeschlossen. Der Stadtraum am Brühl hat damit seit den frühen 1990er Jahren einen unglaublichen Wandel vollzogen. Höfe am Brühl, mdbk und Museumswinkel. Ein flächenmäßig sehr großer Teil unserer Innenstadt hat damit sein Gesicht verändert. Unabhängig davon, dass andere Wege zum Umgang mit diesem Areal manchem besser gefallen hätten, beeindruckt mich die Dynamik - insbesondere der letzten Jahre - doch sehr.

    Cowboy: Wie muss man das mit den Gemeinschaftsküchen und Speiseräumen verstehen? Etwa so, dass die Wohnungen dann keine eigene Küche haben? Das würde ich für nahezu unvermietbar halten. Andersherum wären die Gemeinschaftsküchen überflüssig, wenn die Wohnungen eine hätten.


    Der genaue Wortlaut der Passage aus dem LVZ-Artikel hilft hier zum Verständnis weiter: "So sollen die künftigen Mieter in der Prager Straße 20-28 einige Büros sowie große Gemeinschaftsküchen samt Speisezimmer für besondere Anlässe nutzen können."


    Es wäre in der Tat ein Wunder, wenn man Wohnungen ohne Küchen anbieten würde. Logisch ist, dass die Küchen bei einer 50m²-Wohnung nicht ausreichend Platz für Kochabenteuer und große Tafelrunden bieten werden. Zusätzliche (!) Bereiche, die gemeinschaftlich für diese Zwecke genutzt werden können, steigern im Endeffekt die Attraktivität der kleinen Wohnungen.


    Zum Projekt selbst: Das Ergebnis kommt einem Neubau gleich. Es ist ein wenig schade, dass die ursprüngliche Architektur vollständig getilgt wird. Wer vernünftig denkt, dem sollte allerdings auch klar sein, dass eine Vermarktung innerhalb der ursprünglichen Bausubstanz nicht machbar wäre :-/

    ^
    Besonders modern im Sinne einer Neu- oder Weiterentwicklung des Sakralbaus ist die Kirche sicherlich nicht. Vielmehr wurde sich wohl recht konservativ an der Kirchbauarchitektur der unmittelbaren (west)deutschen Nachkriegszeit orientiert.


    Sakralität ist - um ein wenig versönlich zu stimmen - ein ausgesprochen subjektiver Begriff. 100 Menschen haben hierzu auch 100 verschiedene Auffassungen. Deshalb kann man auch schlecht von einer Sakralität per se sprechen. Wichtig für die Umsetzung dieses doch relativ theoretischen und auch spirituellen Gedankens "Sakralität" ist vor allem die Selbsteinschätzung der bauenden Gemeinde.


    Identifiziert sich eine Gemeinde in Ihrem Glauben sachlich und zurückhaltend, wäre nichts unpassender als ein extrovertiertes und verspieltes Kirchengebäude in tiefgotischer oder barocker Anmutung. Insofern bleibt es vor allem den Gemeindemitglieder darüber zu entscheiden, ob die gebaute Umsetzung Ihres Glaubensgedankens auch dem eigenen Gefühl von Sakralität entspricht.


    Für unbeteiligte Passanten sorgen Turm und Kreuz als unmissverständliche Zeichen für Klarheit in der Funktion des Gebäudes. Meiner Meinung nach ist das genug Symbolik um die divergierenden Auffassungen über Sakralität in einem gemeinsamen Kern zusammenzufassen.


    Städtebaulich hätte es uns an diesem Bauplatz auch schlimmer treffen können. Eine Monotonie kann ich im Bau beim besten Willen nicht erkennen. Verschiedene Bauhöhen, mehrere in Proportion und Ausrichtung verschiedene Baukörper, lokale Natursteinverkleidung in im Reliefverbund - alles zusammen auf einem asymetrischen Grundriss. Auch in den Ansichten die Cowboy uns so schön präsentiert hat, zeigt sich eine gewisse perspektivische Vielfalt.

    LVZ : "Es passiert nichts ohne die Stiftung"

    Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht drängt auf einen Verkauf des Stadtbades:


    "Im vergangenen Herbst schrieb die Stadtverwaltung die 98 Jahre alte Immobilie zum Mindestpreis von einer halben Millionen Euro aus (die LVZ berichtete). Die Resonanz darauf war "überschaubar", räumt Albrecht ein. Kein Wunder. Der Umbau des ersten Wellenbades Europas zu einem modernen Wellnesstempel würde nach Berechnungen des Schweizer Bäder-Experten Stefan Kannewischer 25 Millionen Euro kosten.
    Albrechts Hoffnungen liegen nun auf einem Investor, über dessen Identität bis zu einem positiven Verhandlungsabschluss jedoch strenge Vertraulichkeit vereinbart wurde. Nur so viel sagt er über den Bewerber: "Er verfügt über gute Referenzen, hat in Deutschland schon große Vorhaben erfolgreich umgesetzt." Und, so Albrecht weiter: "Wir brauchen jemanden, der unsere Vorstellungen trägt und das Ganze auch finanziell darstellen kann. Wir als Stadt können es in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht." Vor allem zwei Forderungen sind es, die die Stadt an einen potenziellen Käufer stellt: Die Immobilie müsse öffentlich zugänglich sein und ein Betreiberkonzept eine "Bad- oder badähnliche Nutzung" vorsehen.


    Am 3. März wird sich der Grundstücksverkehrsausschuss des Stadtrates das erste Mal mit dem Kaufangebot befassen. Wenn das Gremium grünes Licht für Verhandlungen gibt, will Albrecht in konkrete Gespräche treten. Er bremst er jedoch zugleich Erwartungen, dass das Bad bis zu seinem 100. Geburtstag im Jahr 2016 wieder seine Pforten öffnen könnte: "Der Prozess wird nicht in einem Vierteljahr abgeschlossen sein.""


    Wichtig ist lt. LVZ auch dei Beteiligung der Stiftung am zukünftigen Kaufprozess. Mal sehen...

    LVZ: Baubeginn für Primark-Haus am 2. April

    Die LVZ berichtet heute, dass der Baustart für die Hainspitze am 2. April vollzogen werden soll:


    "Wie berichtet, steht als Hauptmieter für den geplanten Neubau die irische Modemarke Primark fest. Sie wird 9000 der insgesamt 14000 Quadratmeter Handelsflächen nutzen. Für die verbleibenden Läden laufen intensive Verhandlungen mit Interessenten aus den Bereichen Textilien, Schuhe, Accessoires und Gastronomie, erläuterte Jan Wetzel vom Leipziger Büro des Einzelhandels- und Immobilienvermittlers Comfort. [...]
    Im Stadtplanungsamt wurden gestern noch Details zu dem Großvorhaben an der Ecke Hainstraße, Brühl, Große Fleischergasse besprochen. Amtsleiter Jochem Lunebach sagte im Anschluss, er gehe fest davon aus, dass der Neubau mit seiner "exzellenten Fassadenarchitektur" im Frühjahr startet. Investoren-Sprecher Wohner verwies darauf, dass sich an dem im letzten November in der LVZ verkündeten Terminplan nichts geändert hat. Die Hainspitze soll im Spätherbst 2015 fertig sein. Investoren sind die Centrum-Gruppe, B&L sowie F1RST Immobilien."


    Ich gehe davon aus, dass es bei diesem Zeitplan bleibt. Primark hängt bereits ungeduldig in den Startlöchern.

    Δ Ob das Haus nun 1950 oder 2006 abgerissen wurde, wo ist der Unterschied? Was soll die Haarspalterei?
    Um es im Sinne meiner Lieblings-Comedy-Gruppe zu sagen:
    Dieses Haus ist nicht mehr. Es ist von uns gegangen. Es existiert nicht mehr. Es ruht in Frieden. Es gehört zu den Unsichtbaren. Es ist ein Ex-Haus...
    Und egal ab man den Papagei nun an die Stange nagelt oder eine Fassade kopiert und an einen Neubau klebt: Egal wann oder warum, weg ist leider weg.


    Authentisch kann es deshalb nicht mehr werden. Das gilt auch für die genannten sonstigen Beispiele. Disneyland ist eine Scheinwelt. Ein heiler Ort, an dem alles so ist, wie man es gerne hätte. Märchenschloss und New Orleans - Meile inklusive.


    Was unwiederbringlich verloren ist, dass lässt sich nicht wieder herstellen. Nur der Anschein, die Fantasie wird neu gebaut - Meiner Meinung nach zum Preis der gegenwärtigen Identität in Form zeitgemäßer Architektur. Weil wir aber nicht in einer Märchenwelt leben kann der Verlust der Chance eines echten Neubaus beklagt werden.

    olfrygt


    Was ist eine "kritische Rekonstruktion" und wie unterscheidet sie sich von einer (unkritischen) Rekonstruktion?


    Das frag mal bitte andere. Die Gänsefüßchen habe ich deshalb gesetzt, weil die Aussage im LVZ-Artikel als Zitat vom Unternehmenssprecher der Hotelkette gefallen ist. Warum wird hier "mitdiskutiert", ohne die derzeit einzige Quelle zum Neubau überhaupt überflogen zu haben?


    Jetzt filter ich die spürbare Portion Überheblichkeit aus Deinem Kommentar heraus und antworte auf einige Fragen:


    Das kann ich nicht nachvollziehen. Im Handelshof ist jetzt auch ein Hotel. Nur weil der Handelshof nicht zwischenzeitlich weggebombt wurde, ist er authentischer?


    Es ist doch immernoch ein Unterschied, ob ein bestehendes Gebäude umgebaut und umgenutzt wird, oder ob ein Neubau mit einer Fassadengestaltung versehen wird, die aus dem Jahr 1870 stammt. Auch hinter nahezu allen Wohnhäusern des Historismus hat sich inzwischen einiges getan. Nicht nur, was die Aufteilung der Räume anbetrifft, sondern auch hinsichtlich des bewohnenden Milieus. Naturgemäß unterliegt Bestandsarchitektur einem gewissen Wandel. Das steht aber nicht im Widerspruch dazu, dass zum Zeitpunkt der Entstehung eine Wechselwirkung zwischen Gestaltung und Nutzung vorherrschte. Im Hinblick auf den Hotelneubau am Kosmos-Haus ist das von vornherein ausgeschlossen.


    Wenn Archtekten zum Ziel haben, sich mit ihren Entwürfen selbst zu verwirklichen und der Sinn von Architektur darin gesehen wird, zwingend etwas (radikal) Neues zu entwerfen, dann wird Architektur zum Selbstzweck.


    Ich habe nirgends etwas von Selbstverwirklichung geschrieben. Dieser automatische Reflex geht mir langsam etwas auf den Zeiger. Nur weil ich der Meinung bin, dass aktuelle und zukünftige Bauvorhaben auch mit den Mitteln und der Stilsprache der Gegenwart und Zukunft realisiert werden sollen, ist es nicht legitim mir zu unterstellen eine (fiktive) Selbstherrlichkeit von Architekten zu propagieren. Gegenwärtige Architektursprache ist kein Teufelswerk und auch kein Selbstzweck, sondern bedarfsgerechte Umsetzung gegenwärtiger Ansprüche.


    Welche Sinn hat denn die Fassade noch, außer von den meisten als schön empfunden zu werden?


    Disqualifikation für ein Architekturforum...


    --------------------------------------------------------------------------


    Heinrich:


    Mich fasziniert in diesem Zusammenhang immer wieder, dass bestimmte architektonische Schulen ("Historismus") mit Verweis auf ihr Alter als „nicht zeitgemäß“ gelten, andere aber nicht. Ab wann läuft denn das Gültigkeitsdatum einer Gestaltungsrichtung ab? Ist das Bauhaus (immerhin bald 100 Jahre alt!) plötzlich anrüchig, wenn die Leute von Disney die erste Kopie der Unité d’Habitation neben eines ihrer Dornröschenschlösser stellen?


    Wieder werde ich missverstanden. ist das Absicht? Es ist doch völlig irrelevant welcher Zeit sich eine Kopie bedient. Ob nun ein Palais von 1870 ein Haus von 1920 oder ein Bau von 1970: es macht keinen Unterschied aus welcher Architekturepoche kopiert wird. Jeweils werden die Maßstäbe und Ansprüche des originären Zeitraumes den aktuellen Anforderungen an einen Neubau widersprechen.


    Noch ein Wort zu Deinen Ausführungen bzgl. Mies van der Rohe: Ehrlich? Ist das Dein Ernst? Wir reden bei van der Rohe von einer Wahrhaftigkeit der Baustruktur, die jedem überflüssigen Dekor entbehrt. Du willst mir nun weiß machen, es wäre ganz in seinem Sinne eine neo-historistische Fassade an einen Neubau zu kleben?!

    Hmmm... irgendwie schade.
    Die Roßbach-Fassade war ohne Zweifel sehr schmuck.
    Nach 70 Jahren mag ich einem Nachbau der Fassade jedoch nichts Positives mehr abgewinnen. Es hat ja nicht einmal einen kleinen Rest des alten Prachtbaus die Zeit überdauert, sodass man von einer "kritischen Rekonstruktion" sprechen könnte.


    Was da wohl kommen wird ist eine einfache Kopie eines längt vergangenen Zustandes, etwas das mich sehr an Disneyland erinnert. Eine Zierfassade ohne Bezug zur Realität dahinter. Den meisten mag die Optik sicher gefallen. Hässlich wird das - wenn man qualitativ nachbaut - auch nicht werden. Aber der Sinn geht verloren.


    Eine Fassade strahlt stets auch diverse Botschaften aus: darüber, was sich dahinter befinden mag und darüber welche Außenwirkung der Bauherr anstrebt. Diese Botschaften stehen für mich immer in einem zeitgebundenem Kontext. Packt man nunmehr die Fassade eines Bürger-Palais von 1870 vor einen Hotelneubau aus dem Jahr 2014, dann stimmen die Kontexte nicht mehr. Die Authentizität geht dabei gleich doppelt verloren.


    Am traurigsten an der ganzen Geschichte ist jedoch die verpasste Chance eine moderne und zeitgemäße Ringbebauung zu verwirklichen. Im Nachgang des Historismus schämte sich die Bauherrenschaft gern öffentlich darüber, dass man vermeintlich unfähig gewesen war, einen eigenen Stil zu finden. Dem allgemeinen Tenor dieser Aussagen kann ich meinerseits nur beipflichten. Das Unvermögen eigene architektonische Akzente zu setzen - oder setzen zu wollen - ist kein Ruhmesblatt für entsprechende Bauherren und Architekten.


    Abgedroschen genug, aber nach genau 90 Jahren immernoch aktuell wie eh und je: "Der Charakter unserer Zeit soll in unseren Bauten spürbar sein. Wir wollen die Form unserer Bauten aus dem Wesen der Aufgabe heraus gestalten, aber mit den Mitteln unserer Zeit." (Mies van der Rohe, 1923)

    ... die Prüfung eines anderen Standortes gar nicht erst erwägt wird (siehe diverse Aussagen von OB Jung, Frau Dubrau usw.) und ich meine damit keinen Standort im Gewerbegebiet sondern lediglich in anderen Stadtteilen.


    Und ich glaube, sowas will niemand in der direkten Wohnumgebung andauernd (auch hin und wieder am Woche kann manchen zu viel sein...) aushalten. Unweit der noch nicht vorhandenen Moschee ist bekanntlich eine weitere, was natürlich ideal als Marschroute für die NPD wäre.


    Diskussionen zu derartigen Themen sind grundsätzlich ein heikles Pflaster. Der offene Umgang der Stadt mit dieser Angelegenheit ist deshalb begrüßenswert. Auch auf die Gefahr hin queren und extremistischen Positionen ein Podium zu bieten. Wichtig ist, so empfinde ich das jedenfalls, die mystisch-befremdliche Anonymität der islamischen Gemeinde aufzubrechen. Nur so ist Ihre Integration in das öffentliche Leben überhaupt möglich. Schon der Bau selbst ist ein wichtiger Schritt in genau diese Richtung. Je öffentlicher der Gemeindemittelpunkt einer vorwiegend fremdländischen Bürgerschaft ist, umso größer sind auch die Chancen auf Austausch und gemeinschaftliches Zusammenleben mit der Nachbarschaft.


    Ein Gebetsraum im Hinterhof, im Gewerbegebiet oder in einer 3-Zimmer-Wohnung vermittelt immer auch einen Aspekt der Abschottung und Abgrenzung. Die Gemeinde bliebe unter sich, der Kontakt zur Nachbarschaft wäre minimal. Das Außenbild bliebe fremd und suspekt.


    Scheinheilig finde ich deshalb Äußerungen, die einerseits bemüht sind, Ihren Argwohn gegen Gemeinde und Gotteshaus zu kaschieren, aber andererseits einer ziemlich unanständigen Mentalität folgen: "Nur nicht vor meiner Haustür". Interaktion wird dabei im Keim erstickt und man verweigert sich einer ergebnisoffenen Beschäftigung mit der Thematik.


    So billig das klingt, aber Dialog ist nunmal ein Grundpfeiler zwischenmenschlichen Zusammenlebens. Über eine derartige Sache reden bringt unglaublich wenig. Mit den Menschen reden ist so viel wichtiger. So mancher wäre sicherlich davon überrascht, welch' netten Menschen da ein Gotteshaus verweigert werden soll.



    Zur Architektur sei - nicht nur pro forma - auch noch ein Schwang ergänzt:
    Gerade auf so konfliktreichem Terrain ist es wichtig die Balance zwischen notwendiger Öffentlichkeit und gebotener Zurückhaltung zu wahren. Das ist im vorliegenden Fall ausgesprochen gut gelungen. Der Baugrund liegt markant im öffentlichen Raum, während das Gebäude selbst als gottesdienstlicher Nutzraum gelten kann - ergänzt durch reduzierte Bausymbolik. Es ist sowohl der Gemeindegröße angemessen, als auch unmittelbar als islamisches Gebetshaus erkennbar. Die Moschee vermittelt im Straßenraum keinen markanten oder gar dominanten Eindruck. Das wäre auch übertrieben und nicht notwendig. Allein die Präsenz der andersartigen Baugestaltung schafft die erforderliche Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit.


    Ich hätte mir einzig eine etwas modernere Gestaltung gewünscht. Zurückhaltung wurde hier leider etwas mit Reduzierung auf ein recht konservatives und wenig innovatives Grundschema verwechselt. Das geringe Budget der Gemeinde dürfte aber sicher auch kaum großen Spielraum für Experimente gelassen haben.

    ^
    Die Aufregung um die Hinrichsenstraße 31 halte ich für etwas übertrieben. Die Farbe mag jetzt nicht ausgesprochen freundlich daher kommen, sie liegt aber doch im Trend der Zeit. Nicht unbedingt immer auf Architektur angewendet sind Farben dieser Art aber zur Zeit modern.


    Augenkrebs bekomm ich davon jedenfalls nicht. Eher schon von solchen Katastrophen: https://maps.google.de/maps?q=…oew&cbp=12,68.75,,0,-14.4


    Ansonsten ist der Bau nicht weiter spektakulär. Die hochrechteckigen Fenster mag ich mehr, die recht tief eingeschnittenen Balkone eher weniger.
    Das Staffelgeschoss nimmt etwas Wucht heraus.
    Einen Vorteil mag der dunkle Farbanstrich vielleicht auch haben. Im Vergleich zu den unzähligen weißgetünchten Rauputzfassaden der Neubauten der 2000er Jahre werden die Fassaden nicht schon nach einigen Monaten "dreckig" aussehen.

    ^ hui, hier weht ja eine deftige Brise Aggression durchs Forum :ko:


    Zunächst folgendes: Ich bin außerordendlich erfreut darüber, dass der Wettbewerb überhaupt stattfand und dass er zudem solch unterschiedliche Resultate hervorgebracht hat. Für mich ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass auch im Supermarkt-Bau architektonisches Potential steckt. Leider wird dieses mangels Interesse und Engagement der Bauherren zu selten geweckt.


    Kühnl & Schmidt haben einen Entwurf abgeliefert, der durchaus auf der Höhe der Zeit ist. Die Glas-Optik mach einen zeitgemäßen Eindruck und die runden "Ecken" nehmen dem Bau die sonst so oft vorherrschende Strenge bei Supermarktbauten. Zudem weckt die Glasfassade die Hoffnung auf bessere Pflegemöglichkeiten gerade im Bezug auf Graffiti etc.. Besser zu reinigen als Putz oder Beton ist das allemal.


    Der Entwurf von DNR wirkt bunter, aber wenig originell. Im Grunde ist das ganze nix anderes als eine verspieltere - und nicht unbedingt bessere - Variante des Konsum-Supermarktes in der Könneritzstraße.


    RKW haben mich arg enttäuscht. Die dunkle Farbgebung und die lange Wand von grauem Wellblech(?) wirken nicht besonders einladend. Für mich ist das alles recht lieblos entworfen, fast ein wenig billig. Ich kann mich an Kaufhallen in diesem Design erinnern. Allein der wiederholte Schriftzug REWEREWEREWER ... lockert eine ewig lange, graue Wand nicht auf.


    Bei Mann und Schott bin ich zwiegespalten. Der Entwurf mag sicherlich von der Idee her kein schlechter sein. Schade das wir hier nur eine Ansicht, sozusagen die Schokoladenseite, sehen. Ein Urteil kann man sich so natürlich kaum bilden. Nachteil wird für Rewe allerdings wohl gerade die hier sichtbare enorme Masse "toter" Wand gewesen sein. Hier müsste viel Geld ohne wirklichen Nutzwert, allein für einen optischen Effekt, verbaut werden. Da kann ich die Abneigung des Bauherren nachvollziehen.


    Insgesamt geht für meine Meinung der erste Rang in Ordnung. Mit Ausnahme des Entwurfes von RKW könnte ich aber auch mit den anderen Entwürfen weitestgehend leben. Eine Aufwertung im Hinblick auf die zahlreichen einfallslosen Supermarktneubauten, die beinahe täglich hoch- bzw. eher breitgezogen werden, stellen sie allemal dar. Es sollte mehr Wettbewerbe dieser Art geben.

    ^
    Ich denke einfach, dass der Zurückhaltung ein Problem zugrunde liegt, dass auch wir so haben: fehlendes Bildmaterial. Aus mir unerfindlichen Gründen ist es ja ausgesprochen schwer überhaupt nur an ein paar ausgewählte Entwurfsgrafiken der Wettbewerbsteilnehmer zu kommen. Gut möglich, dass auch die Lokalblätter keine weiteren Abbildungen zur Verfügung haben und deshalb weitere Berichterstattung wenig Sinn macht.


    Der Siegerentwurf gefällt mir übrigens genauso gut, wie der Mehrheit hier im Forum. Das gilt jedenfalls für die Grafik. Hinsichtlich der Funktionalität des Säulengartens habe ich aber noch einige Zweifel. Gerade bei Regen oder Schnee bergen die offenen Stellen im 'Dach' Potential für etwas Ärger in der Nutzung.
    Aber darüber wird man sich sicher schon Gedanken gemacht haben.


    Ansonsten ist die Idee aber spitze, Raumkanten auch ohne Gebäudekanten zu markieren.

    ^
    Das Schrägparken und die Einbahnstraßenregelung waren tatsächlich Ideen die von den Schleußigern gemeinsam mit der HTWK entwickelt worden waren. Dabei war aber stets betont, dass diese Lösungen als Solitär nicht genügen können. Es braucht ein schlüssiges Bündel aus verschiedensten Maßnahmen, die ineinander greifen müssen, um das Problem zu lösen. Es hilft ja nix, die Gehwege endgültig als Ausweichmöglichkeit zu blockieren, ohne aber das eigentliche Problem (nämlich einen Mangel legaler Parkplätze) in angemessenem Umfang anzugehen ;) Ich kenne auch keinen, der mit der Situation des Gehwegparkens zufrieden ist, so wie sie sich jetzt darstellt. Das rangieren und fahren auf einem Gehweg, der dafür nicht ausgelegt ist, betrachten viele Bekannte auch nur als Notlösung. Bequemlichkeit, die da so oft unterstellt wird, sieht m.M. nach anders aus. Es entschuldigt nix, aber für Gehwegparker ist das Auffahren, Einrangieren und Abstellen mit größerem Stress und Aufwand verbunden, als mit einem normalen Parkplatz. Schleußiger fahren ja nicht immer die kleinsten Autos :P .Freiwillig machen das sicher die wenigsten. Man hat also potentiell eine breite Basis an Bürgern, die hier an einem Strang ziehen könnte, um das Problem zu lösen - aber man verprellt lieber die Autofahrer als ganze Gruppe. Ich sagte es ja schon. Läuft die geplante Maßnahme so wie sie sich jetzt darstellt an, dann bekommen alle Autofahrer in Schleußig arge Probleme und logischerweise nicht nur jene auf dem Gehweg. Bei dem geringen Potential an Stellflächen wirken sich 160 Autos mehr ziemlich heftig aus.


    Man kann also Fahrradbügel aufstellen und das Ordnungsamt auf Streife schicken, aber das Grundproblem wird man damit nicht bekämpfen können: Im Viertel gibt es zu viele Autos für zu wenige Stellflächen. Gerade von einer grün-unterstützen Baubürgermeisterin hätte ich mehr als diese schlichte Law-and-Order-Mentalität erwartet. Das Konzept des Bürgervereins und der HTWK gab ja schon zahlreiche weitere notwenige Maßnahmen vor, die am besten schon vor einer Blockade der Gehwege angegangen werden müssten, um effektiv zu werden: Verbesserung des ÖPNV (die Preise, die Fahrzeiten, eine weitere Haltestelle), Aufbau einer Quartiersgarage, Ausweitung des Car-Sharing Angebotes, Verbesserung der Straßensituation insbesondere für Radfahrer - so kann die Könneritzstraße doch nicht ernsthaft als sichere Strecke für Radfahrer bezeichnet werden, von den Nebenstraßen mal ganz zu schweigen*. Etc. pp.
    Mit den jetzigen Maßnahmen wird die Stadt wohl ein ziemliches Chaos produzieren. Vielleicht bricht keine Apokalypse über dem Straßenverkehr im Viertel drein, aber man kann schon verstopfte und blockierte Straßen und ein allgemein höheres Verkehrsaufkommen in den Nebenstraßen prognostizieren. Parken in zweiter Reihe (in den engen Nebenstraßen = Blockade des ganzen Fahrweges), ewig kreisende PKWs, frustrierte Autofahrer und an unmöglichsten Stellen geparkte Autos werden ziemlich sicher für Probleme sorgen.




    *[hier eine Anmerkung: Radbügel in Nebenstraßen aufzustellen, die entweder aus Kopfsteinpflaster bestehen oder Schlaglochpisten sind, führt nur dazu, dass demnächst statt Autos zahlreiche Fahrräder auf den breiten Gehwegen herumfahren werden. Ob das nun viel sicherer für die Fußgänger ist?]