So ein Quatsch! Diesem Blödsinn widerspreche ich entschieden.
Erstmal zum Grundsätzlichen: alles, was für Frankreich gut ist, ist auch gut für Deutschland. Es ist eine völlig irrige, nationalistische und gestrige Denkweise, dass der Vorteil von einem EU-Mitglied der Nachteil des anderen sein müsse. Das ist schlicht falsch. Ich erinnere nur mal daran, dass Frankreich einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands ist, und dass alle Mitgliedsstaaten für sich genommen in der heutigen globalisierten Welt viel zu klein wären, um irgendetwas (wirtschafts-)politisch allein ausrichten zu können. Das geht nur gemeinsam. Der europäische Binnenmarkt als Ganzes und die enge Beziehung der größten und zweitgrößten Volkswirtschaft Europas untereinander sind die entscheidenden Faktoren für den Wohlstand hierzulande, gerade auch in Frankfurt. Oder glaubt jemand ernsthaft, dass Frankfurt als Finanzzentrum nur für Deutschland so prächtig dastünde, wie es der Fall ist? Nein? Dann ist es doch nur logisch, sich für ein starkes vereintes Europa einsetzen zu müssen, wenn einem der Finanzplatz Frankfurt wichtig ist! Und dazu zählt natürlich auch ein starkes Frankreich. Wenn unser Nachbarland taumelt, besteht die Gefahr, dass es in einen rechtspopulistischen und antieuropäischen Strudel gerät, und die Folgen davon möchte ich mir gar nicht ausmalen. Also müssen wir Präsident Macron unterstützen, im besten Interesse Europas und Deutschlands.
Dann zur Coronakrise und die Reaktion der EU darauf: es war völlig richtig, eine gemeinsame europäische Antwort auf die massiven wirtschaftlichen Einbrüche als Folge der unverschuldeten Gesundheitskrise zu geben. Dafür fließt aber kein Geld vom deutschen Steuerzahler! Das sind Fake News. Die EU-Kommission begibt vielmehr gemeinsame europäische Anleihen am Kapitalmarkt für die Aufbaubauhilfe nach der Krise - und zwar insbesondere für die Themen Nachhaltigkeit (Green Deal) und Digitalisierung. Beides enorm wichtige Politikbereiche. Die Mitgliedstaaten haften gemeinsam für die Schulden, aber es fließt eben kein Steuergeld von einem Land ins andere. Wer das behauptet, lügt bewusst oder hat es einfach nicht verstanden. Diese Mittel zur Krisenbewältigung aus den neuen EU-Anleihen werden an alle EU-Länder vergeben, aber natürlich fließen sinnvollerweise prozentual die meisten Mittel an die Länder, die auch am stärksten von der Krise betroffen sind - nochmal, unverschuldet. Italien, Frankreich und Spanien haben es sich nicht ausgesucht, dass sie die meisten Opfer zu beklagen haben und die Einschränkungen des Wirtschaftslebens am härtesten ausfielen. Was die Rückzahlung dieser neuen Anleihen angeht, so wird ein Teil über die Mitgliedsbeiträge in den EU-Haushalt zurückgezahlt, d.h. es handelt sich um Kredite. Der andere Teil sind direkte Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Trotzdem muss aber natürlich irgendjemand dafür aufkommen, denn auch die Anleihegläubiger vom Kapitalmarkt wollen irgendwann ihr Geld zurück - und aufkommen werden die Mitgliedsländer über den EU-Haushalt und auch, das ist neu, die EU selbst über eigene Steuern. Bislang ist eine Abgabe auf nicht wiederverwerteten Plastikmüll geplant, eine Digitalsteuer für die dominanten US-Konzerne könnte dazukommen.
Zum Nachlesen hier entlang, und zur weiteren Vertiefung eine sehr unterstützeswerte Idee.
Nochmal: es macht einen Unterschied, ob die Mitgliedstaaten gemeinsam die Garantie für die europäischen Anleihen entsprechend ihrem Beitrag zum EU-Haushalt übernehmen, oder ob Steuergelder von einem Land ins andere fließen. Letzteres ist nicht der Fall. Und dass Deutschland natürlich weiterhin (wie bisher auch) der größte Nettozahler für den EU-Haushalt ist und prozentual für das größte Volumen der europäischen Anleihen haftet, versteht sich von selbst, oder? Irgendein Land muss ja der größe Nettozahler sein, und sinnvollerweise ist das dann das größte Land mit der größten Volkswirtschaft in der EU. Wer denn sonst? Und worin genau sollte der "übermäßige" Einfluß Frankreichs bestehen?
Abschließend zum angeblichen "Anti-Frankfurt-Pakt": wenn Mercedes-Benz eine Werbekampagne für sich macht, ist das dann ein Anti-BMW-Pakt? Blödsinn. Es herrscht natürlich ein Standort-Wettbewerb, innerhalb der EU genauso wie innerhalb Deutschlands. Das ist gesund und willkommen. Es herrscht auch Wettbewerb zwischen anderen Finanzzentren in Europa, Luxembourg, Amsterdam oder Dublin zum Beispiel. Beteiligen die sich auch an diesem ominösen Pakt? Einen Pakt müssen ja immer mehrere Parteien schließen, sonst ist es kein Pakt. Wie kommt man auf solche abstrusen Ideen? Ich persönlich freue mich jedenfalls über ein neues Hochhaus in Paris (in La Defense) genauso wie über einen neuen Turm in Frankfurt. Ich rufe an dieser Stelle dazu auf, stärker europäisch zu denken. Gerade hier in Frankfurt, im Herzen von Europa. Das besingen wir bei jedem Spiel der Eintracht im Waldstadion, also handeln wir auch danach!