Vielleicht an dieser Stelle ein kleiner fachrechtlicher Einschub:
Die Gegner des Abrisses berufen sich ja darauf, dass gute Chancen bestehen, dass die Abrissgenehmigung nicht erteilt werden kann.
Wenn wir uns dazu einmal die entsprechende Passage aus dem Hamburgischen Denkmalschutzgesetz angucken, steht unter § 9 II:
(2) Die beantragte Genehmigung [auf Beseitigung, Änderung uetc.] darf nur versagt werden, wenn ihr überwiegende Gründe des Denkmalschutzes entgegenstehen. Sie ist zu erteilen, sofern überwiegende öffentliche Interessen dies verlangen, dabei sind insbesondere Belange des Wohnungsbaus, der energetischen Sanierung, des Einsatzes erneuerbarer Energien und die Belange von Menschen mit Behinderungen oder Mobilitätsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen. Der Senat kann alle Entscheidungen selbst treffen. Entscheidet der Senat, ist die Frist des § 11 Absatz 1 während dieses Zeitraums gehemmt.
Satz 1 erklärt sehr einfach, was der einzige Sachverhalt ist, unter dem eine Genehmigung zu versagen ist, nämlich überwiegende Gründe des Denkmalschutzes.
Das Gesetz impliziert damit, dass Denkmalschutz nicht in jedem Falle gleich hohe Hürden aufbaut, sondern dass es - vereinfacht gesagt - überwiegende und nicht überwiegende bzw. sonstige Gründe des Denkmalschutzes gibt. Um die Abrissgenehmigung also zu versagen, muss das Denkmalschutzamt darlegen, dass der Erhalt so stark wiegt, dass er alle anderen Belange überwiegt. Und hier ist natürlich Raum für subjektive Urteile, etwa bezogen auf die Einmaligkeit des Bauwerks.
Satz 2 benennt, wann eine Genehmigung zwingend zu erteilen ist, nämlich beim Vorliegen überwiegender öffentlicher Interessen.
Das im zweiten Teilsatz verwendete "insbesondere" weist darauf hin, dass die im folgenden genannten Belange ein besonderes Gewicht bei der Abwägung haben, jedoch nicht die einzigen Belange sind, die bei der Findung einer Entscheidung angeführt werden können.
Worin diese weiter gefassten öffentlichen Interessen im Detail bestehen, ist im Denkmalschutzgesetz nicht geregelt, aber ich denke, dass hierzu die unter § 1VI BauGB benannten Belange herangezogen werden können.
Einschlägig dürften etwa folgende Aspekte sein:
- die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen,
- die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile
- die Belange der Baukultur, (...) die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
- die Belange der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
- die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung -> hier etwa das Innenstadtkonzept
Und auch die Liste des BauGB ist nicht abschließend, auch hier besteht Offenheit für weitere öffentliche Interessen. So denke ich etwa, dass der Beitrag der Neuentwicklung der Fläche zu Veränderungen im angrenzenden und weiter gefassten Umfeld (Verknüpfung Innenstadt - Kontorhausviertel - HafenCity, Entwicklung und Stärkung des Kontorhausviertels) ebenfalls als valide öffentliche Interessen angeführt werden können.
Und Satz 3 erklärt schließlich noch, dass der Senat das Denkmalschutzamt bei der Genehmigung overrulen kann...
Und letztlich ist das Denkmalschutzgesetz auch nicht zum Schutz der Öffentlichkeit gedacht. Subjektive Rechte werden nur im Bereich der Regelungen berührt, die die Verfügungsberechtigten, d.h. etwa die Eigentümer, eines Denkmals betreffen, also deren Rechte (z.B. Recht auf Genehmigung eines Abrisses) und Pflichten (z.B. Pflicht zum Erhalt) bestimmen. Als Außenstehender kann ich jedoch wohl kaum gegen einen Abbruchbescheid klagen, da zur Anfechtung eines VA nach 42 II VwGO eine subjektiv-öffentliche Betroffenheit des Klägers vorliegen muss. Und diese in diesem Fall zu erkennen, finde ich schwierig...
Zusammengefasst: Mal ganz entspannt rangehen, der Senat wird schon wissen, was er tut.
Und bezogen auf die von den Abrissgegnern geschürten Ängste bezüglich der Aberkennung des Weltkulturerbestatus': Die Unesco klang im Rahmen der Berichterstattung zum Wettbewerbsergebnis jetzt nicht wirklich besorgt oder erbost über das Vorhaben...