Interessante Argumentation, Denkmalschutz treibt Mietpreise in die Höhe und ist deshalb abzulehnen - bei Gründerzeitlern fragt da seltsamerweise kaum je jemand nach oder wittert gar eine Entwicklung wider das allgemeine Interesse.
Zur Sanierung: Nur weil das Taut-Portal verhunzt wurde, heißt das nicht, das moderne Architektur nicht denkmalgerecht saniert werden kann, aber das weißt Du sicher genauso wie ich, unterschlägst es aber der Polemik halber sicher gerne.
Beiträge von ulgemax
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Stadtstruktur: Was geht es uns gut, wenn das der Baustandard der Eigenheime in Brunsbüttel ist!
Zitat Immobilienscout:
"- dunkles Vollholzparkett oder veredelter Estrich
- graue italienische Designerfliesen in allen Bädern
- eine per Fernabfrage und Smartphone regulierbare Einzelraum-Fußbodenheizung
- Raumhöhe 3,80 m - 6 m
- neue Doppelkastenfenster mit moderner 3-fach-Isolierverglasung mit Schallschutzklasse 5 und Außenjalousien zum Sonnenschutz
- Kamin im Turm (optional)
- Badausstattung: große Duschen, teilweise Badewanne, - teilweise Doppelwaschtisch, Falper- Unterschränken und Fantini-Designarmaturen
- Sauna optional
- voll ausgestattete Luxusküche von der Marke Leicht
- drei Terrassen
- einzigartiger Panorama-Blick über Berlin im Turm
- BUS-Elektroanlage mit Zentralfunktion + iPad Steue-rung
- Bodentanks mit CAT 6 Verkabelung
- Alarm- und Videosystem von Bosch vorverkabelt, An-lagen können zusätzlich geleast werden
- Rauchmeldesystem" -
Das kann man so auch nicht sagen, belebte Erdgeschosse und gefasste Straßenräume sind ja auch mit Hochhäusern machbar, s. Potsdamer Platz, Breitscheidplatz, Chicago, NYC... Die Frage ist meines Erachtens eher eine typologische: Ist es richtig, die DDR-Planung mit einem weiteren Hochhaus zu legitimieren, oder ist nicht eine Abkehr davon zu wieder kleinteiligeren, parzellenbasierten und in der Höhe der einstigen Altstadt nahe kommenderen Baustrukturen langfristig richtiger an diesem Ort? Meiner Meinung nach wäre Letzteres wünschenswert.
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Auch wenn Berlin aufgrund seiner Vielzahl an Zentren und Entwicklungsschwerpunkten in D sicher eine Sonderstellung einnimmt, können aus anderen deutschen Großstädten für diese Situation in meinen Augen durchaus Schlüsse gezogen werden: In keiner mir bekannten Großstadt wird heute der Hauptdurchgangsverkehr noch durch den Stadtkern geführt, sondern in den meisten Fällen über die ehemaligen Wallanlagen drumherum bzw. über mittlere und äußere Ringanlagen und Umgehungsstraßen. Übertragen auf Berlin bedeutete das, ob es dem Berliner Autofahrer nicht zumutbar wäre, den Stadtkern über Torstraße/Invalidenstraße im Norden bzw. ab Frankfurter Tor über Kreuzberg (Schlesisches Tor bis Hallesches Tor) und weiter dem Landwehrkanal folgend zu umfahren, um die Verbindung Potsdamer Platz/Alexanderplatz vom individuellen Autoverkehr entlasten (wohlgemerkt, nicht komplett sperren) und somit Entwicklungschancen hin zu einer vielfältigeren Nutzung in Bauten und öffentlichen Räumen erschließen zu können. Wie Konstantin richtig anmerkt, ist der Berliner Verkehrsteilnehmer in der Regel erprobt in der Suche und im Gebrauch neuer Verbindungen.
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Vielleicht habe ich es überlesen, aber bislang vermisse ich den Hinweis darauf, dass in Scharouns Planung für diesen Ort niemals eine Freifläche vorgesehen war, sondern ein terrassiertes, ähnlich flaches und flächiges Gebäude, das als Gästewohnhaus dienen sollte. Städtebaulich ist H&deM zumindest von den Freunden des Kulturforums scharounscher Prägung nur schwer ein Strick zu drehen.
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Ich würde einen Erhalt des Kempinski sehr begrüßen, zeigt das Gebäude doch eine für die fünfziger Jahre recht ungewöhnliche, "urbane" Einpassung in die Kurfürstendamm-Bebauung; eben keine freistehende Zeile, sondern ein Gebäude, das mit seinen Vor- und Rücksprüngen, dem Auf und Ab seiner verschiedenen Bauabschnitte, dem klar artikulierten Sockel und der eleganten Natursteinfassade eine in D eher seltene Spielart der Nachkriegsmoderne darstellt. Hier lässt Architekt Paul Schwebes die Großstadtmoderne der 20er Jahre à la Mendelsohn, Luckhardt & Anker, Max Taut etc. jedenfalls noch einmal aufleben, bevor dieser Traditionsfaden reißt und erst sehr viele Jahre später wieder aufgenommen werden sollte.
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Ja, dieses Argument schafft wirklich ganz viel Platz in Berlin und anderen deutschen Städten, von daher, weg mit dem Zeuch!
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Nach dieser Logik könnten wir uns aber endlich auch der störenden Marienkirche entledigen, die einer großzügigen Neugestaltung im Wege steht. Beispiele für Backsteingotik gibt es spätestens an der Ostseeküste sehr viel bedeutendere.
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@pumpernickel: Der Städtebau der Moderne wurde am ERP sozusagen zurückimportiert - Mies van der Rohes Entwurf für die Umgestaltung des Alexanderplatzes 1929 ist das eigentliche Vorbild für den Platz.
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Na ja, ein "subjektives Urteil Einzelner" ist es ja eher selten, was die Beurteilung eines Werks der Architektur als Ikone oder Massenware ausmacht. Du nennst ja selbst einige Kriterien, die zur Beurteilung herangezogen werden können - nach keinem einzigen ist die Petrikirche von Strack als "kanonisch" zu bewerten. Es ist eben generell so, dass der Kirchenbau in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht gerade Taktgeber der Entwicklung war: Während seinerzeit bedeutende Werke in neuen Bauaufgaben entstanden, die auch heute in ihrer Bedeutung nicht in Frage stehen - in Berlin sei auf die Bauaufgabe "Bahnhof", "Museum", "Industrie", "Warenhaus" verwiesen -, blieb der Kirchenbau doch weit hinter den Leistungen in Frankreich (Viollet-le-Duc) und England (Pugin) zurück. Ich wüsste nicht ein einziges Gebäude der Jahre 1850-1900 zu nennen, das damals in Berlin entstanden ist und einen Anstoß gegeben hätte für eine weiterführende Debatte und nachfolgende Entwurfsleistungen. Von daher käme einer erhaltenen Petrikirche sicherlich ein historischer Wert zu als Zeugnis der damaligen Kirchenarchitektur, da sie nun aber nicht mehr exisitiert, wüsste ich nicht, woran sich eine Rekonstruktionsdebatte fest machen ließe. Ähnlich ist es mit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, die heute als Zeugnis des Wiederaufbaus unter Denkmalschutz steht, deren ursprünglicher Architektur aber wenig Bedeutung beigemessen wird. Was ja nicht heißen soll, das hier jeder Einzelne ein individuell anderes "Geschmacksurteil" fällen mag...
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Zumal sich für die Beurteilung eines Gebäudes als Baudenkmal gelegentlich auch Gründe finden, die über die bloße Straßenansicht hinausgehen - sei es eine besondere Konstruktion, eine wegweisende Grundrisslösung oder eine besondere Innenausstattung. Aber Lingster hat wahrscheinlich Röntgenblick und kann sich allein von der äußeren Betrachtung sämtliche Innereien erschließen um zu wissen, dass sein Urteil auf jeden Fall dem des Denkmalpflegers überlegen ist.
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Ähm ... nein, mit Verlaub. Ich finde den Verlust eines Baudenkmals grundsätzlich immer bedauerlich, egal, ob mir das Gebäude nun gefällt oder nicht, sozusagen ganz losgelöst von meinem persönlichen Geschmack.
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@Dickes B: Wie man seinen eigenen Geschmack dermaßen wichtig nehmen und sich über den Verlust eines eingetragenen Baudenkmals so freuen kann, dass man diesem noch ein "Schandfleck" hinterdrein rufen muss, wird sich mir nie erschließen.
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Skurril, war doch 1999 ein Wettbewerb für den Neubau eines Multiplexkinos auf diesem Grundstück durchgeführt worden, den Benedikt Tonon gewannn. Später musste er dann auf Parkhaus mit Hotel umplanen...
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Hingegen finde ich den Leipziger Platz im Großen und Ganzen gelungen. Das, was der modernen Architektur von ihren Gegnern immer wieder entgegengeschleudert wird - keine Stadträume gestalten zu können, sondern nur beziehungslos zueinander platzierte Solitäre - ist hier doch ganz gut gelungen: Der Platz wirkt als Raum, relativ homogen umschlossen, so, wie das über Jahrhunderte in unseren Städten der Fall war. Einzelne Fassaden sind etwas raffinierter gestaltet und hochwertiger ausgeführt, andere weniger, aber im Großen und Ganzen macht sich hier kein Einzelbau übermäßig wichtig, und doch gibt es Unterschiede zu entdecken innerhalb der vermeintlichen Monotonie. Am Pariser Platz wird doch gemeinhin die AdK als privatistisch-egomaner Ausfall geschurigelt, so etwas ist hier vermieden worden. Wenn man sich das Ganze nun etwas patiniert und "eingewachsen" vorstellt, in 30 oder 40 Jahren vielleicht das erste Gebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wird, wird sich der LP, so wie er in den letzten 20 Jahren aufgebaut worden ist, als gute Basis für die Weiterarbeit erweisen, dessen bin ich mir ziemlich sicher.
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Soweit die Bildqualität das Urteil gestattet, sieht das alles noch viel billiger und liebloser aus, als je zu befürchten war. Retro-Architektur hin oder her, und auch die Zerstörung der Schinkel-Kirche sei mal außen vorgelassen, aber das wirkt alles so derartig papiern, quasi ganz materiallos, dazu noch schlecht proportioniert und auch architektonisch fragwürdig, dass ich in diesem Projekt nur eine komplett vertane Chance sehen kann. Man nehme nur den nördlichen Kopfbau auf dem vorletzten Bild: Es wirkt mit den aufgerissenen Ecken geradezu so, als würden seine Fassaden wie Bierdeckel gleich vornüber kippen.
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infoarchitect: Das Außenministerium der DDR war in meinen Augen ein schöner, geradliniger Bau seiner Zeit, sicher nicht das Schlechteste, was damals in Berlin entstanden ist. Dass es abgerissen wurde, hatte wohl weniger mit seiner Architektur als mit seiner städtebaulich-ideologischen Rolle als Teil des Haupstadtforums des untergegangenen Staates zu tun, und außerdem sollte an seiner Stelle unbedingt die Bauakademie wiederaufgebaut werden, weshalb der große, sperrig wirkende Querriegel wohl auch fallen musste.
Am Potsdamer Platz ist in den letzten zwanzig Jahren keine ähnliche Fassadenkonstruktion entstanden, soweit ich das überblicke. Das, was dort entstanden ist - die Gebäude von Piano, Kollhoff, Jahn, Hilmer & Sattler, Müller Reimann, Grassi -, trifft vielleicht nicht jedermanns Geschmack, "billig wirkende Scheinwolkenkratzer" sind es nun aber auch nicht gerade - nimm nur die Natursteinfassade des hellgrauen Kollhoff-Baus, das ist allein vom Material her mehr Masse, als in München in den letzten dreißig Jahren an Naturstein verbaut worden ist... -
Das "Feuer unterm Ar..." ist in meinen Augen auch überfällig nach Jahrzehnten autogerechter Stadtplanung, ich habe jedenfalls auch unterschrieben, wohl wissend, dass die Forderungen Utopiedenken sind, aber wie gesagt, die 100-Prozent-Auto-Stadtplanung damit vielleicht um ein, zwei Prozent in eine andere Richtung zu drücken, wäre
schon ein Gewinn. -
Man kann nicht alle Gefahren aus der Welt schaffen - kleine, tapsige Kinder können sogar in Pfützen ertrinken, und die können auch nicht alle eingezäunt werden nach jedem Schauer. Müssen die Eltern halt aufpassen, während sie ihren Kuchen löffeln.
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Die stark spiegelnde Verglasung lässt das Gebäude sehr abweisend wirken, passt andererseits aber zum Bauherrn, der sich ja auch andernorts hinter stark spiegelnden Gläsern verschanzt. Städtebaulich aber erscheint mir das Projekt ein Gewinn für den ERP, die freistehenden Hochhäuser kommen durch diese Halt gebende Fassung nur noch besser zur Geltung.