Bürgermeister-Müller-Haus
Mit gewissem erstaunen habe ich gesehen, dass das gesamte Fachwerk an der Vorderfront und der Giebelseite durch neues Kalksandstein-Mauerwerk ersetzt wurde. Kann man da überhaupt noch von einer "denkmalgerechten Sanierung" sprechen?
Danke, leipziger, für Deine Anfrage. Ich darf Dir und Euch allen hier die Antwort der Architektin Ulrike Kabitzsch weiterleiten:
Der Abbruch des Fachwerkes an Straßen- und Giebelfront erfolgte in gemeinsamer Entscheidung zwischen dem Amt für Bauordnung und Denkmalpflege, dem verantw. Statikbüro Rolf Seifert und dem Bauherrn. Entscheidend war der stark geschädigte Bauzustand.
Bauherr und beteiligte Planer mussten mit großem Bedauern feststellen, dass von der originalen Bausubstanz des 300 Jahre alten Gebäude nicht viel erhalten werden kann. Für die in großem Umfang unbrauchbar gewordenen, teilweise ganz verrotteten Decken und Fachwerksglieder war die ungehinderte Nässeeinwirkung der letzten 8 Jahre ausschlaggebend.
Dort, wo nun statt Reparatur zu erneuern ist, wird immer wieder neu entschieden, was materialgetreu ersetzt werden kann und wo aus bautechnischen und bauphysikalischen Zwängen eine alternative Lösung gefunden werden muß.
Für die Straßen- und Giebelfronten sieht man gestalterisch den Schwerpunkt in der Wiederherstellung der Putzfassade des 18. Jahrhunderts mit der für diese Zeit typischen Farbgebung und Bänderung. Diese Fassung passt zur Bedeutung des Patrimonialgerichtes, dass in diesem Hause zu Lebzeiten des hier geborenen Bürgermeisters Carl Wilhelm Müller untergebracht war. Außerdem entspricht diese Außengestaltung stilistisch der befundeten Innenausmalung in Treppenhaus und Vorsaal, die unter Regie der Restauratorin D. Arnold wieder zur Ausgeführung gelangen soll.
Das nach Prüfung durch den Holzschutzgutachter M. Meinke zur Wiederverwendung freigegebene Holz aus dem abgetragenen Giebelfachwerk wird bei der Reparatur des Fachwerkes auf der Hofseite verwendet. Hier war das Fachwerk immer frei sichtbar und wird einschl. der originalen Fensteröffnungen so auch erhalten.
Die Ausmauerung und somit auch das zu ersetzende Mauerwerk der Fassaden erfolgt nicht mit Ziegeln aus Kalksandstein, sondern mit Porenbeton, weil bei diesem Material hinsichtlich des Längenausdehnungsverhaltens große Übereinstimmung zum Holz des Fachwerks besteht. Für alle Reparaturen im Gebäudeinneren wurden geborgene Bestandsziegel eingesetzt.