Danke für die sehr informativen Fotos, Silesia.
Grundsätzlich begrüße ich das Projekt. Es bringt für Karlsruhe sicher eine erhebliche Verbesserung.
Was die Architektur betrifft, hätte das tatsächlich Potential: Die Größe der Bahnsteighallen, die hohen Decken und der Verzicht auf Mittelstützen schaffen einen großartigen Raumeindruck. Auch die gläsernen Durchblicke von oben wissen zu gefallen, ebenso die Großzügigkeit der Zwischenebenen. Die gläserne Brücke quer durch die Halle ist m. E. sogar ein besonderer Clou.
Aber die Gestaltung? Einer Einheitlichkeit und Klarheit könnte ich ja noch etwas abgewinnen - es muss nicht jede Station unbedingt anders aussehen. Die Waschbetonoptik wirkt allerdings nicht nur wie die steingewordene Wiederauferstehung der Siebziger, sie sind es auch. Sie sind ja fast eine förmliche Einladung, sich hier möglichst kreativ mit Graffiti auszutoben und mithilfe von "Verwatzung" die Authentizität des Raumes zu erhöhen. Auch die Wandgestaltung der Bahnsteighallen mit diesen weiß-grauen Platten ist weder besonders innovativ noch optisch ansprechend - es ist eigentlich todlangweilig. Wenn sie wenigstens orange wären, dann wäre immerhin der Siebziger-Jahre-Flair vollendet - aber so?
Gut finde ich nur einige Details, etwa die abgerundeten Bodenkanten und die schwebenden Sitzbänke. Beides sorgt sicher dafür, dass sich hier keine "Dreckecken" bilden.
Das Schlimmste sind m.E. aber die Lampen. Mit ihrer ungemütlichen Neonlampen-Optik und ihren unübersichtlichen Verspannungs- und Abhäng-Gedöns darüber schaffen sie es, den eigentlich großartigen Raumeindruck komplett zu zerstören. Wie kommt man nur auf eine solche Idee? Ich weißt zwar, dass es für Bahnsteige bestimmte Regularien gibt hinsichtlich Beleuchtungsstärke etc., aber hätte man das nicht anders lösen können?
Und wie wäre es insgesamt einfach mal mit ein bisschen mehr Farbe? Ich kann in Deutschland die unzähligen weißen Häuser ohnehin nicht leiden, aber warum auch noch eine U-Bahn-Station? Dieser weiß-graue Einheitsbrei in Kombination mit dem Waschbeton wirkt einfach unglaublich steril und langweilig. Hier hätte man mit mehr Mut und Gestaltungswille so viel mehr herausholen können, auch wenn das natürlich immer mit dem Risiko verbunden ist, in ein paar Jährchen nicht mehr modern zu wirken.
Echt schade.
Aber vielleicht täusche ich mich ja auch und vor Ort ergibt sich ein völlig anderer Eindruck...
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EDIT:
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Vielleicht war ich mit meinem obigen Urteil etwas hart. Mit ein wenig Abstand und neuerlicher Betrachtung der Fotos macht das Ganze auf mich jetzt doch einen deutlich besseren Eindruck. Die Großzügigkeit der Stationen überzeugt doch sehr und das insgesamt helle Erscheinungsbild hat sicher Vorteile, auch was das subjektive Sicherheitsempfinden betrifft.
Die Waschbeton-Optik und die weißen Wandplatten kann man mögen oder nicht, aber immerhin muss ich doch anerkennen, dass es doch immerhin ein einheitliches Gestaltungskonzept gibt, das konsequent durchgezogen wurde. Lediglich die Bahnsteig-Beleuchtung stört mich etwas, aber vielleicht wirkt sie in der Realität auch nicht so aufdringlich wie auf den Fotos.
Darum: Auf jedem Fall herzlichen Glückwunsch an Karlsruhe zu diesem Projekt! Wenn man sich überlegt, dass eine etwa gleich große Landeshauptstadt wie Wiesbaden es zwar in den vergangenen Jahrzehnten immer mal wieder versucht, aber bis heute nicht geschafft hat, wenigstens eine Straßenbahnlinie (Stadtbahn) zu bauen, ist das schon sehr beachtlich! (Aber ich habe mir von einem guten Karlsruher Freund auch sagen lassen, dass Karlsruhe gerne mal etwas größer denkt, als sie ist ;-))