Toll, dass es hier jetzt eine inhaltiche Diskussion gibt.
Das Thema Verkehrswende, dass mit (fast) autofreien Innenstädten einhergeht/gehen könnte bzw. sollte, bietet sicher Argumente für Fußgängerzonen. Die Frage ist immer, ob es nicht sinnvoller ist Anreize für alternative Verkehrsmittel zu setzen anstatt Stadträume großflächig für bestimmte Verkehrsmittel zu sperren. In Paris geht/ging es etwa am Ufer der Seine darum eine Autozone wieder für die Menschen zu erschließen, die dort bisher keinerlei Aufenthaltsqualitäten vorfanden. Darüber hinaus werden weitere Straßen komplett für den Autoverkehr geschlossen und zu reinen Fahrrad- und Fußgängerstraßen umgebaut, um überhaupt Fahrradverkehr in der Stadt zu ermöglichen, denn sämtliceh Pariser Straßen waren zu den Stoßzeiten bisher vollkommen von Outos verstopft, sodass sich Radler nur durchkämpfenund schlänglen konnten. Das ist für Paris sicher sinnvoll aber beides nicht mit der Kampstraße zu vergleichen. Die Kleppingstraße war auch eine reine Autozone und wurde durch die Neugestaltung zu einem belebten Stadtboulevard mit gemischter Nutzung und gemischtem Verkehr. Auch hier könnte nun ein Fahrradweg ein sivolles update sein.
Im Sinne einer Autofreien Innenstadt und einer Förderung des Fahrradverkehrs, hätte man die Kampstraße auch zu einem Fahrradboulevard umbauen können. Hier wird scheinbar versäumt eine (ur)alte Planung an die Fortschritte der Gesellschaft anzupassen.
Räumlich ist die Kampstraße aufgrund der Breite der Straße und der Höhe der anstehenden Häuser sehr wohl großstädtisch und insofern mit namhaften Großstadtstraßen zu vergleichen. Die Stadt sollte aufhören sich ständig selbst kleinzumachen und aus mangelndem Selbstbewusstsein kleine Brötchen zu backen. Etwas mehr Stolz und Selbstvertrauen wären sinnvoll. Allein die Architektur an der Kampstraße ist in vielen Fällen mittelmäßig. Das ist sie an der Kleppingstraße aber auch und dort fällt das kaum noch auf. Darüberhinaus sind beide Straßen halbwegs kleinteilig bebaut, sodass eine Verbesserung der Architekturqualität schrittweise möglich ist.
Zur vorgesehenen Gestaltung:
Eine schnurgerade Flaniermeile in den geschwungenen Stadtraum zu legen wirkt auf mich unharmonisch und verhindert zwangsläufig eine sinvolle Wegeführung für Fahrrad- oder andere Verkehre. Hier wurde nicht auf den vorhanden Raum reagiert, sondern die Idee einer geraden Laufstrecke mit Lichtband vorrangig durchgesetzt.
Folgende Punkte der Neugestaltung sind toll:
- Platz für Gastronomie und Außengastronomie
- den Bachlauf und die Brunnenanlagen - unsere Kinder werden hier ihre helle Freude haben
- den Reinoldikirchplatz samt großzügiger Freitreppe
- den Willy-Brandt-Platz
- den Platz von Leeds, der heute übrigens schon gastronomisch genutzt wird
- den Platz von Netanya
- das "Schwebende Lichtdach" am Freistuhl. Hier sollen unter anderem Open-Air-Veranstaltungen (Theater, Musik, Kino) stattfinden.
- das hochwertige Straßenpflaster
- Base Camp mit seinen 500 Studierenden, die den Bereich zwischen dem Platz v. Leeds und dem Platz v. Netanya wohl nicht nur im Sommer + tagsüber mit Leben füllen werden.
- den (mindestens teilweisen) Erhalt des Baumbestands
All diese Punkte könnten aber auch in einer völlig anderen, stringenteren und geordneteren Gestastaltung nebst Platz für Fahrräder (und ggf. Autos) untergebracht werden. Die aktuelle Planung ist doch kein zwangsläufiges Ergebnis aus diesen Merkmalen. Auch für U-Bahnaufgänge usw. bietet die Straße massig Platz. Sie müssten nicht hineingequetscht werden, sondern wären ein belebendes, städtisches Element (siehe Stadtstraßen in anderen Großstädten).
Ich bin auch der Meinung, dass Dortmund eine riesiges Potential hat und sehe in der Innestadt sowie dem nördlichen Umfeld des Bahnhofs die größten Defizite bzw. die drängensten Handlungsbedarfe. In der Tat wären Unternehmen an diesen Standorten eine große Bereicherung. Eine autofreie Innenstadt ist für (große) Unternehmen allerdings unanttraktiv. Dortmund hat dahingehend außerdem das Problem, dass ein Großteil der Bewohner in suburbahnen Vororten lebt und daher (Stand heute) auf das Auto angewiesen ist. Selbst wenn ein Teil zukünftig mit selbstfahrenden Kleinbussen oder auf Fahrrädern zur Arbeit kommt, wird die Vorstandsetage aus Lücklemberg oder Ahlenberg sowie deren Besucher mit dem großen schwarzen Dienstwagen kommen wollen. Auch diese Gruppe und ihr Verhalten gehört zu einer vielfältigen Großstadt.