Moin, moin aus Hamburg!
Als interessierter Laie möchte ich meinen ersten Beitrag und nächtliche Gedanken hier in diesem Forum leisten.
Meine Geburts- und Heimatstadt Hamburg hat sich über nun mehrere Jahrzehnte eine Silhouette bewahrt, die primär durch ihre Hauptkirchen, einige wenige Hochhäuser und den Fernsehturm geprägt wird.
Diese Tatsache empfinde ich als sehr angenehm und bis auf ein paar Ausnahmen stadtbild-bewahrend und gleichwohl bin ich davon überzeugt, dass insgesamt alleine schon aus Platzgründen auch in Hamburg mehr in die Höhe gebaut werden sollte. Die grundsätzliche Anti-Haltung gegenüber hohen Gebäuden ist weiterhin spürbar. Und doch sollte eine Abwägung erfolgen und die positiven Impulse von sehr hohen Gebäuden nicht alleinig durch negative Aspekte zerredet werden. Eine vorsichtige Herangehensweise wäre doch sachdienlich.
Hier würde ich es begrüßen, dass nicht die - aus meiner Sicht - Fehler gemacht werden, wie in einigen anderen Städten, wo durch zu viele sehr hohe und nahe beieinander stehende Hochhäuser oder gar Wolkenkratzer keine gewollte Cluster-Bildung entsteht, sondern sich die Bauwerke gegenseitig schlicht nur noch erdrücken und einzelne Hochhäuser einfach in einem Durcheinander untergehen und gar nicht für sich ihre Wirkung entfalten können.
Diese Beobachtung stelle ich zum Beispiel in Frankfurt fest, wo es meiner Ansicht nach langsam "zu viel wird" und für sich genommen interessante und/oder schöne Wolkenkratzer nicht mehr ausreichend Freiraum haben, um ihre Form auch wirklich visuell entfalten zu können.
Sehr negative Beispiele sind mittlerweile London und New York für mich, wo meiner Überzeugung nach z.B. rücksichtslos Sichtachsen bestehender Bauwerke ignoriert werden und Gefahr laufen, in die Bedeutungslosigkeit abzudriften.
In Manhattan wird derart stark, eng und extrem in die Höhe gebaut, dass klassische Wolkenkratzer wie das Empire State Building oder Chrysler Building tendenziell immer weniger ihre Präsenz entfalten können.
Katastrophal zeigt sich fehlende Rücksicht auf das Stadtbild bei der Stadt Calgary, wo ab Mitte der 1980er der Calgary Tower zunehmend von Hochhäusern erdrückt wurde und mittlerweile nahezu völlig im Hochhausmeer unterzugehen droht. Hier sind sogar an den Flanken des Calgary Towers zwei weitere Hochhäuser geplant und dann wird es schon schwierig, eine Perspektive zu finden, wo der Turm ohne Einschränkung in voller Größe betrachtet werden kann. Es wirkt schon fast unwirklich, dass der Calgary Tower knapp über 190 m hoch ist und doch wie ein Zwerg wirkt, dessen Turmkorb nur noch knapp über die nebenstehenden Hochhäuser ragt. Dieses Bauwerk hat den Großteil ihres ehemaligen Stellenwerts verloren.
Weit weniger schlimm und doch spürbar, sieht man auch in Toronto, wie durch eine Vielzahl von neuen Wolkenkratzern und Hochhäusern zunehmend ganze Sichtachsen verschwinden. Alleine die imposante Höhe des CN Towers rettet das Bauwerk davor, in dem wachsenden Riesencluster erdrückt zu werden.
In Paris wurde erheblich besser darauf aufgepasst, dass der Eiffelturm weiterhin im Umfeld seine Dominanz bewahren konnte und selbst ein geplanter Doppel-Wolkenkratzer soll aus Respekt vor dem Eiffelturm beachtliche 323 m hoch werden, aber eben 1 m niedriger bleiben als der Eiffelturm. Auch wird die nötige Distanz gewahrt. Dies mag bei vielen ein müdes Lächeln erzeugen, aber es hat einen starken symbolischen Charakter, dass eben der Eiffelturm das höchste freistehende Bauwerk in Paris bleiben soll.
In Hamburg haben die verantwortlichen Stellen die Möglichkeit, genauso vorsichtig zu handeln und gleichzeitig mit der richtigen Dosis in die Höhe zu bauen. Hochhäuser, die sich ins Stadtbild einfügen, keinem anderen Bauwerk den Stellenwert streitig machen und bei richtiger Distanz eine ergänzende Wirkung erzielen. Also nicht den bewusst gemachten Schritt von einst, dem ehemaligen Polizeihochhaus am Berliner Tor ihre Dominanz zu nehmen.
Alleine die geographische Lage des geplanten Elbtowers ist ein positives Zugeständnis an das bestehende Stadtbild, ergänzend zu wirken und nicht als Fremdkörper zwischen den Hauptkirchen zu stehen.
Mit nun geplanten 245 m wird der Elbtower eine beachtliche Höhe aufweisen und doch niedriger bleiben als der hoffentlich bald wieder eröffnete Fernsehturm. Dies halte ich aus verschiedenen Gründen für eine wichtige "Botschaft" und auch für das zukünftige Stadtbild für einen wichtigen Aspekt. Der Elbtower bildet von Süden betrachtet einen östlichen , der Fernsehturm einen westlichen Höhepunkt und der Turm bleibt das höchste freistehende Bauwerk Hamburgs und steht auch noch 23,5 m über NN. Die bekannten Kirchen bleiben visuell in ihrer Wirkung erhalten; gerade der Michel sollte gesondert geschützt werden und verlor einst ein paar wichtige Blickachsen.
Der Elbtower kann bei durchdachter Umsetzung ein visueller Hingucker werden, eventuell mit interessanten Sichtachsen, ähnlich wie es beim Fernsehturm der Fall ist. Der Elbtower kann durch einige weitere Hochhäuser Teil eines angenehmen Clusters werden. Sollte der Elbtower als Solitär alleine stehen, empfinde ich die Konzeptzeichnungen etwas befremdlich, da dieses Bauwerk einen massiven Baukörper darstellt und sehr wuchtig als "Reitstiefel" wirken könnte.
Über Form und Geschmack kann bekanntlich gestritten werden. Persönlich sagen mir eher klare Linien, goldene Schnitte, angenehme Proportionen zu.
Nur bin ich schlicht froh, dass überhaupt ein derartiges Projekt den jetzigen Status in Hamburg erreicht hat und eventuell gibt es ja im Detail noch Änderungen am Elbtower, die dann positiv wirken könnten. Ich vermisse eine gewisse Einzigartigkeit des Bauwerks. Es besteht das Risiko, dass dieser Wolkenkratzer auch austauschbar in einer chinesischen Großstadt stehen könnte. In Shanghai würde so ein Wolkenkratzer aber hoffnungslos untergehen, ein weiteres Negativbeispiel der Aneinanderreihung oder Durchmischung von sehr vielen Hochbauten auf engstem Raum.
Nun soll durch die Form des Elbtowers ein visueller "Gegenpol" oder Ergänzung zur Elbphilharmonie erzeugt werden, wenn man sich die Linien grob vorstellt und verbindet. Persönlich wäre es mir wichtiger, sich an der klassischen Form der Hauptkirchen Hamburgs zu orientieren, da aus größerer Distanz eben die Hauptkirchen, der Fernsehturm und eben der Elbtower am Horizont auftauchen und die Elbphilharmonie trotz seiner Höhe von 110 m eher als "Campingzelt" auf dem zweiten Blick auffällt. Wäre der Elbtower ein so noch nicht nicht existierender Messeturm Frankfurt oder die Transamerica Pyramid, wäre es eine visuelle Ergänzung zu den mehrheitlich mehr oder weniger spitzen Kirchtürmen; es hätte einen gotischen Charakter und dann würde der barocke Michel durch ihre andere Form noch stärker auffallen und als Gesamtesemble dann die Einzigartigkeit der Hamburger Skyline bewahren.
Die Fernwirkung der Skyline Hamburgs wäre von bekannten Orten beeindruckend und weiterhin vertraut. Man denke an die "Fernsicht" auf der A1 südöstlich von Stapelfeld, die Sicht auf Hamburg vom Wilseder Berg oder auch Hahnheide, aus Geesthacht oder auch aus Richtung Dollern/Stade. Die aus geographischen Gründen überdurchschnittlich gute Sichtbarkeit der Türme Hamburgs sollte eben auch positiv für Hamburg genutzt werden.
Unabhängig davon glaube ich, dass es in Hamburg berechtigtes Potential von sehr gut platzierten Hochhäusern gibt, die zusätzlichen Wohnraum und gleichzeitig Platz für Geschäftsräume und Hotels bieten. Diese sollten aber nicht höher sein als 100 bis 150 m und so positioniert sein, dass es das Stadtbild ergänzt und nicht stört. Die Mundsburg-Hochhäuser wirken auch nicht wie Fremdkörper, sondern wurden letztlich akzeptiert und prägen die Umgebung als wunderbare Orientierungsmarke.
Lieben Gruss!