Beiträge von Stadtstruktur

    Der Geist der Humboldts könnte den Bau weit weniger prägen als Debatten um Deutungshoheit und Moral.

    Wie ich es verstanden hatte, sollte doch das Humboldtforum eine Plattform für "Dialog und Debatten" sein... Meiner Meinung nach die einzige Verwendung, um etwas (Alltags-) Leben reinzubringen... Und natürlich sollte es als "Weltmuseum" und ähnlichen Begriffen, mit denen es vor 20 Jahren legitimiert wurde, kosmopolitisch ausgerichtet sein. Ich denke nicht, dass es sinnvoll wäre, hinter einer Fassade des 18./19. Jahrhunderts, auch mit der selben inhaltlichen Ausrichtung zu arbeiten. Die Handlungsbedingungen haben sich in den letzten 200/100 Jahren ja auch grundlegend verändert. Ich hoffe, dass wir nicht mehr die Welt kolonisieren wollen - obwohl wir das noch immer tun... Und genau dieses Spannungsfeld sollte Thema dieses Ortes werden. Ich weiß natürlich, dass die Rekonstruktionspuristen sich eher einen Umgang mit dem "Stadtschloss" wie mit einer Kathedrale wünschen - unnahbare Demut und andachtsvolle Stille vor der Größe der in ihr repräsentierten Vergangenheit... - Aber das funktioniert in Berlin nicht... So tickt die Stadt nicht... So bliebe das Gebäude irrelevant für dieStadtgesellschaft und nur ein Fotomotiv für die Touristen (wenn sie wieder kommen).

    Mhm. Die Sicherheitstechnik ist jetzt noch stärker ausgebaut worden (auch an der Ostfassade). Das sieht alles ziemlich gewöhnungsbedürftig aus... Irgendwie erzeugt es in mir ein ungutes Gefühl, wenn ich mir vorstelle, mich dort aufzuhalten und von hunderten Kameras beobachtet zu werden... - Entgegen der hier vielfach beschimpften Moderne entwickelt sich scheinbar ein zeitgemäßes funktionales Ornament: Die Sicherheitstechnik... - Zu Schlüters Zeiten sollte mit der ornamentalen und skulpturalen Rhetorik an der Fassade die Glorie Preussens verherrlicht werden - ein Staat, der aufgrund seiner inneren Wiedersprüche sich letztentlich selbst in den Untergang geführt hat. Heute verkörpert das sicherheitstechnische Ornament das gesellschaftliche Selbstverständnis auf ganz konsequente Weise - wohin uns diese Rhetorik führt... (???)

    Mhm. Ich finde es immer bemerkenswert, warum Frau Lüscher zu so einer Hassfigur hochstilisiert wird. Als ob sie für alles sog. "Übel" verantwortlich wäre. Ich glaube, dass ihre Funktion von vielen hier falsch verstanden wird - sie entscheidet nicht selbst über die Architektur bei einer Tasse Tee im stillen Kämmerlein... - ihre Funktion ist vielmehr, Prozesse zu organisieren, an deren Ende Ergebnisse für Bauaufgaben rauskommen. Meistens ist sie auch nur ein Mitglied eines ganzen Gremiums, dass sich mit Bauaufgaben beschäftigt - so zum Beispiel auch von Wettbewerbsjurys - wo sie eine Stimme hat, wie alle andren Teilnehmenden. Daher kann sie maximal den Prozess steuern - aber nicht dessen Ergebnisse. Im Fall des Humboldtforum ist auch zu beachten, dass das Humboldtforum an sich vom Bund realisiert wird und auch der Wettbewerb nicht vom Land Berlin ausgeschrieben wurde, sondern vom Bund. Im Sinne der Rekonstruktivisten als One-fits-all-Lösung hat das auch das Ergebnis Stella produziert, wo Frau Lüscher damals den 2. Platzierten als ihren Favoriten im Anschluss durchscheinen ließ. Bei der Umfeldgestaltung war das Land Berlin dann am Zuge - aber auch nicht selbstherrlich - sondern in Abstimmung mit dem Bund und sogar Stella gab es eine Wettbewerbsjury, die den 1. Platzierten gekürt hat im Verfahren, und der nach Auftragserteilung 2013 nun das Urheberrecht geltend machen kann, dass sein Entwurf umgesetzt wird. Und bbz-Landschaftsarchitekten haben sich garnicht gegen weitere versetzte Stücke gewehrt, sondern sie als Option bezeichnet. In diesem Zuge sollte man noch mal darüber nachdenken, welchen Zeithorizont man anstrebt: Der Entwurf von bbz-Landschaftsarchitekten orientiert sich an der Gaertner-Zeit (d.h. Mitte 19. Jh.) als der Schlossplatz ein gepflasterter steinerner Platz war, die Nordterrasse dagegen schon existierte. Das reproduziert der Entwurf in abstrahierte Form realtiv originalgetreu. Auch bei der Färbung der Schlossfassaden und der Fenster in den Fassaden hat man sich an der Gaertner-Zeit orientiert - eben nicht die dunkle Fensterrahmenfarbe von 1900 gewählt. Daher wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, diesen Zeithorizont als Gestaltungsziel beizubehalten. Das würde nach meiner Perspektive einiges in dieser Diskussion aufräumen. Ich persönlich kann gut mit dieser abstrahierten Version des historischen Bezugs leben - zumal ja auch de völlig anders gestaltete Spreeseite irgendwie homogen eingebunden werden muss - was dieser Entwurf ganz gut liefert. Kritisch finde ich aber etwas das zu "neutrale" Nutzungsangebot der Flächen... - vielleicht wollte man dies Flächen mit Aktionen bespielen??? - Keine Ahnung...

    @ Wolke Eins: Ja - diese ganzen Dinge wurden vielfach diskutiert:


    Zum Marx Engels-Forum und Rathausforum gibt es nach 5 Jahren unterschiedlichster Beteeiligungsverfahren und -angeboten Ende dieses Jahres einen Freiraumplanerischen Wettbewerb zur Neugestaltung der gesammten Anlage, der als mehrstufiges Verfahren durchgeführt wird - das heßt, die Zwischenergebnisse werden vorgestellt und Interessierte können ihre Meinung sagen. Das jetzige Aussehen ist vor allem durch die jahrelange Vernachlässigung geprägt und das die BVG nach dem Rückbau der Baustelleneinrichtung nur einen vereinfachten Zustand wiederhergestellt haben (so vor allem die Böschung Richtung Spree, die jetzt ziemlich verwahrlost aussehen).


    Zur Gestaltung des Schlossplatzes gibt hier im anderen Thread ganz viele Informationen warum das so aussieht. Letzlich wurde 2011 ein Wettbewerb zur Gestaltung des Schlossplatzes durchgeführt, bei dem bbz-Landschaftsarchitekten mit ihrem Konzept als Sieger hervorgingen und nun einen juristischen Anspruch haben, ihr Konzept umgesetzt zu bekommen (Wettbewerbs- und Vergaberecht).

    Hat jemand diese Diskussion mitbekommen?:


    https://www.pnn.de/potsdam/us-…e-entwerfen/25946876.html


    Daniel Liebeskind als Architekt für eine Konzeption auf dem Areal...


    Auch in der TAZ gab es kürzlich dazu einen Artikel, dass der Oberbürgermeister einen Klärungsprozess angestoßen habe und ein Konzept erarbeitet werden solle, das potenziell auf eine Integration unterschiedlicher Zeitschichten in einem neuen Gebäudekomplex vor Ort hinauslaufen könnte:


    https://taz.de/Garnisonkirche-in-Potsdam/!5693492/


    Grundsätzlich scheitere aber jegliche weitere Entwicklung auf diesem Areal an den immernoch zu geringen Finanzmitteln für dieses Projekt...

    Und wer die Bürger sind, bestimmt der Prüffall. Richtig?


    Mhm - Das Wettbewerbs- und Vergaberecht ist seit Jahrzehnten etabliert und parlamentarisch verabschiedet worden (Parlament als Volksvertretung). Dieses Parlament hat die Reproduktion der Stadtschlossfassaden beim Neubau des Humboldtforums beschlossen (leider!) und eben das Wettbewerbsrecht. Warum das Erste nicht kritisiert wird, sondern nur das Zweite? Weil "der" Bürger sich eben selektiv und interessensgesteuert gegenüber Parlamentsbeschlüssen verhält - mit den einen zufrieden ist und die anderen zerreißt. Das kann "der" Bürger auch individuell gerne machen - aber dann bitte keine Verschwörung hinter jedem Beschluss vermuten, der einem nicht passt... - Ich vermute ja auch keine Verschwörung hinter dem Reko-Beschluss und nehme ihn hin. Meine persönliche Meinung stimmt nicht mit ihm überein - aber das gibt es häufiger im Leben. Schwierig ist, wenn Einzelmeinungen oder Meinungen bestimmter (Teil-) Gruppen als Meinung DER Bürger verkauft werden sollen - oder sogar als "Volkswille". Damit schließt man alle implizit aus der Bevölkerung aus, die nicht der eigenen Meinung sind - eine Unsitte. Man muss damit klarkommen, dass es Befürworter der Stadtschlossreko gibt, genauso wie deren Gegner. Genauso muss man damit klarkommen, dass es Rekofreunde des Umfelds gibt und deren Gegner - beim Einen haben sich die EInen durchgesetzt, beim Anderen die Anderen. Das hat auch rechtliche Gründe, da der Bundestag nicht einfach beschließen konnte, auch das Humboldtforumumfeld einfach zu rekonstruieren, weil er (weitgehend) nicht der Eigentümer der Fächen ist und das Land Berlin eben ein Wettbewerb zur Freiflächengestaltung ausgelobt hat - was dann eine Rechtsbindung und Urheberschutz für den Entwurf nach sich zieht. - Ich persönlich finde, dass der Entwurf von bbz schön den Zustand um 1850 aufgreift... - also daher historische Bezüge zur Gaertnerzeit (Maler) aufweist...

    LukaTonio: Ein ganz wichtiger Punkt, den man bei unseren Diskussionen hier nicht vergessen sollte - die Eigendynamik der heutigen Projektentwicklerlogik internationaler Investoren, die jeglichen architektonischen Anspruch renditeoptimieren bzw. so überformen durch Klieschees, dass am Ende Standardobjekte oder Katalogware rauskommt... - insbesondere die moderne Architektursprache leidet darunter stark, da es da auf Ausführungsdetails der Bauteile maßgeblich ankommt...

    Echte Demokraten halten das aus und fordern nicht wie sie in der Abendschau, gleich ganz radikal die Tilgung des neu erschaffenen/rekonstruierten.

    Mhm. Ich finde die neue Rosa-Luxemburg-Stiftung jetzt nicht besonders schön - aber das Gebäude ist nicht so prominent wie die Reko vom Stadtschloss und da steht (soweit ich weiß) auch noch nicht dran, dass "sich alle Knie" vor deren inhaltlicher Ausrichtung beugen sollen. Aber genau das steht da jetzt am Humboldtforum dran... - Für mich ist die Frage, warum man genau das da oben rangeschrieben hat - weil man die Aussage auch mit "restaurieren" wollte? Man hätte auch etwas ganz anderes schreiben können in der gleichen Ausführung wie früher...

    Irgendwie finde ich inzwischen diese Kuppellaterne und die Inschrift gut, wenn ich die Diskurse in der Abendschau (rbb) bzw. heute-journal reflekiere:


    https://www.zdf.de/nachrichten…adtschloss-kreuz-100.html


    Wie in einem Brennglas kann sich daran die gesellschaftliche Auseinandersetzung entzünden, die die unterschiedlichen Perspektiven in der Gesellschaft repräsentiert: Unter dem Vorwand einer Rekonstruktion geht es um Restauration von Machtsymbolen, die zur Unterwerfung auffordern. Oder um eine vielstimmige Gesellschaft der gleichberechtigten Teilhabe. Die Retroperspektive in unserer Gesellschaft ist in der Mitte der Hauptstadt nun für alle sichtbar und geht (vorerst) nicht mehr weg. Die Herrschaftssymbole einer vergangenen Zeit wurden möglichst authentisch restauriert. Man hätte es ja nicht genau so wieder machen müssen, wenn man gewollt hätte. Ein anderer Text in gleicher Ausführung wäre für die Rekobefürworter garnicht aufgefallen. Oder ging es doch um die Rekonstruktion der inhaltlichen Aussage? Hoffentlich wird es nicht zu einem Fanal für unsere Gesellschaft. Inhaltlich kann das Humboldtforum diese Belastung nicht ausgleichen und ist an seinen Widersprüchen schon vor der Eröffnung gescheitert. Diese Entwicklungen werden nun für alle deutlich sichtbar.

    "In der Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat..." - Dieser selektive Wunsch nach einer Korrektur der Geschichte ist der Beginn von totalitärem Denken. Alle Geschichtsebenen haben ihre Berechtigung in der Erinnerungskultur, egal ob preußische, wilhelminische, weimarer, Nazi- oder DDR-Zeit. Ich verstehe nicht, warum da irgendetwas wieder ausgelöscht werden soll - so wie beim Palast der Republik. Und eine "Wiedererrichtung" ist ein Versuch den Zeitraum seit dem Verschwinden auszulöschen und rückgängig zu machen - was substanziell nicht funktioniert, da Zeit nur voranschreitet und Geschichte immer anders ist, obwohl das Gleiche versucht wird.


    Das dieses Wilhelm-Denkmal errichtet wurde, wie es errichtet wurde und welche Aussage beabsichtigt war, ist ein Dokument seiner Zeit. Das dieses Denkmal beseitigt wurde und der Umgang mit den vorherigen autoritären Gesellschaftsstrukturen im neuen Unrechtssystem der DDR, ist ein Dokument seiner Zeit. Die Diskussion in unserer Gesellschaft zwischen denen, die alte "Schönheit" und "Größe" der Vergangenheit restaurieren möchten und denen, die sich vor diesem Zeichen fürchten und diese Vergangenheitsorientierung für die Zukunft unserer Gesellschaft ablehnen, ist ein Dokument unserer Zeit. Vergangenheit ist häufig nur eine Instrument für eine gewünschte Zukunft. Ich finde es besser, wenn sie ist wie sie war, und wir, wissend um die Brüche und Abgründe der Vergangenheit, neu Denken lernen, den anderen Menschen als Individuum mit Würde in das Zentrum des Handelns zu stellen. Dann bräuchten wir nicht mehr die gescheiterten Erzählungen der Vergangenheit - auch in der Architektur und im Städtebau.

    Warum soll ein Zustand 1939 - oder 1932 - wieder hergestellt werden? Was zeichnet diesen Zustand aus? Ist dieses Jahr das Ende der Geschichte? Diese Forderung nach Rückführung in einem idealisierten Status Ante hat etwas regressives, erstarrtes.


    Und ja - auch die SBZ und spätere DDR war ein Unrechtsregime, das auch kulturelle barbarische Aktionen durchgeführt hat. Aber Hitlerdeutschland war ein menschenverachtendes System. Und das Kaiserreich formal eine Autokratie mit parlamentarischer Kontrolle. In Bezug auf Unrechtssysteme kann man diese Zeiten nicht gegeneinander ausspielen. - Daher gehören alle diese Ebenen zur Stadtentwicklung dazu. Erst dadaurch entsteht Geschichte von Orten, die die Vielschichtigkeit des Gewesenen reflektieren: 250 Jahre frühneuzeitlicher Dynastieetablierung, 217 preußischer Absolutismus und Scheitern der Dynastie, 14 Jahre Weimarer Republik, 12 Jahre Hitlerdiktatur, 4 Jahre SBZ, 40 Jahre DDR, 30 Jahre BRD. Alle diese Geschehnisse haben sich zum Teil radikal an diesem Ort verwirklicht - und der Abriss des Palastes der Republik und (Wieder-) Errichtung der Schlossfassaden gehört mit zu diesen radikalen Eingriffen an diesem Ort. Die letzten 80 Jahre zu tilgen, verleugnet die Identität des Ortes und ist eher ein Versuch von Identitätspolitik, eine künstliche Herstellung von Geschichte, die man sich wünscht, die aber nicht so war. Daher sollte zwischen echter Identität von Orten und gemachter Identität, die etwas propagieren möchte, einen idealen Zustand, der das Heil verspricht, unterschieden werden. - Ich finde es viel spannender einen Ort in seiner Vielschichtigkeit zu befragen und die Widersprüchlichkeit der menschlichen Existenz in ihm zu erkennen, als eine künstliche heile Welt vorzugaukeln, an deren Zuckersüße man sich den Magen verdirbt. - Und ja - dieser Kulissenbau einer heilen Welt von 1939 ist in Deutschland vielerorts en voge - alle kennen die Liste: Dresden, Frankfurt, Braunschweig, Potsdam, Berlin (...) Das ist wohl der Ausdruck eines teils der politischen Wirklichkeit der deutschen Gesellschaft nach der Wiedervereinigung, chimäre Identitätsträume zu konstruieren, die SO nie wirklich waren. Ein Teil will so das eigene Scheitern verdrängen als Gesellschaft - anstatt sich produktiv mit ihm auseinanderzusetzen - was viel bessere Früchte tragen würde. Für dieseart Identitäts- und Geschichtspolitik war das Humboldtform respektive Stadtschloss von Anfang an eines der wichtigsten Symbole und wird schon vor seiner Fertigstellung zu einem Symbol der deutschen Gesellschaft in ihrem Ringen mit sich selbst. Diesen Makel wird das Gebäude nie verlieren - das ostdeutsche Identität ausradiert wurde um eine Vorkriegsidentität an die Stelle zu setzen und die innere Widersprüchlichkeit des Gebäudes selbst: ehemaliger Sitz von Kolonialherren und künftige Ausstellung der globalen Kulturen. Herrschaft und Teilhabe, Autoritarismus und Pluralismus stehen bei diesem Projekt in einer zerreißenden Spannung.

    Mhm - wer soll sich mit wem versöhnen? Das verstehe ich nicht.


    Formal läuft alles korrekt - es gab einen Freiraumwettbewerb, einen Sieger dem das Preisgeld 2011 zuerkannt wurde, dessen Planung wird umgesetzt. Wenn da jetzt irgendetwas geändert werden sollte hätte das weitreichende juristische und organisatorische Konsequenzen. Von Gesetzeswegen ist die Auslobung eines Wettbewerbs für diese Gestaltungsaufgabe auch nicht zu beanstanden. - Es gibt immer Menschen, die mit Wettbewerbsergebnissen nicht zufrieden sind.


    Eine andere Sache ist natürlich die Anspruchshaltung der Reko-Freunde. Die Argumentation klingt doch so: Entweder du machst, was ich will, oder du musst dich mit mir versöhnen... - irgendwie schief oder?


    Die Reko der Schlossfassaden wurde gegen den erheblichen Widerstand eines zumindest Teils der Berliner Bevölkerung durchgesetzt. - Gut - damit muss man jetzt leben. Aber weitergehende Ansprüche waren damit nicht verbunden - trotz vielfältigen Strippenziehens im Hintergrund (siehe merkwürdige Beschlüsse des Haushaltsausschusses des Bundestages, die "Wippe" wegen zu hoher Kosten zu cancelln und dann fast doppelt soviel Geld für die Reko der ehemaligen Arkadenarchitektur des Wilhelmdenkmals auf den Tisch zu legen). Letztendlich haben die Spender*innen für die Schlossfassade ihre Schlossfassade bekommen - wer hat da eine Verpflichtung, sich zu versöhnen? Auf welche Grundlage? - Einfach nur weil einige bitteschön alles historisch wollen? - Ich glaube nicht, dass man darauf reagieren sollte... - und ob Rossebändiger oder Schloss-/ alias Neptunbrunnen "zurückkehren" - das wird die Zeit zeigen - die Option dazu besteht... Dennoch finde ich gut, dass einerseits sich auf die Gaertner-Zeit und nicht die wilhelminische Zeit in der Gestaltung bezogen wird - andererseits der historische Bruch an dem Ort - das da mal was anderes stand und das das alles ein Neubau ist - sichtbar bleibt.

    Herr Von Boddien mobilisiert wieder zum Thema Freiraumgestaltung und hat erwartbar eine Absage vom Senat erhalten:


    https://www.morgenpost.de/berl…m-ein-bisschen-Gruen.html


    Aus rechtlichen Gründen des Wettbewerbswesens und weil die Leistungen warscheinlich schon alle ausgeschrieben und vergeben sind, ist eine Veränderung der Planungen wohl ausgeschlossen, da ansonsten Entschädigungen nötig würden.


    Zumal auch an sich wohl beim aktuellen Entwurf erkennbar sich auf einen Zustand der Freiraumgestaltung bezogen wird, wie sie Eduard Gaertner (1801 - 1877) klassischerweise dargestellt hatte: Zur Diskussion über zu große Bäume auf der "Nordterrasse" kann man auf sein Bild "Blick vom Kgl. Schloss nach der Straße unter den Linden" von 1855 verweisen, wo in abstrahierter Form dieser Zustand genau so wiederhergestellt wird. Auch bei der Südseite, dem Schlossplatz, kann auf eine Fotografie des Schlossplatzes des Jahres ca. 1855 verwiesen werden (dargestellt in: Bartmann, D. (Hrsg.) (2001): Eduard Gaertner - 1801-1877, Katalog. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Berlin. S. 211). Dort sieht man die gesamte Fläche des Schlossplatzes als einfache gepflasterte Fläche - und am späteren Standort des Schlossbrunnens/Neptunbrunnens steht nur ein Kandelaber.