Im Vergleich zu ausländischen Ministeriumsbauten nimmt sich dieses Innenministerium schon außerordentlich zurück und verzichtet auf Beeindruckung. Alle Wertigkeit dieses Bauwerks liegt in der Fassadenausbildung, die nur für den oberflächlichen Blick an Bürobauten der 50/60er Jahre erinnert. Für mein Empfinden hat eine Rasterfassade kaum jemals eine solche Eleganz und proportionale Stimmigkeit erreicht wie hier. Es ist als hätten die Architekten mit Fleiß solange an der Detail-Verfeinderung gearbeitet, bis etwas herauskam, an dem man sich nicht sattsehen kann, das man auch dann noch gutiert, wenn es in endlosen Fensterreihen um alle Gebäudeflügel herumgezogen wird. Müller und Reimann haben ein Bauwerk geschaffen, das zum genauen Hinsehen erzieht.
Beiträge von Persius
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Nicht die Größe der Klötze sehe ich als bedenklich an, sondern die Tatsache, dass es halt wieder Klötze geworden sind. Der Masterplan von Ungers hatte ja etwas anderes im Sinn (endlich einmal im deutschen NachkriegsStädtebau!), auch die nachfolgenden Entwürfe fassten den Humboldthafen als städtebaulichen Großraum, auf den eine raumbildende Umbauung Bezug nehmen sollte. Aber wie es eben hierzulande kommen muss: am Ende bleibt immer dieselbe Klötzchenspielerei, beliebig und unmotiviert verteilte Kuben, die weit davon entfernt sind, so etwas wie städtisches Raumerleben zu ermöglichen. Im Falle des Humbildthafens eine vertane Chance von ungewöhnlicher Dimension.
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Kann mir jemand erklären, ob und weshalb bei den neu ausgebauten und verlängerten Bahnsteigen des Hauptbahnhofs durchweg auf Bahnsteigdächer verzichtet wird, wie sie sonst üblich sind, um Wetterschutz außerhalb der Bahnhofshalle zu bieten wie z.B. in Frankfurt/M.-Hbf? Sollen die später folgen?
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So ist es. Der Gegenwind gegen das dezidiert Moderne kommt eben vor allem daher, dass Architekten vom Range eines Axel Schultes in Deutschland äußerst dünn gesät sind. In früheren Epochen hat die vorgegebene Grammatik des Stils auch dem unbegabten Architekten die Hand geführt, so dass kaum durchweg Mißratenes oder Primitives zustandekam. Die Moderne kann dieses An-die-Hand nehmen nicht mehr leisten. Daher das weithin erbärmliche Gesambild.
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[quote='Theseus532','http://www.deutsches-architekturforum.de/thread/?postID=455130#post455130']Ich halte den Braunfels Vorschlag für absolut untauglich.
der bestehende Autoverkehr würde noch verstärkt und würde noch dominanter wirkenWieso das? Der Kreisverkehr würde natürlich keinen zusätzlichen Verkehr generieren, aber gleichwohl wäre damit ein verkehrstechnisches Unding geboren. Ein Kreisverkehr wird just dadurch sinnvoll, dass alle auf ihn mündenden Straßen einigermaßen gleichmäßig Verkehr aufnehmnen. Im Falle des Kulturforums wären von den sechs Straßenstutzen nur zwei, im stumpfen Winkel aufeinandertreffende, verkehrstragend. Der gesamte Nord-Süd-Verkehr müsste sich um das Rondell herumquälen, und irgendwann wäre die Absurdität dieser Situation so offensichtlich, dass man das Rondell durchstoßen würde. So faszinierend die Idee auch ist, das städtebauliche Chaos an diesem Ort durch einen runden Platz in den Griff zu bekommen . mit einem Kreisverkehr geht das nicht, allenfalls mit einem runden Schmuckplatz ohne Kreisverkehr. Vorstellbar wäre das schon.
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Wenn ich mich als gebürtiger Mannheimer hier einmischen darf: die Argumentation, dass ein Museum vor allem von seinem Innenleben lebe und ein Museumsbesucher in das Gebäude gehe und nicht nur die Fassade betrachte, beschreibt nichts weiter als eine banale Selbstverständlichkeit, die für jedes Gebäude gilt. Auf Wohnhäuser, Schulen, Bahnhöfe, Krankenhäuser usw. bezogen würde solche Gewichtung nichts weiter besagen, als dass die Architektur ruhig weiterhin - wie sie es ja seit längerem tut - unsere Städte mit Containern vollstellen kann, in denen sich dann die Zweckerfüllung, auf die es allein ankomme, vollziehen kann. Solche Auffassung aber bezeichnet das Ende der Architektur. So wie das Transportwesen sich zunehmend und zweckgerecht auf den Transport von Einheitscontainern verlagert, wird zunehmend das Bauwesen Container - allerdings verschiedener Abmessungen - bereitstellen. Auch der Museumsbau ist mittlerweile da angelangt, denn die neue Mannheimer Kunsthalle wird sich als monströser Container präsentieren. Übrigens wäre sie nicht weniger Container, würde sie in Gänze mit roten Sandsteinplatten verkleidet. Darin besteht ja gerade das Problem, dass sich Entwurfsüberlegungen heutzutage weitgehend auf die Frage der Materialität beschränken; dass die Formfrage durch die Kistenlösung als ein für allemal zu Ende gedacht erscheint, das bezeichnet in der Tat das Ende der Architektur.
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Natürlich hast du recht, Camondo, dass die Wilhelmstraße mehr Reparatur in Richtung auf ihre einstige Baugestalt verdient hätte. Zumindest müsste der Patzschke-Klotz stärker in Einzelhäuser untergliedert werden. Aber was du dir wünschst, eine Wiedergewinnung des von barocken Palais geprägten Charakters, wäre nur durch etliche Rekonstruktionen zu erreichen, und ob das durchsetzbar ist? Eine Kleinteiligkeit, entsprechend der Vorkriegsgestalt, in "zeitgenössischen" Formen dürfte ziemlich in die Binsen gehen, selbst ein Langhof oder Nöfer dürfte an dieser Aufgabe scheitern. Ganz auf Abstraktion kann heutiges Bauen nun mal nicht verzichten, und zu einer abtrahierenden Formensprache gehören größere Einheiten; die fehlende visuelle Dichte muss durch gesteigerte Quantitäten ausgeglichen werden - vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt mal ganz zu schweigen.
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Camondo, zurecht kritisierst du eine Polarisierung in der derzeitigen deutschen Architekturrezeption, wenn du allerdings die scheinbare Gegenseite als Anhängerschaft von "mit Schörkeln beklebten Kisten" diffamierst, leistest du eben dieser Polarisierung Vorschub. Niemand in diesem Forum wünscht sich mit Schörkeln beklebte Kisten und auch Patzschke & Co. entwirft keine solchen. Es geht den Diskutanten vielmehr um die Frage, wie lange noch sich eine hundert Jahre alte abstrahierende, karg-minimalistische Richtung, der noch immer das Ettikett "zeitgenössisch" oder gar "avantgardistisch" anhaftet, als alleinseligmachend wird behaupten können. Es geht in dieser Diskussion nicht um die Rehabilitierung des Ornaments, es geht um eine Wiedergewinnung von ausdrucksstarker Großstadtarchitektur, um gegliederte Fassaden, um Sockel, Gesimse und gestaltete Dächer, die den Seherwartungen des Stadtbürgers (des Fußgängers, nicht des Autofahrers!) entgegenkommt und auf den menschlichen Maßstab Bezug nimmt. Mit Patzschke, Nöfer, Kocher, Langhof und wie sie alle heißen, bildet sich ein wachsender Strom pluralistischer Architektur, und nur eine solche ist der Bewusstseinslage der Gegenwart und Zukunft angemessen.
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In der Tat, Liberos Idee nimmt die Braunfelssche Konzeption einer Allee zwischen Schloss und Fernsehturm wieder auf und passt sie dem gewachsenen Berliner Maßstab an. Die Polarität zwischen dem dem Schloss zugewandten historisierenden Platz (Vorbild Friedrichsplatz in Mannheim) und dem modernen um den Fernsehturm herum (Vorbild etwa Ludwigkirchplatz) hat schon etwas Faszinierendes. So viel städtebauliches Raffinement kam in Berlin selten zum Zuge.
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Libero, ich halte diesen Vorschlag für den überzeugendsten von allen, die ich je gesehen habe. Großartig, wie dieses Alleenkreuz das Quartier strukturieren würde, tausendmal besser als jeder Versuch, Vorkriegsstrukturen, denen jede städtebauliche Gestaltungsabsicht fehlte, rekonstruieren zu wollen. Die einzige Änderung, die ich empfehle: anstelle des Rathausplatzes sollte die vorgeschlagene kurze Querallee einfach durchgezogen werden, ohne die beiden vorstehenden Riegel, hinter denen das Platzgebilde in gleicher Breite weiterlaufen würde. Außerdem sollte m.E. auf die Verschwenkung der Karl-Liebknecht-Straße verzichtet werden, da ohnehin keine Annäherung an den historischen Stadtgrundriss angestrebt wird. Der parallele Verlauf von Rathaus- und Karl-Liebknecht-Straße passt besser zu der vorgeschlagenen axialen Struktur.
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Man kann nicht alles auf einmal haben. Ich finde den Entwurf von Prof. Brands hervorragend. Über die trennende Verkehrsschneise kann man einstweilen hinwegsehen. Entscheidend ist zunächst der wiederhergestellte axiale Bezug zwischen Schloss und Lustgarten.
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Hervorragende Komplettierung eines Platzes! So wünscht man sich noch an vielen Stellen, dass anstelle der durch den Nachkriegsstadtbau aufgelösten Strukturen wieder konturierte Plätze entstehen, wie sie einst für Berlin charakteristisch waren. Man wird sehen, dass das neu sich bildende urbane Flair sogleich zu einer Belebung der Gegend führen wird.
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Mich wundert, dass in den Foren immer nur die Alternative Traufhöhe oder Hochhäuser behandelt wird, ohne die Frage zu stellen, welche Traufhöhe denn wünschenswert wäre. Selbst die immer als so selbstverständlich geltende "Berliner Traufhöhe" von 22 m wird ja hier und da durch eine von 30 oder gar 35 m ersetzt, ja zu Zeiten der Wettberwerbe zum Potsdamer Platz feierte man schon 45 m als künftige Berliner Traufhöhe. Allgemein gilt, dass die meisten Metropolen der Welt, wenn sie überhaupt eine Traufhöhe kennen, eine wesentlich höhere einhalten, während Berlin im Vergleich dazu seltsam niedrig bebaut wirkt. Eine höhere Traufhöhe als die derzeit in Berlin geltende hätte zwei entscheidende Vorteile: zum einen steigert eine höhere Straßen- und Platzbebauung das städtische Raumerleben, wovon man sich leicht bei jedem Besuch in den Städten der romanischen Länder überzeugen kann, zum andern hat modeerne Architektur eben die Eigenschaft, desto überzeugender zu wirken, je größer die Baukörper konzipiert sind. Moderne Architektur lebt nicht von der visuellen Dichte, wie sie historische Architektur zu bieten hat, sondern von der Dynamik der Reihung gleichartiger Elemente. Man mache die Probe aufs Exempel und verdecke bei einem stattlichen modernen Bau alle Geschosse bis auf die vier untersten, und man wird sofort feststellen, wie ausdruckslos der Bau dann erscheinen würde. Die Moderne ist nun mal darauf angelegt, die komprimierte Ausdruckkraft historischer Bauformen durch Großzügigkeit in den Dimensionen zu ersetzen. Die kläglichen Versuch, beim deutschen Wiederaufbau Moderne in den Dimensionen von Altstadthäusern zu zelebrieren, sprechen Bände.
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Ein nobler Bau mit ausdrucksstarken Materialien! Weiß jemand, wer der Architekt ist? Sieht nach Kollhoff aus.
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Theseus532, bitte keine Unterstellungen! Kaum jemand in unseren Reihen fordert eine Wiedererrichtung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals 1:1. Man wird doch noch differenzieren dürfen und die Wiederherstellung der Kolonnaden für gut finden, ohne damit auch einem Neuguss des Denkmals mit seinen Monstrositäten das Wort zu reden. Der vorhandene Sockel ist nunmal ein starkes Argument für den Wiederaufbau dessen, wofür er einst errichtet war. Und eine schlichte Gedenkstätte im Zentrum dieser Kolonnaden hätte wohl mehr Aussagekraft als irgendeine Spielerei, die auf die vorhandene städtebauliche Situation keinen Bezug nimmt.
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Ich möchte dem Echten Berliner heftig beipflichten und darauf verweisen, dass der ins Wasser vorkragende Sockel des Denkmals nun mal vorhanden ist und auch der Mosaikfußboden vorhanden ist und es aus städtebaulicher Sicht logisch erscheint, die Kolonnaden zu rekonstruieren und als einen herausgehobenen Platz vis-a-vis vom Schloss-Hauptportal zu begreifen. Ob man dann, wie vorgeschlagen, einen schlichten steinernen Kubus anstelle des früheren Denkmals als kontrastierendes Geschichtsdenkmal vorsieht oder den Platz mit Absicht ganz frei lässt, wäre erst in zweiter Linie zu klären. Berlin aber würde damit beweisen, dass es sich abseits von Denkmal-Auseinandersetzungen einen Sinn für historisch untermauerte Stadtbauästhetik bewahrt hat.
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Ich halte den Eckbau (DGUV-Zentrale) für ein Paradebeispiel miserabler Architektur. Es ist zum Heulen, dass so etwas nach 24 jährigem Sich-zu Tode-Üben am Wiederaufbau der geeinten deutschen Hauptstadt noch immer möglich ist: lächerlich entgleiste Proportionen, beliebige gestalt- und ausdrucklose Durchrasterung der Fassade und schließlich die immer häufiger anzutreffende lächerliche Mode, jeweils zwei Etagen optisch zu einer zusammenzufügen, was aller Logik der Baukunst und aller Gestaltdisziplin funktionalistischer Moderne Hohn spricht. Ich bin entsetzt.
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Man könnte Klarenbachs Wertungen leichter nachvollziehen, wenn die Hochhäuser auf der Fischerinsel Inkunabeln des modernen Hochhausbaus darstellten. Leider sind sie aber nur Dutzendware.
Grundsätzlich aber gilt: das Stadterleben wird nicht durch den freien Blick auf Hochhäuser konstituiert, sondern durch das Erfahren verdichteter Stadträume - ich betone: durch den gefangenen Blick auf städtische Raumkonturen und nicht den offenen Blick auf Baukörper. Letzteres war ein Missverständnis des modernen Städtebaus und hat noch nirgends auf der Welt funktioniert; allerorten macht die Abstimmung mit den Füßen deutlich, dass die als Raumgefüge konzipierte Stadt gesucht wird und nicht das Klötzchen-Ensemble. Insofern ist der vielgescholtene Nalbach-Bau ein Schritt in die richtige Richtung.
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Eine sehr überzeugende Idee, obgleich man auch erwägen könnte, die Tiergartenquerung etwas weiter östlich zu legen, um das "Haus der Kulturen der Welt" anzuschließen. Außerdem müsste man überlegen, wie man die die Konfliktfrage Kleinprofil (U4) und Großprofil (U11) angeht.
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Ja, und dann wünsche ich mir noch eine Fassadenrekonstruktion an dem Theatergebäude und natürlich an den Wohnhäusern an der Ecke zum Spreeufer. Diese wirken bislang dermaßen belämmert und primitiv, dass schon die Senatverwaltung alles daran setzen müsste, dass auch diese Ecke wieder metropolitanen Maßstäben genügt.