Die Frage ist doch was die Politik jetzt tun soll?
Was „die Politik“ tun soll, weiß ich nicht, das ist mir zu ungenau, aber auf jeden Fall muss der Magistrat die finanziellen Auswirkungen seines planerischen Tuns im Auge haben und vor allem drauf achten, dass er vom Kuchen der Steuereinnahmen ein möglichst großes Stück abkriegt. Die Stadt erzielt Steuereinnahmen von über 2 Mrd. € aus – Reihung nach Größenordnung; Anteile 2014 in % gerundet) – Gewerbesteuer (67%), Einkommenssteuer (17%), Grundsteuer (10%) und Umsatzsteuer (6%). Hinzu kommen Landeszuweisungen für Schulen, Straßen, Theater, ÖPNV und und und.
Die Gewerbesteuer macht den weitaus größten Teil aus, weshalb zu schauen ist, wer Gewerbesteuer zahlt. Der weitaus größte Einzelzahler ist ein Chemiebetrieb in Höchst, die Finanzwirtschaft ist demgegenüber weitaus weniger bedeutend als allgemein angenommen wird. Nachteil der Gewerbesteuer ist, dass sie als Gewinnsteuer sehr konjunkturabhängig ist und ihr Aufkommen auf Konjunkturschwankungen und unternehmerische Entscheidungen (Sitzverlegung der Börse z.B.) sehr unmittelbar reagiert.
Anders die Einkommenssteuer, die auf Konjunkturschwankungen eher träge reagiert. Ihr Aufkommen hat die Stadt von knapp 275 Mio € in 2010 auf knapp 365 Mio € in 2014 steigern können. Maßgeblich für den Gemeindeanteil an der ESt. sind die Bezieher von zu versteuerndem Einkommen zwischen 35.000 und 75.000 €/a mit Hauptwohnsitz in Frankfurt. Aus ihrem Anteil wird der Hauptparameter für ihre Verteilung generiert, die sog. Schlüsselzahl. Die stabile Steigerung des ESt.-Anteils in den letzten 4-5 Jahren (um über 30% auf rd. 365 Mio €) dürfte vor allem daraus resultieren, dass diese Gruppe dank eines augenscheinlich attraktiven Angebots in den großen Neubaugebieten (City-West, Riedberg, Rebstock, Preungesheim z.B.) nicht in den Speckgürtel abwandert bzw. aus der Neuansiedlung von Familien und Berufstätigen. Familien sind kinderhalber deutlich sesshafter als 1- oder 2-Personen-Haushalte.
Daraus könnte man ja – rein kommunalsteuerlich und überspitzt, nicht respektlos gemeint - die Folgerung ziehen, dass der größte Vorteil für den Stadtsäckel aus der Ansiedlung bestimmter Bevölkerungs-(=Einkommens)gruppen resultiert. Reiche bringen nichts, die konsumieren viel, aber davon bleibt bei der Stadt nur wenig hängen und ihr Reichtum wirkt sich nicht auf die Schlüsselzahl aus; Berufstätige mit Zweitwohnsitz und Pendler bringen nix, weil sie vor allem Verkehrsinfrastruktur verbrauchen, aber zu deren Erhalt nix beitragen und außerdem an ihrem Hauptwohnsitz bzw. Wohnort veranlagt werden; Bezieher staatlicher Transferleistungen, Studierende/Auszubildende bringen nix, weil sie nicht das richtige oder zu geringe Einkommen haben.
Eine solche Erkenntnis könnte ja z.B. heißen
- um sich von Schwankungen des GewSt-Aufkommens unabhängiger zu machen, den Anteil an der Einkommenssteuer steigern;
- Bevölkerungswachstum ist deshalb nicht per gut, weil nur das Wachstum der in diesem Sinne richtigen Bevölkerungsgruppe gut ist;
- dass man bei der Konditionierung der Baugebiete auf diejenigen Bevölkerungskreise abstellt, die den Anteil an der ESt. erhöhen;
- den Anteil der Kleinhaushalte drücken (1-Personenhaushalte machen heute über 55% er Haushalte aus)
- dass man die Industrieparks und Gewerbegebiete schonen sollte; sie florieren und bringen hohe Einnahmen und man sollte deshalb z.B. die Seveso-Problematik sehr ernst nehmen, um die Industrie zu halten.
Ich weiß auch nicht, was richtig ist, aber auf jeden Fall werden Zielkonflikte offenbar, die nicht dadurch gelöst werden, dass man - wie ich es wonanders schon mal formuliert habe - auf Teufel komm raus Bauflächen ausweist, um die Einwohnerzahlen zu steigern, sondern dies mit Bedacht tut. Und bezogen auf die Prognose würde das für mich bedeuten, dass der Magistrat nicht die reine Zahl betrachtet, sondern sozusagen das qualitative Wachstum, dass sich aus der reinen Steigerungsrate nicht ablesen lässt. Dazu gehört auch, den Altersaufbau etwa im Auge zu haben.