Beiträge von Cavendish

    ^Ich gebe SeoulSoul recht, dass der mangelnde Zugang zu de Läden von den blockrandbildenden Straßen ein Manko ist. Auch die Einordnung der Einkaufsmöglichkeiten als armselig ist so falsch nicht. Die Flächen sind zwar da, aber man bewegt sich zwischen P&C und SportScheck. Das ist nun nicht abstoßend, erzeugt aber kein Destination-Shopping, gerade nicht bei Städtereisenden. Ne Schippe mehr Luxus und Exklusivität täte dem Standort gut finde ich, aber das mag ja noch kommen.


    Städtebaulich finde ich den LP gelungen. Den PP empfinde ich als rettbar unvollendet.

    ^Aber jede Menge mit der Ermöglichung und Förderung des Fußverkehrs (war das nicht in Berlin sogar eine gesetzliche Vorschrift, eine Errungenschaft dieser Legislatur?). Eine Bahntrasse (auf der die meisten Berliner Straßenbahnfahrer denken Tempo 30/50 gilt nur für die Anderen, zerschneidet die Innenstadt genauso, wie eine autobahnähnlich ausgebaute Straße. Das mag an der Landsberger oder am Groß-Berliner Damm ok sein, inkl. der chicen z-Übergänge, in diesem Innenstadtbereich sollte es jedoch nicht akzeptiert werden.


    mMn sollte man bei der Planung so ansetzen, dass man sich fragt, welche Nutzungen und Verkehre immer da waren und sein werden. Andere Verkehre kommen hinzu, wenn für sie Platz ist, aber bei Konflikten sind sie immer untergeordnet.


    Das Problem ist, dass hier sehr viel Platz ist, und indem man mit ihm aast, perpetuiert man die Ödnis. Wahrscheinlich ist der Preisdruck in Berlin doch noch nicht hoch genug, wenn man sich diesen verschwenderischen Umgang mit einer endlichen Ressource weiter leisten kann und will. Nachhaltig ist es nicht, eher ein städtebauliches ‘void’.

    ^Wobei noch angemerkt sei, dass eine auf dem Mittelstreifen dahin rauschende Tram ähnlich trennend für kreuzende Fußgängerverkehre wirkt, wie die heutigen MIV-Spuren. An der KLS wird das Trennende durch einen hüfthohen Sperrzaun unterstrichen, so dass man nur an den heutigen Blockenden die Bahntrasse queren kann.

    ^Während der Pandemie hatten wir ja ganz viel Bullerbü. Wie war’s denn so?


    Ich stippe gerade mal wieder durch ein leider nicht mehr in Print befindliches Buch über Wirtschaft und Handel im Mittelalter: Die enormen Transportkosten und -zeiten bedingten, dass sich der Preis einer Wagenladung ca. alle 50km verdoppelte. Das Resultat war regionale und nachhaltige Versorgung, aber mit hohen sozialen Kosten und Konsequenzen .


    Vielleicht ist dieser Konflikt nicht ausreichend ausgeleuchtet, aber es wundert mich schon, dass man diejenigen, die Stadtbild und -struktur, auch Schönheit und Identität stiftendes, ein menschlicheres Berlin zurück gewinnen wollen, einerseits als Rekoheinis abtut, und gleichzeitig den Biedermeierphantasien eines RRG-gerechten Stadtumbaus anhängen kann. Da kommt dann der Erhalt der Schneise Molkenmarkt <> Charlottenstraße bei gleichzeitig geforderter Rückstufung des 16. Bauabschnitts der A100 bei heraus.


    Den einzigen Reim den ich mir darauf machen kann, ist, dass sich die Versatzstücke des eigenen politischen Wollens nicht passend aneinander fügen lassen. Man endet mit miserablen Kompromissen in der Stadtentwicklung und Städtebau, die keiner so ursprünglich wollte.

    Auf Klarenbachs Lieblingsbrücke weiß jeder, wo er hingehört. Suum cuique: Gebauter Modalsplit, Funktionalität trumpft Design. Wenn man das gut findet, mag das erstmal eine Menge über einen selbst aussagen.


    Mit Verkehrswende hat das, mit Verlaub, reichlich wenig zu tun. Dann dächte man Verkehre in humaner Dimension, wozu notwendiger Weise die Reflexion der Verortung und Akzeptanz von Modalkonflikten gehört. Das ist das große Manko hier, ein Ingenieursbauwerk von der Stange, Gestaltungswille, der sich in den politischen Gefälligkeiten des Tages erschöpft, keine Architektur.


    Der behauptete eigene Gleiskörper als Tram-Beschleuniger ist mMn nicht alternativlos - wenn dem so wäre, wär K.s Rauschefahrt zum PP Ecke Charlottenstraße vorbei. Könnte sie auch sein, denn was man jetzt baut, bleibt MIV attraktiv. Meine nicht ganz so steile These: Den eigenen Gleiskörper gibt’s nur, weil das Projekt sonst nicht EU-förderwürdig ist. An diesem Ort sollte einem das, finde ich, egal sein.


    Ich sehe Fr. Günther weit weniger kritisch als viele hier. Sie hatte ein sehr schlüssiges Verkehrswendeprojekt: Eine Citymaut, die durch den Erwerb einer BVG-Tageskarte abgegolten werden konnte. Das hätte den MIV im Zentrum verteuert und wäre absolut wirksam. So geht Verkehrswende, wurde aber niedergebrüllt, weil angeblich nicht sozial. Wohl eher, weil kein vote winner.


    Fr. Günther hat gelernt, dass man so etwas nicht macht, und hat sich angepasst. An dem preisgekrönten Brückenentwurf ist denn nichts aufmüpfiges, gebautes kgV, kein großer Wurf. Dass Klarenbachs Erfolgskriterium dann nur noch ist, schnell da durch und weg, aber nie dahin zu kommen, auf welchem Untersatz auch immer, ist dann schon verständlich, bezeichnet aber nur das eigentliche Problem.

    ^Den Eindruck, dass das HF im Schloss gut angenommen wird, hatte ich auch. Ich war an verschiedenen Tagen letzte Woche da. Anbei einige Impressionen:


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    Revolutionen beginnen ganz einfach: jene in der Lichterfelder Hortensienstr. 14…

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    …diese in der Umweltbibliothek der Zionskirche.


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    Wirkt in Natura unglaublich plastisch und stark mit dem Durchblick zu Schinkels Altem Museum


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    Das doppelte Lottchen


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    Mit viertem, sozusagen Bonus-Kreuz.

    ... Aber London ist ein gutes Beispiel dafür, dass Hochhäuser ihren Platz im Stadtzentrum einer europäischen 2000 Jahre alten Capitale haben können ohne die historischen Gebäude wie Saint Paul oder den Tower dominieren zu müssen. Weil es einen Hochhausrahmenplan gibt der besonders historische Gebäude und Sichtachsen berücksichtigt.

    Naja, das liegt buchstäblich im Auge des Betrachters, aber urteilt selbst. Der Sichtachsenschutz ist erheblich aufgeweicht worden, weil die City nach dem Exodus der Banken nach Canary Wharf (wegen höhenbeschränkungsbedingten Platzmangels) die Versicherer nicht auch noch verlieren wollte. Alle Neubauten der letzten Jahre gravitieren daher nach EC3 (Versicherer), währen der NatWest Tower das höchste Gebäude in EC2 (Banken) geblieben ist…


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    St. Paul’s links

    Wenn man sich Fotos der baulichen Situation aus den zwanziger Jahren anschaut, könnte der Mühlendamm für viele Berliner ein Lieblingsort gewesen sein. Die Mittelinsel mit dem Sparkassengebäude, die seitlich abzweigende Inselstraße, die fast schon romantische Rückseite mit den Stegen über Wehr und Schleuse - das hatte Identität und Wiedererkennungswert.


    Der siegende Brückenentwurf mag von einem ‘ziemlich guten’ Büro entworfen sein, ist aber kontextfrei und könnte so an beliebigen Ort als Überführung dienen - Aufgabe technisch gelöst, Haken dran.


    Der Mühlendamm ist als Keimzelle Berlins in der Tat in mehrfacher Hinsicht ‘Ground Zero’, er ist die gebaute Klammer der Doppelstadt Berlin-Cölln. Ich verstehe nicht, weshalb sich Auftraggeber und Stadtgesellschaft einen solch lieblosen Umgang mit diesem historischen und sensiblen Ort leisten wollen. So wie wir heute bauen, werden wir morgen leben, und diese Flegelei, dieser lieblose und technokratische Angang, ist einfach nur enttäuschend.


    Diese Brücke wird nicht durch Experten und Architekten finanziert und sie wird auch nicht für sie gebaut. Bauherren sind wir alle, und es wird wirklich Zeit, dass wir uns Gehör verschaffen bei einer Landespolitik, die den Bezug zu den Einwohnern dieser Stadt auf schon so vielen Ebenen komplett verloren zu haben scheint. Ein Modikum an Gestaltungswillen, etwas Reflexion der Umgebung, Liebe für den Ort, und ja Esprit und Elegance, ist doch nicht zu viel verlangt.

    ^Bevor sie geschlossen wurde, gab es auf der Hammersmith Bridge Sitzbänke mit dem Rücken zum Verkehr. Ich habe dort noch nie jemanden sitzen sehen, und das obwohl die Aussicht schön ist. Abgase in Kopfhöhe - nun ja, für die Aufwertung des Stadtraums muss man schon Opfer bringen.


    Sarkasmus aus, eine Sache, die ich nicht verstehe, ist die: Warum müssen die Fahrbahnen aufgewölbt werden, wenn das für die Gehwege nicht notwendig ist? Oder sind diese nur angehängt und rückbaubar, sollte man die Brücke dereinst verschmälern wollen?

    Wen es interessiert, es gibt eine interessante Buchneuerscheinung: Des Kaisers Nachmieter. Christian Walther thematisiert was im Schloss zwischen Abdankung und Zerstörung los war. Nämlich auch jenseits der Nutzung als Kunstgewerbemuseum (vorher im Martin-Gropius-Bau, heute Schloss Köpenick) reichlich - vielfältig und demokratisch. Den hohen Anteil an von Frauen initiierten und beförderten Projekten hatte ich so noch nicht wahrgenommen. Es gab sogar eine Datsche auf dem Dach. Jedenfalls wert der Reflexion, dass zum Zeitpunkt des Abrisses die Monarchie bereits 32 Jahre perdu war und das Schloss seit 1918 quasi Volkseigentum.

    Den Verkehr am Lustgarten haben wir auch als störend empfunden. Das läßt sich so aber für wirklich alle Schneisen in der Berliner Innenstadt sagen, KLS, Spandauer und Mühlendamm / Gertraudenstraße / Leipziger. Eine Einladung für Raser (unlängst 107km/h in der Spitze), und es ist schade, dass die Berliner Landespolitik aus Rücksichtnahmen (auf wen auch immer) diese Unorte festschreibt. Wenn sich das Publikum im Begas/Schloss/Neptunbrunnen wäscht, trinkt, bettelt, vorbeirast, könnte man schon meinen, dass sich die Verwahrlosung des Stadtraums irgendwie in Verhaltensauffälligkeiten widerspiegeln muss.


    Klarenbach gibt sich mMn mit einem Minimum zufrieden - was hätte man aber stattdessen erreichen können. Aber gut Ding will Weile haben, und man muss das Unbefriedigende erfahren, um es ändern zu wollen. Vielleicht braucht es auch länger als eine Legislatur.

    Ich finde, dass man gerade durch diese Diskussion die Exponate würdigt bzw. die Kulturen, denen sie entstammen.

    Dem kann ich nur zustimmen. Die Diskussion an sich fördert ja bereits die Wahrnehmung des kulturellen Wertes in einer breiteren Öffentlichkeit. Zum anderen wird man sehen, wie sich andere Sammlungen verhalten, z.B. hinsichtlich der Benin-Bronzen.


    In Großbritannien, hat die Johnson-Regierung grade Camerons ehemaligen Schatzkanzler als Chair des Boards of Trustees des British Museums installiert. Ausdrücklich gewünscht ist eine britische Perspektive, auch auf das koloniale Erbe, die Positionen außerhalb der Filterblasen städtischer Eliten vertritt. Ich zitiere nur.


    Osborne ist wie Grütters nicht vom Fach, als Politiker aber qualifizierter und wohl besser vernetzt.