Beiträge von ElleDeBE

    Durch den Neubau gibt es keine klaren städtebaulichen Kanten mehr.

    Genau das versuchte ich zu thematisieren: Dass dieser etwas eigenartige EmMi, gerade weil er da quasi mitten im Weg steht wie ein alter Baum, um den man herumgebaut hat, statt ihn zu fällen, der Ecke nun eine quasi mittelalterliche Vorrationalität verleiht ("keine klaren Konturen"), die sich mit den alten Stadtstrukturen hier (Reste der mittelalterlichen Stadtmauer) gar nicht einmal so schlecht verträgt und der ich, wenn ich vor Ort bin, durhaus etwas abgewinnen kann.


    Es gibt Fälle, wo das nicht funktioniert. Im Fall des Gebäudes des Sozialverbands Deutschlands am Rolandufer ist durch ein einsam und unmotiviert dahingebautes Haus tatsächlich ein schrecklicher Nicht-Ort entstanden, von dem ich nicht verstehe, wie an dieser Stelle so etwas bewilligt werden konnte. Im Falle des Entleins EmMi verstehe ich es auch nicht, aber ich würde nicht von einem "undefinierten Raum" sprechen. Der Raumeindruck war vorher banaler und langweiliger. Das EmMi hat eine irrationale Kleinteiligkeit in die Ecke gebracht und an der Rückseite einen neuen, intimen Aufenthaltsbereich.

    Zuletzt hier #1.036


    Beim EmMi LuebesKind-Haus hat sich in den letzten zweieinhalb Monaten nicht unglaublich viel getan, aber ich möchte noch einmal das Gebäude in seinem Kontext zeigen. Ich selbst merke, wie ich, fast wider Willen, dem Haus an diesem Ort etwas abgewinnen kann. Da es an einer Stelle steht, wo man sich nicht unbedingt einen Neubau erwartet, weckt das Haus bei mir unbestimmte nostalgische Gefühle. Abgesehen davon sind neue Bezüge enstanden und hat sich der Stadtraum etwas verdichtet. Auf Fotos lässt sich das nicht so gut festhalten, aber hier jedenfalls meine Eindrücke von heute:








    Alle Fotos von mir & gemeinfrei.

    Zuletzt hier: #1.300

    Heute stand, als ich vorbeischlenderte, eine Tür zu den Innenhofbereichen offen und ich habe das genutzt und einige (zugegeben nur mäßig aufregende) Fotos geschossen, teils um den fast vollständigen Abriss des unscheinbaren Vorgängerbaus zu dokumentieren, teil aber auch, weil von hier ungewohnte Blicke auf das Grandaire und andere Bauten auf der anderen Seite der S-Bahn möglich sind:






    Es sieht so aus, dass hier eine Baustelle vorbereitet wird, wobei mir bislang nichts über etwaige Pläne zu diesem Baugrundstück zu Ohren gekommen sind.


    Aller Bilder von mir & von heute & gemeinfrei.

    Bis auf wenige Ausnahmen nehme ich diese dünnen Stummel meist als Fremdkörper wahr.

    Ja, vielleicht gibt es tatsächlich etwas Fremdkörperliches, hier, und vielleicht ist es auch das, was mir persönlich gefällt, weil ich es als belebend und erfrischend empfinde. Und vielleicht kann man dieses Fremdartige hier sogar genauer bezeichnen: Im konkreten Fall kommen zur Verbindung dünn-hoch auch Holzbauweise und Balkone hinzu, wodurch das Haus Eins etwas Pagodenartiges bekommt. Und vielleicht irre ich mich, aber auch jene Urbanität, die Du ansprichst, wirkt auf mich eher fernöstlich als amerikanisch. (Ich nannte ja vorhin Hong Kong.) Es wäre eine kulturgeschichtlich interessante Frage, ob nicht nur in den Bereichen Mode, Fim(serien), Musik, Gastronomie, Körperübungen & Spiritualität, sondern – weniger deutlich – auch im Architektonischen und Urbanistischen kulturell mehr und mehr fernöstliche Einflüsse wirksam würden, in Gestalt der Phantasie einer wuselig-chaotischen Garküchenurbanität, wo sich (im Idealfall) Kleinteiligkeit mit Wolkenkratzern, traditionelle mit hypermodernen Elementen eigentümlich mischen.

    ^ Vielen Dank für die Links, Katzenstein. Von diesem "Haus Eins" bin ich ziemlich hingerissen, es ist genau das, was Berlin an vielen Ecken vertragen könnte: Schmale, schlanke Hochhäuser, wie man sie, deutlich höher allerdings, in Hong Kong viel sehen kann. Obwohl, absolut gesehen, gar nicht besonders hoch, (das Haus Eins ist 60 Meter hoch) erscheinen sie durch das Verhältnis Grundfläche/Höhe höher, als sie sind und geben dem Auge Bezugpunkte, ohne zu viel Gravitationskraft und Masse zu entwickeln. Wenn auch noch Holz verwendet wird, überwiegt noch einmal der Eindruck des Leichten. Abgesehen davon können sie, wie hier, helfen, wertvolle Flächen zu bewahren.


    Ich würde mich freuen, wenn dieses Projekt dazu beitrüge, dass solche Grissini-Hochpunkte sich in Berlin vermehren würden. Es gibt unzählige langweilige Kreuzungen oder Orte, wo sie wunderbar passen könnten, z.B. an der Memhardstr. Ecke Karl-Liebknecht-Straße.

    mr_ilaischa, das ist schon ein starkes Stück. Ich hatte klar gesagt, dass ich den Abriss des Altbaus bedauerlich fände und habe den Erhaltungszustand nicht als Argument für den Abriss verwendet. Da ich dennoch missverstanden wurde, habe ich danach noch einmal glasklar betont, das ich gegen den Abriss bin. Dass Du das offenbar dennoch nicht verstanden hast, ist schwer zu glauben und spricht dann nicht für Deine Auffassunggabe, ist aber Dein Problem. Ich verwahre mich aber dagegen, dass Du meinen Beitrag noch Wochen später als Beleg für eine Ansicht oder Haltung anführst, die ich nicht teile.

    Kolhoffs Engagement für die europäische Stadt des 19. Jahrhundert und für Schönheit in der Architektur in Ehren, aber insgesamt ging mir sein kulturpessimistisches, ressentimental durchfinstertes und latent aggressives Dauerlamento doch mehr und mehr auf die Nerven, je länger das Interview lief. Und eine Winzigkeit, aber vielleicht doch auch ein Hinweis auf eine gewisse geistige Rigitität: dass er, der auch in Florenz lebt, nicht einmal das von ihm hervorgehobene Wort "cittadino" richtig aussprechen kann.

    ^ Vorgestern las ich einen Artikel, der zumindest etwas zum ersten Punkt beiträgt. Demnach habe bereits Ende 2021 Henrik Ullum, Leiter des mit dem RKI vergleichbaren Dänischen Statens Serum Instituts (SSI), eingestanden, dass die Hospitalisierungszahlen nicht aussagekräftig seien, weil die Unterscheidung nach Erst- und Zweitdiagnose – beziehungsweise der Hinweis fehle, ob es sich um reine Zufallsbefunde handelte. In Dänemark würde diese Unterscheidung nun getroffen, während das RKI diesen Unterschied bis heute nicht ausweise. Die Unterscheidung, ob die Patienten "mit oder wegen Corona" eingeliefert wurden, sei aber "im Einzelfall schwierig", und der Grund der Einlieferung spiele für den Aufwand, der getrieben werden müsse, um positiv getestete Patienten in den Krankenhäusern zu isolieren, keine Rolle.

    ^ Ja, das habe ich verstanden, aber das war eben nicht als Argument für den Abriss gemeint, sondern eine Antwort auf mr_ilaischa, der von einem "echt schönen gebäude aus der gründerzeit" sprach und einem "maximal durchschnittlichen neubau". Und ich deutete selbst an, dass der Altbau "auch wegen der Renovierungen und dem etwas schäbigen Erhaltungszustands" mir durchschnittlich erscheint. Auch ich kann mir also gut vorstellen, dass es viel Potiential für eine Verschönerung besitzt. Kein Dissens also von meiner Seite.

    ^^^"Hebt sich von früherer Architektur ab" ist für mich alleine kein Qualitätsmerkmal." Für mich auch nicht, deswegen habe ich ja auch weitere Argumente angeführt ^.^.


    ^^ Aus dem Satz, dass der Bestandsbau nichts besonderes ist, folgt nicht, wie Du anzunehmen scheinst, dass es deswegen auch abrisswürdig wäre. Eine Stadt lebt vom Normalen, Nicht-Besonderen, und ich sagte auch selbst, dass ein Abriss von Gründerzeitlern immer bedauerlich ist, also auch in diesem Fall. Ich teile auch die Ansicht, dass gegen den Abriss Klimaschutzgründe sprechen ("graue Energie"). Ich finde nur diesen Bestandbau gerade nicht in besonderer Weise schön und den geplanten Neubau nicht besonders durchschnittlich.


    ^ "sobald ein gebäude also renovierungsbedürftig ist - abreißen! aha 🤣"

    Ich hoffe, das sich dieser falsche Eindruck durch meine Angaben geklärt hat.

    ^ Der Abriss eines Gründerzeitlers ist immer bedauerlich, aber was findest Du an diesem spezifischen besonders schön? Mir scheint das Gebäude (auch wegen der Renovierungen und dem etwas schäbigen Erhaltungszustands, allerdings) eigentlich recht durchschnittlich (vgl. #582).


    Umgekehrt finde den geplanten Neubau durchaus nicht "maximal durchschnittlich". Es hat klare Linien, gute Proportionen (das Erdgeschoss ist nicht so gedrungen, wie sonst oft bei Neubauten), eine luftige und lichte Fassade, wirkt leicht und schon durch die geplante, teilweise mehrere Stockwerke hohe Fassadenbepflanzung, zeitgemäß und hebt sich von früherer Architektur ab.

    Es gibt ganze Abhandlungen über diese furchtbare Phase der Fassadenverstümmelung in den 20ern – die oft nur den Zweck hatte Flächen für Leuchtreklamen und Werbeschilder zu generieren (...)

    da behalf man sich mit solchen Fisimatenten deren Ergebnis eben oft nach hinten losging und das Auge bis heute oft genug beleidigen.

    Interessant, gibt es in Berlin weitere Beispiele solcher Fassadenveränderungen in den 20er Jahren? Mir schien das Gebäude an der Neuen-Schönhauser/Rosenthaler Str., bislang ein ziemliches Unikat zu sein, zumindest in Berlin. Und schon wegen der Seltenheit finde ich diese frühe Fasadenmodernisierung architekturhistorisch hochinteressant und möchte sie keinesfalls missen.


    Was die Reklame und Werbeschilder angeht, so bin ich, wenn ich alte Fotos sehe, immer wieder von Neuem vom Ausmaß beeindruckt, mit welchem auch gründerzeitliche Gebäude mit Werbung zutapeziert waren. Werbeschilder waren kein Spezifikum einer bestimmten Architektur.

    orientiert sich stilistisch an der Neuen Sachlichkeit der 20er Jahre.

    Nur eine kleine Ergänzung: Die Fassade des zweiten Hauses, das Du anführst (Neue Schönhauser Ecke Rosenthaler) ist zwar tatsächlich im Stil der 20er Jahre umgestaltet worden, in seiner Substanz und seinen Proportionen aber ist das Gebäude älter, Jahrhundertwende oder so. (An einer Stelle der Fassade ist das frei gelegt worden und auch in Deinem Bild erkennbar.)

    ^ Boddien wirkte ziemlich aufgebracht bzw. emotional, ich denke nicht, dass er das nur kühl strategisch vorgebracht hat. Er hat das wirklich so gesagt, ich war ja dort, und zumindest die Aussage mit dem schlimmsten Anschlag auf 2000 Jahre Christentum wurde auch von Medien kolportiert. Demnach sprach er, so die korrekte Formulierung, von einem "kulturellen Bruch, wie wir ihn in unserer Geschichte noch nie hatten - die Herrschaft der Säkularisierung über unsere 2000 Jahre alten Wurzeln im Christentum". Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Ein Spruchband auf einem Museumsgebäude stellt einen "kulturellen Bruch, wie wir ihn in unserer Geschichte noch nie hatten" dar?! Ich möchste das jetzt nicht skandalisieren, der Mann war erregt, aber man muss nicht lange nachdenken, um das für einen unglaublichen Satz zu halten.

    ^ Ich hatte das hier bereits etwas ausgeführt:

    Anlässlich einer Debatte zur Kuppelinschrift + Kreuz Ende November 2021 nannte Wilhelm von Boddien den dort vorgestellten Leuchtband als, sinngemäß, "größten Anschlag auf das christliche Abendland seit 2000 Jahren" und war sich auch nicht zu schade, darauf zu verweisen, dass in Köln der Muezzin von der Moschee ins Freie rufen könne (was, nebenbei bemerkt, noch gar nicht bewilligt wurde) und man hier Probleme mit christlichen Symbolen hätte. Abgesehen davon, dass das offenar rechtsidentitäre Emotionen schüren sollte oder solchen Emotionen entsprang, behandelte er das Humboldtforum damit nicht als Museum und das Kreuz und die Inschrift als Zeichen, die sich ausschließlich der originalgetreuen Rekonstruktion verdankten und hier keinerlei religiöse Funktion haben, sondern durch den Ausdruck "Anschlag auf das christliche Abendland" und den Vergleich mit einer Moschee implizit so, als befänden sich auf dem Humboldt Forum religiöse Symbole. Wer aber das nicht unterscheidet, christliches Symbol auf einer Kapelle und Reko-Kreuz ohne religiöse Funktion, der setzt sich dem Verdacht aus, dass er auch ein Museum nicht von einem Schloss unterscheiden kann.

    ^ Nein. Je Hohenzolliger das Humboldt Forum wird, desto suspekter wird es mir. Ein Einwurf von Boddien bei einer Publikumsdiskussion vor anderthalb Monaten hat mir gezeigt, dass selbst dieser mir bis dahin durchaus sympathisch und moderat-konservativ erscheinende Mann von ressentimental-reaktionären Antrieben nicht frei ist. Solche Tendenzen sollten nicht weiter befördert werden.

    ^ Danke, bogart. Ich war immer darüber betrübt, dass man das (vorläufig) höchste Hochhaus am Alexanderplatz ausgerechnet dort genehmigt hat, wo es die beeindruckende Sichtachse nach Osten besonders beeinträchtigt. Es ist nicht so, dass das nun ganz anders wäre. Zumindest Dein Entwurf vermittelt aber immerhin den Eindruck, dass der Standort und der Winkel des Towers sowie seine Rücksprünge sehr genau mit dem Fernsehturm korrespondierten. Der Fernsehtum erschiene exakt hinter ihm plaziert, scheint aus der Ferne entsprechend aus dem Tower herauszuwachsen und zu ihm zu gehören. Dadurch könnte auch der Effekt einer beim Darauf-zu-Fahrens langsam in den Turm sinkenden Kugel des Fernsehturms ganz apart sein.

    Das Problem liegt in meinen Augen weniger beim Kreuz oder dem Spruch selbst. Dessen beide neutestamentlichen Quellen waren, in ihrem Kontext betrachtet, durchaus herrschaftskritisch, insofern sie weltliche und geistliche Herschaft gerade relativierten. Es liegt nicht einmal so sehr in der antidemokratischen Instrumentalisierung dieser Sätze durch Friedrich Wilhelm dem IV. Das Problem liegt darin, dass das Kreuz nun, ohne die dazugehörige Kapelle, nicht nur seine einstige religiöse Funktion eingebüßt hat, sondern, durch den neuen Inhalt des Gebäudes, die außereuropäischen Sammlungen, neu lesbar wird, wie auch der Spruch. Beides erinnert nun an die Zusammenarbeit zwischen Kolonialismus und Misson, und daher geraten diese Symbole nun in eine krasse Spannung zu den Exponaten, von denen sich viele bekanntlich kolonialem Unrecht verdanken. (Vgl. zum Sachverhalt auch den angenehm unaufgeregten Artikel in der Berliner Morgenpost.) Die grundsätzliche Idee einer abendlichen Überschreibung durch eine Leuchtschrift scheint mir (vorausgesetzt, sie ist nicht die gesamte Nacht sichtbar, wodurch der nächtlichen Eindruck der Kuppel und des Schlosses doch sehr unruhig würde) eine relativ maßvolle und kluge Weise, mit dem Problem umzugehen.


    Ich war übrigens am Donnerstag bei der Debatte und der Präsentation der Idee mit der Leuchtschrift anwesend, und während die meisten Stimmen intelligent und auf hohem Niveau diskutierten, fiel ausgerechnet eine Stimme deutlich ab, und zwar leider genau jene von Wilhelm von Boddin. Er nannte den Spruchband allen Ernstes den größten Anschlag auf das christliche Abendland seit 2000 Jahren (^.^) und er war sich auch nicht zu schade, das rechtsidentitäre Pseudoargument zu bemühen, wonach in Köln der Muezzin von der Moschee ins Freie rufen könne (was, nebenbei bemerkt, noch gar nicht bewilligt wurde). Als ob das HF wie eine Moschee eine religiöse Bedeutung hätte! Das ist natürlich Wasser auf den Mühlen jener rechten Kulturchristen, denen christliche Symbole genau das sind, was Chrupalla deutsche Gedichte: Identitäre Symbole ohne Inhalt. Das war tatsächlich eine Enttäuschung, denn ich hatte Boddin bislang eher mit einem gepflegten Konservativismus als mit identitären Ressentiments verbunden.