Beiträge von ElleDeBE

    Im heute veröffentlichen Koalitionsvertrag heißt es zur Freiraumgestaltung des Humboldt Forums:


    "Um die Aufenthaltsqualität zu verbessern und der sommerlichen Erwärmung entgegenzuwirken, wird die Umgebung des Humboldtforums mit Bäumen und qualitätvollen Grünflächen aufgewertet. Mit dem Projekt Freitreppe soll der öffentliche Raum auf der Spreeinsel aufgewertet werden, am historischen Standort des Neptunbrunnens wird eine Brunnenanlage errichtet."


    Für mich klingt das tadellos, – bis auf die Rechtschreibung von "Humboldt Forum". (Aber die stimmt nicht einmal in der Überschrift dieses Stranges ;)

    Interessant wird sein, wie die Brunnenanlage gestaltet werden soll.

    Ich bin positiv überrascht. Die Höhe tut dem Gebäude gut, verleiht ihm etwas Imposantes. Der obere Teil erinnert mich an ein Palmen- oder Gewächshaus. Das Blau oben und das Beige der Fassade korrespondieren gut miteinander. Ich muss aber einschränkend sagen, dass ich nur nach den Fotos urteile, ich war nicht dort.

    Die Berliner Zeitung hat das ziemlich aussagekräftige und lesenswerte Sondierungspapier der SPD veröffentlicht. Es macht deutlich, warum eine Fortsetzung von RGR unter keinem guten Stern gestanden wäre. So heißt es etwa über die Zusammenarbeit mit den Grünen: "In nahezu allen politischen Teilbereichen haben die Grünen erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit ihrer Verabredungsfähigkeit aufkommen lassen."

    Auffällig ist dieses niederschmetternde Ausmaß an Vertrauensverlust auch angesichts der fast entgegengesetzten Einschätzung der Linken: "Es bestehen keine Zweifel an der verbindlichen Herangehensweise und Verabredungsfähigkeit der politischen Führung der Linkspartei." Allerdings sieht das Papier die Partei vor einer Zerreißprobe, zentrale Protagonist:innen arbeiteten derzeit "aktiv an einer Spaltung der Partei". Auf Landesebene bestünden "erhebliche Zweifel an der Durchsetzungsfähigkeit verabredeter Positionen in der Breite der Partei". In den Sondierungen habe sich die Überzeugung herausgebildet, "dass die Aufweichung von Beschlüssen und die Verzögerung von Prozessen, zum Beispiel bei der Wohnungsbauförderung oder bei Bebauungsplänen, sich nicht nur verstetigen, sondern verstärken" würden.


    Das ist natürlich Ausdruck einer SPD-Sicht, einer Partei also, die in Berlin seit 1989 (!) ununterbrochen an der Macht war und die schon daher vielleicht nicht der glaubwürdigste Kandidat für einen kraftvollen Neuanfang ist. Über die einzelnen Einschätzungen kann ich mir zudem kein Urteil erlauben, dafür habe ich nicht genügend Einblick. Dennoch ist das hier sichtbare Ausmaß der Zerrüttung des Vertrauens gerade zwischen SPD und den Grünen ein relevantes Faktum. Wenn man das liest, kann man sich mit dem besten Willen nicht vorstellen, wie aus RGR noch etwas Gutes und Kraftvolles hätte werden können.

    Interessant ist übrigens auch, dass alle urbanistischen und architektonischen Fragen, die uns hier am Herzen liegen, keinerlei Rolle im Sondierungspapier spielen.

    ^ Ja, spannend. Aber auch eigenartig, wie wenig alle drei Entwürfe mit den drei ursprünglichen Wettbewerbssiegern zu tun haben (siehe hier). Dass sich in neun Jahren die Entwürfe ändern, ist normal, aber hier fällt es schwer, irgend eine Ähnlichkeit zu erkennen. Als ob ganz andere Architekten am Werk gewesen wären.

    Mir hat der Gehry zunächst gefallen, aber obwohl nie geboren, ist er m.E. doch schlecht gealtert. Das liegt z.T. an den auch in meinen Augen ungeglückten Proportionen. Aber vielleicht ist auch der zu einem neoliberal dominierten Zeitgeist passende signature-style insgesamt verblasst. Überhaupt bietet die Verzögerung auch die Chance, noch einmal zu schauen, welcher der damals vorgelegten Entwürfe die Zeitprobe gut überstanden hat. Chipperfield z.B., an dem ich damals etwas gemäkelt hatte, gefällt mir nun besser als die im Rennen befindlichen Entwürfe. Aber ein Hoho, ein Holzhochhaus, fände ich hier und überhaupt am Alex noch besser, weil ein solches leichter und damit dem schwierigen Untergrund angemessener wäre, und weil es innovativ und damit dem klingenden Namen "Alexanderplatz" mehr entspräche als die etwas biederen Zweit- und Drittplazierten.

    ^ Im Rückblick erscheinen mir Lüschers Leistungen durchwachsen, die von Dir genannte Höhenbegrenzung sehe ich genauso kritisch. Aber wenigstens hat sie das Baukollegium gegründet mit Transparenzregeln. Und es gab auch interessante Fortentwicklungen, z.B. als mit Corona Sitzungen online übertragen wurden. Ich war manchmal dabei und habe sehr profitiert. Man lernt viel und kann sachkundiger über bestimmte Fragen urteilen. Die ganze Debatte wird dadurch automatisch versachlicht.


    Wo Lüscher und/oder die Linke intransparent gehandelt haben, ist das zu kritisieren. Aber das setzt eben voraus, dass man Transparenz überhaupt für erstrebenswert hält. Und manche hier (Du nicht!) äußern sich merkwürdig zweideutig, entrüsten sich über undemokratische, intransparente Verfahren, wenn die politischen Gegner am Ruder sitzen, scheinen Transparenz aber durchaus für verzichtbar zu halten, sobald jemand am Ruder ist, den/die sie als Verbündete eigener Vorlieben ansehen. Demokratisch in der Opposition, autoritär in der Macht – das ist natürlich nicht kohärent.


    Ich fand die Polemiken gegen Kahlfeld anlässlich ihrer Wahl unmöglich und habe ihr Kredit gegeben. Ich hoffe noch immer sehr, dass sie vieles besser machen wird als Ihre Vorgängerin. Leider sehe ich z.Z. aber nicht, dass es ihr ein Anliegen wäre, die öffentliche Wirksamkeit des Baukellegiums zu steigern, befürchte hier vielmehr einen Rückschritt. Aber ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn ich Unrecht behielte

    ^ Transparenz ist kein Garant für irgendetwas, aber Transparenzregeln sind, wie wir wissen, ein Korrektiv gegen Korruption. Eine öffentliche Beteiligung kann auch ein Feedbackmechanismus für die Entscheidungsgremien sein. Öffentliche Sitzungen können dazu beitragen, dass das allgemeine Interesse und Verständnis für architektornische Fragen steigt, und das wiederum kann einer Stadt nur gut tun. Etc. Aber warum reden wir hier überhaupt solange: Ist denn hier auch nur ein Forist, der ernsthaft meint, es wäre besser, wenn die Sitzungen des Baukollegiums zukünftig sämtlich im Geheimen stattfinden sollten?

    ^ Ich habe mich hier nicht allgemein positiv zu Lüscher oder negativ zu Kahlfeldt geäußert, sondern beide hier ausschließlich mit Bezug auf die Transparenz des Baukollegiums bewertet.


    ^^ Schauen wir doch kurz, was die Seite des Baukollegiums selbst zur Arbeitsweise sagt:


    "Um mehr Transparenz bezüglich der gestalterischen Entwicklung der beratenen Projekte herzustellen, finden die Sitzungen des Baukollegiums öffentlich statt. Sowohl die Präsentation der Projekte durch die Bauherren als auch die Empfehlungen dazu durch das Baukollegium werden gemäß der novellierten Geschäftsordnung öffentlich vorgestellt. Lediglich die Diskussionen des Baukollegiums über die Projekte finden intern und unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Dadurch trägt das Baukollegium zur Qualifizierung der baukulturellen Debatte in Berlin bei und stärkt das Bewusstsein für gute Architektur und Stadtgestalt in der Öffentlichkeit, der Politik und der Verwaltung."


    Gerade in einem herausragend wichtigen Bauprojekt ist das Baukollegium unter der Leitung der noch relativ neuen Baustadträtin von den eigenen Vorsätzen abgewichen. Vielleicht war das irgendwie sachlich begründet, aber wegen der Intransparenz fehlen uns selbst dafür die Informationen. Ohne die Anfrage der Grünen wüssten wir nicht einmal, dass über Hines diskutiert wurde. Jedenfalls sollten gerade wir vom DAF, denke ich, ungeachtet etwaiger Sympathien, achtsam sein. Es sollte nicht so weit kommen, dass zukünftig gerade die relevantesten Projekte hinter verschlossenen Türen verhandelt werden.

    ^ Ich glaube, ich habe meine Aussagen hinlänglich begründet. Du wiederholst stattdessen ohne Argumente, Intransparenz sei "völlig legitim". Was genau meinst Du damit: Dass das ok ist? Oder dass das eigentlich nicht gut ist, aber die Statuten Ausnahmen nun einmal zulassen und man daher wenig dagegen machen könne? Eine Deiner Formulierungen scheint auf letzteres hinzuweisen, wenn Du schreibst: "[...] haben in der letzten legislaturperiode in einem linken alleingang eine höhenreduzierung von 150m auf 130m durchgeboxt". Das zumindest klingt nicht so, als hättest Du das damals gut gefunden. Ich auch nicht. Das war damals falsch, und das finde ich auch jetzt falsch, und Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie sehr es mir egal ist, ob die Intransparenz von Lüscher oder Kahlfeldt, von Linken, Grünen, oder Konservativen zu verantworten ist. Lüscher halte ich immerhin zugute, sich insgesamt um mehr Transparenz und Öffentlichkeit bemüht zu haben. Bei Kahlfeldt beginne ich zu zweifeln, aber vielleicht belehrt sie mich eines Besseren.

    die angebliche geheimniskrämerei kann ich absolut nicht nachvollziehen.

    Und ich kann nicht nachvollziehen, wie man angesichts der Fakten, die die BZ ja ausführlich darlegt, von einer "angeblichen" Geheiminskrämerei sprechen kann. Oder willst Du behaupten, dass die BZ die Sachverhate falsch darlegt?


    Man kann Frau Lüscher einiges vorhalten, aber zu den großen Errungenschaften ihrer Amtszeit zählt die Gründung des in der Regel öffentlich tagenden Baukollegiums, dessen Ergebnisse seit 2017 veröffentlicht wurden und deren Sitzungen in der Coronazeit auch online übertragen wurden und weiter hätten übertragen werden sollen. Das war ein wichtiger Beitrag dazu, dass Architektur und Städtebau zu öffentlichen Angelegenheiten werden und auch ein wichtges Korrektiv und es ist nicht gut, wenn diese Online-Übertagung der Sitzungen unter Frau Kahlfeldt, wenn ich das richtig sehe, nun nicht fortgesetzt werden.


    Es ist übrigens auffallend, dass schon einen Monat nach Lüschers Abgang (und noch vor der Amtsübernahme von Kahlfeldt) eine wichtige Baukollegiumssitzung im Geheimen stattfand. Mit der Sitzung vom 26.9.22 hat Frau Kahlfeld, nur neun Monate nach ihrem Amtsantritt, in einer weiteren wichtigen Frage (Alexanderplatz) ebenfalls geheim getagt, obwohl gerade bei solchen großen Projekten, wo auch viel Geld fließt, die Beteiligung der Öffentlichkeit als Korrektiv wichtig ist. Und gerade ein Architekturforum, das ja auch auf Informationen angewiesen ist und das mit seinen Debatten zu einer Baukultur beiträgt, sollte sich für Transparenz einsetzen, denke ich.


    PS: Habe mir gerade das Protokoll aus der entsprechenden Sitzung vom 26.9.22 heruntergeladen. Aus ihm geht nicht einmal hervor, dass über das Hines-Projekt überhaupt gesprochen wurde! Das ist nicht nur intransparent, sondern grenzt an Irreführung.

    Interessante Neuigkeiten vom Hines-Hochhaus am Alexanderplatz.

    Nach Angaben der Berliner Zeitung will Hines seine dortigen Pläne ändern. Das sei am 26.09.2022 intern und nicht öffentlich im Baukollegum beraten worden.

    Aus der Antwort von Kahlfeldt auf eine Anfrage von zwei Grünen-Abgeordneten ist zu erfahren oder zu erschließen, dass

    • eine Reduzierung des Wohnanteils zugunsten von mehr Bürofläche geplant ist;
    • die ersten drei Preisträger des 2014 entschiedenen Architekturwettbewerbs zu einer Überarbeitung ihrer Entwürfe aufgerufen worden seien, also neben dem Wettbewerbssieger Frank O. Gehry auch Kleihues und Kleihues, sowie Barkow Leibinger. Das lässt darauf schließen, dass noch "offen ist, nach welchem Entwurf der Turm am Ende gebaut werden soll" (hier könnt Ihr Euch die Entwürfe in Erinnerung rufen)
    • selbst die Höhe „noch nicht abschließend verbindlich festgelegt“ sei.

    So weit die Neuigkeiten. Mehr lässt sich z.Z. nicht erfahren, weil das Baukollegium in der Leitung Kahlfelds, anders als Lüscher, sehr intransparent verfährt, sogar gegenüber den Abgeordneten, deren Aufgabe die Kontrolle der Regierung ist. Diese Geheimniskrämerei spricht in meinen Augen nicht für Kahlfeld.

    ^ Mich überzeugen die Visus gar nicht, denn erstens scheinen sie mir zutiefst verlogen: Sie simulieren eine Vision, wie sie in Wohnvierteln wie Xberg oder am Prenzlberg eingermaßen realistisch wäre (Familien mit Kindern, Kids mit Skateboard, Frauchen mit Hund...), aber doch nicht hier!

    Vor allem aber finde ich selbst das, was man sich hier als Optimum vorstellt, piefig und belanglos: Die Rückkehr in die spießige "Fußgängerzone".

    ^ Danke, sehr interessant, aber auch: sehr enttäuschend. Ein vierstöckiges (und architektonisch auch wenig ambitioniertes) Gebäude ergibt hier städtebaulich überhaupt keinen Sinn, weder angesichts der viel höheren Nachbarn noch angesichts der geplanten sehr viel höheren (und architektonisch anspruchsvolleren) Neubauten gegenüber. Auch angesichts der überbreiten Straße ist das Gebäude viel zu flach. Ich bin ratlos.


    An diesem Bild lässt sich die Maßstablosigkeit deutlich erkennen:


    bildschirmfoto2023-014ei0t.png

    (© Adonum)

    In der FAZ findet sich ein großartiger Artikel von Peter Stephan (er lehrt Architektur und Kunstgeschichte an der Fachhochschule Potsdam) über die Bauakademie. Er ist zugleich ein überzeugendes Plädoyer für den Wiederaufbau.


    Stephan liest die Bauakademie, wie auch andere Bauten Schinkels, als eine "Interventionsarchitektur" (...), mit der das bis dahin monarchisch geprägte Umfeld des königlichen Schlosses neu [nämlich bürgerlich] codiert wurde." In der Bauakademie habe Schinkels Auseinandersetzung mit dem Schloss seinen "krönenden Schlusspunkt" gefunden. In überraschender, aber durchaus überzeugender Weise zieht Stephan einen städtebaulicher Bogen, der "von der Neuen Wache bis zum neuen Einheitsdenkmal" reiche und in dem die Bauakademie, zusammen mit einem zu bauenden Denkmal für die Bewegung von 1848, "ein gedankliches Bindeglied" darstellten, mit dem die Bauakademie in der Lage sei, die Monumente der DDR einzubeziehen. Freiheitskämpfe des Sozialismus und des Liberalismus rücken hier enger zusammen und könnten – losgelöst aus dem Kontext der SED-Propaganda, in ein gesamtdeutsches Narrativ integriert werden.


    "Ein solches Narrativ, das städtebaulich wie geistig über Stilformen, Epochen und Ideologien hinweg integrierend wirkt, braucht unsere Gesellschaft mehr denn je. Eine ökologische Standards berücksichtigende, zugleich aber auch authentische Rekonstruktion von Schinkels Bauakademie kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Schließlich sollte uns nicht nur das meteorologische, sondern auch das geistige und das soziale Klima ein Anliegen sein."


    Der Artikel ist nicht zuletzt auch deswegen so lesenswert, weil er über die Bauakademie hinaus hochinteressante und (für mich) überraschende Einsichten bietet: Etwa, dass der Ansatz, das Schloss mit einer bürgerlichen Interventionsarchitektur einzuhegen, nach Schinkels Tod nicht nur durch den Bau des Roten Rathauses, sondern auch mit dem Neptunbrunnen fortgesetzt worden sei: Mit ihm habe der Magistrat den Platz unmittelbar vor dem Schloss und damit genau jene Stelle, wo Berlin und Preußen ihren gedanklichen Mittelpunkt hatten, symbolisch in Besitz genommen. „Hier kreuzten sich die beiden Magistralen von Alt-Berlin und Cölln, hier lag der Nullpunkt der preußischen Meilenzählung. Allerdings hatte der Meergott dem Schloss (und damit dem Kaiser) den Rücken zugewandt. Gelassen blickte er über die Breite Straße zum Cöllner Rathaus, die hinter ihm aufragende Architektur mit ihren Riesensäulen als Staffage nutzend.“


    Ich belasse es dabei, damit dieser Beitrag nicht zu lang wird, und verweise stattdessen auf den Artikel selbst. Wer kein Abo hat, wird hier fündig.

    ^ Ich weiß nicht, ob sich eine solche Radikalisierung und Verhärtung der Fronten tatsächlich ereignet, aber wenn so, wäre dies gerade hier doch einigermaßen absurd, denn im Grunde genommen könnten sich gerade in diesem einen Fall auch und gerade Anhänger der architektonischen Moderne freuen, wenn ein Vorläufer der Moderne wieder aufgebaut würde.

    ^^ Die architekturgeschichtliche Bedeutung des Kurhauses in Bad Homburg ist mit jener der Schinkelschen Bauakademie nicht vergleichbar. Das aber ist für mich der entscheidende Punkt: Die Bauakademie stellt ohne Zweifel eines der wichtigsten architekturgeschichtlichen Zeugnisse Berlins und ein wichtiges Zeugnis über die Grenzen Deutschlands hinaus dar. "The building [...] is considered one of the forerunners of modern architecture due to its hithertofore uncommon use of red brick and the relatively streamlined facade of the building." (WIkipedia)


    Hinzu kommt: Im ganzen Umfeld wurden Fassaden rekonstruiert, schon zu Zeiten der DDR, auch von weniger bedeutenden Gebäuden. Das, für sich genommen, architektonisch gar nicht so üble „Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten“ wurde gerade aus städtebaulichen Gründen abgerissen, "um Platz für die Rekonstruktion des historischen Stadtgrundrisses unter Neuanlage des Schinkelplatzes und Wiederaufbau des Gebäudes der Bauakademie zu schaffen". (Wikipedia) Alles ist erfolgt, der Platz ist angelegt – nur damit doch wieder ein moderner Bau "eine Chance bekommen soll"?


    Anders als in den Innenstädten von Wien, Rom oder Paris, hat die „moderne" Architektur (ein unpräziser Ausdruck der BZ, man sollte von „zeitgenössisch“ sprechen) noch genug Chancen, zumal es in meinen Augen kaum noch relevante Rekonstruktionskandidaten, wohl aber Abrisskandidaten und auch noch viele Brachen im Zentrum Berlins gibt. Von der übrigen Stadt ganz zu schweigen. Daher ist nicht nur die Formulierung „modern“ unpräzise, sondern die der „Chance“ bei genauerem Hinsehen doch ziemlich hinterfotzig. Es sei denn, dass damit die Schinkelsche Bauakademie sebst gemeint ist, denn diese ist ein Prototyp der Moderne und hätte tatsächlich nur hier eine Chance. ;)

    Die Unterbrechung aller Hochhaus-Baustellen am Alexanderplatz ist deprimierend, aber wenn wir ehrlich sind, ist hier nur etwas zum Stillstand gekommen, was, anders als die Kollhoff-Idee in den 90er Jahren, kein bisschen inspirierend ist. Man wollte es nur deswegen, weil es besser als der Status quo ist, nicht weil es aus eigener Kraft glänzen würde. Weder die Einheitshöhen um 130 Meter noch der Ausreißer mit 150 Meter gerade dort, wo die zusätzliche Höhe eine wichtige Sichtachse (KMA) zutiefst beeinträchtigt noch die Architektur der einzelnen Gebäude sprechen für sich. Selbst bautechnisch scheinen sie den Gegebenheiten nicht angemessen. Das Ganze ist wie die gerade zu Ende gegange Klimakonferenz in Ägypten: Das trostlose Ergebnis tausender Kompromisse, ein kleinster gemeinsamer Nenner ohne jede Stimmigkeit und Strahlkraft, dem berühmten Namen des Platzes unwürdig.


    Statt sich in unfruchtbaren Schuldzuweisungen zu verlieren oder in Depression zu versinken, scheint es mir fruchtbarer, den Baustopp als Chance zu nutzen, um noch einmal einen radikalen Neuanfang zumindest zu denken: Was, wenn die vollkommen vermurksten gegenwärtigen Pläne noch einmal grundsätzlich überdacht und stattdessen konsequent zukunstsweisende und innovative Holzhochäuser in unterschiedliche Höhen errichtet würden, die durch das deutlich geringere Gewicht vermutlich auch besser zum schwierigen Baugrund passten? Was, wenn Berlin sich hier (und nicht in der Schinkel-Bauakademie) neu erfinden würde als ökologische "Innovationsstadt"? Ich bilde mir nicht ein, dass eine soche Umstellung zu diesem Zeitpunkt realistisch ist, aber vielleicht könnten die jetzigen baulichen Schwierigkeiten, das offenkundig Unbefriedigende der jetzigen Pläne und das gemeinsame Interesse an einer internationalen Sichtbarkeit und Strahlkraft sowohl für die Politik als auch für die Bauherren und Architekten einen gemeinsamen Neuanfang interessant erscheinen lassen?

    ^^ Bemerkenswerter Weise funktioniert die Friedrichstraße nördlich von UdL auch mit Autoverkehr ausgezeichnet. Trotz der vielen Gründe, die man anführen kann, bleibt es ist für mich bis heute etwas rätselhaft, warum sie zwischen UdL und Leipziger Straße (mit dem wunderschönen Gendarmenmarkt daneben) und sogar darüber hinaus bis zum Attraktor Checkpoint Charlie nie richtig angenommen wurde und warum selbst von der Mall of Berlin keinerlei belebende Wirkung auf diesen Teil der Friedrichsstraße ausgegangen zu sein scheint.

    ^^ Es ist gut, dass Du (mich) auf die Kritik am Steuerzahlerbund aufmerksam machst, das ist wichtig zu beachten und war mir nicht bewusst.


    Gleichwohl ist das Argument, dass mit dem Geld viele Hallenbäder saniert werden könnten, nicht falsch. Mich haben aber besonders die ökologischen Einwände beeindruckt, auf die ich vor andertshalb Jahren hier im Forum aufmerksam gemacht wurde. Ich hatte daraufhin Flussbad-Berlin in einer Mail eingeladen, sich hier an der Diskussion zu beteiligen und hatte gehofft, dass etwaige Verzerrungen klargestellt würden. Umso bedauerlicher fand icht es, dass keine Antwort kam. So bleiben die Vorwürfe leider im Raum und seitdem stehe ich diesem Projekt, das ich lange begeistert unterstützt hatte, reservierter gegenüber.