In der FAZ findet sich ein großartiger Artikel von Peter Stephan (er lehrt Architektur und Kunstgeschichte an der Fachhochschule Potsdam) über die Bauakademie. Er ist zugleich ein überzeugendes Plädoyer für den Wiederaufbau.
Stephan liest die Bauakademie, wie auch andere Bauten Schinkels, als eine "Interventionsarchitektur" (...), mit der das bis dahin monarchisch geprägte Umfeld des königlichen Schlosses neu [nämlich bürgerlich] codiert wurde." In der Bauakademie habe Schinkels Auseinandersetzung mit dem Schloss seinen "krönenden Schlusspunkt" gefunden. In überraschender, aber durchaus überzeugender Weise zieht Stephan einen städtebaulicher Bogen, der "von der Neuen Wache bis zum neuen Einheitsdenkmal" reiche und in dem die Bauakademie, zusammen mit einem zu bauenden Denkmal für die Bewegung von 1848, "ein gedankliches Bindeglied" darstellten, mit dem die Bauakademie in der Lage sei, die Monumente der DDR einzubeziehen. Freiheitskämpfe des Sozialismus und des Liberalismus rücken hier enger zusammen und könnten – losgelöst aus dem Kontext der SED-Propaganda, in ein gesamtdeutsches Narrativ integriert werden.
"Ein solches Narrativ, das städtebaulich wie geistig über Stilformen, Epochen und Ideologien hinweg integrierend wirkt, braucht unsere Gesellschaft mehr denn je. Eine ökologische Standards berücksichtigende, zugleich aber auch authentische Rekonstruktion von Schinkels Bauakademie kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Schließlich sollte uns nicht nur das meteorologische, sondern auch das geistige und das soziale Klima ein Anliegen sein."
Der Artikel ist nicht zuletzt auch deswegen so lesenswert, weil er über die Bauakademie hinaus hochinteressante und (für mich) überraschende Einsichten bietet: Etwa, dass der Ansatz, das Schloss mit einer bürgerlichen Interventionsarchitektur einzuhegen, nach Schinkels Tod nicht nur durch den Bau des Roten Rathauses, sondern auch mit dem Neptunbrunnen fortgesetzt worden sei: Mit ihm habe der Magistrat den Platz unmittelbar vor dem Schloss und damit genau jene Stelle, wo Berlin und Preußen ihren gedanklichen Mittelpunkt hatten, symbolisch in Besitz genommen. „Hier kreuzten sich die beiden Magistralen von Alt-Berlin und Cölln, hier lag der Nullpunkt der preußischen Meilenzählung. Allerdings hatte der Meergott dem Schloss (und damit dem Kaiser) den Rücken zugewandt. Gelassen blickte er über die Breite Straße zum Cöllner Rathaus, die hinter ihm aufragende Architektur mit ihren Riesensäulen als Staffage nutzend.“
Ich belasse es dabei, damit dieser Beitrag nicht zu lang wird, und verweise stattdessen auf den Artikel selbst. Wer kein Abo hat, wird hier fündig.