Auf architektonischem Feld wird hier ein Konflikt ausgetragen, der sich religionsgeschichtlich immer wieder zwischen "orthodoxen" Bewahrern des "Buchstabens" und jenen abspielte, die auf den "lebendigen" "Geist" verwiesen.
Eine (nur in Grenzen mögliche) Rekonstruktion würde Schinkel dem Buchstaben nach (einigermaßen) gerecht werden. Sie böte, was Schinkel selbst für seine Zeitgenossen gerade nicht bot: Die Geborgenheit des Vertrauten und der Wiederholung.
Hier den Prototypen eines zukunftsträchtigen Gebäudes zu errichten würde dagegen dem Geist Schinkels gewiss mehr entsprechen. Das Neue und Zukunftsträchtige könnte, im besten Fall, das Enthusiasmierende des Zukünftigen in sich bergen, die Verheißung, gegenwärtige Probleme im Feld der Architektur zu lösen.
Weder dem Geist noch dem Buchstaben entspricht eine Fassadenreko mit "innovativem" Inhalt. Hier stünden Form und Inhalt in eine Spannung, das Innovative würde durch die Fassade gehemmt, begrenzt, gezähmt, in eine ihm nicht gemäße Form gepresst. Und dass die Verbindung von neu und alt unerwartete Nebenwirkungen mit sich führen kann, zeigt das benachbarte HF in aller Deutlichkeit.
So sehr ich dem Gedanken, hier Schinkels "Geist" wieder zu beleben, reizvoll finde, so wenig glaube ich, dass das eine gute Idee wäre. Selbst ohne Begrenzung auf eine bestimmte Fassade schränkt der hervorgehobene städtebauliche Ort die Möglichkeiten in jeder Hinsicht ein und limitiert von Anfang an Potentiale und Phantasie. Zudem wäre ein neuer Schinkel im Geiste der Last des Innovativseinmüssens ausgesetzt, der Schinkel selbst gar nicht ausgesetzt war. Mit scheint es sehr unwahrscheinlich, dass gerade hier das ohnehin Unwahrscheinliche und nur begrenzt planbare, ein architektonischer Geniestreich, ein zweites Mal gelingen würde.
Vor diesem Hintergrund finde ich den geltenden Bundestagsbeschluss von 2016 („so viel Schinkel wie möglich“) vernünftig, am besten so, dass eine Rekonstruktion das Innovative des Baus selbst durchsichtig macht, also im besten Sinne des (häufig falsch verwendeten) Wortes "dekonstruktiv" vorgeht.