Beiträge von abrissbirne

    Historismus mag bei diesen Gebäuden nicht ganz der richtige Begriff sein, denn auch im Historismus hat man in Deutschland normalerweise keine durchlaufenden Balkonbrüstungen gebaut. Eher sieht es aus wie eine Referenz an die französische Lösung (des 19. Jahrhunderts) der Frage, wie man schön aussehende Fassaden von raumkantenbildenden Stadthäusern gestalten kann: nämlich mit durchgehenden Balkonbrüstungen, raumhohen Fenstern mit Balkongittern und zurückspringenden Dachgeschossen. Stuckapplikationen sind in dieser französischen Bauweise auch eher nicht üblich, vielmehr werden die Fenster selber - wie im Palais Kolle Belle - eher schlicht gerahmt.
    Mir gefällt es gut so, auch das rechts angrenzende Gebäude hat was.

    ^^Doch zubauen, und zwar mit eher kleinteiligen Bauten, die auch z.B. Cafés im Erdgeschoss haben dürften. Platz zum Ausruhen ist doch im Lustgarten genug - dort kann man im Gegensatz zum MEF auch den Ausblick auf die umliegenden Bauten (Altes Museum, Dom, Zeughaus) genießen.
    Das unbebaute MEF, auch aufgehübscht, wird öde und langweilig bleiben.
    Mir fällt Brüssel dazu ein, wo man, sobald man den repräsentativen Grand Place verlässt, eine Altstadt zum "hineinsickern" hat; das ist lebendig und anziehend. Aber wo soll man vom zukünftigen Humboldtforum und Umgebung aus hingehen? Bis zum Hackeschen Markt ist es eigentlich zu weit, und dort ist schon ein anderes Viertel. Da wäre eine kleine, aber schöne und lebendige "Altstadt" doch sehr attraktiv. Ich kann es mir jedenfalls gut vorstellen.

    Das Arcotel hat inzwischen eröffnet, 2 oder 3 einsame Gäste saßen gestern Abend in den etwas zusammengewürfelt wirkenden Sesseln der Lobby. Außen am Hotel hat man über dem Sockelgeschoss nach oben strahlende Scheinwerfer angebracht, die leider den sehr ungleichmäßig verspachtelten Außenputz mit Schlagschatten versehen und unvorteilhaft aussehen lassen. Ansonsten finde ich das rational und ruhig gehaltene Äußere des Baues mit qualitätvoll wirkender Natursteinverkleidung des Sockelgeschosses durchaus ansprechender als nach den Renderings erwartet.

    Tolle Bilder, künstlerisch!
    In Paris ist mir das Reizvolle an Staffelgeschossen (hoffentlich nervt das Berliner Dauerthema hier nicht zu sehr) aufgefallen, die einen neugierigen Blick auf Lebenszeichen der Bewohner gestatten und deren Anblick in der Regel hübsch und kurzweilig ist. (In Berlin stören mich eher die schlecht gemachten, plumpen Staffelgeschosse a la Humboldt-Carree).

    Ein bisschen wie Hamburg, nur in groß. Manche spektakulär hässliche, den Maßstab sprengende Großbauten dabei (MI6 und Nachbar). Aber auch viel Schönes und Edles. Ich schätze, in London wird bei Neubauprojekten nicht so viel diskutiert wie bei uns.
    Tolle Bilder, danke Euch allen!

    Ich muss paderwan zustimmen, das QAA-Ensemble erinnert an West-Berliner Verhältnisse - wobei insbesondere der westliche Eckbau hin zur Telekom-Repräsentanz zu erwähnen ist, der an die Westdeutschen 60er- und 70er Jahre erinnert. Nun ja, ist glücklicherweise ein Einzelfall (schlimm genug, vor allem auch wegen des abweisenden Erdgeschosses) und gemahnt einen daran, dass es fast als "Glücksfall" zu bezeichnen ist, dass Mitte bzw Ost-Berlin bis 1989 im Dornröschenschlaf gelegen haben. Sonst wär die Gegend jetzt gepflastert mit solchen Bauten - und man wird sie nicht mehr los (siehe Westdeutsche Innenstädte).

    Der Bau setzt einen überraschenden und originellen Akzent, vor allem wenn man aus dem S-Bahnhof Potsdamer Platz heraustritt und sich umschaut. Ein Blickfang, aber eben nicht nur spacig, sondern auch transparent-lebendig durch die ausreichend flächige Verglasung und das Staffelgeschoss im Dachbereich. Freu mich schon wenn ich es in der Abenddämmerung von innen heraus leuchten sehen werde.:daumen:

    Großartige Bilder, vielen Dank dafür!
    Was mir zu den großen italienischen Städten einfällt, ist, dass jene breite bürgerliche Schicht dort nicht so vorhanden zu sein scheint wie bei uns, deren Ideal das Leben und Wohnen in Vorstädten bzw. typischen Vorstadthäusern ist. Man sieht auch auf Wagahais Fotos von Genua, dass die Hochhäuser am Horizont praktisch direkt am Waldrand enden - was nicht nur an der speziellen Hanglage liegen dürfte. Im romanischen Kulturraum - also auch in Frankreich und Spanien - heißt das Wohnen in der Stadt eben auch, in mehrgeschossigen Stadthäusern zu wohnen, und nicht wie bei uns in vergleichsweise riesigen Vorort-Einfamilienhausagglomerationen. Das ist auch der Grund, warum die dortigen Städte bei gleicher Einwohnerzahl riesige Innenstädte haben, die dann ziemlich abrupt in die deutlich dünner besiedelte Peripherie übergehen. So ist etwas das "Zentrum" der 1,6-Millionen-Stadt Hamburg - selbst wenn man die zentrumsnahen Gründerzeitviertel mitzählt - kleiner als das von Genua mit 660000 Einwohnern.

    Gute Bilder, schön und beeindruckend. Ich bin ca. 1 x im Jahr in München und möchte kurz - als Berliner - meine Eindrücke zusammenfassen:
    Auch in München wurde entstuckt - man hatte in den 50er bis 70er Jahren bei den Fassadenrenovierungen offenbar fast überall in Deutschland keinen großen Sinn für den Dekor; die Zeit war eben nicht danach - in Berlin allerdings fällt es mehr auf, da viele der entstuckten Fassaden auch noch grau geworden sind.
    München ist ziemlich schön und edel und hat im Zentrum sehr kluge Rekonstruktionspolitik betrieben - so ist nirgendwo der Maßstab gesprengt, die entscheidenden Straßenzüge und die markantesten Bauten sind erhalten/rekonstruiert. München hat ein wirkliches Zentrum, anders als Berlin, das doch polyzentrisch ist und dadurch nirgendwo so konzentriert gut (wird vielleicht noch unter den Linden was werden, es fehlt das Schloss).
    Die Münchner Peripherie, angefangen mit den Straßenzügen Schwabings, kam mir eher modern-gesichtslos vor, dabei durchweg in gut erhaltenem Zustand - hier macht sich schon der Reichtum der Alpen- und Perialpenwelt bemerkbar.

    Für Wien freut mich das umso mehr, als die Stadt noch in den 80er Jahren einen eher heruntergekommenen, grauen und vernachlässigten Eindruck gemacht hat. Mit dem Aufschwung der großurbanen Kultur seit den 90er hat sich da doch vieles verändert, wie man auch an der wieder steigenden Einwohnerzahl Wiens ablesen kann.:)

    Super Bilder, hab sie mir schon 3 x angesehen, künstlerisch hochstehend. Auch ein Labsal für jemanden, der doch ein wenig darunter leidet, dass so viele größere Städte im deutschsprachigen Raum im Krieg stark beschädigt und in den Nachkriegsjahrzehnten grässlich verhunzt worden sind.

    Ich glaube nicht, dass Neubauten in einem so weit fortgeschrittenen Zustand noch Opfer der Finanzkrise werden können, denn der Bauherr hat ja schon fast alles an Bauarbeiten bezahlt. Anders ist es natürlich mit Projekten in der Planungsphase oder im Anfangszustand, hier dürfen wir zittern.:confused:

    Hab heute eine Leserbrief-Mail an den SPIEGEL geschickt, der ins gleiche Horn stößt wie der Tagesspiegel. Meine Meinung:
    Das Schloss Charlottenburg wurde auch im Weltkrieg bis auf die Grundmauern zerstört und sorgfältig rekonstruiert. Hätte man in den 50er Jahren beschlossen, es "in der Kubatur des Schlosses und mit (damals) moderner Architektursprache" wieder aufzubauen - Mal ehrlich: wie würden wir heute wohl darüber urteilen?:confused:

    Hinsichtlich der entstuckten Fassaden tut sich doch, wie man auf den Bildern von paderwan vom Prenzlauer Berg auch gut erkennen kann, in Berlin Einiges: bei ca. 2/3 der in den letzten Jahren renovierten Gründerzeitfassaden kommt der original aussehende Stuck bzw. eine nachempfundene Replikation - einschließlich rustizierender Erdgeschossfassaden - jetzt wieder ran. Leider nicht bei allen: einige werden auch nur neu glatt verputzt und angemalt. Aber bei späteren Renovierungen halte ich doch die Wahrscheinlichkeit für hoch, dass man sich der Schönheit der Stuckfassaden entsinnen wird. Auch sind die neu aufgesetzten Dachgeschosse und die Farben heute nicht mehr so grässlich wie z.B. noch in West-Berlin in den 80er Jahren. Ich denke, die Jahrzehnte werdens (zurück-)bringen, nur Geduld. Mehr Kopfzerbrechen bereiten mir die Waschbeton- und Glattfassaden der DDR aus den 70er und 80er Jahren (Baulückeneinfügungen mit Respektierung der Blockkante), für die es ja keine originale Situation gibt. Das sind, wie ich finde, die größten Probleme (sie Wilhelmstraßenbebauung aus den 80ern).:lach:

    Der Tagesspiegel (http://www.tagesspiegel.de) schreibt ja heute über die dunklen Fassadenelemente. Haben sich auch gewundert, dass es so viel düsterer aussieht als auf dem Baustellenschild. Der Architekt soll ja verstorben sein, was natürlich traurig ist, zumal ja nicht klar ist, ob er sich die Deko so vorgestellt hatte. Soll aber alles in Absprache mit den Baubehörden ausgesucht worden sein. Kann man kaum fassen, der Tagesspiegel findet die Elemente auch zu dunkel. Konnte es beim ersten Anblick auch kaum glauben, habe in etwas gedacht, das werde noch mit Glas verkleidet oder dergleichen. Aber es scheint tatsächlich so aussehen zu sollen. Mir schwant nichts Gutes für den späteren Gesamteindruck.