Beiträge von Norimbergus

    Die Idee hat mir schon immer gefallen, aber 850.000 Euro für einen Umzug ist viel Geld.
    Absurd ist aber der Vorschlag, den Obstmarkt als Standort ins Auge zu fassen, wenn dort einmal eine zweifellos nötige Umgestaltung kommt.

    Die (südlich) am AEG-Areal vorbeiführende mehrspurige Hauptstraße (mit der in diesem Bereich in der Straßenmitte oberirdisch verlaufenden U-Bahn) ist die Fürther Straße. Die Muggenhofer Straße begrenzt das Areal nach Norden und dürfte kaum Durchgangsverkehr aufweisen, sondern fast ausschließlich der Erschließung der entlang der Straße liegenden Häuser und Grundstücke dienen.

    Nürnberg hätte Schwaig, eine der reichsten Kommunen des Nürnberger Umlandes, im Zuge der Gebietsreform sehr gerne eingemeindet, aber die Schwaiger haben ihre Unabhängigkeit eisern verteidigt. Nichtsdestotrotz mußten sie doch Federn lassen. Früher war die Grenze zwischen Schwaig und Nürnberg etwas östlich der Einmündung der Henfenfelder Straße in die Laufamholzstraße; man kann dort noch einen Grenzstein sehen. Der Bereich Ibsenstraße/Strindbergstraße/Lagerlöfstraße gehörte zu Schwaig. Bei der Gebietsreform wurde die Grenze dann an die A3 gelegt.

    Das scheint mir nicht in Laufamholz zu sein, sondern in Schwaig. Unter "Lage und Ungebung" steht zwar kein genauer Standort, aber es finden sich zwei Karten. Die Detailkarte öffnet sich leider beim Anklicken nicht in einer höheren Auflösung, aber ich würde sagen, die Straße im Süden (O-W-Richtung) ist die Nürnberger Straße (sozusagen die Schwaiger Hauptstraße), links (westlich) zweigt die Auffahrt zur A3 in Richtung Würzburg ab und rechts (östlich) ist die Wieseneckstraße - hier geht's zum Schwaiger Ortsteil Malmsbach; vielleicht zählt dieses Grundstück (früheres Haus Wieseneck) sogar schon dazu, denn Schwaig und Malmsbach sind völlig zusammengewachsen, so daß ich als Nicht-Schwaiger nicht weiß, wo die Grenze eigentlich verläuft.
    Ein Vergleich mit dem Luftbild bei http://maps.google.de erhärtet meine Vermutung.

    St. Jobst!
    Sprich: Du fährst die Äußere Sulzbacher Straße stadtauswärts. Nach Tafelhalle/Museum Industriekultur kommen rechts zuerst noch Wohngebäude, danach einige Bürogebäude, u. a. Rödl & Partner und der ADAC. Danach kreuzt eine Straße (an der ARAL-Tankstelle); wenn Du hier rechts abbiegst, dann kommst Du in die Straße Am Ostbahnhof, in der anscheinend dieser Neubau entstehen soll. Wenn Du die Sulzbacher weiterfährst, dann kommt kurz danach der Kirchhof St. Jobst.
    Der Ostbahnhof liegt also an der rechten Pegnitzstrecke (Erlenstegen, Behringersdorf, Rückersdorf, Lauf/rechts, Neunkirchen a. S., Reichenschwand, Hersbruck/rechts)

    Vom Standort des westlichen (rechten) Hochhauses bin ich positiv überrascht. Ich war mir nicht sicher, daß das dort bis jetzt stehende Gebäude überhaupt zum Milchhof-Areal gehört und abgerissen wird (sieht eher wie ein Wohngebäude aus):



    Daß dieserr häßliche Klotz rechts jetzt abgerissen wird empfinde ich als positiv. Jetzt müssen wir hoffen, daß wir mit dem dort entstehenden Hochhaus nicht vom Regen in die Traufe kommen. Das Bild ist übrigens schon ein bißchen älter. Die Fassade des Norikus (das weiße Wohnhochhaus im Hintergrund) wurde inzwischen umfassend saniert.

    Wo steht eigentlich der Business Tower (135m)?


    Ganz wo anders, nämlich im Osten. Zur Verdeutlichung diese Nahverkehrskarte:
    http://upload.wikimedia.org/wi…a/a7/U-bahn_nuernberg.png
    EUROCOM liegt an der U-Bahn-Haltestelle Scharfreiterring (zwei Haltestellen vom Messezentrum aus stadtauswärts - deshalb sicher auch das Hotel) an der U1/11 im Südosten. Der Business Tower an der S1 (S-Bahn-Linie nach Ost-Nordost) Haltestelle Ostring (dort, wo der Ring - Straßen sind grau - die S-Bahn kreuzt).
    Übrigens: die Bundesagentur für Arbeit (nicht extrem hoch, aber mit mehreren Gebäudeflügeln von der Burgfreiung aus betrachtet ziemlich dominant) liegt in der Nähe - ein Stück stadteinwärts - der S-Bahn-Haltestelle Dutzendteich (S2 nach Südosten; wieder die Haltestelle an der Kreuzung mit dem Ring) und der vor Jahren angekündigte Noris Tower, von dem schon lange nichts konkretes mehr zu hören war, sollte an der U-Bahn-Haltestelle Frankenstraße (U1/11, drei Stadtionen südlich des Hauptbahnhofs) gebaut werden.


    Nachfolgend übrigens ein vor einigen Jahren von mir zusammengestückeltes Panorama des Blicks von der Burgfreiung; hier habe ich einige Hochhäuser namentlich benannt und Noris Tower und Eurocom von der ungefähren Lage her eingezeichnet. Die Lage kann aber doch im ein gutes Stück anders sein, aber ein Blick auf den Stadtplan hat für mich ergeben, daß das Eurocom Hochhaus hinter dem östlichen Teil des Silberbucks hervorlugen und der Noris Tower ziemlich dominant hinter dem Hallenchor der Lorenzkirche stehen müßte.

    In welchem Gebiet wuerdet ihr Nuernberg als einen der TOP/Wichtigen Standort in Deutschland einordnen?


    [...]


    Ich habe das Gefuehl, dass Nuernberg in mehreren Gebieten einfach gut mitschwimmt, aber einfach keine Vorzeigebranche hat.


    Bei den Branchen, die große Öffentlichkeit auf sich ziehen, steht Nürnberg sicher in der zweiten Reihe, beispielsweise Medien, Banken, Versicherungen, Unternehmensberatungen, Werbeagenturen, ...
    Die Nürnberger Versicherung gehört nicht zu den großen, und daß in Nürnberg eine der deutschen Banken mit der größten Marktkapitalisierung ihren Sitz hatte war auch nur eine kurze Phase während des Höhepunkts der New Economy (Consors).


    Die bekanntesten Unternehmen in der Metropolregion sind nicht in Nürnberg, sondern in Herzogenaurach (Adidas, Puma - der größte Arbeitgeber in Herzogenaurch ist aber INA, aber das kennt wieder kein Mensch, denn Wälz- und Kugellager sind ziemlich unsexy).


    Die Region Nürnberg ist einer der wichtigsten Siemens-Standorte, aber der Firmensitz ist in München, und die Hauptverwaltung wie auch die meisten Bereichsvorstände sitzen zwar bei, aber nicht in Nürnberg, sondern in Erlangen, darunter ein so prestigeträchtiger Bereich wie Med. A&D mit Sitz in Nürnberg-Moorenbrunn gehört zwar zu den erfolgreichsten Bereichen der letzten Jahre, ist aber völlig unbekannt.


    Nürnberg ist also eher in Nischen Spitze. Spontan fallen mir folgende Branchen ein, in denen Nürnberg (und die Region) eine Spitzenposition hat:

    • Druck (wie erwähnt)
    • Marktforschung - insbesondere die GfK, aber auch einige andere
    • Schreibgeräte (Faber Castell in Stein; Städtler; Schwan-Stabilo, seit einigen Jahren nicht mehr in Nürnberg, sondern in Heroldsberg; Lyra)


    Außerdem erscheint das Zentralorgan des deutschen Fußballs, der Kicker, in Nürnberg.


    Ich nehme aber an, daß so ziemlich jede deutsche Halbmillionenstadt ein paar solche kleinere Branchen aufweisen kann, in denen sie zur Spitze gehört. Außerdem prägen diese Branchen und Unternehmen das Image einer Stadt in der Regel nicht sehr - nicht mal die GfK, das größte deutsche Marktforschungsunternehmen (lt. Wikipedia Nr. 4 der Welt), das ja beispielsweise seit Jahrzehnten die Ferseheinschaltquoten ermittelt, ist besonders bekannt.

    OK, kommt auf die Situation an. Bei einem freistehenden Gebäude mit relativ hellem Himmel im Hintergrund wie in oben gezeigtem Beispiel kann es wohl ganz passabel funktionieren. In der Nürnberger Situation habe ich da so meine Zweifel.
    Mein Gedanke war ja auch der, daß das Erdgeschoß wirklich stockdunkel ist, so daß es gar nicht richtig wahrgenommen wird und der beleuchtete Teil über der Dunkelheit schwebt - was zugegebenermaßen auch kaum realisierbar ist! Somit korrigiere ich meine Aussage: Ich halte es so oder so für kaum möglich, einen schwebenden Eindruck zu erwecken!


    Die Meinung des Baukunstbeirats ist für mich völlig irrelevant für die Frage nach der Qualität! Ich habe bisher keinerlei Korrelationen zwischen meinem Architekturgeschmack und dem des Baukunstbeirats entdecken können.

    Daß die Lücke geschlossen wird ist natürlich positiv, denn die Kreuzung ist eine Katastrophe - im Süden eine noch viel größere Lücke und im Norden auch keine vernünftige Eckbebauung. Daß man für diese Nutzung nicht den großen Wurf erwarten kann ist auch klar, aber wenn der Investor von einem Hingucker spricht, dann mache ich mir schon Gedanken, ob das auch gerechtfertigt ist. Ein verglastes Erdgeschloß und darüber ein relativ geschlossener Baukörpfer ist auch wirklich nicht besonders innovativ - muß nicht schlecht sein, aber meiner Meinung nach wird hier viel zu hoch gegriffen:
    Dieser gläserne Sockel, der von außen nicht einsehbar ist, wird nachts von innen leuchten – der obere Gebäudeteil scheint dann darüber zu schweben.
    Den oberen Gebäudeteil dann wird man im Dunkeln gar nicht richtig wahrnehmen. Man wird ein beleuchtetes Erdgeschloß sehen, das übrigens nicht transparent ist - was sieht man dann da? ein einförmiges helles Band? - und das war's. Wenn man will, daß etwas im Dunkeln schwebend aussieht, dann müßte das Erdgeschloß dunkel sein und der obere Bereich leuchten - wobei es natürlich schwierig ist, den Sockel dann wirklich stockdunkel zu halten. Das wäre außerdem dann für Fußgänger - gibt's dort nicht sehr viele, aber ein paar schon - eher unangenehm.
    Er [der obere Gebäudeteil] besteht aus anthrazitfarben changierendem Wellprofil, das im Fensterbereich gelocht ist.
    Wellprofil - das hört sich ja richtig gut an. Lagerhallencharme - paßt immerhin zur Nutzung.


    Ich habe durchaus Verständnis für wirtschaftliche Zwänge und kann mit relativ banalen Entwürfen auch leben - kommt halt auf die Lage an - aber man sollte meiner Meinung nach dann den Mund nicht so voll nehmen. Vielleicht werde ich ja noch positiv überrascht, wenn man das Gebäude in Wirklichkeit betrachten kann - Entwürfe sind hier ja immer etwas problematisch, gerade in Hinblick auf die Wirkung von Oberflächen - aber meistens ist die Realität noch viel trister als der Entwurf.

    Dr. Hermann Rusam hat einige Artikel zu dem Thema in den Mitteilungen der Altnürnberger Landschaft veröffentlicht, beispielsweise

    • "Erlenstegen – Ein altes nürnbergisches Dorf im Sog großstädtischer Entwicklung" (Heft 1/1986)
    • "Die bauliche Entwicklung des alten Ortskerns von Mögeldorf" (Heft 1/1990)
    • "Thon - Ein altes nürnbergisches Dorf im Würgegriff der wachsenden Stadt" (Heft 1/1998)


    Viel dörfliche Substanz findet man z. B. auch noch in Großreuth h. d. V.


    Es fällt aber auf, daß alle genannten Beispiele außerhalb des Rings liegen, was aber auch nicht sehr verwunderlich ist. In den innenstadtnahen Bereichen sind die alten Dorfkerne derart stark überformt, daß sie nur noch schwer zu erkennen sind. Alte Bauernhäuser oder gar Scheunen finden sich dort kaum noch oder vielleicht sogar überhaupt nicht mehr - ich kenne jedenfalls keine entsprechenden Beispiele, wobei ich aber zugeben muß, daß ich nicht alle Straßen beispielsweise der Südstadt durchstreift habe, um nach Überresten des alten Steinbühl, Galgenhof oder Hummelstein zu suchen.


    Von Dr. Rusam gibt es zu dem Thema auch ein Buch, das ich aber (im Gegensatz zu obigen Artikeln) nicht gelesen habe: Untersuchung der alten Dorfkerne im städtisch überbauten Bereich Nürnbergs. (= Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte, Band 27), Nürnberg 1979.

    zu a
    Ist es ein Unterschied, ob man zehn oder sechzig Jahre nach der Zerstörung "lügt"? Wenn man der Meinung ist, daß es sich dabei um Lügen handelt, dann muß man jeglichen rekonstruierenden Wiederaufbau ablehnen.
    Wenn ich der Meinung bin, daß in einer abgeschlossenen Periode Fehler begangen wurden, dann darf ich diese Fehler natürlich korrigieren. Ich muß doch nicht ewig mit den Folgen von Fehlentschiedungen leben, nur weil es mir der Respekt vor den früheren Ansichten (einiger weniger damaliger Zeitgenossen, die leider die wichtigen Lobbyisten und Entscheidungsträger waren; einige von ihnen haben aber später ihren Fehler als solchen erkannt - Heinz Schmeißner beispielsweise) gebietet. Natürlich muß der Denkmalschutz dafür sorgen, daß Dokumente dieser Epoche erhalten bleiben, aber man kann nicht alles schützen, sonst ist eine Weiterentwicklung der Stadt nicht möglich. Es sind Abwägungen nötig, und der Stadtrat hat sich hier für eine Rekonstruktion entschieden - in meinen Augen und in den Augen der meisten Nürnberger, die sich dafür interessieren (man hat nur die Leserbriefe in den Zeitungen lesen müssen - das Meinungsbild war eindeutig), völlig zu recht.


    zu b
    Die Erkenntnis, daß die Nürnberger das Pellerhaus gehaßt haben und jetzt ignorieren, stammt ursprünglich nicht von mir, sondern von Dieter Bartetzko.
    Und wenn jemand nicht erkennt, daß es ein Unterschied ist, ob die Bürger ein Haus kennen, weil es ein architektonisches Meisterwerk ist, oder nur, weil sich darin eine bestimmte Einrichtung befindet, dann kann ich demjenigen auch nicht helfen.


    zu c
    Den Mayer-Bau und den Renaissance-Bau mit dem gleichen Adjektiv "beachtlich" zu versehen und somit implizit auf eine Stufe hinsichtlich der kunsthistorischen Bedeutung zu stellen - was soll man dazu noch sagen?


    zu d
    Daß in der Architekturszene über die Feuilletons und über Preisgerichte, in denen sich die immer gleichen Namen mit einigen ihnen genehmen Neulingen gegenseitig die Preise zuschieben, eine Stimmung dafür erzeugt wird, was als modern zu gelten hat, kann nun wirklich niemand ernsthaft bestreiten. Durch die Hochschullehrer wird dafür gesorgt, daß der Nachwuchs die wahre Lehre vertritt. Da sich die meisten Auftraggeber nicht für Architektur interessieren, aber ein "modernes" Gebäude haben wollen (als Symbol für ein modernes Unternehmen) folgen sie einfach dem Trend. Und wenn man davon ausscheren will, dann wird man gerügt, wie in Nürnberg, wo Wöhrl einen Sechziger-Jahre-Bunker durch einen Patzschke-Bau ersetzen wollte (wegen Diskrepanzen mit der Stadt bezüglich der Stellplatzablöse, die im Falle eines Neubaus fällig gewesen wäre, ist dann doch nur renoviert worden) - da hat der Baukunstbeirat, natürlich bestehend aus Vertretern der "richtigen" Architekturauffassung, gleich den Untergang der Baukultur aufkommen sehen.


    zum rest siehe a.
    [aus 'zu a'] es erfolgte bis weit in die 60 iger jahre aufbau, wiederaufbau, und auch rekonstruktion von identitäts und identifikationsstiftenden gebäuden. ob das alles richtig war kann man diskutieren.
    Ich möchte es eigentlich gar nicht diskutieren, ich möchte Deine Meinung wissen. War es richtig, den Luginsland, die Kaiserstallung und das Rathaus so wiederaufzubauen, wie es geschehen ist? Es sind ebenso "Lügen" wie der Pellerhof eine "Lüge" sein wird. Der Unterschied liegt nur im Zeitpunkt, an dem "gelogen" wurde.

    zu a)
    kaputt bleibt kaputt: Wenn ich etwas repariere, ist es nicht mehr kaputt. An den Stellen, an denen ich repariert habe, ist es nicht mehr die Originalsubstanz, aber das geschieht doch bei den alten Kirchen andauernd. Hier ist es ganz normal, daß von Abgasen zerfressene Elemente der Bauplastik ausgetauscht werden. Im Pellerhof sollen im Krieg zerstörte Elemente wiederhergestellt werden – wo ist das Problem?
    leistungen des wiederaufbaus der nachkriegszeit haben zusätzlich zum sachwert auch einen baukulturellen: Der baukulturelle Wert des Nachkriegs-Pellerhauses ist aber wesentlich niedriger anzusetzen ist als der ursprüngliche Zustand - und auch deutlich geringer als die Rekonstruktion des ursprünglichen Zustands. Hier mögen manche vielleicht anderer Meinung sein, aber dazu kann ich nur „akademischer Elfenbeinturm“ sagen. Außerdem steht im Moment die Rekonstruktion des ganzen Hauses sowieso nicht zur Debatte und der Wiederaufbau des Hofes greift gar nicht in die Substanz des Mayer-Baus ein.


    zu b)
    Wer lesen kann, ist klar im Vorteil: die Nürnberger haben das Mayersche Pellerhaus von Anfang an gehaßt und heute ignorieren sie es größtenteils. Sprich: der Haß hat sich im Laufe der Jahrzehnte in Nicht-Beachtung und Verdrängung gewandelt. Harald Pollmann hat mir erzählt, daß einem seit Jahrzehnten in Nürnberg tätigen Auktionator(!) das Pellerhaus bis zum letzten Herbst völlig unbekannt war. Vor dem Krieg hat es jeder gekannt, den Mayer-Bau kennen die Leute höchstens als Standort der Stadtbibliothek - das spricht doch Bände!


    zu c)
    Wie viel originale Substanz haben wir nach dem Krieg überhaupt noch? Natürlich riesige Mengen aus der Nachkriegszeit, aber nicht jede Originalsubstanz ist schützenswert, sonst dürften wir ja gar nichts abreißen. Im Falle des Pellerhauses muß man halt abwägen – und hier gewinnt ganz klar die Rekonstruktion.


    zu d) Wer sagt denn, daß die Pellerhof-Rekonstruktion "rückwärts orientiert" ist? Für mich ist das eine Zukunfts-orientierte Entwicklung, die ihre Wurzeln in der Geschichte der Stadt hat. Wer legt denn fest, was zeitgemäß ist? Die Architekten? Dann gute Nacht!
    Wer sagt denn, daß die Pellerhof-Rekonstruktion nicht dem Allgemeinwohl dient? Ich finde, daß die Wiedergewinnung eines der bedeutendsten Bauwerke in der Geschichte Nürnbergs der Stadt mehr bringt als vieles andere, das die öffentliche Hand finanziert – und dabei werden die Kosten für den Pellerhof größtenteils durch Spenden getragen.


    zu e) Unglaublich witzig! Ich kann mich kaum halten vor Lachen!



    Ein paar Fragen noch:
    Was hältst Du eigentlich vom Luginsland (war praktisch komplett zerstört), oder von zahlreichen anderen Gebäuden, die bis auf Teile der Außenmauern zerstört waren, aber in den Vierziger- und Fünfziger-Jahren wiederaufgebaut wurden (Kaiserstallung, Rathaus – hierbei Verkürzung des Wolffschen Baus um zwei Achsen)? War der Wiederaufbau in Ordnung? Waren das keine "Fälschungen"? Hätten wir die charakteristische Silhouette der Stadt der "Wahrheit" wegen nicht wiederherstellen sollen? Wird der Fünfeckturm (im oberen Bereich übrigens auch zerstört) durch den Luginsland entwertet?
    Und wo ist überhaupt die Grenze zwischen Reparatur eines vorhandenen und Rekonstruktion eines teilweise zerstörten Gebäudes? Jede Reparatur mit Wiederherstellung des Ursprungszustands ist eine teilweise Rekonstruktion, und wenn es nur der Ersatz eines alten Steines durch einen gleich aussehenden neuen ist, wenn es nur die Bemalung einer Wand mit der früher vorhandenen Wandfarbe ist! Alles Lüge, weil der Stein im 21. Jahrhundert behauen und eingebaut wurde. Alles Fälschung, weil die Farbe nicht hunderte von Jahren alt ist. Im Grunde müßte sich der Denkmalschutz darauf beschränken, den Status quo zu erhalten; jegliche Reparaturen müßte er als nicht-authentisch verteufeln. Lieber stürzt das Haus ein, als daß man es saniert! Und wenn man saniert, dann muß alles reparierte als neu erkennbar sein, also Kunststofffenster ohne Sprossen in jahrhundertealte Häuser, damit auch jeder sieht, daß das Fenster neu ist – ein neues gesproßtes Holzfenster wäre ja eine Lüge! Das ist die zwingende Konsequenz aus diesem esoterischen Authentizitäts-/Wahrheits-/Lüge-Gefasel.

    Wenn man keine besseren Argumente hat, dann spielt man halt das, was einem nicht paßt, gegen Kindergärten, Schulen usw. aus - ziemlich langweilig! Außerdem wird die Rekonstruktion durch Spenden finanziert. Gewisse Kosten entstehen der Stadt natürlich dadurch, daß das Bauamt Planungen übernehmen soll - das ist richtig. Aber das sind doch Peanuts im Vergleich zu dem, was die Stadt dadurch wiedergewinnt.


    Zu Deinen "Argumenten" aus dem Thread Ideen für Nürnberg:


    Zitat von bluecher

    du siehst sie nicht? ich schon. abgeschlossene entwicklungen durch rekonstruktion neu aufzurollen und in einer momentanen laune zu entwerfen zerstört mehr als es neu erschaffen kann.
    das ist beim verkehrsberuhigten boulevard so krass wie beim begrünten steinernen mittelalterlichen platz.


    ich denke mit dehio und riegl: konservieren statt restaurieren.
    disneyland ist amerikanisch. nur! dort sind die originale in einem anderen maßstab, also ablesbar gefaked.


    was soll man von einer zeit denken, die ihre energie in die rekonstruktion von bonzenvillen der renaisance steckt? (sorry - gehört wohl eher zur peller maske)


    Wer sagt, daß der Mayersche Wiederaufbau eine abgeschlossene Entwicklung ist? Der Vorkriegszustand war eigentlich eine abgeschlossene Entwicklung, bis durch die Zerstörung in den abgeschlossenen Zustand eingegriffen wurde und der unsensible Wiederaufbau eine offene Wunde (und damit automatisch einen nicht-abgeschlossenen Zustand) hinterlassen hat.
    Wer spricht von einer momentanen Laune? Schon mal den Artikel von Bartetzko über das Pellerhaus gelesen? Er schreibt dort zwar viel fragwürdiges (und nach Aussage von Harald Pollmann stimmen die meisten Daten im Artikel gar nicht - ich kenne mich mit der Baugeschichte nicht gut genug aus, als daß ich das beurteilen könnte), aber mit einem hat er Recht: die Nürnberger haben das Mayersche Pellerhaus von Anfang an gehaßt und heute ignorieren sie es größtenteils. Die Ablehnung hat also eine fünfzigjährige Tradition und sie wird weitergehen, so lange dieser Zustand existiert - da kann dem dummen Volk noch so oft erzählt werden, wie schön das Haus in Wirklichkeit ist.
    Zu Dehio nur soviel: Er konnte die gewaltigen Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs nicht vorausahnen. Er konnte nicht wissen, daß fast alle deutschen Großstädte fast komplett ihrer historischen Stadtkerne beraubt werden würden. Wenn er das gewußt hätte, dann hätte er möglicherweise andere Maßstäbe angesetzt. Und wenn er trotzdem auf seinen Grundsätzen bestanden hätte, dann wäre er eben ein sturer Ideologe gewesen, dem man keinesfalls Folge leisten darf.
    Und was soll man von Leuten halten, die eventuell sogar zugeben, daß das ursprüngliche Pellerhaus ein Höhepunkt der europäischen Architektur war, die aber in ideologischer Verblendung die Wiederherstellung dennoch verteufeln und stattdessen ernsthaft behaupten, der jetzige Zustand sei auf jedem Fall einer Rekonstruktion dieses architektonischen Meisterwerks vorzuziehen? Was soll man von Leuten halten, die sich sogar der Wiederherstellung des teilweise erhaltenen und auch schon in den fünfzigern zum Teil rekonstruierten Innenhofs widersetzen, obwohl dadurch am Mayer-Bau nichts geändert wird (die teilweise Rekonstruktion des Innenhofes, insbesondere die Tatsache, daß nach dem ersten Obergeschoß nicht weitergebaut wurde, kann man ja wohl kaum als schützenswerte eigene geistige Leistung ansehen)?
    Und was soll man von Leuten halten, die unser kulturelles Erbe wegen ein paar Euro gegen Kindergärten aufrechnen? Was soll man von Leuten halten, die das bedeutendste deutsche Renaissance-Bürgerhaus als "bonzenvilla" abtun, die aber wahrscheinlich über italienische "bonzenvillen", die nur das Glück hatten, im Krieg nicht zerstört worden zu sein, in höchste Entzückung geraten? Ich weiß, was ich von solchen Leuten zu halten habe!

    Die obigen Ausführungen (von Maxim) kommen mir irgendwie bekannt vor. Wenn mich nicht alles täuscht, dann habe ich sie größtenteils vor ein paar Jahren schon mal auf der Homepage eines Architekturbüros gelesen (bin damals bei der Suche nach den Preisträgern des Bahnhofsplatzwettbewerbs drauf gestoßen).


    Inhaltlich ist das ganze natürlich größtenteils richtig, aber Veränderungen wird es in nächster Zeit sicher nicht geben. Vielleicht wird der Bahnhofsplatz endlich umgebaut, wenn geklärt ist, wie es mit der Straßenbahn weitergeht. Solange hier noch keine Klarheit herrscht wäre eine Umgestaltung auch u. U. rausgeschmissenes Geld.


    Die Fürther Straße wird uns sicher noch Jahrzehnte in dieser Form erhalten bleiben. Es müßte ja nicht nur die Fahrbahn mit Gehsteigen, Ampeln usw. verlegt werden, sondern auch die Zugänge/Verteilergeschosse der beiden U-Bahn-Stationen Gostenhof und Bärenschanze müßten stark umgebaut werden.


    bluecher:
    Du meinst den Wiederaufbau des Pellerhauses nach dem Zweiten Weltkrieg durch Fritz und Walter Mayer, oder? Zwischen der jetzt durch Harald Pollmann angestoßenen Rekonstruktion des Innenhofs und der Zerstörung der Fürther Straße kann ja wohl niemand eine Parallele sehen.