Ein früheres NS oder DDR Ministerium ist ein Bürogebäude welches sich einfach weiter als Bürogebäude nutzen lässt. Eine Kirche besteht aber im wesentlichen aus einem relativ dunklen aber sehr hohen Raum und eignet sich kaum für eine andere Nutzung als eben für Gottesdienste. Hohe Bau- und Unterhaltskosten aber nur ein geringer praktischer Nutzen.
Wenn man es als Kunstwerk betrachten würde, wäre die Wirtschaftlichkeit wohl zweitrangig. Die religiöse Symbolik würde aber bleiben.
Wenn es einem alleine um das Kriterium der Wirtschaftlichkeit geht, kann die Garnisonkirche höchstens als zusätzlicher potentieller Tourismusmagnet gewertet werden. Aber neben der Wirtschaftlichkeit besteht eben wie Du selbst schon sagst auch ein abstrakter künstlerischer Wert (und damit zugleich ein stadtbildprägender Aspekt). Dazu kommt eben auch ein historischer Wert (der natürlich ungleich größer gewesen wäre, wenn die DDR den Bau nicht gesprengt hätte - aber dies ist nun mal so und nicht mehr zu ändern). Anders als die DDR bin ich nämlich der Ansicht, dass man moderne Geschichte nicht schreibt, indem man alles Alte abschreibt und sich darüber erhebt (eher indem man es modern umschreibt bzw. in modifizierter Form weiterführt). Dieser Hang etwas komplett vernichten und durch etwas komplett eigenes ersetzen zu müssen, ist für mich eher ein Zeichen der Unsicherheit. Man kann sich so oder so nicht aus dem historischen Kontext lösen, auch wenn man versucht es dem Auge vorzutäuschen.
Im Übrigen finde ich auch den künftigen Inhalt des Baus nicht wertlos (auch wenn man selbst mit religiösem Leben nichts anfangen mag). Eine Kirche die sich bewusst dem Dialog mit anderen öffnen will, ist mE potentiell durchaus wertvoll und kann unter Umständen diesbezüglich sogar mehr leisten als viele gut gemeinte (und teure) politische Projekte. Das kann u.a. die moderaten Kräfte im Islam ansprechen und den Geist der gegenseitigen Toleranz fördern. Ein Hauptgrund der von Experten immer wieder für die Radikalisierung von Muslimen genannt wird, ist (neben schlechter Bildung und fehlenden beruflichen Perspektiven) die gefühlte Ablehnung ihrer Religion durch andere Gruppen und das Gefühl der Fremdheit/ Isolation/ Ausgegrenztheit. Das ist u.a. auch einer der Gründe warum ich mich über die Sehitlik-Moschee in Neukölln freue, die sich ebenfalls bewusst für andere öffnet und den friedlichen Dialog fördert. Ich sehe religiöses Leben und religiöse Werte aber anders als manche hier auch nicht per se als Problem an. Gesellschaften oder Gruppen die diese (teils aus zunächst durchaus nachvollziehbaren Motiven) ablehnen oder offen unterdrücken tun sich meiner Erfahrung nach leider sehr oft auch nicht als besonders tolerant, friedlich, brüderlich usw. hervor (da ist die DDR auch ein Beispiel für, die mE in Sachen Selbstherrlichkeit und inneren Verblendung in nichts nachstand)...
Ich nehme an der Reichstag wurde als Symbol für die demokratischen Anfänge in Deutschland gesehen und gerade deswegen als neuer Sitz des Bundestages ausgebaut. Der Reichstagsbrand von 1933 wird wohl als Angriff auf die Demokratie interpretiert. Es gibt ja im Sommer jetzt jeden Abend eine Videoprojektion am Marie-Elisabeth-Lüders Haus in der die Geschichte der schwierigen demokratischen Anfänge und die Geschichte des Reichstages bis heute erzählt wird.
Problematisch ist aber der Name da mit dem Begriff "Deutsches Reich" ja eher die vergangenen undemokratischen Zeiten assoziiert werden.
Sicher gab es in der Weimarer Republik schon mal schwache Anfänge einer Demokratie und vermutlich war der Brand ein bewusster Angriff auf die letzten Reste davon - jedenfalls wurde er in Folge dazu instrumentalisiert diese völlig auszulöschen (so genau konnte die Brandursache aber mW nie bewiesen werden). Aber das ist nur ein kleines Zeitfenster in der Geschichte des Bauwerks die auch nicht nur rühmlich war, um es mal euphemistisch auszudrücken. Trotzdem hat man den Bau nach dem zweiten Weltkrieg (bis auf die Kuppel) nicht gesprengt, sondern aufwändig erneuert und später mit der gläsernen Kuppel und dem Schriftzug etwas Neues hinzugefügt. Heute hat er trotz der unrühmlichen Anfänge eine ganz andere Symbolik. Den Namen Reichstag hat der Bau übrigens schon zu seiner Bauzeit vom Kaiserreich erhalten und dieser wurde auch in der Weimarer Republik beibehalten. Die Nazis hingegen nutzen den Bau nur kurz ganz zu Beginn des Dritten Reiches und nach dem Brand gar nicht mehr in dieser Funktion (ihnen schwebte bekanntlich größeres vor was vielleicht zurückblickend auch das "Glück" des Reichstagsgebäudes war). Somit würde ich den Namen Reichstagsgebäude vor allem auf den Kontext seiner Entstehung zurückführen der anders als das Dritte Reich weit genug zurückliegt und aus einem historischen Kontext heraus nicht so problematisch ist wie letzteres. Heute wird er ja bekanntlich trotz des Namens als Sitz des demokratisch gewählten Bundestages genutzt und Menschen sitzen auf den Wiesen davor oder gehen hinein. Regierung und Bevölkerung werden so auch immer wieder an die Vergangenheit und den Wert der heute herrschenden Demokratie erinnert. Wie gesagt: Das finde ich stärker, als wenn man einen neuen Bau errichtet hätte, aus der Angst sich nicht anders aus der Geschichte befreien und einen Neuanfang schreiben zu können. Übrigens: Auch den Adler gibt es ja weiterhin als Symbol der Bundesrepublik, auch wenn er ebenfalls in einer vordmokratischen Epoche eingeführt und zwischendurch mal einige Jahre lang mit Hakenkreuzen versehen wurde. Ist der Adler jetzt das Symbol der rechtskonservativen Militaristen, der Nationalsozialisten oder des modernen Deutschland (das seine Historie zwar kennt und sich auch daraus herleitet, aber trotzdem nicht alles automatisch verherrlicht was passiert ist)? Natürlich ist das eine rhetorische Frage. Wenn eine der ersten beiden Optionen zuträfe, würden sich wohl nicht nur Linke und Grüne weigern den Plenarsaal zu betreten...
Sehr ähnlich würde es sich mE mit der Garnisonkirche verhalten wie oben bereits ausgeführt. So primitiv wie Klarenbach (und vor ihm die Politklasse der DDR) die Menschen gerne machen möchte, sind sie oft gar nicht. Ich nehme zumindest für mich in Anspruch, dass ich ein historisches Gebäude aus verschiedenen Gründen gerne behalten oder zurückhaben möchte, ohne dass ich deswegen gleich ein Anhänger früherer Herrschaftsformen sein muss. Es ist ja traurig genug, wenn andere diese Trennung offenbar nicht vollziehen können (bzw. ich würde eher annehmen: möchten)...
Camondo: Konstantin hat darüber gesprochen wie das Gebäude heute wahrgenommen wird (und da ist Google repräsentativer als irgendwelche zeitgenössischen Berichte von anno dazumal...)
P.S.: Das soll es von mir gewesen sein (das ist ein Versprechen). Ich habe jetzt mehrmals lang und breit versucht zu erklären, wie ich es meine und wie nicht. Wenn jemand das nicht versteht (bzw. verstehen will), hat es ohnehin keinen Sinn das stets noch mal zu erläutern und auszuführen. Am Ende wird die Frage nach dem Wiederaufbau ohnehin anderswo entschieden und das muss man dann wohl oder übel akzeptieren, was für beide Seiten gilt.