Auf Grund der Beschäftigung mit dem Abriss des Technischen Rathauses und dem unmittelbar daraus folgenden Handlungsbedarf, ist ja die Forderung nach dem dann auch notwendigen Abriss der Schirn entstanden. Die älteste Abriss-Forderung hier im Themen-Streifen überhaupt (mik 20.03.2005 #37) und eine der häufigsten Wiederholungen. Oftmals nur wie nebenbei eingeworfen, praktisch immer jedoch kommentarlos stehen gelassen. Dies ist auffällig und mag auch seine guten Gründe haben.
Architektonisch ist die Schirn zwar umstritten, aber nicht einhellig und eindeutig in ihrer äußeren Form abgelehnt, im Gegensatz zum TR, welches zudem noch innen und außen renovierungsbedürftig ist.
In seiner Funktion ist die Schirn wohl recht gut akzeptiert, es soll sogar internationale Anerkennung genießen und der künstlerische Leiter wird auch noch sehr gelobt. Es gab zwar schon mal Äußerungen, dass die Ausstellungs-Bedingungen nicht optimal seien, aber davon höre ich zurzeit nichts mehr.
Vom Rathaus, Magistrat und Stadtverordneten, also der Politik, habe ich zum Thema Schirn bisher noch so gut wie nichts gehört, noch nicht mal Andeutungen, was mich eigentlich ein wenig stutzig macht. Keiner will sich profilieren.
Im Gegensatz vielleicht zu manch anderen, denke ich, bei denen gibt es auch eine Reihe von guten Leuten, die sich schon Gedanken über die Zukunft der Altstadt gemacht haben und so auch ihre eigene persönliche Zielrichtung haben. Einige wissen natürlich auch was Teile der Bevölkerung wünschen. Das erkennt man manchmal nur an Kleinigkeiten oder Reaktionen am Rande. Die Politik hat natürlich immer ihre Wählermehrheiten im Nacken und äußert sich dementsprechend vorsichtig. Alles Binsenweisheiten natürlich.
Also, warum meidet man, bis auf wenige Ausnahmen, das Thema "Schirn-Abriss".
- Man reißt auch keine Kirche, Kathedrale, Burg oder Festung einfach so ab.
- Man befürchtet, dass man sich international lächerlich macht, so viel Geld ausgegeben hat. Nur wegen einiger alter Häuser.
- Das Problem ist zu mächtig, behindert möglicherweise gar den Abriss des TR.
- Das wird dauern, da fangen wir erst gar nicht an.
- Man befürchtet einen Nebenkriegsschauplatz der Kraft und Zeit kostet.
- Das wird auch nicht so ein Selbstläufer wie beim TR.
- Lasst uns doch erst mal zufrieden sein mit dem wenigen was jetzt erreicht wurde.
- Das Gebäude war so teuer und ist noch recht neu, was werden die Bürger sagen.
- Die Stadt hat kein Geld für ein neues Domizil.
- Die Schirn braucht einen attraktiven Standort in der Innenstadt.
- Die Schirn belebt hier die Altstadt und zieht auch gehobenes Publikum an.
- Die Schirn genießt internationale Anerkennung.
- Der Max ist ja so gut und erfolgreich, den dürfen wir nicht vergraulen usw..
All das sind Punkte, die auch mehr oder weniger zutreffend sind.
Aber, das "Problem" kann nicht früh genug angegangen werden, aus verschiedenen Gründen.
- Es wird Zeit brauchen für Überzeugungsarbeit, Willensbildung, Verwaltungsarbeit und Umsetzung (Sowohl für den Abriss der Schirn, als auch für die "neue" Altstadtbebauung.
- Es werden inzwischen neue Bauten entstehen die zur Anpassung der Altstadt an die Schirn dienen sollen. Die passen wiederum nicht zum Altstadtgefühl.
- Der kleine Altstadtbereich wird in seiner Ausdehnung zementiert, vielleicht für immer.
- Die "neue" Altstadt wird unattraktiver durch die Schirn (Abschattung, Stadtmauergefühl, Zugang von Süden versperrt, fremder Baustil unmittelbar angrenzend).
- Anreiz zum Engagement für Investoren und Bürger wird möglicherweise nur begrenzt stattfinden, da das Areal der Altstadt nur kleinräumig bleibt und damit auch der Erlebniswert und die Möglichkeiten klein bleiben.
- Das ganze bleibt eine halbe Sache und spätere Generationen werden den Kopf über uns schütteln, auch weil wir so zaghaft waren.
Die Bilder von Jörg Ott und die Reaktionen darauf zeigen doch deutlich, dass die Leute "mehr" wollen.
- Die Anzahl der "neuen" alten Häuser reicht nicht aus, um die Nachfrage der Bürger und Geschäftsleute nur annähernd zu befriedigen.
- Die kritische Masse an Geschäften, Anwalts- und Architekten-Büros, Ärzten, Apotheken, Läden aller Art, Cafes, Restaurants, Kneipen, Offenen Verkauständen (Schirnen), Souvenirläden, Kunst-Handwerker, Werkstätten, Künstler aller Art, Künstlertreffs, Veranstaltungsräume, Vereine usw. (von mir aus auch ein wenig multikulti), wird möglicherweise nicht erreicht, damit sich die Altstadt zum Selbstläufer entwickeln kann.
- Die Altstadt bleibt dann womöglich, und nicht nur für Touristen, tatsächlich ein "Mickymaus-Stadtteil" im Sinne von klein, mit wenig Bedeutung. Einmal da gewesen, alles gesehen, alles erlebt.
Was ist zu tun, mal so als Bürger gefragt?