Beiträge von mik

    Das ist doch keine Plattenbauromantik. Plattenbaugebiete sind offen und luftig gestaltet. Die Dichte wird durch die Geschosszahl erreicht, die Wirtschaftlichkeit wird letzten Endes aber hinter die ideologische Komponente zurückgestellt.


    Was wir hier bekommen ist Wirtschaftlichkeit pur. Dichte soll als "urban" verkauft werden, jedoch ist aber die komplette Konzeption, vom Außenraum bis zur Orientierung der Balkone alles andere als städtisch. Man sieht wie sich alles nach dem Klischeebild deutscher Privatsphärevorstellungen orientiert. Eine Art gestapeltes Reihenhaus, eben nur aus Kostengründen mehrstöckig. Das städtische Leben will man zwar vor der Tür haben, aber bitte neben an. Besonders krass vor allem die Detailgenauigkeit der Hecke im Modell. Das sagt schon so ziemlich alles.


    Das traurige an der Sache ist, dass die zukünftigen Bewohner es aber eben so wollen. Die Menschen wollen am liebsten im Reihenhaus wohnen, Stadtleben aber in Fußreichweite haben und da sie es sich auch leisten können müssen, wird eben der Geschosswohnungsbau als Kompromiss akzeptiert.
    Genauso wie bei Fertighäusern in der Vorstadt kann man hier weder dem Projektentwickler noch dem Architekten direkt Schuld geben, denn die angestrebten Ziele (Wirtschaftlichkeit - und die ist letztlich vom Kundenwunsch abhängig) werden mit dieser Architektur bestens erreicht.


    Aber trotzdem, es geht auch schlimmer. Meine Kritik mag sich vernichtend anhören, aber sie ist eben ein allgemeines Eingeständnis an die gesellschaftliche Realität. Dieses Projekt ist nicht gut, aber auch keine Katastrophe. Zumindest nicht im Bundesdurchschnitt. Außerdem gibt es trotz der Spararchitektur etwas Variation, die Proportionen sind stimmig und die Gebäude anständig gegliedert.

    Nun, es sind Ausruh-Bänke für erschöpfte Shoppingmenschen. Weniger geselliges Beisammensein. Trotzdem hätte man natürlich eine elliptische Form nehmen können. Oder Rückenlehnen freie Bänke zwischen zwei Bäumen platzieren. Praktisch so wie die Betonquader am Rossmarkt/Goetheplatz nur schicker und aus 'nem anderen Material.


    Was mir noch auffällt, die alten Bänke sind wohl tiefer durchdacht und irgendwie praktischer:
    1. Die Befestigung an den Laternen um den Baum ist eleganter als schwere Metallfüße (die bei allen Exemplaren recht hässlich sind)
    2. Die Laternen/Pfosten haben die Bank ziemlich eindeutig segmentiert. Fremde Leute kuscheln sich nicht so gerne dicht auf einer Bank. Wenn die neuen Bänke ohne diese "Unterteilung" kommen, dann bin ich mal gespannt, ob sich eine bereits halb belegte Bank noch füllt oder ob sich da schon die psyschologische Intimzone penetriert fühlt.
    Das ändert natürlich nichts an der Unmodischkeit und Verbrauchtheit der alten Stadtmöbel.


    Letzten Endes vermisse ich ein einheitliches Designkonzept zwischen den Pavillons, dem Pflaster, den Bänken. Irgend ein Image. Die Pavillions sind eher minimalistische, klassische Moderne, die Bänke in Metall irgendwie in Richtung spacig, das Pflaster absolut neutral und dadurch etwas fade. Die häßliche Holzbank mit den 3 Rückenlehnen würde da noch leider am besten zu den neuen Pavillons passen. Man müsste da aber eine ganz klare Linie fahren, mit einer "Vision" in die sich die Zeil designtechnisch entwickeln soll. (Ich wäre dabei trotzdem für spacig, ich mag die Architektur der Zeilgalerie und das MyZeil :D, wobei die möchtegern Noblesse der vorgehängten Steinfassaden anderer Bauten natürlich dezente konservative Ansprüche erheben)

    Ich habe meinen Standpunkt auch schon an anderer Stelle klar gemacht:
    Wenn man die Zeil nach Osten läuft, hat man das Gefühl aus der Stadt rauszulaufen, nicht "in ihr" zu laufen.
    Nach Westen hat man die gegenteilige Wahrnehmung. Stimmt zwar auch zum Teil, die Wahrnehmung wegen den Hochhäusern ist jedoch überdeutlich. Ein 100m Hochhaus am Ende der Ostzeil könnte da schon Wunder wirken, wäre aber außerhalb von jedem Cluster.


    Dieser "Landmarkeffekt" Hochhäuser in mehreren Richtungen zu sehen, also z.B. auch den Henninger Turm vom Kaufhof/Zeilgalerie aus potenziert für mich die Wahrnehmung als Großstadt und gibt ein einzigartiges "Mittendrin-Gefühl"


    Eine massive Skyline (die unverkennbar auf eine einzelne Postkarte passt) hat natürlich was feines. Ich denke trotzdem, dass der "Innenstadtbereich" in alle Richtungen zumindest mit kleineren HH wachsen sollte. Letzten Endes dehnt ja auch schon das Messecluster die Innenstadt. Und in gewisser Weise wirkt dadurch auch eine Institution wie das Senckenbergmuseum auch viel zentraler.
    Das Europaviertel ist dazu auch ein gutes Beispiel.
    Hochhäuser am westlichen Ende werden den Boulevard eben auch als solchen, innerstädtischen Boulevard erscheinen lassen und nicht als bloße Einfallstraße. Ich denke, dass ist es, was ich mit europäisch meine. Weniger Sichtachsen als Prinzip, sondern dass man wichtige städtische Gebiete durch Hochhäuser hervorhebt. Weiteres Beispiel: Die FH am Nibelungenplatz und das Bürocenter gegenüber. Macht für mich städtebaulich Sinn, ist aber wohl eher Zufall.


    Was natürlich den Neubau von echten Wolkenkratzern nach internationalem Maßstab betrifft, so wäre ich natürlich auch für die Konzentration in den bisherigen Clustern. Aber da kann ich auch den konkreten Vorwurf der "Zerstreuung" nicht teilen. Die EZB ist die einzige Ausnahme jenseits der 150m.
    Den Campanile zähle ich noch zum Hauptcluster. Zumindest wird er so in der Skyline wirken. Wenn man da anderer Meinung ist, kann ich das noch nachvollziehen. Aber in Kooperation mit der Bahn und dem Busbahnhof wäre das dann einer der Ausnahmefälle, weswegen ich gegen zu enge/strikte Zonen bin.

    Ich mag eine gewisse Streuung mit zentralen Clustern. Was ist denn der Vorteil einer einzigen verdichteten Skyline, außer, dass das Stadtzentrum zur toten, ungemütlichen Bürowüste wird und man dass Gefühl hat, der urbanste Punkt beschränke sich auf das monofunktionale Bankenviertel? Wenn man sich die bisherige Streuung ansieht merkt man doch, wie gut es dem Gefühl der Wahrnehmung als Groß-/Innestadt tut, dass der Messeturm eben bei der Messe steht und nicht alles auf 1/4 km² um die Taunusanlage begrenzt ist. Und das nun auch die Zeil mit den Hochhäusern viel urbaner wirkt. Die Verdichtung für die Postkartenasicht kommt dann mit der Zeit automatisch.


    Das Dogma der US-Skyline (wie in LA) ist doch für Frankfurt genauso verkehrt wie es ein absolutes Dogma der Bebauungshöhe wie in Paris wäre.


    Mal abgesehen davon ist der HHRP eine Mischung aus Investoreninteressen und politisch gewollter Skyline/Landmarkplanung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SPD eine Genehmigungstiefe, wie sie der HHRP bereits darstellt von vorn herein für ganze Zonen anfertigen würde.


    Die niedrigen Türme außerhalb der SPD vorgeschlagenen Hochhauszone würden aber auch so oder so nicht wirklich stören und wahrscheinlich genehmigt werden, bieten in dieser HHRP Form aber eben Planungssicherheit.
    Was an größeren Türmen dabei ist steht doch aber in den Clustern! (und die EZB ist eine besondere Ausnahme, ist ja auch mehr als nur eine weitere Bank)



    Trotzdem wäre ich auch für eine höhentechnisch unbegrenzte Kernzone, allerdings sollte dann außerhalb dieser noch die Möglichkeit der Ausnahme/Einzelplanung bestehen. So dass größere Vorhaben (angefangen von EZB über das Henninger-Areal bis hin zu Objekten wie beispielsweise dem Fernsehturm) trotzdem nicht kategorisch ausgeschlossen würden, sondern dann eben zur Diskussion stünden. Ein gewisses Maß an Flexibilität muss auch außerhalb erhalten bleiben.

    zum xten mal: Volle Zustimmung Robert! Du hast mich für meine Wiederholung kritisiert, argumentierst aber auch selbst wieder voll an meiner Kritik vorbei. Mit deinen Ausführungen bin ich soweit wirklich einverstanden. Diese Einheit von Innen und Außen Geschichte ist etwas anderes, als die Ablesbarkeit der Funktion (welche es imo auch so nie gegeben hat). Und diese ist wieder etwas anderes als die Erkennbarkeit eines Gebäudes, als ein Haus, wobei ich das für schön und modern lösbar halte, aber auch einem städtebaulichen Konzept unterordnen würde, wenn die Grundrisse auch auf die Fassade eingehen.


    Ich finde es auch gut, dass jetzt endlich ganz klar wird, dass man gegen die vorgehängte Fachwerkfassade ist, die vom hinteren Teil komplett losgelöst ist (also auch Fenster oder Dächer nur vortäuscht).


    Nur noch eine ganz kleine Klarstellung: Beim Palais Thurn und Taxis verkleidet eine Fassade Betonwände. Aber unter der Kuppel wird auch wirklich ein Saal entstehen und hinter einem Fenster ein Fenster sein. Ich glaube, dass die Qualität und eben Genauigkeit einer Reko da ein ganz wichtiger Punkt ist, wo ich Ängste habe, die die Befürworter so gar nicht sehen.


    Es ist eben einfach schwierig über einen nicht existenten Entwurf (bezüglich Grundrisse und Nutzungsaufteilung) zu reden. Wenn ich z.B. von einer modernen Lösung rede, das meine ich eigentlich gar nicht so sehr den unnachbearbeiteten Siegerentwurf :D und wenn ich von einer Reko rede, dann denke ich wohl ans schlimmste.
    Ich glaube, wenn man ein Grundrisskonzept und die innere Nutzungsaufteilung, die Innenräume zur Diskussion hätte, dann wäre das ganze viel sinnvoller.
    Vielleicht legt man das Museum auch wirklich komplett unter die Erde, wie die Städelerweiterung, rekonstruiert die Fachwerkhäuser möglichst originalgetreu und packt da ganz andere, angemessene Nutzungen rein? Damit könnte ich richtig gut leben. Dann müsste man unterirdisch aber wohl zweistöckig werden. Wäre sogar lichttechnisch mit Spiegeln und Schächten lösbar, aber teuer.


    Solange wir aber über Fassaden reden, bleiben wir doch besser bei Städtebau!

    Naja, Planungsverband Rhein-Main eben.
    Trotzdem: Das Gewerbesteuer und Standortproblem sollte nicht über Infrastrukturblockaden gelöst werden.
    Wenn man anfängt politische Probleme auf diese Art und Weise anzugehen, kann sich die Region bald komplett schlafen legen.


    Insofern ist die Tangente schon sinnvoll. Frankfurt müsste natürlich dafür einen Ausgleich, am besten durch die profitierenden Gemeinden, in Form von Absprachen gegen Steuerdumping oder ähnliches erhalten, um die Situation fair zu machen. Wenn das nicht der Fall ist, dann haben der Planungsverband und die Kommunen versagt.

    "Umspannwerk" war wirklich ein dummes Beispiel.
    Deine Beispiele stimmen so aber nicht mit meiner Definition von Innen-/Außen überein, Wahnfried.


    Wenn du das Dampfmaschinenhaus von Ludwig Persius in Potsdam meinst, so begründet sich die Gestaltung definitiv durch Geschichte und Funktion. Das ist was anderes als beim historischen Museum in Frankfurt oder einem sonst einem Kraftwerksbau. Das ist definitiv dekadente Vergnügungsarchitektur, aber gute !
    Yendize in Dresden verwendet das Moschee-Element ja auch in einem ganz anderen Kontext. Das Gebäude gibt sich nicht als Moschee aus, sondern ist Werbeträger für ein Produkt (Tabak), welches man klassischer Weise mit Exotik und Orient verknüpft. Niemand wird das seinerzeit für eine echte Moschee oder einen Palast gehalten haben, sondern einfach für etwas wahnsinnig aufregend exotisches.
    Heute baut man solche Gebäude weniger bildlich. Ich denke Gehrys oder Zaha Hadids Architektur wäre eine passende Übersetzung.


    Ich denke ein modernes Museum kann durchaus auch ein Motiv (sogar ein historisierendes) übernehmen. Jedoch störe ich mich im konkreten Fall an der fehlenden Einheit von Fassade und Raum. Wenn es um ein einzelnes Gebäude ginge und dessen Fassadenraster sich nach innen fortführen würde wäre es ganz anders.
    Dies ist bei den historischen Beispielen immer gegeben. Sowohl in Potsdam als auch in Dresden und oftmals sogar im für Kitsch berüchtigten Las Vegas. Die Gebäude verkleiden sich vielleicht, aber die Fassade ist niemals nur vorgehängt. (Man könnte bei dem was ich kritisiere auch fast "angemalt" sagen, wobei das wörtlich genommen wieder ein legitimes Abstraktionslevel für ein Museum wäre)
    Wenn man ein Beispiel für die Option der Fassadenreko vor Betonkiste will, dann fällt mir kaum ein Beispiel ein. Vielleicht ganz aktuell die Markthäuser in Mainz? da kenne ich aber die Grundrisse nicht. Selbst beim NewYorkNewYork in Las Vegas ist das Gebäude immerhin als solches klar erkennbar und eine Einheit mit der Fassade/Außengestaltung.
    Ich will dabei noch nicht mal gegen die Fassade als bloße Dekoration im allgemeinen schimpfen, bei den Markthäusern in Mainz als Shoppingcenter würde dies mich nicht jucken.


    Was mich stört ist vor allem die Vorstellung von 50cm Fachwerkfassade und dahinter eben Beton und ganz unabhängige Räume und Lichtöffnungen. Also eine richtige Kulisse. Das fände ich weder einem Museum noch den Fachwerkhäusern angemessen und darauf bezieht sich meine Hauptkritik. Wenn man die Museumsnutzungen irgendwie, ohne die Aufteilung der historischen Häuser total zu zerstören, logisch mit der Außenansicht unterbringen kann, dann wäre das für mich schon ein Kompromiss, den ich grad so schlucken könnte. (etwas meckern würde ich trotzdem, halte etwas schönes, neues eben für das Beste und habe ja auch noch viele andere Kritikpunkte genannt ;) )

    Ich behaupte nicht, jede Reko, oder jeder historisierende Neubau sei "Kitsch", deshalb würde ich dann auch keine abwertenden Begriffe nehmen.


    Ob ich etwas polemisiere hängt eben von dem Zusammenspiel aus Rekonstruktionsweise und Aussage des Gebäudes zusammen.
    Das Palais im Palais-Quartier ist z.B. in der Naivität des (naja
    Reko ist es kaum, eher eine Nachschöpfung) Wiederaufbaus etwas zu belächeln. In seiner gesellschaftlichen und nutzungstechnischen Funktion aber logisch, da eben Investoren-Vergüngugsarchitektur und kein Kulturbau.
    Die geplante Reko auf dem TR-Areal kritisiere ich etwas als geschichtsrevisionistisch, vor allem im Zusammenhang mit der einhergehenden, kontextlosen Kritik an der Moderne, am Brutalismus im allgemeinen. Die Rekonstruktion selbst halte ich bei künstlerisch wertvollen Gebäuden jedoch für richtig, bei weniger wertvollen Häusern für akzeptabel, da es eben das Bedürfnis nach Altstadt bei einigen gibt.
    Für das Areal des historischen Museums würde prinzipiell das gleiche gelten, wäre da eben nicht die Museumsnutzung. Sorry, aber bei einem monofunktionalen, prinzipiell repräsentativen Neubau so ein Gewurschtel zu machen, damit kann ich gar nicht klarkommen.


    Neues hab ich wirklich nichts mehr beizutragen. Die meisten Argumente wurden schon ausgetauscht und vieles ist der individuellen Bewertung überlassen. Deshalb frag ich mal was :) Hoffe es ist nicht zu ausschweifend, aber die Reko steht hier ja eh in einem Gesamtzusammenhang. Ist auch nicht provokant gemeint, es interessiert mich einfach nur:


    So sehe ich die Situation:
    Die Tatsache, das zuerst das TR altstadtungeeignet in seiner Nutzung ist und nun vielleicht auch das historische Museum, dass ist doch dann auch wieder etwas seltsam.
    Ich meine, am liebsten hätte man doch auch die Schirn weg, und auch das Haus am Dom und dann eine kleinteilige Altstadtbebauung mit Wohnen, Cafés, Bars und kleinen Läden.
    Sicherlich kein schlechtes Quartier. Aber gerade im größern Kontext würde mir einfallen, dass die Verknüpfung mit der Gesamtstadt etwas fehlt. Im Moment besteht z.B. eine Perlenkette vom MMK über Schirn, historisches Museum, archeologisches Museum zum Museumsufer. Die jetzige Altstadt ist immerhin mit der Stadt verwachsen. Die neue alte wäre aus meiner Sicht gerne und selbstbewusst ein Implantat. Nicht nur architektonisch sondern auch funktional. (Was jetzt nichts schlechtes sein muss)


    Meine Frage:
    Ganz unwertend mal an die Befürworter der Rekonstruktion:
    1. Sollen die Funktionen bleiben? Und entweder in die historischen Grundrisse gequetscht werden, oder sollen die Grundrisse ignoriert werden. Sollte die Schirn/Kunsthalle als Funktion bleiben? Sollte das historische Museum als Funktion bleiben?
    Oder 2. ist der kleinteilige, sicherlich funktionierende aber formal betrachtet künstliche Idealaltstadt-Nutzungsmix besser? Wie soll der Römerberg denn mal wirken, wenn man von der Hauptwache nach Süden läuft. Bei der Reko würden ja schon fast surreale Kontraste zwischen den Vierteln nördlich und südlich der Braubachstraße entstehen. Ist das gut oder eher schlecht und braucht Übergänge?

    Ich finde keine Gruppe gibt sich in Richtung Schmähbegriffe was heraus. Da muss man einfach auch was vertragen können.


    Ich habe bei der Wahl meiner "Schmähbegriffe" aber vor allem auf die Art der Rekonstruktion und deren Gründe geachtet.


    Für mich mach es einfach einen Unterschied, ob ein Haus
    a) im Originalzustand bis hin zu den Wandaufbauten rekonstruiert wird
    b) weitgehend im Originalzustand, mit klimatechnischen und brandschutzrechtlichen Mindestanpassungen rekonstruiert wird
    c) aus Beton gebaut wird, aber die Fassade noch was über die Innere Aufteilung verrät
    d) oder eine Fassade vor eine beliebige Kiste gestellt wird.


    Neben diesen harten Kriterien gibt es für mich noch weiche Kriterien zur Beurteilung einer Rekonstruktion. Diese beziehen sich


    1. Auf die historische Aussage des Gebäudes (war es eine Kirche, ein Wohnhaus, ein politisch-öffentliches Gebäude) und welchen Geist die Architektur in ihrer ursprünglichen Form verkörpert hat. (ist für den konkreten Fall weitgehend unwichtig, trägt eher bei Schlossrekos etc.)


    2. Aus welchem Grund etwas heute wiederaufgebaut wird (Mehrfachnennung möglich)
    a) Um technische oder künstlerische Errungenschaften wieder anschaulich zu machen (z.B. geschnitzte Fassaden)
    b) Um einen historischen Ort wiederauferstehen zu lassen (z.B. Krönungsweg- könnte auch kritisch betrachtet werden, Monarchie ist out)
    c) Um ein Heimatgefühl "Identifikationsmöglichkeit" herzustellen (halte ich für ungut, wer's nötig hat sich damit zu identifizieren, der hat ein gespaltenes Verhältnis zu unserer Zeit und Gesellschaft - betrifft aber wahrscheinlich recht viele, deswegen sehe ich's demokratisch)
    d) Als Freizeitarchitektur/Kitsch für Touris und Kaffeetrinken mit Oma (politisch belanglos, fragwürdig aber bei Orten mit bewegter Geschichte, auch Disneylandargument genannt.)
    e) Als Geschichtsrevision. (Seit 1944 ist so einiges rund um den Römerberg gebaut und diskutiert worden. Nun soll es weg, weil es nicht mehr passt. Die Reko soll in den Augen vieler Kritiker die ganze Epoche "BRD" als architektonischen Fehlschlag abschließen, wobei die Architektur der letzten 50 Jahre synchronität zum politischen System beansprucht. Der gefährlichste Punkt von allen, hier liegt die Angst der moralischen Wächter, ich zähle mich weniger dazu, halte die Beweggründe der Rekos in Ffm für politisch unmotiviert.)
    f) Um ein beschädigtes Ensemble zu "reparieren" (Also z.B. dass man sagt, der Dom könne nur mit Fachwerk wirken, das ganze bildete schon eine von den Dombauern unbedingt gewollte Einheit, was aber so nicht zutrifft. Auch am Römerberg ist nichts als Ensemble geplant worden, sondern zusammengewürfelt. Das gilt jedoch eh nicht, da hier nix repariert wird. Es geht eher um einen einzigen Neubau aus mehreren Abschnitten, dessen Qualität in der Ensembleartigkeit bestehen soll, jedoch selbst kein Ensemble ist. Die Frage ist also zusätzlich ab wo man ein Ensemble repariert oder aus dem Nichts neu erschafft. Rekos als Lückenfüller zwischen echter historischer Substanz sind nochmal besonders kritisch)


    Den Aspekt der Nutzung habe ich jetzt noch nicht in mein Schema einsortiert. Bai allen Gebäuden, bei denen die Nutzung einen minimal-repräsentativen Anspruch hat sollte bei der Reko aber eben auch diese Einheit von Innen und Außen in die Wertung mit einfließen. Dass heißt nicht, dass z.B. ein Umspannwerk immer eine graue Kiste sein soll, aber es sollte sich auch nicht mit einer Barockfassade tarnen. Eher eine verspiegelte, interessante moderne Kiste - nur so als flüchtiges Beispiel


    Edit:
    noch mal zu Roberts Beitrag #313:


    Als ich in #308 die Begrifflichkeiten "Fassadenfälschung und Altstadtheimeligkeit" vs. "Rekonstruktion ... bedeutender Fachwerkhäuser" verwendet habe, habe ich auch zwei sehr unterschiedliche Dinge gemeint.
    Das eine ist eine Betonkiste mit angeklebter Fassade, die meinetwegen ein städtebauliches Ensemble wiedergibt, welches jedoch über einen sehr fragwürdigen architektonischen Wert als Ensemble verfügt.
    Schließlich stammen die Fassaden tatsächlich aus unterschiedlichen Epochen und wurden nie als besonders Ensemble geplant. Die "Qualität" des Ensembles war nicht gerade höher als die z.B. des Butzbacher Marktplatzes oder die sonst eines beliebigen "Fachwerkensembles" in der Region? Ich habe zumindest noch nirgends etwas von dem herausragenden historischen Städtebau- und Fassadenensemble in Frankfurt gehört. Hübsch und heimelig, mehr ist es nicht wirklich.
    Außerdem bleibt es ja beim Fassadenkitsch. Ob ich jetzt eine Fassade alleine annagle oder 5 nebeneinander und behaupte die 5 hätten jetzt einen Ensemblewert - defakto ist es eben doch nur ein Bauteil. Die Fassadenfälschungen erhalten nicht mehr Wertigkeit in dem ich sie innerhalb des Prinzips der angeklebten Fassade multipliziere.


    Eher spricht es doch noch viel mehr gegen die Bedeutung der Häuser, wenn man sagt: "Das wichtigste sind die Fassaden und diese auch nur als Ensemble betrachtet. Die einzelne Fassade bringt's nicht und das historische Haus in seiner konstruktiven Logik ist noch unwichtiger." Aber so in etwa doch deine Aussage RobertKFW? Zumindest hab ich's so verstanden. Und so was soll man rekonstruieren? Das soll besser sein als ein halbwegs anständiger Neubau? Sorry, aber so eine Haltung ist nicht nur nicht für Gegner überzeugend, sie ist noch nicht mal ansatzweise logisch nachvollziehbar. Es sei denn man gibt eben zu, dass man nur Vergnügungsarchitekturkitsch will. Aber dann ist natürlich das Museum und der anspruchsvolle historische Ort schwer begründbar.
    Die andere Option, "Rekonstruktion ... bedeutender Fachwerkhäuser", meint eben auch eine konsequente Rekonstruktion. Eine Reko die wirklich ernst gemeint ist und nicht nur einen verklärten städtebaulichen Eindruck wiedergibt. Das ist für mich etwas ganz anderes als eben bloßes "Blendwerk".
    Mir ist deswegen auch vollkommen unverständlich, wie man als Rekobefürworter einerseits mit historischer Bedeutsamkeit argumentieren kann und andererseits lieber nur die Fassadenreko als gar nichts hätte. So krass es sich auch anhört, aber gerade im Detail eines Gebäudes ist nicht so viel Platz für ein Nebeneinander von Kompromissen und Niveau.


    Da ich aber bei dem Museum, wegen diesem Einheit aus Form und Funktionsargument und der prinzipiellen Eignung der Stelle am Rathaus eh für einen Neubau bin, verbleibe ich einfach nur verwundert, wie egal Rekobefürwortern die Architektur zu sein scheint, solange nur Holzbalken an den Beton genagelt werden und Blumenkästen aus dem Fenster hängen. Es geht eben doch nur um die heile Welt und den passenden Hintergrund für die Weihnachtsmarktbuden.

    Gutes Panorama, danke!


    Das große, dunkel verglaste Teil ist das Kongresszentrum "Darmstadium" links daneben das graue Uni-Hochhaus und der in Bau befindliche neue Eingang zum Audimax.


    Die Bibliothek, um die es hier geht ensteht im Inneren des Blocks der Uni, als in etwa diagonal hinter dem grauen Hochhäuschen, welches dich auf dem Modellbild im ersten Post direkt am unteren Bildrand finden lässt.


    Die Bücke über den Schlossgraben ist auch ein interessantes Projekt, da die verglasten Teile die Lasten abtragen. Die Holzteile bilden Ober- und Untergurt, die Glasflächen sind sozusagen der Steg, wie bei einem I-Profil. Das ganze ist zwar eher weniger filigran ausgefallen, sollte aber mehr als Forschungsarbeit und Prototyp betrachtet werden.

    Zum Thema Gemälde und Ausstellungsräume im allgemeinen: Es ist eben gängige Praxis ein Kunstwerk für sich wirken zu lassen und keinen Kontext drumherum zu interpretieren. Deswegen die neutralen (langweiligen) Räume. In diesem Fall ist langweilig eben gut. Es geht ja um die Bilder.
    Was historische Bilder betrifft: Natürlich ist der ursprüngliche Kontext das Optimum. Ist dieser aber nicht mehr vorhanden sollte schon gar kein neuer dazu erfunden werden. Das wäre wirklich Anmaßung und Überheblichkeit.
    Um dieses, bei allen wichtigen Museen gängige Prinzip zu hinterfragen bräuchte man einen neuen Thread.


    Was die Kritik an meinem sehr flapsigen Spät-Abend Beitrag betrifft: Ich habe mich darüber aufgeregt, dass die aufwendige Argumentation von Dvorak so einfach übergangen wurde.
    Dass die Bevölkerung natürlich gerne das Fachwerk im Herzen der Stadt hätte, anstatt außen vor, ist mir schon verständlich. Wenn jedoch eine Straßenansicht als absolut übergeordnetes Hauptprinzip alle anderen Fragen historischer, nutzungstechnischer und gesellschaftlicher Art verdrängt, dann bleibt eben nur Blendwerk. Zumindest ist es der Geschichte des Ortes doch nicht wirklich angemessen ihn auf eine Fassadenfälschung zu reduzieren. Persönlich sehe ich das zwar sehr locker und denke mir halt, dass man den Menschen eben ihren Freizeitpark gönnen sollte.
    Aber andererseits sieht sicherlich ein Großteil der Befürworter der Reko das eher kritisch, da man ja eben auch ein gewisses Niveau für sich beansprucht.


    Gibt man diesen Anspruch auf, wird man sich noch viel weniger gegen die historischen, kulturellen und architektonischen Gründe der Gegner durchsetzen können. Oder ist Altstadtheimeligkeit wichtiger, als die bewegte Geschichte des Herzens von Frankfurt von 1945 bis heute? Ist Altstadtheimeligkeit wichtiger, als die Logik aus Fassade, Ornament und Raum, wie Dvorak (da muss ich ihn mal für die Mühe loben) das erklärt hat? Ist Altstadtheimeligkeit wichtiger, als die, ich sage mal "äußere Ablesbarkeit" des historischen Museums? Ist Altstadtheimeligkeit wichtiger, als...?
    Wenn man "Altstadtheimeligkeit" durch "Die Rekonstruktion architektonisch und historisch bedeutender Fachwerkhäuser" ersetzt, hat man schon eine ganz andere Grundlage.

    RobertKWF


    Die Mehrheit der Bevölkerung ist durchweg pro zeitgenössisch eingestellt, hätte jedoch gern den heimeligen Ort mit Fachwerkhäuschen für den Sonntagskaffee mit Oma.
    Nur frage ich mich dann, warum diese Lebkuchentown (und bei diesem Niveau sind wir ja konstruktiv schon lange) ausgerechnet ins historische Herz der Stadt gesetzt werden muss?
    Könnte man nicht einfach irgendwo auf die grüne Wiese ausweichen? Dort wäre das Bauland billiger und viel mehr Platz, man könnte also viel, viel mehr rekonstruieren. Ich würde das Kaiserlei bei Offenbach vorschlagen: Exzellente ÖPNV Anbindung + exzellente MIV Erschließung. So würden vermutlich sogar noch mehr Touristen die neuen alten Fassaden bewundern kommen.
    Man kann ja eine innerstädtische Nutzungsmischung vorschreiben.
    Alternativ böten sich noch das Europaviertel oder die GatewayGardens an.
    Die seriösen Exponate und das Museum können dann an dem (allen Parteien so heiligen), aber immerhin historischen Ort bleiben und wir haben alle unsere Ruhe.


    Das war übrigens Ironie.


    Aber auch wenn Dvorak sehr ausschweifend sein mag, so gibt man doch ganz offen zu, dass es nur um Disneyland geht, wenn man seine ganze Argumentation einfach ignoriert und sich auf ein Kitschbedürfnis beruft. Dann ist eben auch wirklich nicht mehr verständlich, warum der historische Ort noch wichtig sein soll für die Reko. Wenn man sowieso schon Beton nimmt. Wenn man sowieso schon Funktionen tauscht und wenn im Endeffekt die Menschen die Fassade noch nicht mal verstehen können.


    Zum Thema Mehrheit haben Architekten übrigens meist folgende Einstellung:
    Die Mehrheit der Bevölkerung guckt sich auch lieber Madonna im Waldstadion an, als in die Philharmonie zu gehen...
    Es ist schon überheblich, aber nicht ganz unbegründet.


    Ich kann mit klassischer Musik aber auch nicht viel anfangen, was aber nicht heißt, dass ich, nur weil ich die Tiefe des Themas nicht ganz durchschaue mich demgegenüber respektlos verhalte.
    Ich denke sogar, dass die Mehrheit der Bevölkerung dahingehend eine gewisse Toleranz aufbringt, dass eben die schnellste und flachste ästhetische Befriedigung in der Architektur nicht unbedingt immer das beste ist. Zu einer Stadt und Kultur gehört doch mehr als nur ein paar Altstadtgefühle mit dem Holzhammer.

    Schlecht sind die Villen auch gar nicht. Deren Raumhöhe und Struktur eignet sich ja auch vergleichsweise gut für Umnutzungen aller Art. Aber es ist schon ein Unterschied, wenn man das ganze mit einem von Anfang an als solchem geplanten Museumsbau wie dem Städel oder auch dem Senckenberg vergleicht. Eingangssituation, Erschließung, Rundwege, Anpassung an die ausgestellten Exponate (Ich glaube darum ging es Dvorak mit den Bildern)...


    Letztendlich kann man natürlich sagen, Hauptsache die Quadratmeter reichen irgendwo aus. Aber um etwas richtig zur Geltung zur bringen brauch man schon ein architektonisches Gesamtkonzept. Man denke nur mal an die Konzepte von Frank Llyod Wrights Guggenheim oder der neuen Nationalgalerie von Mies. Sicherlich gibt es auch da viel zu kritisieren, dennoch hat man hier eine epochale Museumsarchitektur, Architektur in einer besonders reinen Ganzheit aus Aussehen, Raum, Konzept, Innen-und Außen. Eben mehr als nur Quadratmeter so wie sie grad irgendwie passen.

    @RMA2000 Sicherlich ist es möglich für eine Museumsnutzung ein historisches Gebäude umzunutzen.
    Meistens ist dies jedoch architektonisch betrachtet äußerst suboptimal. Ich finde z.B.weder das Museum der Weltkulturen, noch das deutsche Architekturmuseum (trotz innerem Umbau der Villa) sonderlich gelungen. Das ganze Museumsufer funktioniert nur durch die Ensemblewirkung, die tatsächliche historische Substanz und den Standort und natürlich super anstrengende Umbauten und Schwierigkeiten. Die Villen selbst sind eher eine Belastung, als eine Hilfe bei der Nutzung. Zwar scheint es sich gelohnt zu haben und ein Abriss wäre undenkbar, aber im Falle von Neubauten sieht die Sache dann doch ganz anders aus.
    Fachwerkhäuser sind noch mal ein Fall für sich, sowas kann man nicht mit neutral zonierten Grundrissen und Räumen in herrschaftlichen Villen oder ganz und gar Schlössern vergleichen.


    Besagte Heimatmuseen in Fachwerkhäusern kenne ich leider nicht, aber mir sind immerhin die Räumlichkeiten des ein oder anderen Geschichtsvereins für eine meist anheimelnde aber doch sehr spannende Ausstellung über die eigene Kommune in Fachwerkhäusern bekannt.
    Ich würde sagen, das ist eine Frage der Dimension und der Gemeinde. Ist denn die Ausstellung von Herborn, Fritzlar oder Alsfeld mit jener des historischen Museums Frankfurts vergleichbar? Sind denn die spezifischen historischen und charakterlichen Qualitäten der Städte vergleichbar?

    Alte Fachwerkhäuser zu rekonstruieren halte ich nur bei einer 1:1 Reko als "Freilichtmuseum" für sinnvoll und niveaumäßig über "Vergnügungsarchitektur" (Wie beim Palais Thurn und Taxis).
    Schließlich leben diese Gebäude ja nicht von einer politischen Aussage in der Reko (wie beispielsweise die Frauenkirche Dresden), sondern von ihrer Einheit aus Konstruktion, Grundriss und Fassade.
    Allerdings weise ich da noch mal auf zulassungstechnische Schwierigeiten bezüglich Brandschutz und Energieeffiziens hin. Nicht, dass ich persönlich da so drauf beharren würde, aber eine Reko wird in jedem Fall schon erheblich angepasst sein und der echte Wert des Hauses als geschichtliches Beispiel irgendwo nochmal geschmälert.


    Einen Museumsneubau absichtlich in unpassende Räume zu zwängen, um am Römerberg "heile Welt" zu suggerieren, ist selbst für einen liberalen "Modernisten" wie mich schon sehr, sehr schwer zu schlucken, wäre aber irgendwo noch besser als die bloße Fassadenreko.


    Was ich allerdings nicht verstehe ist, warum sich die Architekten in der Materialwahl und der Kleinteiligkeit der Fassaden bei zeitgenössischen Lösungen so schwer tun.
    Es ist deshalb so schwer den Siegerentwurf wirklich zu verteidigen. Ich glaube ein selbstbewusster, radikal moderner Bau im Stile des Centre Pompidou mit seiner verwinkelt-technizistischen Fassade könnte sich unter Wahrung der Proportionen und vielleicht mit Holz als Tragkonstruktion besser einfügen, als die meisten Steinbunker-Entwürfe.

    Tja, Schönheit ist ein weit gestreckter Begriff. Aber ich glaube sehr viele einflussreiche Leute würden ein gewisses Maß an "unansehnlich" vorziehen. Wobei ich selbst jetzt den Siegerentwurf zwar nicht grad toll, aber auch nicht wirklich richtig schlimm finde.
    Zu
    1. Es gibt unzählige innerstädtische Alternativen
    2. Altbaugebiet? Es währen ja wohl alles Neubauten. Vor allem das Museum müsste wohl komplett andere Räume erhalten, alles andere wäre ziemlicher Wahnsinn.
    Nicht zuletzt müssten selbst "echte" Fachwerkrekonstruktionen komplett neue Fassaden erhalten. Alleine die U-Werte von altem Fachwerk mit Lehmausfachung sind mit 2,0 das 10fache über dem heute zulässigen und sogar noch schlechter als klassische, dickere Mauerwerkswände. In jedem Fall ist eine Rekonstruktion also vor allem mehr ein städtebauliches als ein architektonisches Element. Mehr eine Möblierung der Straße, als ein Gebäude, welches sich klassischerweise über sein Inneres definiert!
    Insofern stimme ich immerhin dem Punkt der Attraktivität für Investoren, Touristen und Frankfurter zu. Aber es wäre kein "Altbaugebiet"
    3. Ja, Frankfurt :D. Nee, mal im Ernst, Städte wie Paris leben vom Lebensstil in der Fläche, so wie in Frankfurt Nordend und Westend als schön gelten. Die Altstadt wäre sowas wie ein einzelnes, typisches Wahrzeichen. (Leider als Reko nur ein kitschiges)

    Hier wird noch viel mehr Gegenwind sein, als beim TR, weil es um eine Fassadenreko für einen Kulturbau geht.


    Es geht nämlich eben nicht um die bloße technische Machbarkeit (Im Baumarkt gibt es ja schon Betonteile in täuschend echter Holzoptik), sondern um das Verhältnis von Architektur zu Inhalt.


    Das bloße "historische Fassade" = "Historisches Museum" wird einflussreichen Kultur-Machern nur schwer zu vermitteln sein.
    Die Auffassung der Rekogegner wird eher so aussehen:
    "Besser als Reko wäre es, wenn man versuchte mit der Architektur neue Traditionen und neue "Bilder" zu schaffen, anstatt etwas längst verlorenes wieder aufzubauen und einem verklärten Musikantenstadel - heile Welt Image eine kulturelle Bedeutung durch eine seriöse Museumsnutzung überzustülpen!"
    Ich finde, die Befürworter der Rekonstruktion gehen da viel zu wenig argumentativ drauf ein. Dass eine rekonstruierte Fassade von den Politikern, Kulturlobbyisten, Museumsdirektoren und Architekten eher mit Fachwerkimitaten an Kiosken oder Kirmesbuden gleichgesetzt wird, anstatt darin einen historische Wert zu sehen ist dabei zwar eine Auffassung der aktuelle Mode. Das Bedürfnis nach einem traditionellen Image ist allerdings ebenso nur Kind unserer Zeit.


    Insofern bleibt als übergeordnete Frage eben nur jene des Verhältnisses von Architektur und Inhalt bei einem Neubau. Auch als "ehrliche" Architektur bezeichnet.
    Und selbst ich denke, das diese Ehrlichkeit bei einem Museumsbau schon einen besonderen Wert hat. Insofern hätte man im Zweifelsfall wirklich einen anderen Standort wählen sollen, wenn die Bevölkerung so sehr auf die Reko geilt. Wobei ich diese Bevölkerungsmehrheit nicht wirklich sehe.
    Letzten Endes ist es doch auch wie beim Flughafenausbau - da gibt es auch nur aus einer Richtung engagierte Bürger. Trotzdem haben die da nicht die Mehrheit.

    Um mal was einzuwerfen:
    Ich bin kein sauerbruch hutton Fan, finde aber, dass man deren Architektur nicht ganz allein auf die Fassadenästhetik reduzieren kann.
    So hat eben jetzt Frankfurt auch sein "sauerbruch hutton", ist schon wie ein Markenprodukt, die haben je einen eigenen Stil (siehe GSW Berlin und ADAC München).


    Was die Ästhetik im allgemeinen betrifft - auch wenn die bunten Teile prinzipiell 'ne andere Farbe hätten haben können, zumindest ihr generelles Vorhandensein, so wie Teile der Form des Gebäudes sind sicherlich klimatischen Aspekten geschuldet. Insofern warte ich mit meiner persönlichen Kritik eher auf den Umgang mit dem Straßenraum, bzw. dem Erdgeschosslevel, denn da könnte man einiges aufwerten. Der Rest ist doch schon mal "ganz ok" :)

    Der "dekorierte Schuppen" bzw."learning from Las Vegas" war ja schon das Grundkonzept der Postmoderne und hat sich durchaus bewehrt. Die stadträumliche Verträglichkeit von Fassadenrekonstruktionen kann man im großen und ganzen doch als bewiesen ansehen. Ich persönlich kenne zumindest kein Beispiel, welches nicht funktioniert hätte.
    Selbst das langweiligste Einkaufscenter, welches konzeptionell eine ganze Straße aus dem Stadtraum in sein Inneres verschleppt, wird für die Bevölkerung hinter historischer Fassade zur angeblichen Bereicherung. (Vielleicht sind Architekten deshalb so dagegen und wollen böse Einkaufscenter lieber "ehrlich" als Beton, Stahl und Glas Monumente des großen Kapitalismus, anstatt als Opium fürs Volk ;))


    Ich finde für "Vergnügungsarchitektur" gehen Fassadenrekonstruktionen auch voll in Ordnung. Allerdings denke ich, dass eine würdevolle Institution, wie ein Museum, sich auch als solches zeigen sollte, anstatt ein "Lagerraum" hinter Pappfassaden zu sein.
    Es ist für "die Architekten" irgendwo sicherlich eine zeitgenössische Frage des Images von Fassadenrekos im allgemeinen, die zum Teil dagegen spricht.
    Zum anderen spricht aber auch dagegen, dass eine eigene (neue) Architektur für ein Gebäude mit einer bestimmten Funktion aber doch auch eine ganz andere, selbstbewußte Aussage macht. Selbst bei Vergänglichkeit der Mode bleibt ein Zeitdokument (im vielleicht häßlichen Sinne) erhalten und dokumentiert seinen Erichtungszweck. Im Konkreten Falle, wird man in 50 Jahren einen (vielleicht als häßlich empfundenen) Museumsbau haben, der das Jahr 2008 (und die damalige Schnittstelle zwischen moderner Architektur und stadträumlichem Umgang) dokumentiert, anstatt einer hübschen Häuserzeile, die vielleicht von 1650 sein könnte oder aber auch eine Shopping-Mall von 2030.

    Ihr versteht beide meine Kritik nicht. Ich suche gar keinen "Schuldigen", denn den gibts einfach nicht.
    Selbst wenn man den modernistischen Ideologen auf den Scheiterhaufen bringt, wird das nur wenig ändern.
    Die aktuelle Situation ist das Ergebnis aus Geschichte, Gesellschaft, Wirtschaft, ideologischen und weltbildlichen Strömungen. Man bezeichnet das als "Interdependenz". Natürlich sind die Architekten verantwortlich für ihre Bauten und ihren Geschmack. Aber eben dieser Geschmack begründet sich auch irgendwo. Es ist eben nicht so einfach und simpel wie Walt Disney die Welt zeichnet :P


    Das ganze ist ähnlich komplex wie unser Ökosystem - und auch da verbrennen wir Öl und Kohle, essen frei gefangen Fisch und Milch für 49 Cent, obwohl wir wissen, dass es irgendwo schlecht ist.


    Wenn man eine andere Architektur will, dann muss man vielmehr ändern, als nur ein paar alte Professoren zu feuern und artige Kunst zu unterrichten. Da bräuchte man ein anderes (aber bitte natürlich entwickeltes) gesellschaftliches Bewußtsein.