necrokatz: ich versuche, deine Frage nach der Ideologie allgemein für Nachkriegsbauten zu beantworten, weil sich die wie ich sie nenne Ideologie nicht nur auf das Hansaviertel bezieht. Viele Denkmalpfleger sind Architekten und wie die so zu moderner Architektur stehen, weiß man ja zur Genüge. Ums mal ganz hart zu formulieren: Die Masse verteidigt die Moderne doch bloß aus eigenem Unvermögen, etwas mit Qualität und Ästhetik zu bauen. Die vielgepriesene Material- und Konstruktions "Ehrlichkeit" der modernen Gebäude ist also nur vorgeschoben. Immerhin wird nicht mal mehr der Goldene Schnitt gelehrt auf der Uni. Nicht mal im Denkmalamt legen Architekten diese Haltung ab, weshalb entsprechend viele Gebäude geschützt werden, die das nicht immer verdienen.
Zum anderen kommt hinzu, dass die Zerstörung der deutschen Städte in besagten Kreisen immer als unabänderliche Tatsache des Bombenkrieges hingenommen wird. Dabei ist die Masse der Bausubstanz (außer den verbrannten Altstädten aus Holz) nachweislich in der Nachkriegszeit im Zuge des Hasses auf jegliche Tradition und Beständigkeit im Städtebau beseitigt worden. Also war die Zerstörung eben nicht die "gerechte" Strafe der anderen an den Deutschen für Auschwitz, sondern eine echte hausgemachte deutsche Selbstbestrafung. Das hält sich völlig entgegengesetzt zu den Bürgern noch immer bei so manchen Entscheidungsträgern ("Wir haben den Krieg angefangen, also müssen wir mit den Nachkriegstädten leben" - von mir aus einsehbar für die Tätergeneration, aber für die Dritte danach??). Man muss nur mal gucken, mit welcher Verachtung über Rekonstruktionen gesprochen, ja geradezu geätzt wird, etwa in den meisten Denkmalämtern (außer Sachsen - vorbildlich!) Man muss Rekos ja nicht für das gelbe vom Ei halten, aber gleich die Geschichtsverfälschungs- und Faschismuskeule auszupacken, wie das so oft - auch im Fuelliton - getan wird, ist für mich Beweis einer totalitär-intoleranten und zu allem Überfluss arroganten Geisteshaltung. Eine Umfrage etwa zur Dresdner Frauenkirche würde bei Bürgern und den "Experten" zu völlig unterschiedlichen Bewertungen führen.
Das sind so grob die beiden Hauptargumemnte, die ich für die Ideologie (wenns zu hart formuliert ist, eben Geisteshaltung) als Begründung heranziehe. Von der typisch deutschen Nachkriegsmischung aus Fortschrittsglauben, Schuldkomplex und Masochismus durch Hässlichkeit will ich gar nicht erst reden
Wieviel ehrlicher wäre es seitens der von mir angegriffenen Gruppe, zuzugeben, dass Nachkriegsbauten meistens nicht schön, aber in ihrer Einfachheit direkt nach dem Krieg eben schnell, billig und einfach gebaut werden mussten. Eben nicht, weil mans damals so irre toll und ästhetisch fand, sondern Wohnraum in unendlichen Massen brauchte, was aber dem ganzen auch etwas Provisorisches gegeben hat, solange bis man aus dem gröbsten raus ist. Nur hat man diesen Absprung irgendwie nie geschafft. Beim Hansaviertel kam noch etwas für die Nachkriegsdeutschen extrem wichtiges hinzu: man baute INTERNATIONAL! Das war unverfänglich. Gerne soll man Gebäude aus diesen historischen Gründen schützen. Ganz klar - die Nachwirkungen des Krieges (vor allem in den Köpfen) völlig aus den Stadtbildern zu verbannen ist übertrieben. Nur mit dieser Heuchelei und dem Schönmachen der hässlichen Entlein muss doch mal Schluss sein, falls man noch ein Fünkchen Interesse am Willen und der Meinung der Bürger hat und sich nicht völlig der Lächerlichkeit preisgeben will.