Leipzig: Wilhelm-Leuschner-Platz + Areal an der Nonnenmühlgasse

  • [...]Eine Stadtlandschaft und Stadtgesellschaft lebt ja vor allem auch durch die Brüche.

    [...]

    Das ist eine Behauptung, die ich bestreiten würde und durch periodische Wiederholung auch nicht wahr wird.


    Ich für meinen Teil habe in all den Planungen und Entwürfen zum Leuschnerplatz noch nicht irgendetwas gesehen, was mir positiv in Erinnerung geblieben wäre. Bzw. nichts was erkennen lässt, dass es hier um die Entwicklung eines durchaus geschichtsträchtigen, zentralen Platz geht und nicht um ein reines Neubaugebiet am Stadtrand. Dabei mag ich mich auch nicht unbedingt mit Erklärungen zu Nutzungs- oder planungsrechtlich Zwängen abspeisen lassen. Das ist ja die Kernaufgabe von Architekten und Planern, daraus trotzdem einen eleganten Entwurf zu entwickeln.


    Dabei gefällt mir die Probsteikirche als Bauwerk bspw. recht gut. Bis auf die Platzfront selbst. Die ist leider die große Schwachstelle.

  • ^Gute Architektur sollte immer Ausdruck und Sinnbild der Zeit sein, in der sie entsteht. Wir können uns sicher darauf einigen, dass Zeitgeschichte zwar hin und wieder Redundanzen aufweist, aber keinesfalls gleichförmig ist oder stillsteht. Geschichte ist voller Brüche und Verwerfungen. Ob Politik, Religion, Gesellschaft, Krieg und Frieden. Alles um uns Menschen herum ist im Fluss und ändert sich stetig. Und solange das so ist, ändern sich auch die Menschen und mit ihnen Moden, Ansprüche, Geschmäcker und Anforderungen an Architektur.


    Das Leben verursacht Brüche, die sich im Stadtbild wiederfinden. In meinen Augen gibt es kaum spannendere Beschäftigungen auf einem Stadtspaziergang, als diese Brüche zu beobachten und die Geschichte eines Ortes auf diese Weise nachzuempfinden. Wer schon einmal vor einer alten und über die Jahrhunderte gewachsenen Kirche stand und bewundernd die verschiedenen Zeitstile abgelesen hat, wird das sicher genauso nachempfinden können, wie jene, die durch die Straßen Londons, Roms oder Kölns gehen und damit zwischen den Jahrhunderten bzw. Jahrtausenden umherschauen. Wenn sich Mittelalter, Antike und Moderne gleichwertig zu einem geschichtsschwangeren Mix verbinden, dann wird die Stadtlandschaft und die Gesellschaft, die dort über so viele Jahre gelebt hat, erst richtig lebendig. Nichts davon würden wir spüren, wenn wir keinen Stein verändern oder aber wenn wir alles überbauen würden.


    Der Fehler in der Debatte zuvor war übrigens nicht, dass alle eine Meinung haben. Das gehört hoffentlich zur Grundausstattung aller Menschen. Falsch ist aber, die Meinung anderer geringschätzig zu diskreditieren, nur weil sie nicht der eigenen Auffassung entspricht. Preisrichter und Jurys sind nicht korrupt oder abgehoben, weil einem die Siegerentwürfe nicht gefallen. Architekten sind nicht gierig oder faul, weil die Entwürfe nicht dem eigenen Geschmack entsprechen und Bauherren sind nicht geizig, weil die Formensprache reduziert ist oder der Zweckbau im Mittelpunkt steht. Auch Kritiker sind nicht dumm, nur weil die ausführliche und detaillierte Architekturkritik fehlt.


    Diskurs gehörte bisher zum Bauschaffen in jeder Epoche dazu. Noch nie war es so leicht daran teilzuhaben wie heutzutage. Wir sollten die Möglichkeit der Meinungsäußerung aber nicht mit Mitbestimmungsrechten verwechseln. Geprägt haben die Architekturgeschichte schon immer die Entscheider, vor allem die Bauherren. Unsere Epoche wird geprägt von jenen, die Bauaufträge haben und die Bauten finanzieren. Wer das Geld freigibt, entscheidet in der Regel, was damit passiert. Formensprache, Nutzung und Aufwand werden dort entschieden. Ob ambitioniert oder konservativ, das liegt am Bauherren und der intendierten Aussage. In einigen Jahrzehnten oder Jahrhunderten wird ein Spaziergänger darin einen Ausdruck unserer Gesellschaft entdecken Und weil unsere Lebenswirklichkeit eine andere als jene der Gründerzeit, der Renaissance, der Vorkriegsmoderne, des Sozialismus oder des Mittelalters ist, wird man den Bruch sehen und eine lebendige Stadt im Wandel der Zeitalter erkennen.

  • Ja, es ist immer wieder interessant bei Stadtrundgängen architektonische Brüche zu entdecken, allerdings ist es noch interessanter und erfreulicher wenn die Architektur in ihrem Bruch mit vorangegangenen Epochen dennoch eine Stimmigkeit mit Selbigen aufruft und sich nicht des Bruchs und des architektonischen Lifestyles willen in den Vordergrund spielen möchte.

    Der Wilhelm-Leuschner-Platz wäre eine städtebauliche Aufgabe, innenstadtnahe Stadtreparatur mit Einfühlungsvermögen in die Bedürfnisse und Erfordernisse der Jetztzeit und der Zukunft zu ermöglichen...Wäre...

    Allein das Leibnitz-Institut für Länderkunde zeigt immer noch das was heute moderne und aufwändige Architektur ausmacht, reicht nicht für die Bedürfnisse der Gegenwart und Zukunft aus.

    Es gibt zwar ein Zwischengeschoss für Fahrräder allerdings auch noch eine recht umfangreiche Tiefgarage für Autos.

    Ein einzelner Baum scheint zukünftig sein einsames Dasein im Gebäude fristen zu müssen um seine "ökologische Einstellung" zu betonen, während flächige Dach-und Fassadenbegrünungen fehlen!

    Weshalb man diese Schießschartenfassade unbedingt zur Betonung der Ecke Windmühlenstr./Brüderstraße benötigt, erklärt sich mit ebenso nicht.

    Um die Bibliothek vor übermäßiger Lichteinstrahlung zu schützen gäbe es sicher unzählige elegantere Lösungen für einen einfallsreichen Architekten.

    Der Auftakt mit diesem Gebäude versinnbildlicht wieviel altmodische Herangehensweisen bei vielen Architekten noch verinnerlicht sind!

  • Der Auftakt mit diesem Gebäude versinnbildlicht wieviel altmodische Herangehensweisen bei vielen Architekten noch verinnerlicht sind!

    Ich fürchte diesen nicht unberechtigten Vorwurf muss man dem Bauherren machen. Vielen der Argumente kann ich nur zustimmen: ein Bauen ohne Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten dürfte es längst nicht mehr geben. Nun weiß ich nicht, ob das Gebäude ansonsten über Mindestanforderungen bzgl. Ressourcenverbrauch hinausgeht und auch das Schaffen von Stellplätzen ist vermutlich schon aus Gründen der Barrierefreiheit geboten, jedoch sollten bei jedem öffentlichen Bauprojekt Dinge Radverkehr oder auch bspw. Kühlung der Umgebung mitgedacht werden.


    Bzgl. des Themas Kontraste in der Stadlandschaft ist es vielleicht besser zu formulieren, dass diese nicht vor allem aber eben auch von Brüchen lebt. Auch hierfür gibt es in Leipzig zahlreiche Beispiele. So stimmig der Augustusplatz der Vorkriegszeit vielleicht gewesen sein mag (auch hier gab es mit den beiden Hochhäusern ja bereits Brüche), so ungern wollen wir doch heute auf Gebäude wie das Gewandhaus verzichten. Und der lange Streit um das Paulinum hat am Ende den Platz bereichert. Auch wenn heute Menschen sehr gerne in Gründerzeitvierteln leben, wir uns an prächtigen Gebäuden wie der Albertina erfreuen (wie verschwenderisch man doch seinerzeit mit Material und Raum umgegangen ist und Unmengen von Sandstein aus der Landschaft gebrochen hat) und Fassasden mit verschiedenem Schmuck gefällig wirken, so wäre doch eine homogene Stadt am Ende auch irgendwie langweilig und eben auch nicht zeitgemäß.

  • Gute Architektur sollte immer Ausdruck und Sinnbild der Zeit sein, in der sie entsteht.

    Sagt wer? Die verkopft-akademische Architektenschaft?


    Die Braubachstraße 27 in Frankfurt sagt hallo: oo97Nix.jpg

    © Eckert Negwer Suselbeek Architekten / DomRömer GmbH


    Es gibt natürlich auch gute zeitgenössische Architektur. Gar keine Frage. In den kriegsgebeutelten Städten Deutschlands muss man allerdings erst einmal wieder einen gewissen Bestand an objektiv schönen, sprich historisierenden Gebäuden herstellen, bevor man städtebaulich extrem relevante Orte mit Hässlichkeit zumüllt, die in 30-40 Jahren abgerissen werden müssen und demnach null nachhaltig sind, nur weil die Architektenschaft sklavisch einem selbsterfunden Zeitgeist folgt, der für 99% der Menschen vollkommen irrelevant und uninteressant ist.


    Ich brauche keine Brüche und Bausünden in meiner Stadt.

  • ^

    Was soll der anstrengend konfrontative Unterton? Ich hab’s geschrieben, haben sie doch gelesen. Entschuldigen sie bitte, dass ich mich erdreiste eine Meinung zu haben, die nicht dieselbe ist, die sie für sich als universale Wahrheit betrachten.


    Ich sage dem Neubau auch hallo. Handwerklich gut ausgeführt. Wo ist der Punkt? Frankfurt hat sich für knapp 345 Mio EUR einen Mix aus Rekonstruktion und Neubau für sehr teure Wohn- und Geschäftsräume als ergänzende Innenstadt geleistet. Kann man toll finden, ist aber nicht das erste Projekt, was mir einfallen würde, wenn ich nach einer Belegstelle für verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern suchen würde. Aber Hauptsache der eigene Geschmack wurde getroffen, nicht wahr? Dann kann man darüber schon mal hinwegsehen … ;)


    Und eine Bitte: Nicht die Mär von „Meiner Stadt“ und 99% aufmachen. Beides ist objektiv falsch und genauso unrichtig wie die Annahme, dass nur historisierende Architektur objektiv schön wäre. Schönheit kennt keine Objektivität und hängt von vielen Dingen ab, in erster Linie vom Auge des Betrachters. Meins schaut da anders als Ihres. Das ist auch völlig okay, solange man vor dieser Tatsache nicht die Augen verschließt. Manchmal habe ich hier aber das Gefühl, dass der Wille fehlt, andere Blickwinkel zu betrachten.


    PS: Was vllt. fehlt ist das Verständnis zum Begriff Zeitgeist. Damit ist nicht gemeint, dass alles historische schlecht wäre. Zeitgeist sagt einfach nur, wie wir als Gesellschaft „ticken“, auch in künstlerischer Hinsicht. Das schließt historisierende Anlehnungen nicht aus, kann aber auch sehr modern werden. Eben das, was der bauliche Kontext aktuell erfordert. Darauf kommt es in der Bewertung guter Architektur an, nicht auf Geschmack, Vorlieben und individuelle Schönheitsbegriffe.

  • aedificator: Eine homogene Stadt finde ich ebenfalls langweilig , so DDR-Plattenbaustädte wie Halle-Neustadt kommen diesem Zustand wohl am Nächsten.

    Allerdings ist zu beobachten, und das scheint sich auch am Wilhelm-Leuschner-Platz anzubahnen, dass man in der zeitgenössischen Architektur häufig auf die selben Architekturmoden in Variationen zurückgreift und diese Gebäude ziemlich beliebig und uninspiriert wirken.

    Also auch nur irgendwie monoton.

    So geht es mir auch mit dem Institut für Länderkunde dessen Formensprache mich langweilt weil ich sie in Abwandlung schon ziemlich oft in vielen Orten in Deutschland gesehen habe: Klotziger Kopfbau der klare Eckkante zeigt ,Schießschartenfenstern in unregelmäßiger Anordnung wechseln sich mit einigen wenigen Übergroßen Fensterfronten ab.

    Das ist langweilig weil austauschbar und nichts macht äußerlich wirklich erkenntlich was für ein Institut dort für lange Zeit(!) seinen Sitz dort haben soll.

    Letztlich wird wohl ein Logo und Schriftzug diese Funktion übernehmen, genauso gut kann auch H&M,C&A, usw an so einem Gebäude stehen.

    An solch einem Standort und bei einem derartigen Institut erwarte ich kreativere Architektur die nicht nur trendbezogene Geschäftshausarchitektur adaptiert,

    Dass ich mir in so einem "Neubaugebiet" mehr Anpassungen an zukünftige Klima-Herausforderungen wünsche, hatte ich ja schon erwähnt.

    Wenn also den Bauherren nicht anderes einfällt für viel Geld derart belanglose Entwürfe umzusetzen, dann kann man stattdessen die Fensterarmen Fassadenteile auch gleich mit vertikalen Gärten gestalten.

    Das ist besser für das Klima und wirkt weitaus angenehmer!

  • Frankfurt hat sich für knapp 345 Mio EUR einen Mix aus Rekonstruktion und Neubau für sehr teure Wohn- und Geschäftsräume als ergänzende Innenstadt geleistet. Kann man toll finden, ist aber nicht das erste Projekt, was mir einfallen würde, wenn ich nach einer Belegstelle für verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern suchen würde.

    Der implizite Vorwurf der Steuergeldverschwendung als letztes Rückzugsgefecht steht auf tönernen Füßen. Für eine Neubebauung von tausenden Quadratmetern mit dutzenden Gebäuden wäre das keine große Summe, zumal dem wie bei ähnlichen Investitionen natürlich auch erhebliche Werte im neuen Immobilienbestand, durch Mieteinnahmen und die Aufwertung von Quartier und Stadt gegenüberstehen. Mal ganz abgesehen davon, dass die genannte Summe erst mal belegt und den einzelnen Kostenblöcken zugeordnet werden müsste. 345 Millionen Euro finde ich im Netz nur bei der linken Fundamentalopposition des ganzen Projekts. Ist aber letztlich egal, ebenso wie die Frage, wie viel davon denn durch eine ausschließlich moderne Bebauung eingespart worden wäre.


    Die Freude über die neue Frankfurter Altstadt als Aushängeschild gelungenen Städtebaus und permanenten Stachel im Fleisch der modernistischen Architektenschaft kannst Du damit jedenfalls nicht mal ansatzweise erschüttern.

  • ^
    Enttäuschend. Wer schon bei Kriegsmetaphern und hämischer Schadenfreude angelangt ist, hat den Pfad des Diskurses ja schon verlassen. Merkt man daran, dass absichtlich falsch interpretiert wird. Für die Frankfurter Innenstadt gab es eine Bauidee, die wurde handwerklich gut umgesetzt. Ich bin da emotionslos. Wenn die Bauaufgabe anstelle einer Stadtreparatur (bzw. das Herstellen eines vergangenen Zustandes mittels historischer Anlehnung) das Kreieren eines völligen neuen Stadtraumes gewesen wäre, würde ich für mich persönlich auch kritisch und ergebnisoffen bewerten, ob das Ziel erreicht worden wäre. Die Frage ist ja immer: Trifft die Architektur den Zweck und nicht: Demütigt das Ergebnis alle Andersdenkenden!


    Und, um zum Thema zurückzufinden, der Zweck ist am Leuschner-Platz ein anderer. Hier soll nicht rekonstruiert, sondern neu geplant werden.


    ^^

    Stadt Warschau
    Der Neubau fürs Leibnitz-Institut erfüllt sicher den Zweck, wirklich aufregend, wenn er es denn so sein soll, ist er tatsächlich nicht. Mir hatte persönlich damals der dritte Preis etwas besser gefallen: kantiger, dynamischer und mit einigen interessanten Sichtachsen denkbar. Ökologisches Bauen sieht aber in allen Fällen anders aus. Da kann man nur hoffen, dass sich für den MarkthallenBauplatz Lösungen durchsetzen. Impulse werden da ja inzwischen prominent gesetzt.


    Vorteil des Leuschner-Platzes in Punkto Heterogenität: Die Bauherren und Bauaufgaben sind sehr unterschiedlich und die Stadt gibt (nicht bewusst, aber im Ergebnis dann hilfreich) kein klares Gestaltungskonzept vor.

  • Und, um zum Thema zurückzufinden, der Zweck ist am Leuschner-Platz ein anderer. Hier soll nicht rekonstruiert, sondern neu geplant werden.

    Was aber kein unumstößliches Naturgesetz, sondern nur ein von ein subjektives Wunschszenario ist. Es können jederzeit andere Ziele definiert werden. Und selbstverständlich lassen sich Neuplanungen und Rekonstruktionen von Stadtgrundrissen oder Einzelgebäuden problemlos vereinen.


    P.S.: Verlässt den Diskurs nicht eigentlich derjenige, der Personen nur deshalb das Verlassen des Diskurses vorwirft, weil diese andere Ansichten haben?

  • Der dritte Platz mit seiner Schiffsbugform hat tatsächlich etwas Interessantes für sich, assoziiert über die Formensprache zumindest Gedanken an das Thema Reisen, also auch passend zur Thematik Länderkunde.

    Ob das Fehlen eines klaren Gestaltungskonzepts ein Vorteil ist...(?) naja man wird sehen wie sehr sich die Bauherren mit der Gestaltung ihrer Gebäude beschäftigen...:/

  • Ich bin immer wieder angetan von den vielen hier im Leipzig-Forum vorgestellten Neubauprojekten, da können sich andere Städte durchaus eine dicke Scheibe von abschneiden. Firmensitze wie der der Künne-Immobilien-Gruppe, das neue SAB-Hauptgebäude, die Niemeyer-Späre das sind alles unglaublich ansprechende, anspruchsvolle, gestaltungswillige Beispiele modernen Bauens, die ich in anderen Städten schmerzlich vermisse. Und selbst im "drögen" Geschosswohnungsbau scheint der Gestaltungsanspruch in Leipzig in Summe höher zu sein, als in Städten vergleichbarer Größe. Hier vermute ich den wohltuenden Einfluss des hochwertigen Bestandes, hinter den man nicht allzu weit zurück kann.


    Umso mehr verwundert es mich, dass man jetzt am Wilhelm-Leuschner-Platz nicht mit eben diesem Gestaltungswillen zu Werke geht. Dabei sind die Vorraussetzungen ideal, das Gebiet wird aus allen Richtungen von unterschiedlichen, in Summe durchweg ansprechenden Bauwerken inspriert und könnte in Bezug auf Formensprache, Kubaturen, Materialität etc. aus den Vollen schöpfen. Dass es dann - wie beim Neubau des IfL - trotzdem nur für nackte glatte Betonfassaden reicht, verwundert mich als Außenstehenden. Ich wünschte, die Leipziger hätten hier mehr Mut. Es muss doch möglich sein, mit den heutige Mitteln - auch ohne Rekonstruktionen - lebenswerte innerstädtische Platzanlagen gestalten zu können. Ich würde mich freuen, wenn Leipzig diesen Beweis im deutschsprachigen Raum erbringen könnte.

  • "In den kriegsgebeutelten Städten Deutschlands muss man allerdings erst einmal wieder einen gewissen Bestand an objektiv schönen, sprich historisierenden Gebäuden herstellen, bevor man städtebaulich extrem relevante Orte mit Hässlichkeit zumüllt, die in 30-40 Jahren abgerissen werden müssen und demnach null nachhaltig sind, nur weil die Architektenschaft sklavisch einem selbsterfunden Zeitgeist folgt, der für 99% der Menschen vollkommen irrelevant und uninteressant ist."

    "Objektiv schön" ist ein Oxymoron und in jedem Fall nicht zwangsläufig verbunden mit "historisierend". Schönheit liegt im Auge der Betrachtenden und das ist auch gut so und es ist vermutlich eben gerade deshalb praktisch nicht möglich, jeden Geschmack zu treffen. Architketur folgt auch nicht sklavisch einem Zeitgeist, es gibt und gab jedoch in allen Zeiten architektonische Trends.


    Ganz grundsätzlich (und dies ist eine Wiederholung): Deine Meinung ist legitim, die Art und Weise, wie Du sie vorbringst passt nicht.

  • Das ist eine Behauptung, die ich bestreiten würde und durch periodische Wiederholung auch nicht wahr wird.


    Ich für meinen Teil habe in all den Planungen und Entwürfen zum Leuschnerplatz noch nicht irgendetwas gesehen, was mir positiv in Erinnerung geblieben wäre. Bzw. nichts was erkennen lässt, dass es hier um die Entwicklung eines durchaus geschichtsträchtigen, zentralen Platz geht und nicht um ein reines Neubaugebiet am Stadtrand. Dabei mag ich mich auch nicht unbedingt mit Erklärungen zu Nutzungs- oder planungsrechtlich Zwängen abspeisen lassen. Das ist ja die Kernaufgabe von Architekten und Planern, daraus trotzdem einen eleganten Entwurf zu entwickeln.


    Dabei gefällt mir die Probsteikirche als Bauwerk bspw. recht gut. Bis auf die Platzfront selbst. Die ist leider die große Schwachstelle.

    Aber die Behauptung wird auch nicht falsch.


    Wie dem auch sei. Man sollte auch bedenken, dass die früheren Entwürfe alle nicht verwirklicht wurden bzw. alle jetzigen neueren Datums sind. Oder erst noch durch die genannten Büros kommen. Was ich in Bezug auf die Zeit und höherer Qualität weiter oben meinte. Deswegen ist es sicher auch nicht sinnvoll, nun den IfL Entwurf als das große Manko oder kompletten Bezugspunkt der neuen Gestaltung zu benennen. Ein Gesamtkontext konnte bisher nicht dargestellt werden. Außerdem bleibt es immer noch nur eine kleine Spitze am Rand des Platzes. Das monolithische Konzept könnte bei kompletter Bebauung auch ganz anders wirken als gegenwärtig.



    Generell kann ich einem historisierenden Entwurf ohne Bezug auf die zerstört Bebauung keinerlei Rechtfertigung abgewinnen. Wäre auch die Frage, welcher Bezug es mit einer veränderten Anordnung und Platzgestaltung im Gegensatz zum früheren Markthallenviertel dann auch sein sollte. Dann wird es schon wieder arbiträr.

  • Eine Stadtlandschaft und Stadtgesellschaft lebt ja vor allem auch durch die Brüche. [...] Es gibt keinerlei Grundkonsens [...].

    Es ist bei Weitem ein Unterschied, ob Brüche Geschichte erzählen, weil sie durch Unwägbarkeiten entstanden sind (wie z.B. Zerstörung, Ideologie, Unfälle, etc.) oder ob sie als Planungsmaxime künstlich hergestellt werden. Selbst bei Ersterem ist es ggf. legitim, sie zu hinterfragen; bei Zweiterem kann ich allerdings nur eine persönliche Meinung erkennen, die genauso zeitgenössisch ist, wie der Wunsch nach Harmonie und Reparatur, den allerdings nachweislich die Mehrheit der Bevölkerung dem künstlichen Bruch vorzieht.


    Architektur als Baukunst ist nicht nur, wie andere Künste, individueller Ausdruck des Künstlers oder Abbildung des gewünschten Motivs des Auftraggebers, sondern Teil des öffentlichen Raumes und unterliegt somit der Mitbestimmung der Öffentlichkeit. Deswegen gibt es ja auch Bürgerbeteiligungen, Bauausschüsse und Gremien zur gestalterischen Beratung. Man kann es nämlich in der Architektur tatsächlich der Mehrheit recht machen, was die angeblich so absolut im Auge des Betrachters liegende Schönheit angeht.


    Ergo: den abgestrittenen Grundkonsens gibt es in Form einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung, jedenfalls im Bezug auf harmonische Einfügung in die Umgebung. Das ist übrigens auch (wenngleich stark interpretierbar) Rechtslage. Und aus dem häufigen Ignorieren des Wunsches dieser Mehrheit einen Trend abzuleiten, dem als Selbstzweck zu folgen sei, finde ich ehrlich gesagt wenig einleuchtend. Denn damit würde die Ansicht einer Minderheit als gebaute Geschichte abgebildet, was aus meiner Sicht erst recht keinen sichtbaren Dialog darstellt, sondern allenfalls einen Monolog.


    Dass eine gebaute Umgebung ohne Brüche auch ökonomisch und ideell einen großen Wert darstellt, zeigt die hohe Akzeptanz der bekannten Projekte, die sich an die weitestgehende Vermeidung von Brüchen gehalten haben, aber das hatte ich ja woanders schon ausgeführt.

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    dem Grunde nach richtig und folgerichtig hergeleitet. Doch hinterfage mal die Geschichte der letzten (vielen) Jahre: Wie wären die bis dato bekannten und beliebten Touristenmagnete entstanden, hätte man genau dem Harmoniebedürfnis Folge geleistet. Kein Eiffelturm, kein Centre Pompidou, kein Guggenheim Bilbao keine Opera Sydney usw usw... Architektur muss in erster Linie in sich stimmig sein. Außerdem gehört eine bewusste und keine ignorierende Einordnung in das jeweilige städtebauliche Umfeld dazu.

  • Zwischen Dimitroffstraße und Nonnenmühlgasse wird zum Glück endlich die Parkplatzfläche wieder gepflastert ;)

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    Wo ich da gerade die Polizeidirektion im Hintergrund sehe,...


    Es gab im August 2018 in der Leipziger Volkszeitung mal einen Bericht über dieses Gebäude. Darin wurde geschrieben, dass der Bau saniert, und die Kuppel am Haupteingang rekonstruiert werden.


    Auf obigem Bild sieht man davon keine Spur. Hat hier jemand genauere Informationen zu dem Thema? Sind Sanierung und Kuppel inzwischen vom Tisch? Oder erfolgen diese Maßnahmen einfach später? Google half mir bei den Fragen leider nicht weiter.