Baugeschehen: Zentrum

  • Ohhh... das ist leider wirklich in die Hose gegangen... Sehr, sehr schade. Gerade an dieser städtebaulich wichtigen Ecke mit dem Schocken als Nachbar muss hochwertiger gebaut werden! Die Visualisierung hat meiner Meinung nach viel mehr versprochen - neben dem höheren Glasanteil (die Fenster wirken in der Visualisierung viel größer, was den Bau besser gliedert) ist natürlich das Fassaden-Materiel eine Katastrophe. Hier hatte ich bis zuletzt auf eine Steinfassade gehofft. Wirklich eine vertane Chance für diesen wichtigen Baustein der Innenstadt-Bebauung. Jetzt kann man nur hoffen, dass bald Bäume entlang der Bahnhofsstraße gepflanzt werden und das ganze Dilemma verstecken....


    Herausreißen könnte man das ganze aus meiner Sicht noch, wenn man die Fassade nun einfach als Leinwand für ein großes Mural nutzt. Spontan denke ich da an sowas hier: https://archinect.com/news/art…e-great-wave-off-kanagawa


    Die entscheidenden Personen sind entweder nicht Willens oder Sie interessiert eine positive Stadtentwicklung vob Chemnitz nicht. Die Stadt bräuchte in meinen Augen die Kulturhaupstadt 2025 überhaupt nicht wenn man eine kleinteilige ansprechende Innenstadtbebauung erfolgreich verfolgt hätte. Eine Entwicklung wie in Frankfurt um das Rathaus oder wie in Dresden um die Frauenkirche würde mehr Aufenthaltsqualität für Besucher und Bewohner schaffen. Leider genießt Chemnitz keinerlei Stellenwert. Das sieht man beim Quartier um den Behördenbau am Karl-Marx Kopf.

    In Dresden ist ein Super8-Hotel in bester Elb-Lage entstanden, das gestalterisch deutlich unter dem nun gebauten Hotel in Chemnitz liegt und zudem noch die gesamte städtebauliche Situation vor Ort negiert. Und das in einer Stadt, in der sich Investitionen in neue Hotels durchaus lohnen. Ich gehe davon aus, dass die entscheidenen Personen in Verwaltung und Stadtpolitik in Chemnitz hier einen äußerst positiven Einfluss auf den Bau genommen haben, wenn ich die beiden Gebäude sowie die Rahmenbedingungen vergleiche. Für diese innenstädtische Lage natürlich trotzdem nicht angemessen. Ich würde hier aber gern den Investoren vors Loch schieben, den die Stadtentwicklung der Stadt Chemnitz höchstwahrscheinlich wirklich nur marginal interessiert.


    Was eine dicht (und neu) bebaute Innenstadt á la Dresden oder Frankfurt mit der Kulturhauptstadt zu tun hat, kann ich nicht nachvollziehen. Das ist ein Scheinargument und hat mit dem ziel der KuHa überhaupt nichts zu tun. Eine Stadt wird nicht wegen ihrer Innenstadt Kulturhauptstadt, sondern aufgrund des künstlerischen und kreativen Potentials sowie seiner Relevanz für Europa. Und der von dir vermisste Stellenwert der Stadt innerhalb des Freistaates (dabei stimme ich dir vollständig zu) wird sich gerade durch die Ausrichtung der Kulturhauptstadt in den nächsten Jahren deutlich zu unseren Gunsten verschieben.

  • Mal wieder ein Grund, warum ich mittlerweile fast gar kein Interesse mehr an Berichten über Neubauten habe. Die sind mit ganz wenigen Ausnahmen in der Regel so belanglos und häßlich wie dieses Hotel, während jede Sanierung eines x-beliebigen Gründerzeitbaus die Stadtansicht wiederbelebt und bereichert. Wenn man sich im Leipziger Forum umschaut, ist es dort das gleiche Trauerspiel.

  • Tut mir den gefallen und schreibt dem Dezernat 6 und den Stadtratsfraktionen eine EMail. Ich hab es gemacht. Das darf man doch so nicht durchgehen lassen.

  • Naja, ich finde den Bau jetzt nicht so schlecht. Da gab es glaub ich schon Schlimmeres.


    Man hätte sich aber natürlich viel mehr Gedanken über einen vernünftigen Übergang der Dachgeschosse vom Schocken zum Neubau machen können. Oder anders gesagt hätte doch darin gerade viel "architektonisches bzw. gestalterisches Potential" drin gesteckt (Beispiel). So hat man das leider völlig ignoriert :(


    Ansonsten finde ich den Anschluss der restlichen Etagen ans Schocken gelungen. Derartige Architektur ist aber heutzutage - egal ob Berlin, Frankfurt oder Leipzig - recht häufig vorzufinden, da ist Chemnitz keine Ausnahme.


    Eine zusätzliche Fassadengestaltung mittels "Gemälde" wäre vielleicht auch nicht schlecht.


    Zur Erinnerung auch nochmal wie es Jahrzehnte vorher aussah:


    1948: Die Handelsorganisation – kurz HO – führt das Schocken weiter. Später wird die Einrichtung in Centrum-Warenhaus umbenannt und heißt bis zur Wende so.

    Bild aus der Freien Presse

  • Um dem ganzen noch eins drauf zu setzen, möchte ich sagen, dass mir dieses Gebäude - bis auf den Dachübergang - bisher eigentlich ganz gut gefällt und bin überrascht, dass es doch so schlechte Kritik bekommt, zumal es ja nun auch noch nicht fertiggestellt ist :)


    In Wirklichkeit kommt es -glaube ich- auch anders/besser rüber als auf den Fotos. Die Fassade hat einen leichten Beige-Farbton und somit einen warmen Hauch - und erinnert mich ein bisschen an moderne "Kaffeehausatmosphäre", sowas wäre vielleicht was fürs Erdgeschoss?


    Einfach ein normaler Neubau, der sich eher unaufgeregt in seine Umgebung einfügt. Aber nicht völlig anspruchslos gestaltet ist. Wenn jeder Neubau in der City wie der "große Wurf" aussehen soll, dann sieht die Stadt aus wie Las Vegas, aber kein Haus passt zum anderen. Es gibt auch wirklich hässlichere und schlichtere Gebäude in der City, die solche Kritik eher verdienen würden.


    Da finde ich die Krawallarchitektur wie beim Eins-Neubau schon gewöhnungsbedürftiger..

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  • Tut mir den gefallen und schreibt dem Dezernat 6 und den Stadtratsfraktionen eine EMail. Ich hab es gemacht. Das darf man doch so nicht durchgehen lassen.

    was genau erwartest Du Dir? Das Ding ist fertig und da wird sicher auch nichts mehr geändert. Sooo schlimm ist es ja nun auch wieder nicht, abgesehen vom Wellblech am Dach.

  • bildschirmfoto2020-11d7jcd.png

    Die Fassade laut Visualisierung fand ich eigentlich ganz schick - das strenge Raster setzt sich gut vom Schocken und der Eins-Zentrale mit seinen Fensterbändern ab. Leider hat man sich in der Ausführung dann gegen die bodentiefen Fenster entschieden, wodurch das strenge Raster vollkommen aufgelöst wurde und die für den Gesamteindruck zu breiten Putzflächen entstanden. Verstärkt wird der Eindruck durch das Weglassen einer Fensterachse in Richtung Eins-Zentrale. Auf der Visualisierung sind 10 Achsen zu sehen, entstanden sind aber nur 9. Dadurch geht die Ecksituation vollkommen flöten und es entsteht eine unelegant breite Fläche, die mich persönlich an Plattenbauten erinnert. Auch hat man sich leider gegen die schmalen Blindfenster jeweils rechts bzw. links der Fenster entschieden, wodurch die Faschen nun leider viel zu breit sind und eine weitere Ebene verloren geht und die Fassade weniger Tiefe aufweist. Aus meiner Sicht sind das grobe Fehler, die wahrscheinlich nur minimal Einsparungen gebracht haben, den Charakter des Baus aber komplett ändern. Sehr schade.



    Edit: Hier noch ein Tag24-Artikel von heute: https://www.tag24.de/chemnitz/…-schocken-gerecht-1729793

    Offenbar sorgt der Bau auch in den sozialen Netzwerken für einige Entrüstung. Fay-Projects reden sich auf den Denkmalschutz raus, was ich dem Projektträger so nicht abnehme. Der Denkmalschutz wird kaum bodentiefe Fenster kürzen und Fenster-Achsen streichen. Hier sehe ich eindeutig wirtschaftliche Interessen des Bauträgers berührt. Ein Mitglied des Ausschusses für Stadtentwicklung (Grüne) beklagt zudem die mangelnde Transparenz seitens des Projektträgers. Offenbar ist dem Ausschuss nur die obige Visualisierung bekannt gewesen.

    Einmal editiert, zuletzt von arnold ()

  • Herausreißen könnte man das ganze aus meiner Sicht noch, wenn man die Fassade nun einfach als Leinwand für ein großes Mural nutzt. Spontan denke ich da an sowas hier: https://archinect.com/news/art…e-great-wave-off-kanagawa


    Ein kleiner "Gimmick" wäre vielleicht, wenn man dezent das vorherige Gebäude an Ort und Stelle und in identischen Maßen auf die neue Fassade malen/übertragen würde. Das könnte etwas über die (städtebaulichen) Veränderungen von Chemnitz in den letzten Jahren erzählen. ;)


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    Einmal editiert, zuletzt von waldkauz ()

  • Das Märchen vom Denkmalschutz will ich auch nicht so recht glauben. Es sollte halt billiger werden und da kommt so ein Schrott raus. Zumal gerade "Super 8"-Hotels nicht dafür bekannt sind, Zierden von Städten zu sein. Der Neubau in der Dresdner Antonstraße war genauso grauenhaft und gleichsam umstritten. https://dawo-dresden.de/2018/0…otel-an-der-antonstrasse/


    Irgendeinen Bezug zum Schocken kann ich außerdem überhaupt nicht erkennen. Es schließt in der Bauflucht an die Brandwand an, das wars aber auch schon.

  • Normalerweise sollte sich jetzt die Denkmalschutzbehörde äußern und erklären, ob sie tatsächlich für diese Fassade verantwortlich sind. Und wenn sie sich nicht äußert, sollte sie vom Stadtrat dazu gezwungen werden. So ganz ins Blaue hinein wird uns der Bauherr bestimmt nicht etwas vom Pferd erzählen.

  • Wie Neubauten auch aussehen können..


    Beispiele aus Dresden (gerade zufällig im Netz so gefunden)


    200430-HP-PTPS-ORDD-Perspektive_Q+M-790x320.jpg



    bpi6280-kurz_visualisierung_objektansicht_16x9.jpg



    4sr28vezxiu1908m8e6w0j71as3sffge.jpg



    Oder vielleicht mal in die Runde gefragt, welche Architektur würdet Ihr Euch anhand von Beispielfotos in der Chemnitzer City denn wünschen? Was hätte zum Beispiel am Schocken Euren Vorstellungen nach gut gepasst oder würde zum Beispiel am Getreidemarkt auch gut passen?

    5 Mal editiert, zuletzt von waldkauz ()

  • ^ Auch wenn die obigen Beispiele ganz gut sind, finde ich nicht, dass Dresden für Chemnitz als Beispiel dienen kann. Aktuelle Bauprojekte in DD sind zum Großteil eine Katastrophe und der Stadt überhaupt nicht angemessen - entweder komplett uninspiriert und langweilig oder Barock-Fassaden aus Styropor. Dafür das Dresden unsere Landeshauptstadt ist und natürlich auch einen gewissen Ruf als Kunst- und Kulturstadt genießt, fehlt mir hier zeitgemäße mutige Architektur, die sich am historischen Grundriss orientiert und der Stadt wieder eine dringend benötigte Dichte gibt. Generell würde ich da eher nach Leipzig blicken. Auch wenn die Einzelarchitektur nicht unbedingt immer der Knüller ist, dient es meistens dennoch der Reparatur des städtischen Gefüges.

    An sich hätte mir der Entwurf wie auf der Visualisierung wirklich gut gefallen - am Besten mit einer (Kunst-) Stein-Fassade. Die jetzt entstandene Fassade hätte sicher auch ihre Qualitäten, wäre sie beispielsweise in Klinker ausgeführt worden. Klinker ist typisch für Chemnitz und kann auch langweilige Fassaden ungemein aufwerten. Davon abgesehen hätte ich mir für die Ecke auch sehr gut etwas leicht „expressionistisches“ vorstellen können - wie beispielsweise beim Bernstein-Carré in Leipzig: zeitgemäß, trotzdem der Tradition verbunden - expressionistische Architektur gehört zu Chemnitz - und der Lage vor Ort angemessen. Hier der Link zum Bernstein-Carré: https://www.bernstein-carre.de/de-de/architektur

  • Da stimme ich Dir zu. So ein Bernstein-Carree hätte mit dem Schocken bestimmt ein besonderes, "avantgardistisches" Zusammenspiel ergeben. :) Was mir bei dem Bernstein-Carree gefällt sind z.B. die helle Fassade, die verspiegelten Scheiben und dabei wie vergoldet anmutenden Tür und Fensterrahmen..(soll aber bestimmt "Bernsteinoptik" darstellen, auch wenn je nach Licht auch wie Holz oder Messing aussieht?)

    Einmal editiert, zuletzt von waldkauz ()

  • Und wie soll sich das dann in Chemnitz rechnen? Man muss schon etwas realistisch bleiben, das Hauptanliegen eines Investors ist nun mal nicht Schönheit um jeden Preis, sondern eine vernünftige Rendite. Das ist in der Bundeshauptstadt Wien übrigens nicht anders.

  • Eine ordentliche Fassadengestaltung (Gliederung, Proportionen!) ist keine Frage des Preises. Beim Gesamtvolumen eines solchen Projektes sind das Peanuts.

    Einmal editiert, zuletzt von Saxonia ()

  • Na wenn Du meinst. Gerade bei der Fassade kann man viel Geld holen wenns sonst eng wird. Ich weiß das übrigens aus eigenen Großprojekten, die wir als Projektsteuerer betreuen.

  • Ich wollte mir heute mal persönlich einen Eindruck vor Ort machen und habe dementsprechend ein paar weitere Bilder gemacht:


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    Einmal editiert, zuletzt von piTTi ()

  • Und wie soll sich das dann in Chemnitz rechnen? Man muss schon etwas realistisch bleiben, das Hauptanliegen eines Investors ist nun mal nicht Schönheit um jeden Preis, sondern eine vernünftige Rendite. Das ist in der Bundeshauptstadt Wien übrigens nicht anders.

    Und wie soll sich in Chemitz je etwas rechnen, wenn wir durch langweile Neubauten und dem alleinigen Blick auf Rendite keine Aufenthaltsqualiät schaffen, die die Menschen in die Innenstadt zieht. Keine Stadt der Welt, die mit den höchsten Wolkenkratzern ausgenommen, zieht ihre Menschen durch Zweckbauten in ihren Bann. Es sind die Stile der Epochen, interessante Kontraste und Räume, die zum staunen einladen, die Touristen und Einheimische anziehen. Hier wäre die Gelegenheit gewesen auf Jahrzente einen neuen Baustein der Stadtarchitektur zu setzen.

    Mir graut vor der Realisierung der Johannisvorstadt. Das werden Luftnummern, im stillen Kämmerlein an der Bürgerschaft vorbei entwickelt. Das hätte sich kein Unternehmer des letzten Jahrhunderts getraut. Dort wollte man noch was darstellen. Ich könnte kotzen, wie oberflächlich man diese Chance vertut. Gerade im Hinblick auf den Gewinn der Kulturhauptstadtbewerbung.


    Und genau deshalb müssen diese Ämter mit unserem Unmut überhäuft werden. Nicht hier in irgendwelchen Foren, sondern am Telefon, durch Organisationen, Medien und direkte Ansprache. Doch keiner tut es. Nur drüber aufregen und sagen nützt doch nix. Nun ist es halt da.