Leipzig: Matthäi-Viertel (Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft)

  • Ich denke, wenn man dort ein wirkliches Hochhaus hinbauen würde, wäre das Hochhaus am Goerdelerring gestorben. Aufgrund der großen Anzahl an Akten, die unterzubringen sind, wird die Bebauung jedoch sicher nicht dreistöckig werden.

    Nur der erste Entwurf scheint zumindest ansatzweise die Treppe mit in den Entwurf einzubeziehen, was ich schade finde. Es soll ja eben nicht ein Anhängsel der Innenstadt werden, sondern diese endlich wieder fertigstellen.

  • Idee: Die Akten in ein der teuersten Bauformen zu stapeln, ist kostenseitig bekloppt. Warum nutzt man nicht die benachbarte Blechbüchse als Archiv? Deren obere Stockwerke sind nur Parkdeck, das ist leicht wandelbar. Die 100m lassen sich sicher gut überbrücken. Die Nationalbibliothek muss auch damit umgehen, dass die Archivräume immer mehr Abstand zueinander haben.

  • Für mich stellt sich gerade die Frage, ob es denn dort ein Archiv geben soll? Das steht so im Positionspapier (S. 8.) nicht drin. Ist ja auch die Frage, ob das Archiv denn nur oberirdisch realisiert werden muss. Wohl eher nicht. Ganz klar geht es um ein lebendiges Quartier mit einem Mehrwert für die Innenstadt. Ein Ort mit "gelebter Demokratie, Vielfalt und Teilhabe". Mit dem geplanten "Forum Recht und Demokratie" als ein Anker sowie weitere mögliche öffentliche Nutzungen.


    Die Entwürfe sind Arbeiten von Studenten. Die sollen sich austoben (was kaum gemacht wurde) und wird sicher kein Bestand auf die finale Planung haben. Eine kleinere Höhendominante, welche ungefähr das Höhenmaß der ehemaligen Matthäikirche hat, kann ich mir gut vorstellen. Auch in der Ergänzung zu den zwei noch bestehenden und vier (Thomas-, Nikolai-, Universitäts-, und Matthäikirche) ehemaligen Hauptkirchen der Innenstadt. Die Universitätskirche hat ja auch eine Neu-Interpretation erfahren. Warum auch nicht?



    Ich kann nur noch einmal (jedweder pol. Orientierung) den Blick auf die geplante Obama Library legen. Das ist eine sehr gute Integration verschiedener Nutzungsangebote welche mit den Bürger*innen quasi verschwimmt. Das sind hier sehr ähnlich Ansätze. Da kann man sich ruhig Ideen holen.

    Es ist nur die große Frage, ob es für unsere Generationen überhaupt etwas bringt, sich damit zu beschäftigen. Sollte da in 30 oder 40 Jahren mal gebaut werden, dann sind Ideen aus 2021 sowieso überholt. [...]


    Warum eigentlich kein Hochpunkt an der Stelle? Zu DDR-Zeiten hatte man städtebaulich wesentlich mehr Mut...!

    Und um den Standpunkt mit deinem Kommentar zu schließen 'LeipzigSO', sehe ich natürlich die Kritik und teile sie auch teilweise. Aber wir sind hier abermals in Leipzig an einem Punkt, wo man eben nicht den gegenwärtig gern gesehen "deutsche Weg" einer aufgetauten Kulissenarchitektur der Vor-Kriegszeit geht. Und das in der so sensiblen Innenstadt. Sondern ist man hier wieder auf der Suche nach einer gerechten Neu-Interpretation durch neue Nutzungskonzepte.


    Das kann wie bei den "Höfen am Brühl" absolut schief gehen. Aber wenn man Geld zur Verfügung hat und sich auf einen internationalen Wettbewerb einlässt, kann das ein großer Wurf werden. Was mit dem "Forum Recht und Demokratie" in Deutschland sicher auch neue Impulse braucht.

  • ^ Das Stasi-Archiv für Sachsen soll dort untergebracht werden. Ich denke, dass es im Punkt "Forum für Freiheit und Bürgerrechte" im Positionspapier enthalten sein soll. Von der Online-Aufzeichnung der Eröffnungsveranstaltung meine ich mich an "11 km Akten" zu erinnern.

  • 11 km AKten, das ist nichts sonderlich viel. Ich habe mal ein Krankenaktenarchiv digitalisiert (die Technik bereitgestellt), das waren vielleicht 20 km und vom Raum her überschaubar.

  • Die Entwürfe sind Arbeiten von Studenten. Die sollen sich austoben (was kaum gemacht wurde)

    Was sind das denn wieder für studentische Glanzleistungen?! Die Hoffnungslosigkeit, die ich empfinde, ist wirklich uferlos. Das sind funktional und gestalterisch mal wieder Nullnummern. Diese Leute sollten in absehbarerer Zeit keinen Abschluss erhalten und die Dozenten müssten ihre Posten räumen. Jeder, der ein bisschen zeichnen kann und sich seine Fantasie noch nicht völlig hat austreiben lassen, kann das besser.

    den gegenwärtig gern gesehen "deutsche Weg" einer aufgetauten Kulissenarchitektur der Vor-Kriegszeit

    Ich bitte um Erläuterung, was mit "deutscher Weg" gemeint ist. Als niedrigschwellige Einführung in das Thema wäre das Lesen des Wikipedia Artikels zum Thema "Rekonstruktion (Architektur)" empfehlenswert, am besten die englische Version. Dann reden wir weiter.


    Die Sehnsucht nach "Kulissenarchitektur" (früher sagte man dazu Fassade, aber so etwas gibt es ja kaum noch), kann ich im Übrigen sehr gut nachvollziehen angesichts der allermeisten anderen Neubauten oder "Entwürfen" wie oben zu sehen. Ich möchte keine einzige Reko missen.


    Wenn's nach mir ginge (geht es aber nicht), hätte ich am Matthäikirchhof gern so etwas wie die Waldspirale in Darmstadt. Auch mit Turm/Hochhaus. Aber nicht so massig, sondern kleinteilig wie das Matthäiviertel früher war, voller Kunst und Natur, lebensfroh und durchgestaltet.


    Ich hoffe sehr, es wird wirklich mal Ernst gemacht mit der Bürgerbeteiligung, auch bei der Fassadengestaltung. Dann kommen solche Monstrositäten wie oben abgebildet nämlich nicht durch.

  • ^ schön, dass du dich wenigstens hier austobst.


    Ich bitte um Erläuterung, was mit "deutscher Weg" gemeint ist. Als niedrigschwellige Einführung in das Thema wäre das Lesen des Wikipedia Artikels zum Thema "Rekonstruktion (Architektur)" empfehlenswert, am besten die englische Version. Dann reden wir weiter.

    Wir können auch gleich weiter reden. In welchem Zusammenhang erschließt sich der von mir genannte "gegenwärtige deutsche Weg" nicht? Wenn du deinen Wikipedia-Verweis aufmachst und dann genau jene Beispiele siehst, die ich kritisiere. Ist dir denn klar, was ich meine?



    Die Sehnsucht nach "Kulissenarchitektur" (früher sagte man dazu Fassade, aber so etwas gibt es ja kaum noch), kann ich im Übrigen sehr gut nachvollziehen angesichts der allermeisten anderen Neubauten oder "Entwürfen" wie oben zu sehen. Ich möchte keine einzige Reko missen.

    Dass du es Fassade nennst, ist ja genau mein Argument. Aber sagt dir Euphemismus etwas?


    Und was genau ist bei Studentenwettbewerben so schwer zu verstehen? Mein Architekturstudium bestand größtenteils aus realen Wettbewerben an denen man sich ausprobieren konnte. Vor allem eher interpretativ als durch eine reine Kopie eines realistischen Wettbewerbsszenarios. Dass hier ein paar Entwürfe irgendwo ausgestellt werden.... so what?

  • Beispiele siehst, die ich kritisiere

    Nein, ist mir nicht klar. Woher soll ich wissen, welche Beispiele du kritisierst? Nur die deutschen, während die Rekos in anderen Ländern ok sind? Wohl kaum.


    Mein stärkstes Argument ist ohnehin dieses: Häuser werden von Architekten gebaut, aber meistens nicht für Architekten. Und das scheint mir zu oft vergessen zu werden. Mich beeindruckt, dass viele Rekonstruktionsprojekte bürgerschaftlich angestoßen und begleitet wurden und ich bin erschrocken, mit wie viel bösem Blut dagegen Widerstand geleistet wird - von einer Minderheit, die sich mit ihren Vorstellungen von Architektur ohnehin schon bei 99% der Neubauten durchsetzt. Am Ende ist z. B. das Paradebeispiel, der Dresdner Neumarkt, ein Riesenerfolg, egal welches nachprüfbare Kriterium man anlegt. Das kann man doch auch mal anerkennen.

    Dass du es Fassade nennst, ist ja genau mein Argument.

    Auch hier wäre mir eine Erläuterung deinerseits lieber als eine Andeutung.


    Ich kann nicht nachvollziehen, wie man eine Fassade schlecht finden kann, weil der Stuck, Putz und Co, aus dem sie gemacht wurde, nicht 300 Jahre alt ist. Wäre es das alte Haus, aber neu verputzt und entsprechend neu aussehend, wäre es etwas völlig anderes? Das ist doch Unsinn. Eine tolle Fassade wird doch nicht schlechter, weil sie rekonstruiert wurde.

    Auch das Argument, dass der Baukörper z. B. nach modernen Kriterien geplant und gebaut wurde und die Fassade nicht dazu passt, finde ich Quatsch. In Dresden wird das ausgebrannte barocke Blockhaus innen modern ergänzt. Ist doch in Ordnung. Es hat eine schöne Fassade und im Inneren plant man dann eben nach heutigen Kriterien (ob die dann wirklich durchdacht sind, ist eine andere Frage).


    Ich finde es wirklich schade, dass sich die Fronten so verhärtet haben. Wenn ich aber sehe, wie leicht schlechte Entwürfe "durchflutschen" und wie erbittert auf der anderen Seite Rekonstruktionen von deren Gegnern bekämpft werden, sind meine Sympathien klar verteilt.


    Hier beim Matthäikirchhof sind Rekos wohl weniger sinnvoll, aber die Verantwortlichen sollten mal SELBSTKRITISCH darüber nachdenken, warum der Wunsch nach Rekos einfach nicht totzukriegen ist (Jüngere befürworten sie stärker als Ältere), anstatt immer nur darauf herumzuhacken. Die "Ideen" der Studierenden sind jedenfalls das stärkste Argument auf die Mühlen der Reko-Liebhaber. Ohne solcherart schlechte Entwürfe würde es den Dresdener Neumarkt, wie er heute steht, gar nicht geben.

    was genau ist bei Studentenwettbewerben so schwer zu verstehen?

    Ich verstehe durchaus den Sinn studentischer Wettbewerbe. Ich wundere mich nur, dass die Student/innen so wenig draufhaben und offenbar auch nicht aufbegehren gegen die alte Garde. Gerade bei Studierenden entfällt das dickste Scheinargument, das immer gebracht wird, nämlich dass man bei heutigen Baupreisen nicht mehr aufwändig durchgestalten könne.

  • Mein stärkstes Argument ist ohnehin dieses: Häuser werden von Architekten gebaut, aber meistens nicht für Architekten.


    Zumindest bei Großprojekten mit Architekturwettbewerb machen Architekten lediglich Vorschläge (in Konkurrenz zueinander). Entscheiden tun sie dabei nicht.

    Und sie designen im Auftrag anderer und unter Einhaltung diverser Kriterien.


    Am Ende ist z. B. das Paradebeispiel, der Dresdner Neumarkt, ein Riesenerfolg, egal welches nachprüfbare Kriterium man anlegt. Das kann man doch auch mal anerkennen.


    Welche nachprüfbaren Kriterien wären das denn? Ich persönlich finde er hat Disneylandcharakter. Was allerdings auch noch an fehlender Patina liegt, das mag sich noch ändern. Das ist aber eine persönliche Meinung: Darf gerne jeder anders sehen.


    Ich kann nicht nachvollziehen, wie man eine Fassade schlecht finden kann, weil der Stuck, Putz und Co, aus dem sie gemacht wurde, nicht 300 Jahre alt ist.


    Zumindest bei Fachwerkhausrekonstruktionen und meist auch bei rekonstruierten Dachlandschaften kann man die "Schiefwinkeligkeit" die durch altes Holz unter dem Druck der Baumasse entsteht nicht rekonstruieren. Mit der Folge, dass es nicht der Erwartungshaltung an ein altes Gebäude entspricht (was es ja auch nicht kann).


    Eine tolle Fassade wird doch nicht schlechter, weil sie rekonstruiert wurde.


    Da stimme ich dir grundlegend zu, allerdings steht Architektur immer im Kontext der Zeit, der Umgebungsbebauung und auch der Nutzform. Insofern ist das kein universelles Argument für eine zwingende Rekonstruktion.


    Ich finde es wirklich schade, dass sich die Fronten so verhärtet haben. Wenn ich aber sehe, wie leicht schlechte Entwürfe "durchflutschen" und wie erbittert auf der anderen Seite Rekonstruktionen von deren Gegnern bekämpft werden, sind meine Sympathien klar verteilt.


    Sorry, aber 95% der "schlechten Entwürfe die durchflutschen" sind Zweckbauten die wirtschaftlich tragfähig sein müssen. Wenn wir über Rekonstruktionen reden, dann eigentlich immer in Bereichen in denen Wirtschaftlichkeit kein Kriterium sein muss. Da ist deine Wahrnehmung einfach verschoben. Und der Kampf Kontra/Pro Rekonstruktion wird auf beiden Seiten mit der gleichen Vehemenz geführt.


    aber die Verantwortlichen sollten mal SELBSTKRITISCH darüber nachdenken, warum der Wunsch nach Rekos einfach nicht totzukriegen ist (Jüngere befürworten sie stärker als Ältere)


    Für letzteres hätte ich gerne mal ne Quelle.
    Und: Der Wunsch nach Rekos ist der Wunsch nach etwas Vertrautem, nach Mustern die man kennt, nach einem Symbol der "guten alten Zeit" (die es nie gab), nach Uniformität. Während moderne Architektur auch mal vor den Kopf stoßen kann, fremd wirkt, sich abheben will und nach Auseinandersetzung verlangt. Das soll nicht heißen, dass Rekonstruktionen abzulehnen sind; je nach Kontext und Stadtplanungssituation können sie durchaus angebracht sein, aber dass sich der "einfache Bürger" dafür begeistert ist kein Qualitätskriterium.

    Hätten wir immer nur Rekonstruiert hätte es das Bauhaus, Art Deco, Brutalismus etc. nie gegeben.

  • Also. Wir sind hier ja immer noch beim Thema Matthäikirchhof.


    Die Stadt hat dazu ja eine Umfrage gemacht, bei der es auf Seite 4 heißt:


    "Für knapp 170 Teilnehmer/-innen ist eine zukünftige Vision mit einer baulich-architektonischen Entwicklung des Areals verbunden. Dabei schlagen die Befragten unterschiedliche Maßnahmen vor. Zentrales Thema vieler Kommentare ist eine Verbindung zwischen Bestehendem und Neuem. Dafür sollen unterschiedliche historische Bezüge aufgegriffen werden (56 Nennungen). Neben moderner, innovativer und flexibler Architektur, die eine große Strahl- und Anziehungskraft entwickelt (45 Nennungen), können sich viele der Befragten auch eine Rekonstruktion der Bebauung des Areals,
    die bspw. die Vorkriegsarchitektur und -struktur wiederherstellt, vorstellen (42 Nennungen)."


    https://static.leipzig.de/file…rage_Matthaeikirchhof.pdf


    Ich habe übrigens, obwohl ich im Folgenden grundsätzlich Pro Reko argumentiere, in dieser Umfrage "innovative Architektur" gefordert und keine Rekos. Dazu habe ich aber klar geschrieben: Bauhaus-Historismus ist ganz sicher nicht innovativ.

    Für den Matthäikirchhof scheint es mir sinnvoll, die Sehnsucht nach Rekos zu analysieren und Erkenntnisse daraus in die künftigen Entscheidungen einfließen zu lassen. Das sollten insbesondere Architekt/innen tun, die selbstverständlich bei ihrer Arbeit gestalterische Entscheidungen treffen, auch wenn sie dann nicht das letzte Wort haben (es sei denn, sie sitzen gerade in einer Jury, ist ja auch nicht so selten).


    Wenn wir über Rekonstruktionen reden, dann eigentlich immer in Bereichen in denen Wirtschaftlichkeit kein Kriterium sein muss.

    Exakt das Gegenteil ist richtig. Mädlerpassage und Trifugium in Leipzig zu rekonstruieren, haben die Investoren sicher nicht bereut. Auch die rekonstruierte Fassade des Mélia-Hotels wird sicher nicht ohne Grund offensiv beworben, um Gäste anzuziehen. Selbst Gebäude, die mithilfe von Steuergeld und Spenden (!) und nicht aus wirtschaftlichen Gründen rekonstruiert wurden, rentieren sich. Bestes Beispiel sind auch hier wieder Frauenkirche und Neumarkt in Dresden:


    "Nachweislich sind seit 2005, dem Jahr der Weihung der rekonstruierten Frauenkirche, die marketingrelevanten Zahlen Dresdens erheblich gesteigert worden. (...) Sowohl die Tourismuswerte als auch der damit verbundene Umsatz wurden gesteigert, ebenso die Zahl der Einwohner, die durch die zunehmende Attraktivität der Stadt angezogen wurden. Ähnliche Entwicklungen lassen sich bei der Zahl der Firmenniederlassungen und der damit einhergehenden Umsätze und Steuereinnahmen feststellen. Die angewandte Marketingstrategie hat Erfolg, der Mythos Dresden und seine Vermarktung haben sich für die Elbmetropole als finanziell sehr einträglich erwiesen. Auf diesen mit der Entscheidung zur Frauenkirchenrekonstruktion zusammenhängenden Effekt dürften auch andere Städte hoffen, was deren Entscheidung zur Rekonstruktion beeinflusst."


    Katja Marek für die Bundeszentrale für Politische Bildung

    https://www.bpb.de/apuz/32811/rekonstruktion-warum?p=all


    In einer Marktanalyse von DIP heißt es:


    "Das Gebiet rund um die wieder erstrahlende Dresdener Frauenkirche gilt als besonders attraktiv, da das Quartier optisch durch die gelungenen Rekonstruktionen der Fassaden markant aufgewertet wurde. Eine Vielzahl von Besuchern und Touristen wird über das Jahr konstant angezogen und beschert den ansässigen Händlern einen guten Einzelhandelsumsatz. Verständlicherweise werden hier am Neumarkt bzw. „An der Frauenkirche“ vergleichsweise höhere Miete aufgerufen, die Spitzenmieten belaufen sich auf etwa EUR 100,-/ m². In guten Lauflagen beginnen die Mieten für Geschäfts- und gastronomische Nutzungen bei EUR 50,-/ m² Verkaufsfläche."


    https://dip-immobilien.de/wp-c…Staedtereport_Dresden.pdf


    Eine Vielzahl von Studien haben erbracht, dass Architektur, die nicht nur das Bauhaus imitiert, sondern auch klassische Bauformen wiederaufnimmt, von einer großen Mehrheit bevorzugt wird und auch als hochwertiger gilt:


    http://www.bauenswert.de/Publi…tudie/Studie_Thiessen.php


    Zudem ergab eine Studie, bei der rund 35.000 Verkaufsgespräche mit über 100 Maklern ausgewertet wurden, dass die meisten Käufer eine Wohnung in einem Altbau erwerben wollen - sicherlich nicht, weil die Ziegel schiefer auf dem Dach liegen oder die Balken sich so schön krümmen.


    kann man die "Schiefwinkeligkeit" die durch altes Holz unter dem Druck der Baumasse entsteht nicht rekonstruieren

    Argumente, die gegen Teilrekonstruktionen von niemandem eingewendet werden, scheinen mir auch gegen Vollrekonstruktionen nicht sinnvoll.


    95% der "schlechten Entwürfe die durchflutschen" sind Zweckbauten die wirtschaftlich tragfähig sein müssen

    Das ist ein Trugschluss, denn in der Gründerzeit würde auch wirtschaftlich und teilweise industriell gebaut. Aber die Baukultur war eine andere. Bereits in den letzten 2000 Jahren wären Gebäude ohne Fassadenschmuck billiger gewesen. Die Bauherren waren nicht zu blöd, das zu erkennen und auch nicht so viel reicher als wir heute. Es war einfach Konsens, dass Gebäude auch schön sein müssen. Nicht zuletzt ärgert mich so ein Satz, weil ich meine, dass wir nicht in einer "marktkonformen Demokratie" leben sollten, sondern uns als Stadtgesellschaft eine Meinung erlauben sollten, wie wir uns die Stadt wünschen.

    dass sich der "einfache Bürger" dafür begeistert ist kein Qualitätskriterium

    Auch ein Architekt oder Stadtplaner oder Investor ist nur "ein einfacher Bürger", ein Rädchen der Stadtgesellschaft. Diesen Blick von oben herab, den die Aussage bezeugt, finde ich wirklich traurig.


    gerne mal ne Quelle

    Bitteschön:


    "Bei einer repräsentativen Befragung des Instituts Forsa im Auftrag der Bundesstiftung Baukultur waren 80 % aller Teilnehmer für den Wiederaufbau von historischen Gebäuden und 15 % dagegen. Besonders hoch war die Zustimmung zu Rekonstruktionen unter den Frauen (83 %) und den 18- bis 29-Jährigen (86 %). Auf die Frage, ob historische Gebäude auch bei anderer Nutzung wiederaufgebaut werden sollten, antworteten 80 % aller Teilnehmer mit 'ja' und 16 % mit 'nein'."


    Baukulturbericht 2018/19 „Erbe – Bestand – Zukunft“, S. 170


    Aber wen interessieren schon Fakten?


    Hätten wir immer nur Rekonstruiert hätte es das Bauhaus, Art Deco, Brutalismus etc. nie gegeben.

    Hat das irgendjemand gefordert? Niemand will 100% Rekonstruktion, nicht einmal 80% werden gefordert. Aber bei den max. 1% Gebäuden, für die es solche Forderungen gibt, könnte man auch als Reko-Gegner mal etwas Akzeptanz und vielleicht sogar Verständnis entwickeln. Und noch besser, Konsequenzen für die eigene Arbeit ziehen, wenn man in dem Bereich beschäftigt ist.


    Last und diesmal auch least finde ich den Begriff "Disneyland" übrigens sehr schief:

    • Der Tag des offenen Denkmals hatte gerade das Motto "Sein&Schein". Das war ein guter Anlass, über das Thema Kulisse als Teil unserer Architekturtradition nachzudenken.
    • Ein Disneyland ist für andere Kontexte gebaut als eine Innenstadt und im Zustandekommen, der Gestaltung und Ausführung etwas vollkommen anderes.
    • Der Begriff "Disneyland" zeigt nur Gegnerschaft an, ohne Argument zu sein. Die Rekonstruktion des Bauhauses in Dessau wird wohl niemand der Reko-Gegner als "Disneyland für Bauhaus-Begeisterte" schmähen - und das ist auch gut so.
    • Nicht zuletzt machen Disneylands viele Millionen Besucher glücklich und landen in ebenso vielen Fotoalben. Das ist sehr viel mehr als die allermeisten Gebäude schaffen.
  • ^Danke, Ziegel. Dein Beitrag spricht mir aus der Seele. Es wird oft vergessen, für wen Architekten Gebäude entwerfen - nämlich nicht nur um den "eigenen Fetish" in eigenen Kreisen auszuleben, sondern für alle Bürger - die die Ergebnisse zum Teil wirklich mehr schlecht als recht ertragen müssen und die eben sehr gerne wesentlich häufiger auch mal eine Reko sehen würden. Das hat sicherlich diverse Gründe, das spielt im Grunde aber keine Rolle.
    Übrigens: Auch ich finde eine Einordnung von Menschen in "einfache Bürger" gelinde ausgedrückt, hart daneben. (Mal interessehalber: Was sind denn die Anderen?).

  • Derweil verteidigt Arnold Bartetzky den StaSi-Bau aus DDR-Zeiten und plädiert für dessen Erhalt: https://www.lvz.de/Leipzig/Lok…n-Abriss-der-Stasi-Platte


    Tenor:

    - es sei keine Frage, daß es sich nicht um gute Architektur handle

    - der Bau sei durchaus "das betongewordene Symbol diktatorischer Macht"

    - nach Abwägung aller Gesichtspunkte setze er sich für den Erhalt des Gebäudes ein

    - "Junge Generationen gehen an das Thema eben anders heran ..." und plädierten keinesfalls für den Abriß

    - maßgeblich für die Entscheidung über den Abriß sei die Frage nach der künftigen Nutzung

    - "Das 25. Hotel, noch ein Shoppingtempel oder der Sitz eines Dax-Konzerns sind sicher keine zukunftsweisende Antwort"

    - vor allem sei es schwer vorstellbar, mit dem geplanten Forum Leben in das Areal zu ringen

    - "Es sei völlig realitätsfern anzunehmen, dort 365 Tage im Jahr über Diktaturerfahrung und Demokratie zu diskutieren, [...]"

    - Bartetzky schwebe eine direkte Form der Demokratisierung des Geländes vor: preisgünstige Räume für Kreative, Künstler und andere

    - außerdem: mit wiederkehrendem Abriß und Neubau begehe man weitere Klimasünden (!)

  • Hatte Arnold Bartetzky früher nicht auch mal durchdachte und relevante Beiträge zu Architekturdebatten geleistet? Die Argumente gegen den Abriss sind äußerst dürftig:


    - "Junge Generationen plädierten keinesfalls für den Abriss": Worauf stützt sich diese Behauptung? Es gibt wohl eine repräsentative Umfrage unter jüngeren Generationen? Die müsste dann aber ehrlicherweise auch die Antwortmöglichkeiten "Welche Stasi-Platte?" und "Ist mir doch egal, Spacko" ausweisen. Als würden sich junge Generationen für das Schicksal von Plattenbauten im Speziellen oder städtebauliche Fragen im Allgemeinen interessieren.


    - "Maßgeblich für die Entscheidung sei die künftige Nutzung": Wieso? Die Nutzung ist eine separate Frage, wobei es sehr wahrscheinlich ist, dass man jede angedachte Nutzung besser in einem Gebäude realisieren kann, das für genau diese Nutzung geplant und gebaut wurde.


    - "Das 25. Hotel, noch ein Shoppingtempel oder der Sitz eines Dax-Konzerns sind sicher keine zukunftsweisende Antwort": Solche Aussagen sind anmaßend. Was zukunftsweisend ist, entscheiden demokratische Organe wie der Stadtrat und natürlich die Teilnehmer der sozialen Marktwirtschaft, aber nicht Herr Bartetzky. Dass es für eine ostdeutsche Großstadt nichts zukunftsweisenderes als den Sitz eines DAX-Konzernes geben könnte, sollte man auch aus dem Wolkenkuckucksheim erkennen können.


    - "Es sei völlig realitätsfern anzunehmen, dort 365 Tage im Jahr über Diktaturerfahrung und Demokratie zu diskutieren, [...]": Eine reine Verdrehung der angestrebten Nutzung, um die Pläne der Lächerlichkeit preiszugeben und damit den Erhalt des Plattenbaus zu erreichen.


    - "mit wiederkehrendem Abriß und Neubau begehe man weitere Klimasünden": Das neue Totschlagargument gegen alles und jeden. Für mich bei so einer Diskussion schon gleichbedeutend damit, demjenigen nicht mehr weiter zuhören zu müssen. Aber Herr Bartetzky kann ja gerne mal die Fakten nachreichen, wie viele Gramm CO2 bei einem Neubau mehr ausgestoßen werden als bei Sanierung und Weiterbetrieb des von Gebäudetechnik und Wärmedämmung überholten Bestandsbaus. Mal sehen, ob das schlimmer ist als meine heutige Autofahrt zum Bäcker.

  • ^^


    das passiert, wenn Fachleute leichtfertig ihr Ressort verlassen und in anderen Bereichen wildern. Dann wird es schnell peinlich. Die Argumente mögen redlich sein, doch sie treffen zu 100% auch auf den erhaltenen Stasi-Bau zu. Mit dem Zusatz, dass dieser städtebaulich so verquast steht, dass die ganze Ecke der Innenstadt nicht belebt werden kann - eine Barriere gegen die Wegebedürfnisse von Menschen (war ja Absicht damals beim Bau), das ist nun kollektiviert seit 50 Jahren im Gedächtnis. Und blockt alle Verflechtungen mit dem Areal des exNaundörfchen usw ab. Gerade dort, wo der Pleißemühlgraben an den Ring geholt wird und neue Stadträume für Menschen entstehen sollen.

  • das passiert, wenn Fachleute leichtfertig ihr Ressort verlassen und in anderen Bereichen wildern. Dann wird es schnell peinlich.

    Kannst du kurz erläutern, inwiefern jemand wie Bartetzky, der sich sowohl durch durch Debattenbeiträge (1, 2) als auch Büchern wie "Die gerettete Stadt", "Das verschwundene Leipzig" oder "Das ungebaute Leipzig" mit der städtebaulichen und architektonischen Entwicklung der Leipziger (Innen-)stadt wohl so intensiv beschäftigt hat wie nur wenige Andere, hier in anderen Bereichern wildert? Ich stimme (in der finalen Schlussfolgerung) Bartetzky in diesem Fall auch nicht zu, einzig peinlich wirkt hier allerdings deine Verächtlichmachung einer Gegenstimme, deren definitiv vorhandene Themenkompetenz dir offenbar nicht bekannt war.


    In diesem Zusammenhang sei auf eine frühere Meinungsäußerung Bartetzkys zum gleichen Thema verwiesen, in der im Schlussabsatz folgendes steht:

    Wenn sich die Stadt deshalb für einen Totalabriss entschiede, dürfte sie sich allerdings nicht mit faulen investorenfreundlichen Kompromissen zufriedengeben. Sie muss auf eine sensible kleinteilige Neubebauung pochen, die sich in Gestaltqualität und Raumwirkung am untergegangenen Matthäikirchhof messen kann.

    ...und ich denke, darauf können sich hier fast alle einigen.

    Einmal editiert, zuletzt von DaseBLN ()

  • Dass es für eine ostdeutsche Großstadt nichts zukunftsweisenderes als den Sitz eines DAX-Konzernes geben könnte, sollte man auch aus dem Wolkenkuckucksheim erkennen können.

    Man sollte aus dem Wolkenkuckucksheim allerdings auch erkennen können, dass es hier darum ging, ob eine DAX-Konzernzentrale unbedingt am Matthäikirchhof entstehen muss. Letzteres, das Ersetzen einer vom Stadtleben abgeschotteten Großstruktur durch eine andere, ist wirklich die absurdeste aller Ideen, sowohl aus verkehrstechnischer als auch städtebaulicher Sicht.

  • @ DaseBLn

    es stimmt, da war ich zu voreilig, denn die Tätigkeit als Architekturkritiker war in der Artikelheadline nicht benannt.


    Also auch mal für mich peinlich, kann passieren...

  • ^ Keine Ursache, dann ist das jetzt die Gelegenheit, sich bei ihm mal reinzulesen, gerade die gerettete Stadt ist sehr interessant und liest sich viel besser, als man es von einer Abhandlung über die Stadtgeschichte der Nachwendezeit erwarten würde.

  • Letzteres, das Ersetzen einer vom Stadtleben abgeschotteten Großstruktur durch eine andere, ist wirklich die absurdeste aller Ideen, sowohl aus verkehrstechnischer als auch städtebaulicher Sicht.

    Die generelle Ablehnung einer "Großstruktur" ohne Kenntnis der genauen architektonischen Gestaltung halte ich für etwas voreilig. Selbstverständlich kann eine solche ebenso architektonisch gelingen (siehe das angrenzende Gebäude Dittrichring 22, 24) wie eine kleinteilige Struktur in die Hose gehen kann. Dabei (und nicht bei der Entscheidung über den Abriss) kommt es dann wirklich auf die angestrebte Nutzung an. Dass auch kleinteilige Lösungen wie die Neubauten in der Frankfurter Altstadt auf lautstarke Kritik aus Architekturkreisen stoßen können, ist bekannt.


    Man sollte ohne Denkverbote an die Neubebauung herangehen und sich überraschen lassen, welche raumplanerischen Lösungen in die Debatte eingebracht werden (auch wenn meine Skepsis gegenüber Architekturwettbewerben und vor allem Juryentscheidungen sehr groß ist).