Leipzig: Matthäi-Viertel (Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft)

  • Leipzig: Matthäi-Viertel (Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft)

    Max-Klinger-Treppe aktuell


    Hier nun der Entwurf für die Max-Klinger-Treppe mit Garten am Goerdelerring >>



    Der Entwurf stammt von Birgit Pätzig, Freie Landschaftsarchitektin, Dresden.



    Aktueller Stand der Wiederherstellung. Im Hintergrund der Ex-STASI-Bau.



    Und so sah die Max-Klinger-Treppe einst aus. Künftig mit dem drei Meter hohen Sockel von Max Klinger.


    Weis jemand, ob man plant, sofern Entwürfe vorhanden sind, die 5 Meter hohe geplante Wagner-Skulptur von Klinger zuverwirklichen?

  • Soll die Stasi-Platte irgendwann auch abgerissen werden oder ist sie aus irgendeinem Grund erhaltenswert? Wo soll die Treppe sonst hinführen?

  • die stasi-platte ist selbstverständlich zum abriss freigegeben. der wiederaufbau der treppe ist quasi schon mal ein vorgriff darauf.
    allerdings habe ich zweifel, ob man mit der aufstellung des höchstens halbfertig gewordenen denkmalsockels klinger einen gefallen tut. das ding ist zur zeit im "stasi-innenhof" zwischengelagert und sieht in jeder beziehung behämmert aus.

  • Mal ein Entwurf von mir, wo der Weg der Klinger-Treppe hinführt. Ob es damals der selbe historische Verlauf war, weis ich nicht >>


    http://img37.imageshack.us/img37/8452/bild2kv.png
    Die weißen Markierungen sind der Verlauf zwischen Klinger-Treppe und Große Fleischergasse. Rote Markierung die Klinger-Treppe.


    Und anschließend eine mögliche Bebauung. Ich tendiere ja, die Gebäude am Goerdelerring und an der Max-Klinger-Treppe eine gründerzeitliche Fassade zugeben.


    http://img693.imageshack.us/img693/2654/bild24.png
    Die blauen Markierungen sind die Bebauung.


    Die Bilder habe ich wegen des Copyrightsverstoßes ge_urlt. Cowboy.

  • in Zukunft

    Danke für die Mühe. Deine Übersicht zeigt doch recht gut, welch städtbauliches Potential in dieser Ecke der Stadt liegt. Man kann nur hoffen, dass es nicht in irgendwelcher Mittelmäßigkeit endet und es irgendwann einen durchdachten Bebauungsplan gibt. Vielleicht war es auch gut so, dass man bis in die heutige Zeit, dieses Gebiet weitgehend ungetastet gelassen hat um keine provisorischen Resultate zu begünstigen. So wie der Kaufhofbau. :D


    Mit dem städtebaulichen Erwachen des Brühls, wird der Fokus bald auf die oben gezeigte Ecke gelenkt sein, hoffentlich auch auf die eher unschöne Situation am unteren Ende der Hainstraße, dem Eckgrundstück gegenüber dem Hotel de Pologne.


    Das wird sicher alles noch sehr spannend. :)

  • Laut Stadtplanungsamt soll in den nächsten Jahren ein Gestaltungswettbewerb für dieses Gebiet ausgeschrieben werden.

  • Der Plan von Dave zeigt gut die Einordnung der Treppe und das Potential.
    Was den Denkmalssockel von Klinger angeht, gehört auf diesen selbstverständlich das Wagnerdenkmal in der geplanten Form. Anstatt dass sich die mehreren (drei?) Wagner-Vereine der Stadt Gedanken über immer neue Denkmale ihres Idols machen, sollten beide "Halbfabrikate" endlich fertig gestellt werden.
    Auch der Wagner-Hain ist eine großartig konzipierte Anlage, deren Planung vor der NS-Zeit erfolgte und daher sollten endlich ideologische Scheuklappen fallen!
    Für das Gelände des Matthäikirchhofes böte sich hier (an der keinzelle der Stadt) mal eine Rekonstruktion ähnlich des Nikolaiviertels in Berlin an.
    Eine wieder aufgebaute Matthäikirche als Museum/Lapidarium und die alten Gebäude rekonstruiert, wäre eine Bereicherung und Aufwertung der derzeit durch den Stasibau entwerteten Ecke.
    Ein städtisches Potential, was sicher gemeinsam mit Investoren zu entwickeln wäre und einen Gegensatz zur Brühlbebauung darstellen könnte.

  • Leider plant hier allerdings weder der Staatsrat ein Prestigeprojekt, noch hat die Matthäikirche ähnliche Symbolkraft wie die Dresdener Frauenkirche. Fernab von Maximalforderungen sollte hier also zunächst Wert auf eine möglichst kleinteilige Entwicklung gelegt werden.

  • ^ Wenn man sich die Vorgehensweise am WLP, aber auch in einigen Bereichen der direkten Innenstadt anschaut, würde ich mal ganz stark davon ausgehen, dass die Stadt Leipzig hier auf eine Wiederherstellung der ursprünglichen Platzsituation drängen wird. Wichtiger als die exakte Einhaltung des selbigen wäre aber wie gesagt, vor Ort eine gewisse Kleinteiligkeit zu schaffen und Parzellen bzw. Flurstücke nur minimal zusammenzulegen. Die Stadt hat hier, anders als bei den Höfen am Brühl, viel weniger Zeitdruck. Ich bin gespannt, was der städtebauliche Wettbewerb ergibt.

  • Immer wieder erstaunlich wie viele zu entwickelnden Projekte und Potentiale es selbst in der verhältnismäßig kleinen Leipziger Innenstadt noch gibt. Die wiederhergestellte Treppe könnte an dieser Ecke tatsächlich die Initialzündung sein, denn es würde, vom Theater kommend, ein weiterer interessanter Zugang zur Innenstadt entstehen. Dafür muss aber wohl tatsächlich die Stasi-Platte weg, und damit sollte man nicht allzu lange warten. Man könnte die Fläche (auch wenn einige hier sicher dagegen sein werden) ersteinmal zum Teil begrünen und so diesen neuen Innenstadtzugang attraktiv machen, bevor man die Ecke dann behutsam wachsen lässt und evtl. mit einem Anziehungspunkt versieht. Vielleicht einer Zweigstelle der Bibliothek oder einem Veranstaltungsort ähnlich der Moritzbastei. Also nicht unbedingt die derzeitige Großdiskothek.


    Eine "historische" Bebauung à la Dresden-Neumarkt hat Leipzig aber m.E. nicht nötig. Eine zeitgemäße kleinteilige Bebauung allerdings an dieser Ecke auf jedenfall.

  • Ich könnte mir einen "Wiederaufbau" des Matthäikirchhofes gut vorstellen - eine Wiederherstellung des alten Straßenrasters. Man könnte sogar die ehemaligen Grundstücke/-risse aufgreifen oder zumindest die Fassadenteilung, Gebäudehöhe, und ehemalige Nutzung. Das Grundstück der ehemaligen Kirche könnte man für eine größere Bebauung zu lassen.


    Nur bitte keine Kopie des alten Kirchhofes! Was sollen die alten Fassaden denn bringen? Gemütlichkeit? Projekte wie der Dresdner Neumarkt und das Berliner Stadtschloß sind mehr als fraglich. Es ist das Disneylandisierung (das Wort gibt es tatsächlich) Dtl.nds und steht im Wiederspruch zur wirklich Architektur.


    Das aufgreifen der Struktur des Matthäikirchofes, in einer neuen Interpretation, würde definitiv ein hochwertiges Quartier schaffen und auch die Tradition des Bauwesens in der Leipziger Innenstadt fortführen.

  • Ich sehe ehrlich gesagt im Moment keinerlei Bedarf für eine Neuordnung des Areals. Es sind einfach zu viele -meist viel besser erschlossene und eingebundene- Brachen in der Innenstadt ungenutzt. Geht mal durch die Straßen und zählt die leerstehenden Büroetagen und Ladengeschäfte. Hier ein neues Stadtviertel aus dem Boden zu stampfen zu wollen ist illusorisch. Um in die Richtung einer erstens hochwertigen und zweitens kleinteiligen Bebauung zu leiten bräuchte es deutlich höhere Einnahmeerwartungen. Außerdem sollte überwiegend Wohnnutzung angestrebt werden. Wenn jetzt auf Teufel komm raus gebaut werden soll, kommt eine schlechte Lösung raus, am Ende wahrscheinlich etwas ebenso Überdimensionieres wie Bedarfsfernes wie die Höfe am Brühl. Ich meine, man muss hier auch mal ein bißchen Geduld mitbringen. Wenn die AMEC-Grube, die Museumswinkel, das Dreieck Große Fleischergasse/Hainstraße, die Lücke am Brühl östlich der Nikolaistraße etc. dereinst bebaut sind, hat man eine viel bessere Ausgangslage, um die Gestaltung zu steuern. Problem bei der auch von meiner Seite gewünschten kleinteiligen Bebauung auf historischen Parzellen wird sein, dass ja irgendein Investor das Risiko eingehen und den Stein ins Rollen bringen muss. Im Moment sehe ich da große Probleme. Bei der umfassenden Neugestaltung eines größeren Areals mit vielen Investoren besteht immer außerdem die Gefahr, dass Teile dann jahrelang liegen bleiben- der Leipziger Platz in Berlin wird meines Wissens immer noch von mehreren Kulissen umgeben.


    Eine Kopie des alten Kirchhofs diskutiert, denke ich, niemand ernsthaft. Rekonstruktionen habes zwar mit Disneyland nicht viel zu tun und für die städtische Identität wichtige Bauwerke sollten (in Verbindung mit einem tragfähigen Nutzungskonzept) auch rekonstruiert werden. Dafür gibt es auch jüngere Beispiele wie das Schwarzhäupterhaus aus dem 14. Jh. in Riga. Für Leipziger Verhältnisse ist z.B. Deutrichs Hof, von dem auch die Fassade erhalten und eingelagert ist, ein heißer Kandidat für eine Reko. Nun ist aber die Frage, was am Matthäikirchhof, außer der Kirche selbst, für die Identität Leipzigs unverzichtbar ist. Richtig, vermutlich nichts. Insofern kann man von einer modernen Gestaltung ausgehen. Hier ergeben sich große Chancen, dem Innenstadtmosaik ein ganz zeitgemäßes Puzzleteil hinzuzufügen, aber auch die Gefahr, dass ganz großer Murks entsteht, gerade weil eine "disziplinierende" historische Umgebungsbebauung fehlt.


    Der Wettbewerb wird einen Rahmen vorgeben, aber vermutlich auch einen sehr weiten zeitlichen Horizont haben. Ich persönlich erwarte eher nicht, dass in den nächsten 10 Jahren an der Stelle etwas Weltbewegendes geschehen wird. Auf die treppe freue ich mich trotzdem, gern in Zusammenhang mit einer Querungsmöglichkeit zur gr. Fleischergasse.

  • Man kann nur hoffen, dass sich dort dann keine weiteren Klamottenketten ansiedeln. Vielleicht geschieht ja ein Wunder und es kommt was Kulturelles...oder vllt. ein paar Cafés, das Barfußgässchen ist ja nicht fern. Gab es etwas, was das Viertel vor der Zerstörung ausgezeichnet hat? Dann könnte man eventuell daran anknüpfen.

  • Naja, die Matthäikirche halt. Ansonsten weiß ich über das Quartier nicht viel und kenne auch kaum Bilder von den üblichen Fotographen (Hermann Walter, Hans Lindner etc.), die sonst die Stadt recht flächendeckend dokumentiert haben. Das deutet darauf hin, dass hier zumindest nichts Außergewöhnliches stand. Die Gebäude zum Ring hin waren natürlich recht repräsentativ, aber in der im Historismus üblichen Weise, also nichts was es in Leipzig nicht noch zigmal gäbe. Das Viertel lag ja zwischen Fleischermarkt und den Fleischergassen, so das hier ursprünglich sicherlich dieses Gewerbe beheimatet war.

  • Zur besseren Veranschaulichung der recht spannenden Diskussion mal zwei Aufnahmen von Hermann Walter um 1895.


    Blick in den Matthäikirchhof mit angeschnittener Matthäikirche

    Quelle: lipsikon.de



    Blick vom Dittrichring auf den Matthäikirchhof. Die barocke Häuserfront wurde bekanntermaßen nach 1900 gründerzeitlich bzw. im Reformstil überformt.

    Quelle: lipsikon.de




    Blick auf den Matthäikirchhof nebst Stasi-Platte und brach liegender "Hainspitze" heute

    Quelle: lipsikon.de

  • Danke für die Bilder, es gibt also doch welche! Es wird also klar, dass das Matthäiviertel einen sehr kleinstädtischen Habitus bewahrt hatte, ähnlich vielleicht wie noch das Naundörfchen in unmittelbarer Nähe. Klar, in Polen hätte man das wirklich komplett rekonstruiert.

  • Die städtebauliche Situation mit den erhöht über dem Ringgrün liegenden Häusern ist recht ungewöhnlich für Leipzigs Innenstadt. Erinnert ein wenig an den Universitätsplatz oder den Hansering in Halle. Wenn man das geschickt nutzt, kann das wirklich ein schönes kleines Viertel werden. Ich gebe Lipsius recht, dass man, wenn man eine kleinteilige Entwicklung wünscht, noch möglichst lange mit einer Bebauung warten sollte. Vermutlich wird aber nach Fertigstellung der Höfe am Brühl und des Hôtel de Pologne die Attraktivität der Lage in Zusammhang mit der Klinger-Treppe steigen, was dann natürlich auch den Entwicklungsdruck erhöht. In jedem Falle ist es sehr vernünftig, dass die Stadt frühzeitig die Weichen stellt. Damit ist man dann quasi jederzeit bereit für Investoren.

  • Das wäre vllt auch ein Ansatz: das Kleingliedrige auch in der Höhe hat was für sich. Vermutlich aber wäre dies für Investoren eher unattraktiv. Vielleicht ließen sich aber hier raffinierte neue Architekturideen verwirklichen. Ein kleines spannendes Viertel mit vielen kleinen spannenden Gebäuden, unkonventionell und visionär, sich wandelnd und neu findend...aber ich beginne zu träumen.

  • Ich vermute, dass besagtes Viertel peu à peu entwickelt wird und allein der Zeitraum von Beginn bis zur kompletten Fertigstellung mindestens 10 Jahre dauern wird. Am ehesten räume ich der "Hainspitze" Chancen für eine baldige Neubebauung ein. Im Blätterwald hört man's dahingehend seit 2006 rauschen und in den am Jägerhof drangeklatschten Flachbauten werden die Läden auch nicht mehr neu vermietet und stehen (m.W. bis auf ein Buchladen) alle leer.