Areal „Haus der Statistik“

  • Die Messlatte in Berlin war meistens schon nicht sehr hoch, und wie allseits bekannt, weilt unsere Senatsbaudirektorin Frau Lüscher im Sonderurlaub.


    Falls nun tatsächlich Entwürfe dieser Null-Qualität so durchgehen, wünsche ich mir verehrte Frau Lüscher wenigstens als Minimal-Regulativ zurück. Aber wahrscheinlich werden sich in diesem Bau noch einige unentdeckte Vogel- oder gar Asbestnester finden, und das ganze wird dann in die nächste Legislaturperiode vertagt (hoffe ich zumindest).

  • Ich finde den Siegerentwurf großartig, weil er das Gebäude respektiert und es behutsam weiterbaut. Ich kann auch die Kritik nicht verstehen. Schließlich ist der Erhalt des Gebäudes auch beschlossen worden, weil eine Mehrheit ihm architektonische und städtebauliche Qualitäten zubilligt. Eine Totalumbau, der das Gebäude bis zur Unkenntlichkeit verstümmeln würde, würde genau diesen Mehrheitswillen konterkarieren. Er wäre weiterhin wohl auch teurer als eine behutsame Sanierung. Deshalb freue ich mich auf die Sanierung, und am Ende wird das Ergebnis auch die Zweifler überzeugen, da bin ich mir sicher.

  • Hausschwamm: Die politische Mehrheit eines demokratisch gewählten Gremiums! Was denn sonst?


    Es geht nicht um irgendwelche kurzfristigen Mehrheiten in Umfragen, dann gäbe es nämlich auch kein Humboldforum und wir hätten schon längst wieder eine Mauer quer durch Berlin und Deutschland oder die Todesstrafe oder Folter oder die Abspaltung Bayerns. (okey über lezteres können wir reden :D) !!!

  • Das Problem ist nur, dass eine verschwindend geringe Minderheit, diese Personen wegen ihrer Expertise in Sachen Stadtplanung und Architektur gewählt hat. Von daher ist es vollkommen realitätsfern, hier von einem Mehrheitswillen zu reden.


    Ich lehne mich auch garantiert nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass bei einer Umfrage „Finden Sie, dass das Haus der Statistik ein unerträglicher Kasten ohne jeglichen gestalterischen Wert ist.“, jedesmal mindestens 75% der Befragten mit einem klaren „Ja“ antworten würden.

  • Was zeigt dass es wohl doch Gründe dafür gibt, weshalb weder Du die Formulierung solcher Fragestellungen verfasst, noch solche Verfahren in der Planung Anwendung finden.

  • Der Verweis auf einen vermeintlichen Mehrheitswillen ist populistisch, damit kann man den größten Kitsch und den größten Sch... legitimieren und die besten Entwürfe abschießen. Darum finde ich es enttäuschend, dass sich auch Klarenbach expressis verbis auf einen „Mehrheitswillen“ beruft. Der Siegerentwurf sei „großartig, weil er das Gebäude respektiere“. Und warum soll das Gebäude respektiert werden? Weil „eine Mehrheit ihm architektonische und städtebauliche Qualitäten zubilligt“!


    Deswegen, weil "eine Mehrheit" das so sieht, kann Klarenbach auch "die Kritik nicht verstehen". Dabei ist es sicher keine sonderliche Herausforderung, die schwerwiegenden Defizite dieses Gebäudes festzustellen: Seine wenig ambitionierten, banalen, abwechslungsarmen Fassaden, seine an der Otto-Braun-Straße über 200 Meter lange, einförmige, abriegelnde Wirkung, der durch die großen Abstände zu den Straßen, besonders zur Karl-Marx-Allee entdichtende, enturbanisierende und verödende Eindruck, die brutal-indolente Nicht-Berücksichtigung der Diagonale des Hauses der Gesundheit, das Nichtausschöpfen der Möglichkeit, gerade hier mit einem markanten und mit dem Haus des Reisens und dem zukünftigen Hochhaus beim Alexa bestens korrespondierenden Turm eine spannende Platzsituation zu schaffen etc.


    Keiner dieser schwerwiegenden Defizite wird durch die „behutsame Sanierung“ behoben oder auch nur abgemildert, im Gegenteil: Statt die öde Seite an der Otto-Braun-Straße zu verbessern, würde diese durch den "begrünten Flachbau" noch weiter vermurkst.

  • Die Diskussion ist aus Potsdamer Sicht ein alter Hut, weil nun auch in Berlin die Debatte um DDR-Architektur mit einem großen Projekt in die Diskussion kommt. Bei der Debatte geht es (leider) nicht mehr um Architekturqualität und auch nur vordergründig um Erhalt von DDR-Moderne (weil es sich mit dem Retro-Kick einfacher politisch durchsetzen läßt). Tatsächlich entkleidet der Entwurf den typischen DDR-Bau seiner gesamten Baukunst und stellt ihm einen fetten schwarzen Balken vor den Eingang (die unteren Etagen können nicht mehr bauordnungskonform belichtet werden), wo einstmals ein filigranes Flugdach den Zeitgeist zum Ausdruck brachte. Das heisst eben: wenn man DDR-Moderne erhalten will muss man denkmalgerecht sanieren, sonst werden die Häuser schlimmer als sie vorher waren, die Stadt- und Landesbibliothek in Potsdam ist ein Beispiel.


    Was die Wirtschaftlichkeit angeht zählen natürlich nicht nur die Baukosten. Die Beispiele, die Klarenbach anführt, sind ja aus der baupreislichen Steinzeit, also mehr als 5 Jahre als. Für 1200 oder 1300 Euro/qm NF kann man nicht mehr sanieren. Die Architekten rechnen ja heute 100 Millionen für ca. 48.000 qm NF - das sind schon über 2000 Euro/qm. Wo das bei einem Baubeginn in 2022 endet kann heute niemand sicher sagen. Aber Geld spielt ja keine Rolle mehr, auch nicht beim ICC oder beim Flughafen.


    Zudem ist natürlich die Ausnutzung des Grundstückes wesentlich. Mir erscheint das alles als Flick- und Stückwerk.


    Aber die Bausenatorin ist wohl gewillt das als Wahlgeschenk an ihre Plattenbauklientel zu verkaufen. Auch da kann ich nur das Potsdamer Beispiel anführen. Auch hier hatte die Linek die "Rettung" der Bibliothek gefordert und durchgesetzt. Politischen Erfolg hat sich mit dem "Erhalt" nicht gehabt - heute können sich weder Ostalgiker noch Freunde der historischen Stadt mit dem Bau anfreunden.


    Hier die Potsdamer Landesbibliothek vor und nach der "behutsamen Sanierung".



  • Die Bauverantwortlichen halten weiter fest an ihrer Strategie, hässliches für schön zu verkaufen,. Ich gehöre definitiv nicht zu einer "Mehrheit" die Plattenbau sentimental veranlagt ist.
    Aber ich glaube auch das die Architekturbüros wenn sie überhaupt ein Chance bei den jetzigen Bauverantwortlichen Damen haben wollten, da diese ja nicht gerade für Innovation, Mut oder Veränderung stehn, garnicht viel andere Entwürfe präsentieren konnten.

  • Ich glaube nicht, dass das so kommt.
    Das ist doch praktisch eine Rekonstruktion. Die neue Fassade entspräche weitgehend der alten, sogar die Lage und die Abstände der rechteckigen Fassaden"verzierungen" ist nahezu identisch. Nur die Materialien wären neu.


    Dass man das Gebäude erhalten will, weil man sowieso weder am überdimensionierten Straßenraum noch an der Bebauungsstruktur etwas ändern will oder kann, bin ich bereit zu akzeptieren. Aber die Rekonstruktion dieses riesigen DDR Plattenbaus ist dann schon ziemlich daneben.


    Den begrünten Gebäuderiegel, der in der Realität vermutlich nicht so dunkelgrün und fensterlos sein wird, finde ich dagegen gut.

  • ^ Oh ja, das stimmt natürlich. Ist nicht unwesentlich, war mir aber in dem Moment nicht bewusst.


    Ich hatte anderes erwartet, vieleicht an der einen Stelle eine Aufstockung, wie ja auch in anderen Entwürfen vorgesehen, oder unterschiedliche Farbgebungen für die einzelnen Gebäudeteile. Und halt grundsätzlich eine anderen Fassadengestaltung. Aber gut, soll halt nicht so sein.
    Wenn dann immerhin der neue Gebäuderiegel zur Otto-Braun-Straße kommt, wird dem ausufernden Straßenraum wenigstens etwas Fläche abgerungen.


    Hohe Erwartungen habe ich an den Dachgarten, auch wenn ich finde, dass er nicht annähernd die Perspektive bieten kann, wie der am Bikini-Haus.
    Auch der Hof hinter dem Gebäude könnte Aufenthaltsqualität entwickeln, falls er begrünt wird.

  • Erschreckend einfallslos und öde. Wie man den Erhalt dieser Hässlichkeit als Architekt vertreten kann erscheint mir rätselhaft. Einzig der neue "begrünte" Gebäuderiegel bringt etwas Schwung rein. Leider sind die anderen Entwürfe teils noch schlimmer.

  • Jetzt fehlt nur noch eine Reko des Centrum-Warenhauses (dessen kunstvolle Metallfassade im Unterschied zur abstoßenden Betonfassade des Hauses der Statistik wirklich eine Reko wert wäre) und der Alex sieht wieder so aus wie zu Honeckers Zeiten. Aber Spaß beiseite. Wenn man nun offiziell für Rekos von modernen Bauten ist, dann kann man auch nicht mehr gegen Rekos von historischen Bauten sein.

  • Ist mir als nicht Berliner völlig unverständlich das man so ein architektonischen Alptraum überhaupt renovieren will. Was soll das werden? Eine Gedenkstätte des DDR Plattenbaus mit Farbklecksen oder eine zurück in die Vergangenheits Vision der SED Nachfolger Grün und Links und das ganze sehr wahrscheinlich entweder noch auf Pump oder Kosten anderer Bundesländer finanziert. Das Beton Monster abreisen und die Erlöse vom Verkauf der Grundstücke für Berlins Schuldentilgung verwenden wäre wesentlich angebrachter.

  • ^Na Sie wissen doch, dass wir Berliner am liebsten das Geld aus der Pfalz nehmen und verprassen. Ganz gepflegt. Schönen Abend noch.

  • ^^ Es ist kein Plattenbau. Die Grünen sind keine SED-Nachfolger. Und den Schulden der Stadt (die übrigens größtenteils unter einem CDU-Senat entstanden sind) stehen mittlerweile hohe Einnahmen gegenüber. Haben Sie außer Ressentiments noch was anderes zu bieten?


    Jetzt fehlt nur noch eine Reko des Centrum-Warenhauses (dessen kunstvolle Metallfassade im Unterschied zur abstoßenden Betonfassade des Hauses der Statistik wirklich eine Reko wert wäre) und der Alex sieht wieder so aus wie zu Honeckers Zeiten. Aber Spaß beiseite.


    Wie Du sehr genau weißt, ist am Alexa ein 150-Meter-Turm im Bau, einem weiteren 150-Meter-Turm steht in erster Linie der Bauherr selbst im Wege, für zwei 130-Meter-Türme zzgl. Gebäudesockel läuft der Wettbewerb und ein dritter Turm hinter dem Kaufhof wird projektiert. Vielleicht wäre ich ja in der Lage, Deinen "Spaß" lustig zu finden, wenn er nicht – als Ernst – inzwischen den Rang einer Verschwörungstheorie erreicht hätte und hier von einem geschätzten Drittel der Foristen tatsächlich geglaubt werden würde.


    Nochmal: Auch mir gefällt der Entwurf ganz und gar nicht. Mit dem begrünten Vorbau kann ich mich vielleicht anfreunden, aber für das Hauptgebäude hätte ich mir eine zeitgenössische Fassade gewünscht. Anders als die Häuser der Lehrers und des Reisens war das Haus der Statistik schon zu Bauzeiten kein großer Wurf. Dass ihm jetzt noch die vertikale Gliederung zur Otto-Braun-Straße abhanden kommt, macht die Sache nicht besser...

  • Ich finde der Kommentar unter dem Baunetz Artikel sehr treffend. Man arbeitet sich an der Fassade ab und vergisst darüber die tatsächlichen Schwächen des Baus. Hautkritikpunkt: Die Organisation der Flächen.